Bildergalerie: Von der Vision zum Überflieger: So ist das Rotwild R.E375 entstanden Mehr Bildergalerien
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Das Rotwild R.E375 ist eines der spannendsten derzeit erhältlichen E-Mountainbikes - statt auf maximale Akku-Kapazität hat die Edelschmiede aus Dieburg ein Light-E-MTB entwickelt, das auf dem Trail mit einem überragenden Fahrverhalten glänzt. Doch wie ist das innovative E-Bike entstanden? Wir haben es uns ganz genau angeschaut!
Eine Kapazität von 375 Wattstunden hat der Akku des Rotwild R.E375 - und damit „nur“ halb so viel wie die 750er-Modellreihe von Rotwild. Doch genau dieser Schritt hat es Rotwild ermöglicht, ein solches Bike auf die Beine zu stellen.
Die Entwicklung des Rotwild R.E375 hat vor gut drei Jahren begonnen. Und involviert war praktisch die gesamte Belegschaft - für unsere Entwicklungsstory haben uns die Ingenieur/innen Katja (links), Christoph (rechts), Steffen (2.v.r.) sowie Produktmanager Johannes (2.v.l.) und Jonathan (Mitte), der im digitalen Marketing tätig ist, einen exklusiven Einblick gewährt!
Die ersten Prototypen eines E-Mountainbikes von Rotwild liegen schon viele, viele Jahre zurück - in der Zwischenzeit hat sich der Markt enorm weiterentwickelt. Mit dem R.E375 liegt Rotwild hinsichtlich der Innovationen sehr weit vorne.
„Was könnte denn das Rad, was gerade unter mir ist, eigentlich noch besser machen? Und wie könnte man dieses Konzept in den E-Mountainbike-Bereich übertragen?“ - diese Frage war für Jonathan entscheidend bei der Entwicklung des Rotwild R.E375.
Als Produktmanager bildet Johannes die Schnittstelle zwischen Ingenieuren und den anderen Abteilungen - wie Jonathan hat der Fahrrad-Enthusiast viel Zeit auf den Prototypen verbracht und immer wieder wertvollen Input für die Entwicklung geliefert.
Nicht nur beruflich, sondern auch in ihrer Freizeit sind Jonathan und Johannes am Wochenende oft gemeinsam im Wald unterwegs - bekanntlich entstehen beim Biken die besten Ideen. Foto: Rotwild
Fahrdynamik, Geometrie, Handling, geringes Gewicht, dazu innovative Ansätze wie ein besonders einfach entnehmbarer Akku - all diese Punkte waren sehr wichtig während der Entwicklung des E-Enduros. Mit dem Bike möchte Rotwild vor allem diejenigen ansprechen, die vom Mountainbike aufs E-Mountainbike umsteigen wollen. Foto: Rotwild
Wer ein leichtes E-Bike bauen will, setzt natürlich auf Carbon. Der erste Entwurf hingegen stammt bei Rotwild aus dem 3D-Drucker - um den Rahmen mit einer Hand in die Luft zu stemmen, muss man vorher ordentlich den Bizeps trainiert haben. Das weiße Erstlingswerk ist nämlich deutlich schwerer als das finale Produkt.
Ein hohes Rahmengewicht kann bergauf zwar durch die Motor-Unterstützung kompensiert werden. Es wirkt sich beispielsweise aber auch deutlich auf die Funktionsweise des Hinterbaus aus. - Deshalb war es für Rotwild wichtig, ein möglichst leichtes E-Enduro zu bauen, ohne dabei die Haltbarkeit zu beeinträchtigen.
Der erste physische Prototyp des Rotwild R.E375 erinnert von der Grundform stark an das finale Serienbike, ist aber alles andere als fahrbar - außerdem besteht er nicht aus leichtem Carbon, sondern aus Kunststoff.
Zusammengesetzt ist der Rahmen aus vielen Puzzleteilen, die lokal in Dieburg bei der Sauer Product GmbH gedruckt werden.
Selbst der Schutz der Kettenstrebe besteht hier nicht aus Gummi - sondern stammt ebenfalls aus dem 3D-Drucker. Dieser Ansatz bietet Rotwild zahlreiche Vorteile.
Auf den ersten Blick wirkt es so, als seien topografische Linien auf dem Oberrohr verewigt - stattdessen handelt es sich um ein Überbleibsel des Druck-Verfahrens.
Ob man nur ein Modell am PC-Bildschirm sieht oder ein physisches Produkt vor sich hat, macht in der Entwicklung einen gigantischen Unterschied. - So lässt sich das Design deutlich besser beurteilen.
Ist der Eingang der internen Kabelführung sinnvoll platziert? Oder sollte man die Position noch verändern?
Auch die Integration des Motors lässt sich an einem physischen Produkt deutlich besser beurteilen als am Bildschirm.
Bis aus dem 3D-gedruckten Rahmen ein fahrfertiges und serienreifes Bike wird, ist es noch ein weiter Weg - auch davor ist schon viel Hirnschmalz in das R.E375 geflossen. Werfen wir also einen Blick auf die Entwicklung am Computer!
Die Engineering-Abteilung ist für die Entwicklung aller Rotwild-Rahmen zuständig - sie machen aus den Ideen und Anforderungen, die an sie herangetragen werden, erste digitale Entwürfe, die es dann möglicherweise mal in ein finales Produkt schaffen.
Schaut man sich im Büro genauer um, entdeckt man den ein oder anderen Schatz aus der Vergangenheit.
Steffen Weingärtner ist einer der Ingenieure, die beim R.E375 maßgeblich mitgewirkt haben - seine Aufgabe ist es, die Funktion des Hinterbaus zu optimieren. Das klingt deutlich leichter als es ist.
Das R.E375 setzt auf einen klassischen Horst Link-Hinterbau - doch bei der Positionierung der Drehpunkte machen selbst wenige Millimeter einen riesigen Unterschied. Außerdem muss der Dämpfer natürlich zum Heck passen.
Wer soll da bitte noch den Überblick behalten? Genau das ist die Aufgabe von Steffen - er behält bei den ganzen Graphen stets den vollen Durchblick.
Dabei arbeitet Steffen zwar überwiegend digital …
… setzt aber auch auf Rechnungen und Formeln mit Zettel und Stift.
Beim R.E375 hat Steffen das Übersetzungsverhältnis des Hinterbaus im ersten Federwegsbereich erhöht - das sorgt für ein sensibleres Ansprechverhalten zu Beginn des Federwegs.
So sieht die finale Umlenkwippe, die das Herzstück des Rotwild R.E375-Hinterbaus ist, am PC und am 3D-gedruckten Modell aus - wie gesagt: Kleinste Nuancen machen hier einen gewaltigen Unterschied!
Einen möglichst leichten und gleichzeitig stabilen Hinterbau zu entwickeln, war die Aufgabe von Katja Hensler - sie hat sich beim R.E375 primär um die Konstruktion der Kettenstreben gekümmert.
Jede Kettenstreben-Entwicklung beginnt bei ihr mit einem pink eingefärbten Bereich - innerhalb dieser Fläche muss die Kettenstrebe konstruiert werden. Durch den Hinterreifen und die Kette ist hier der Bauraum begrenzt.
Beim Rotwild R.E375 sollte das Heck für ein optimiertes Handling möglichst kurz ausfallen - 445 mm misst es in der Praxis. Der Rahmenbauer macht gleichzeitig Vorgaben hinsichtlich verschiedener Wandstärken. Auch die Ästhetik spielt eine wichtige Rolle.
Prototyp-Modelle, egal ob aus dem 3D-Drucker oder schon wie hier aus Carbon, sind für Katja enorm wichtig, um beispielsweise auch Aspekte wie die perfekte Kabelführung optimal beurteilen zu können.
Die Variante ganz links stammt aus dem 3D-Drucker und ist der erste Entwurf. Hier entdeckt man wieder die bereits thematisierten Puzzle-Teile - die weiße Variante stammt bereits aus einer Carbon-Mold und wurde nachträglich aufgesägt, um beispielsweise die Haltbarkeit der Kabelverlegung zu testen. Rechts ist das finale Serienprodukt zu sehen.
Christoph Scheuvens ist die Schnittstelle zwischen den Ingenieuren in Dieburg und der Rahmenfertigung, die in Asien erfolgt - der Rotwild-Ingenieur war bereits stark in die Konstruktion des R.E750 involviert und konnte das dabei gewonnene Wissen auf das R.E375 transferieren.
Christophs Aufgabe ist es, die Designs und Ideen technisch umzusetzen - sein Fokus liegt dabei vor allem auf den Unterrohren der Rotwild-Modelle und der Integration von Motor und Akku.
Was hat es hiermit auf sich? - Man könnte vermuten, dass es irgendwie um Akku und Unterrohr geht … im Detail gehen wir darauf später noch ein!
LÖSCHEN!!!!! - allein bei der Integration des Akkus gibt es schier unzählige Möglichkeiten.
Wie packt man eine möglichst große Akku-Kapazität in einen möglichst geringen Bauraum? Auch hier gibt es verschiedene Ansätze. - Die Entscheidung für eine Akku-Kapazität, die genau der Hälfte der 750er-Modelle entspricht, hatte für Rotwild zahlreiche naheliegende Vorteile.
Klar: Einsteiger spricht Rotwild mit dem R.E375 nicht unbedingt an - doch wer weiß, was man mit einem E-Enduro alles anstellen kann, und wem das Fahrverhalten wichtiger ist als eine maximale Akku-Kapazität, dürfte mit dem R.E375 den perfekten Begleiter finden.
Jonathan und Johannes haben festgestellt, dass sie bei den Ausfahrten auf Bikes mit großem Akku oft mit halb voller Batterie die Fahrt beendet haben - was auch bedeutet, dass man immer unnötiges Gewicht mit sich rumgeschleppt hat.
Dass die Power Unit 375 eine Kapazität von „nur“ 375 Wattstunden hat, dürfte inzwischen bekannt sein - auch die Begründung, weshalb sich Rotwild ausgerechnet für diese Kapazität entschieden hat, erscheint einleuchtend. Bleibt die Frage nach der Integration – und auch hier ist viel Arbeit reingeflossen.
Eine Quick Release-Funktion stand von vornherein im Lastenheft des R.E375.
Um diese zu testen, hat Ingenieur Christoph kurzerhand den heimischen 3D-Drucker angeschmissen …
Wir erinnern uns kurz zurück an die bunte Plastik-Form, die Christoph weiter oben vor seinen Monitor gehalten hat. Hier sieht man gleich drei verschiedene Ausführungen - das innere Rechteck stellt den Querschnitt des Akkus dar. Die Umrahmung ist eine Simulation des Carbon-Unterrohrs.
Bauraum-technisch wäre das wohl das optimale Unterrohr. Aber: Die Steifigkeit wäre viel zu gering, weil es keine Hohlräume gibt. Und der Akku würde ziemlich stumpf nach unten rausfallen …
Variante 2: Dank des Hohlraums und unterschiedlicher Wandstärken schon besser. Doch Tests haben gezeigt, dass die Steifigkeit zu ungleichmäßig ist und sich nachteilig aufs Fahrverhalten auswirkt.
Dieses 3D-Teil, das Christoph in den heimischen vier Wänden erstellt hat, entspricht ziemlich genau dem finalen Ansatz - der Akku lässt sich problemlos zur Seite entnehmen, die Steifigkeit ist super. Außerdem lässt sich das Unterrohr nun so aus Carbon gestalten, sodass es ästhetisch sehr ansprechend ist.
Und so sieht der 3D-gedruckte Unterrohr-Ausschnitt mit dem finalen Akku aus - bleibt noch die Frage, wie sich der Akku möglichst werkzeugfrei entnehmen lässt …
Hier hat Rotwild zu Testzwecken von der Sauer Product GmbH ein 3D-Teil aus Metalldruck anfertigen lassen - kombiniert wurde dieses mit einem Polyurethan-Bauteil aus dem heimischen Drucker. Die finale Version im R.E375 besteht hingegen aus faserverstärktem Kunststoff.
Mit einem Druck auf den Knopf soll der Akku aus dem Rahmen ploppen, ohne dass es dazu noch weitere Handgriffe benötigt - auch hier kam zunächst wieder der 3D-Drucker zum Einsatz.
Selbst eigentlich triviale Aspekte wie die Stärke des Metallplättchens wurden ausgiebig getestet - ist dieses zu weich, hält der Akku möglicherweise nicht perfekt im Rahmen. Ist die Platte hingegen zu hart, werden die Bedienkräfte zu hoch.
So sieht die finale Variante im Serienprodukt aus - der Schnellverschluss überzeugt nicht nur optisch, sondern vor allem funktional.
Mit den Bikes von früher hat die Geometrie des Rotwild R.E375 absolut gar nix mehr zu tun - am Beispiel des Light-E-MTBs wird deutlich, wie stark sich Geometrien in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten weiterentwickelt haben. Beim R.E375 hat sich Rotwild bewusst für eine sehr progressive Geometrie entschieden.
Stell dir vor, du hast die Idee für ein bahnbrechendes E-Bike, aber der Motor ist erst in einigen Monaten verfügbar - was also tun? Die Antwort ist so simpel wie naheliegend: Man testet das E-Bike einfach unmotorisiert!
Dieser abgeklebte Prototyp wurde über viele Monate hinweg in freier Wildbahn auf Herz und Nieren getestet. - Wer genau hinschaut, dem fällt der ungewöhnlich anmutende Tretlager-Bereich auf. Hier steckt normalerweise der Motor drin.
Ein genauer Blick verrät jedoch: Von einem Motor ist hier keine Spur. Rotwild hat stattdessen ein Metallteil 3D-drucken lassen, welches das R.E375 auch ohne Motor und Akku komplett fahrbar macht - und gleichzeitig auch das Gewicht des Motors simuliert. So konnten wichtige Aspekte wie die Kinematik und das Handling auf dem Trail getestet werden, obwohl der Motor noch nicht verfügbar war.
Mit abgeklebtem Rahmen inklusive Motor-Dummy konnte das gesamte Rotwild-Team die ersten Testkilometer auf dem R.E375 abspulen.
„Es gibt hier nicht das eine Alpha-Tier, das das Rad entwickelt hat. Sondern wir haben hier ein großes Team, wo jeder seinen Hirnschmalz reingesteckt hat.“ - Jonathan erklärt, dass jeder bei Rotwild seinen Beitrag zur Entwicklung des R.E375 geleistet hat.
Sieht so die Zukunft von E-Mountainbikes aus? - Das ist jedenfalls gut vorstellbar. Bikes wie das Rotwild R.E375 zeigen, wohin die Reise in den kommenden Jahren geht. Schon jetzt steht fest: Es wird spannend!