In den 90 igern hatte ich vorne 3 Kettenblätter, hinten 9 Ritzel. Macht theoretisch 27 Gänge, praktisch nutzbar wegen Überschneidungen und Schräglauf der Kette ca 12≈14 Gänge. Jeder halbwegs geübte Fahrer wäre kaum auf die Idee gekommen, vorne und hinten auf dem kleinen Blatt zu fahren, vorne und hinten gross genauso wenig. Man schaltete möglichst so, dass die Kette nicht zu schräg lief.
Inzwischen sind wir bei 10 bis 12 Ritzeln hinten, vorne oft nur noch ein Blatt bzw. Ritzel (Bosch). Man spart sich den Umwerfer, den 2. Schalthebel, Kassetten mit immer größeren Bandbreiten decken das ab. Für Fullys ist die Kinematik einfacher zu konstruieren, die Kette zieht immer von der gleichen Höhe vorne. Ritzel und Ketten müssen schmäler werden, der Platz ist begrenzt. Übertrage ich die gleiche Kraft mit weniger Auflagefläche, steigt der Druck. Kann jeder einfach selbst testen, der Finger merkt ob mit dem Messerrücken oder der schmalen (scharfen) Seite gedrückt wird
Wer sich mal die Mühe macht, im ersten Gang die Kette anzuschauen, wird nachdenklich.
Nur zum Verständnis, Ritzel, Kette etc. wurden für den Einsatz mit Menschen konstruiert, berechnet, an Motoren dachte da niemand, weder bei der Ketten-, noch bei der Nabenschaltung.
In den letzten 2 Jahren hat sich das Drehmoment der Pedelec Motoren stark erhöht, 50 Nm sind eigentlich das Minimum, 75-90, zumindest auf dem Papier, die Norm. 400 Watt treten dauerhaft wohl nicht so wahnsinnig viele von uns. Nehmen wir als Beispiel 250 Watt, dazu kommen nun ggf. ca. 500 Watt des Motors. Nominell haben die alle 250 Watt Dauerleistung, , allerdings fühlen die sich auf dem Bosch Active etwas zahmer als auf dem CX an
Je nach Ausstattung kann das ausgelesen werden, da sind mitunter Systemleistungen (Fahrer + Motor) von kurzfristig über 1 KW drin.
Grob überschlagen liegt die Belastung für Kettenblatt, Kette und Kassette schnell beim 3 fachen der „normalen“ Belastung durch rein biologischen Antrieb.
Material das ständig am Limit gefordert wird, geht entweder kaputt oder verschleißt sehr schnell.
Überhaupt kein Problem in 1000 Kilometer Kassette und Kette zu schrotten.
Ein Blick in die Preislisten lockt keine Begeisterungsschreie hervor, manche Motorräder sind günstiger im Unterhalt.
Was tun? Kombinationen wie das Pinion Getriebe funktionieren bislang nur mit Front- oder Heckmotoren, die können aber langsame Geschwindigkeiten am Berg nur bedingt ab.
Als Tourenradler ist Rohloff, am besten mit Zahnriemen sicher die erste Wahl, wenn auch nicht gerade billig. Es gibt eben keine Nabenschaltung auf dem Markt, die sich unter Last schalten lässt, auch NuVinci nicht.
SRAM bringt nun die EX1, wird beworben als erste Schaltgruppe speziell für emtb`s.
Was steckt dahinter?
Bilder ©SRAM
Im Vergleich zur „normalen“ 11 fach sind die Gangsprünge deutlich größer, die Übersetzungsbreite deckt 436% ab, bei 11 fach 420%.
Es scheint so, als ob die Gruppe Richtung Bosch zielt, mit der EX1 kann in Kombination mit 14 er Ritzel vorne, eine ähnliche Bandbreite wie z.B. mit einem Speci Levo abgedeckt werden. Das war vorher nicht möglich, konstruktiv ist durch die 2,5 fache Übersetzung im Bosch bei rechnerisch 35 Zähnen vorne Schluss (Levo 32). Ein Nachteil soll nicht verschwiegen werden, im 1. Gang hängt die Schaltung schon tief.
Ein geklautes Bild aus dem Forum
Levo im Vergleich
Die deutlich größeren Gangsprünge zielen auf das Fahren mit (hoher) Unterstützung ab, sonst wären die Stufen etwas heftig. Es kann nur noch Gang für Gang geschaltet werden, dass Überschalten unter hoher Last ist nach Meinung von SRAM mit verantwortlich für Kettenrisse, erhöhten Verschleiß. Die Kassette baut in der Breite wohl schmäler, was der Kettenlinie zugute kommt. Die 8 fach Kette dürfte robuster als 10-12 fach sein, vermutlich sind auch die Ritzel etwas breiter bzw. dicker.
Bin die Kombo noch nicht gefahren, ob sie wirklich besser (weicher) schaltet als die bisherigen Spitzengruppen, wird sich zeigen.
Spannend bleibt auch die Frage, wie wirkt sich das auf die Standzeit (Lebensdauer) von Kassette und Kette aus.
Meine Kette nach 1000 km (Shimano XTR)
Resümee:
Shimano geht den Weg der Elektronik mit Steps, DI2 Schaltung, SRAM versucht einen anderen Lösungsansatz. Das ist erfreulich, immerhin wurde das Problem erkannt.
Klar muss auch sein, wer sehr viel mit niedriger Unterstützung fährt, sollte gut testen, ob er mit den deutlich größeren Gangsprüngen klar kommt.
Positiv für die Bosch Fahrer, endlich ist eine wirklich bergtaugliche Übersetzung ohne Tricks bald käuflich.