Letzte Woche stellten wir euch das brandneue Rocky Mountain Altitude Powerplay vor – nun folgt wie versprochen ein erster Test. In Varlberg (Frankreich) konnten wir der mittleren Variante Altitude Powerplay 70 einen Tag lang auf den Zahn fühlen und herausfinden, was an Rocky Mountains neuartiger Herangehensweise – ein eMTB mit eigenem Antrieb und identischer Geometrie zu ihrem Trailbike Altitude zu konstruieren – dran ist.
Rocky Mountains Ingenieure hatten sich zum Ziel gesteckt, ein eMTB zu entwickeln, dessen Geometrie exakt der des Trailbikes Altitude entspricht. Mit den aktuell auf dem Markt erhältlichen Motorsystem ist dies jedoch nicht möglich, weshalb sie sich zu dem großen Schritt entschlossen, ein komplett eigenes Motor- und Batteriesystem zu entwickeln. Das neue Rocky Mountain Altitude Powerplay Carbon sollte sich fahren wie ein Altitude, anfühlen wie ein Altitude und aussehen wie ein Altitude.
Unseren großen Einleitungsartikel mit allen Details findet ihr hier.
Rocky Mountain Altitude Powerplay 70 – kurz und knapp
Eines sollte von vorne rein klar sein: Rocky Mountain produzieren keine günstigen Räder für den Massenmarkt, sondern sind fest im hochpreisigen Marktsegment angesiedelt. Das Rocky Mountain Altitude Powerplay ist da keine Ausnahme – es fühlt sich sehr hochwertig an und ruft auch einen entsprechenden Preis auf. Obwohl wir bisher nur einen Tag auf dem Rad verbringen konnten, sind wir mehr als gespannt, wie der Markt Rocky Mountains Herangehensweise annehmen wird. Und eine weitere Frage interessiert und brennend: Werden möglicherweise andere Hersteller auf den Zug aufspringen und eigene Motoren entwickeln?
Geometrie
Wie in unserem Einleitungsartikel bereits erwähnt, dreht sich beim Rocky Mountain Altitude Powerplay alles um einen Wert: die 425 mm Kettenstrebenlänge, die dem Bike das kürzeste Heck aller auf dem Markt befindlichen, vollgefederten eMTBs beschert. Um diesen, für ein reguläres Enduro-Bike gewöhnlichen, Wert zu erreichen, waren Rocky Mountain sogar gewillt ein eigenes Motor- und Batteriesystem zu entwickeln. Wendet man sich dem vorderen Teil des Altitude Powerplays zu, so findet man einen ziemlich durchschnittlichen Reach vor, der dem Fahrer genug Platz zum manövrieren lässt, jedoch niemanden überfordern sollte. Insgesamt wartet das Altitude Powerplay mit einer Geometrie auf, die voll im Trend aktueller Enduro-Bikes liegt.
SM | MD | LG | XL | |||||||||
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Flach | Neutral | Steil | Flach | Neutral | Steil | Flach | Neutral | Steil | Flach | Neutral | Steil | |
HTA | 64.5° | 65° | 65.6° | 65° | 65.6° | 66.1° | 65° | 65.6° | 66.1° | 65.1° | 65.6° | 66.1° |
STA | 74° | 74.5° | 75.1° | 74° | 74.6° | 75.1° | 74° | 74.6° | 75.1° | 74.1° | 74.6° | 75.1° |
STL | 419 mm | 419 mm | 419 mm | 457 mm | 457 mm | 457 mm | 483 mm | 483 mm | 483 mm | 521 mm | 521 mm | 521 mm |
TTH | 578 mm | 576 mm | 575 mm | 603 mm | 601 mm | 600 mm | 628 mm | mm626 | 625 mm | 658 mm | 656 mm | 655 mm |
HTL | 100 mm | 100 mm | 100 mm | 120 mm | 120 mm | 120 mm | 130 mm | 130 mm | 130 mm | mm145 | 145 mm | 145 mm |
RC | 426 mm | 425 mm | 423 mm | 426 mm | 425 mm | 423 mm | 426 mm | 425 mm | 423 mm | 426 mm | 425 mm | 423 mm |
BBD | 14 mm | 7 mm | 1 mm | 14 mm | 7 mm | 1 mm | 14 mm | 7 mm | 1 mm | 14 mm | 7 mm | 1 mm |
SH | 810 mm | 813 mm | 816 mm | 816 mm | 818 mm | 821 mm | 814 mm | 816 mm | 819 mm | 813 mm | 816 mm | 819 mm |
WB | 1157 mm | 1156 mm | 1155 mm | 1180 mm | 1179 mm | 1177 mm | 1206 mm | 1205 mm | 1204 mm | 1239 mm | 1238 mm | 1236 mm |
R | 411 mm | 416 mm | 422 mm | 430 mm | 435 mm | 441 mm | 452 mm | 458 mm | 464 mm | 479 mm | 484 mm | 490 mm |
S | 583 mm | 579 mm | 575 mm | 604 mm | 600 mm | 596 mm | 614 mm | 610 mm | 605 mm | 628 mm | 623 mm | 619 mm |
Ausstattung – Rocky Mountain Altitude Powerplay Carbon 70
- Rahmen: Smoothwall Carbon + Form Alloy, gedichtete Lager, Press Fit-Tretlager, Interne Kabelführung, ISCG05-Aufnahme, Ride-9 einstellbare Geometrie und Federungsrate
- Antriebssystem: 250 W / 48 V Powerplay
- Batterie: Li-Ion 632 Wh
- Federgabel: Fox 36 Float EVOL Grip Performance, 160 mm
- Dämpfer: Fox Float DPS EVOL Performance Elite, 150 mm
- Bremsen: SRAM Guide RE mit Sram Centerline 200 mm Scheiben
- Schalthebel: SRAM EX1 8-fach
- Schaltwerk: SRAM EX1 8-fach
- Kurbeln: Race Face Turbine Cinch, 34 Zähne
- Innenlager: Race Face BB92
- Kassette: SRAM XG-899, 11–48 Zähne
- Kette: SRAM EX1
- Naben: Vorne: Rocky Mountain Sealed 15 mm | Hinten: DT Swiss 350 Boost 148 mm.
- Speichen: WTB 2,0–1,8 mm
- Felgen: Sun Düroc 40, Tubeless Ready
- Reifen: Maxxis Minion DHF WT EXO, Tubeless Ready, 27,5″ x 2,5″
- Steuersatz: FSA Orbit NO.57 Steerer Stop
- Vorbau: Rocky Mountain 35 AM
- Lenker: Race Face Chester, 780 mm Breite
- Griffe: Rocky Mountain Lock On Light
- Sattelstütze: Fox Transfer Performance Elite, 30,9 mm
- Sattel: WTB Silverado Race
- Gewicht: 22,1 kg (in Größe L – selbst gemessen)
- Preis: 7.000 €
Rocky Mountain Altitude Powerplay 70 – auf dem Trail
Da Rocky Mountain viel Wert darauf legten, dass wir uns mehr auf die Fahrweise, als die bloßen Geometrieparameter des Altitude Powerplays konzentrieren, uns jedoch nur ein einziger Testtag zur Verfügung stand, verbrachten wir diesen beinahe komplett auf dem Rad. Um die gewünschte Anzahl an Trails abzudecken, war es leider nötig auf Shuttles zurückzugreifen. Das war zwar etwas komisch, da wir ja alle mit E-Bikes unterwegs waren, ging allerdings deutlich schneller. Aufgrund dessen können wir leider wenig zur Tourentauglichkeit und vor allem Batterielaufzeit des Rocky Mountain Altitude Powerplays sagen – wir hoffen in Zukunft ein Testmodell zu erhalten, um die Reichweite in ausgedehnten Touren auf die Probe zu stellen.
Das Erste, was man beim Losfahren merkt, ist, wie unauffällig die Motorunterstützung erfolgt – Motor- und Eigenleistung scheinen miteinander zu verschmelzen. Achtet man darauf, kann man das Einsetzen des Motors zwar bemerken, es erfolgt jedoch sehr sanft und effizient. Beim Überschreiten der 25 km/h Grenze fällt es sehr schwer zu spüren, wann der Motor sich wirklich ausklinkt. Ein gutes Indiz dafür, wie stark und effizient die Unterstützung erfolgt, ist, dass wir den Test auf über 1500 hm durchführten, jedoch niemand Probleme mit der Höhe bekam. Die unter einer Abdeckung versteckten Umlenkrollen verursachen leider deutlich hörbare Geräusche, die stark an Kettenführungen der ersten Generation erinnern – man kann sich jedoch daran gewöhnen. Zudem ist der Motor selbst absolut lautlos.
Uphill
Eine Ausfahrt beinhaltete einen etwa einstündigen, 300 hm umfassenden Anstieg. Insbesondere abseits der Straße wusste das Rocky Mountain Altitude Powerplay dabei zu beeindrucken. Die SRAM EX1-Schaltung sorgte für weiche und präzise Gangwechsel und dank des sacht einsetzenden Motors konnte man auch in steilen Passagen problemlos anfahren. Verglichen mit anderen verbreiteten Antriebssystemen ist die Reaktionszeit des Powerplay-Motors sehr gut, wodurch wir niemals das Gefühl hatten, in technischen Sektionen im Stich gelassen zu werden.
Durch den für ein E-Bike kurzen Hinterbau, bewältigt das Altitude Powerplay Uphill-Serpentinen leicht und verspielt. Andererseits konnten wir keinen wirklichen Nachteil durch den eher flachen Lenkwinkel spüren, denn das Bike gehorchte willig und flüssig auf unsere Lenkimpulse. Das Fahrwerk hinterließ auch in Uphills einen guten Eindruck, allerdings konnten wir kaum Unterschiede zwischen den Modi “Offen” und “Trail” spüren – wir würden etwas mehr Zeit auf dem Rad benötigen, um diesen Eindruck zu verifizieren. Im Uphill lässt sich das Rad am besten als unauffällig beschreiben, die Unterstützung erfolgt so sacht und effizient, dass man teilweise vergessen kann, auf einem E-Bike unterwegs zu sein. Wer Wheelies gut beherrscht, kann mit dem Altitude Powerplay eine Menge Spaß haben – vermutlich kann man den ganzen Berg ohne Probleme auf dem Hinterrad erklimmen.
Wie bereits erwähnt, war es uns nicht möglich die Batterielaufzeit entsprechend auf die Probe zu stellen. Am Ende des Tages teilte uns die in 8 Stufen unterteilte Batterieanzeige mit, dass wir in etwa 30 % der Ladung verbraucht hatten. Man sollte sich jedoch immer in Erinnerung rufen, dass die Reichweite von vielen Faktoren wie Fahrergewicht, Temperatur, Oberfläche, Streckenprofil, etc. abhängt, sodass wir aktuell noch nicht kommentieren können, inwiefern diese durch die größere 632 Wh Batterie erhöht wird.
Downhill
Die Geometrie ließ es bereits vermuten: Nun kommen wir zur Paradedisziplin des Rocky Mountain Altitude Powerplay. Abgesehen vom höheren Gewicht, fährt es sich tatsächlich wie ein Enduro-Bike, was insbesondere in Kurven spürbar wird. Das zusätzliche Gewicht sorgt dafür, dass es etwas satter aufliegt und viel Grip vermittelt. Durch die ausbalancierte Geometrie fährt es sich jedoch lebhafter, als man es von einem eMTB erwarten möchte. Sprünge überschießen, Kurven cutten, kurze Gegenanstiege hoch powern – das Altitude Powerplay macht alles mit und vermittelt dabei eine Menge Spaß.
Auf der ersten Testfahrt ging es direkt auf einen Trail aus der Enduro World Series, der so schwer war, dass ein Mitfahrer absteigen und schieben musste. Unsere eigene Furcht verflüchtigte sich ganz schnell, als wir den ersten wirklich schweren Drop ohne Probleme bewältigen konnten – das Bike vermittelt eine Menge Sicherheit und Stabilität, die wir so bisher vergeblich bei einem eMTB gesucht haben. Einige der Konkurrenzmodelle kommen ihm sehr nahe, allerdings macht keines davon eine so gute Figur über eine so große Variation an Trails.
Bei hoher Geschwindigkeit ist das Fahrwerk sehr sensibel und aktiv, was viel Vertrauen und Kontrolle vermittelt und motiviert viele Linien auszuprobieren. Besonderen Gefallen fanden wir daran, wie einfach sich ein Setup für die Fox 36-Federgabel finden ließ – zu unserer Überraschung hatten wir, trotz des zusätzlichen Gewichts des E-Bikes, nie das Gefühl sie weiter tunen zu müssen. Zudem stellte sich auch in steilen Kurven kein Überschlagsgefühl ein und trotz der Einsteiger-Federgabel und harten Trails wurden wenige Vibrationen an unsere Hände und Arme weitergeleitet.
In den vielen aufeinander folgenden Kurven des Trails fühlte sich das Rocky Mountain Altitude Powerplay an wie ein ganz normales Enduro und zirkelte schwungvoll um jede der sicherlich 40 Kurven. Am Fuß der 1000 hm umfassenden Abfahrt hatten wir das Gefühl, frischer als sonst zu sein – die ausbalancierte Geometrie und Körperhaltung, die gleichmäßige Gewichtsverteilung und die solide Ausstattung tragen sicherlich einen guten Teil dazu bei. Besonders hervorheben möchten wir dabei die SRAM Guide RE-Bremsen, die auch auf langen Abfahrten solide Bremspower bieten. Andere E-Bike-Hersteller sollten sich merken, dass dies das Mindestmaß an Bremsleistung ist, mit der ein E-Trailbike oder E-Enduro ausgerüstet sein sollte.
Fazit
Haben Rocky Mountain mit ihrer neuen Herangehensweise, ein eigenes Antriebssystem zu entwickeln, um dem Altitude Powerplay die Geometrie eines regulären Enduros zu verpassen, das Pferd von hinten aufgezäumt? Unserer Meinung nach nicht, im Gegenteil: Nach unserem kurzen Test können wir mit voller Überzeugung sagen, dass die Idee, eMTBs benötigten lange Kettenstreben zum Klettern, widerlegt ist. Denn das Rocky Mountain Altitude meistert Anstiege solide und beherrscht und lässt die Konkurrenz in der Abfahrt alt aussehen.
Es findet sich im mittleren bis hohen Preissegment wieder, kann aber auch mit einer entsprechend hochwertigen Ausstattung aufwarten. Zudem sind 22,1 kg Gewicht mit einer 632 Wh Batterie derzeit marktführend.
Was uns nicht so gut gefallen hat, ist der fest verbaute Akku. Nach unseren Erfahrungen ist dies leider nicht sehr praxisnah und entspricht nicht der Anwenderfreundlichkeit, wie wir sie erwarten. Wie es mit der Langlebigkeit der einzelnen Ritzel, allein vier Stück direkt am Motor (inkl. Kettenblatt), aussieht können wir noch nicht abschätzen. Wir vermuten hier aber einen erhöhten Wartungsaufwand.
Wade Simmons sagte nach seiner ersten Testfahrt, “es ist ein Altitude …” und wir können ihm nur zustimmen.
Was haltet ihr vom neuen Rocky Mountain Altitude Powerplay, könnt ihr Rocky Mountains Philosophie zustimmen?
Weitere Informationen zum Rocky Mountain Altitude Powerplay 70 Carbon
Website: www.bikes.com
Text & Redaktion: Alex Boyce | eMTB-News.de
Bilder: Alex Boyce, Matt Wragg, Rocky Mountain
Rocky Mountain Altitude Powerplay Carbon 70
- XC:
- 0 bis 120 mm Federweg (Hardtails und Full-Suspension)
- Trail:
- 100 bis 150 mm Federweg (Hardtails und Full-Suspension)
- All-Mountain:
- 120 bis 150 mm Federweg (Full-Suspension)
- Enduro:
- 150 bis 180 mm Federweg (Full-Suspension)
- Downhill:
- über 180 mm Federweg (Full-Suspension)
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