Shimano + Blubrake ABS – kurz & knapp
Die italienische Firma Blubrake, das ist nicht neu, entwickelt Antiblockiersysteme für Fahrräder. In aller Kürze geht es bei solchen Systemen darum, bei heftigen Bremsungen ein Blockieren und infolgedessen Ausbrechen des Vorderrades, eine der Hauptursachen für Fahrradstürze, zu verhindern.
Technisch misst ein ABS, wie auch beim Auto, die Rotation des Vorderrades und vermindert den Bremsdruck bei drohendem Stillstand dieses Laufrades in Fahrt (durch Überbremsen). Da bei Zweirädern runde 80 % der Bremswirkung am Vorderrad stattfinden und ein Blockieren dieses Rades in vielen Fällen zum Sturz führt, ist ein ABS für optimale – also möglichst kurze – und damit sichere Bremswege ein ganz entscheidender Faktor.
Am Tag vor der Eurobike 2022 hatte Shimano, sogar noch kurz vor der Pressekonferenz, in der Bosch sein neues ABS – hier im Test vorstellte, das Blubrake-ABS bekannt gegeben und zeitgleich Neuerungen aus ihren Antrieben sowie die elektronischen Schaltwerke der „Cues“ Reihe vorgestellt, die mit den Funktionen „Free Shift“ und „Auto Shift“ Kettenschaltungen mit schlauen Funktionen versehen wollen.
Shimano + Blubrake ABS – im Detail
Auf der Eurobike waren wir dann natürlich entsprechend gespannt: Wie würden die neuen Systeme aussehen? Wie würden sie wohl genau funktionieren? Könnten wir sie vor Ort ausprobieren?
Am Stand von Paul Lange, dem deutschen Shimano Importeur, dann erstmal: Ernüchterung. Der EP6 ist einfach ein günstigerer EP8 in einem 300g schwereren Gehäuse, mit ansonsten identischen Features und Leistungsdaten. Der überarbeitete EP8(01) sieht genau aus wie ein EP8(00). OK! Aber was ist mit den elektronischen Spielsachen? Das neue ABS finden wir ausgestellt in einem kleinen Diorama auf dem Messestand. Bremszange, -Scheibe, -Kontrolleinheit, Signalscheibe, hier sieht alles so aus, wie wir uns ein E-Bike ABS vorgestellt hätten, aber: Weit und breit keine Fahrräder mit dem neuen System. Man verweist uns auf die Freiflächen im Hof, wo ABS-Räder getestet werden könnten.
Dort angekommen herrscht erst einmal Ratlosigkeit: Es stehen zwar zwei Touringräder, offensichtlich Prototypen, mit ABS-Logos und der neuen Cues-Schaltung, aber ob man die auch fotografieren darf? Eine Weile und ein sehr informiertes Gespräch mit Michael Wild, Shimanos deutschem Head of Marketing, später, haben wir einige Fotos vom ABS am Bike machen dürfen und rüsten uns für unsere Probefahrt.
Shimano + Blubrake ABS – ausprobiert
Zunächst verirren wir uns auf dem riesigen Testparcours und landen, auf der Suche nach rutschigerem Terrain, auf einer Wiese. Prima. Dort also ordentlich Beschleunigen, und herzhaft, aber auf alles gefasst, die vordere Scheibenbremse bedienen. Das Bike verzögert, bleibt in der Spur, stoppt. Wir leben noch. Läuft ja super! Nächster Versuch, diesmal mit mehr Zutrauen: Es wird laut da vorn. Die Bremse, die Gabel, das Bike – wir – alles schüttelt sich deutlich. Ach ja – ABS beim Auto ist ja auch eine recht laute Angelegenheit. Aber auch bei weiteren, zunehmend absichtlich grobmotorischen Bremsmanövern bleibt das Rad halbwegs in der Spur, das Vorderrad blockiert zwar kurzzeitig, rollt aber in Sekundenbruchteilen weiter und bringt uns zügig zum Stehen.
Auf zur Bosch-ABS Teststrecke. Dort hat Bosch Rollsplitt auf Asphalt gekippt: Das Albtraumszenario für eine Notbremsung im Trockenen. Auch hier kommen wir auf unserem Shimano Prototypen ruppig rumpelnd, aber ohne Sturz, zum Stehen. Das ABS funktioniert also offenbar, erscheint uns aber irgendwie unfertig. Auf Nachfrage hatte man uns verraten, dass man eher für 2024 mit einer tatsächlichen Verfügbarkeit im Markt rechnet und zunächst keine E-MTB mit dem Shimano ABS ausgestattet werden sollen.
Unser Vergleich mit Bosch System fällt entsprechend ernüchternd aus. Boschs ABS steht auf der Eurobike an diversen E-Bikes, Cargo, City oder E-MTB zum Ausprobieren zur Verfügung. Das ABS ist nahtlos in das Smart System integriert, hat im Kiox-Display eine eigene Menüseite und ist in seinem kleinen Kasten an der Federgabel irgendwie unauffällig und schlüssig am Bike untergebracht. Übertrieben starke Bremsungen mit dem Bosch fallen dem Tester leichter, es rumpelt weniger, zeigt keine Neigungen zum Ausbrechen des Vorderrades und – es steht früher!
Free Shift und Auto Shift – ausprobiert
Ganz nebenbei kommen wir auf unserer Shimano-Testrunde in den Genuss, Free Shift und Auto Shift ausprobieren zu können. Free Shift ist eine Funktion, die Gangwechsel ohne Pedalieren ermöglicht. Rollt das Bike, bewegt bei Schaltbefehlen der Antrieb das Kettenblatt allein so weit, wie für das Umspringen der Kette notwendig. Das ist praktisch und soll z.B. auf dem Trail helfen, vor Anstiegen schnell eine kleine Übersetzung einlegen zu können. Das funktioniert auch wie versprochen, uns fällt aber dabei die mit dem rechten Daumen zu bedienende, wenig ergonomische Lenker-Schalteinheit unangenehm auf.
Auto Shift ist, wie der Name vermuten lässt, eine Schaltautomatik, die nicht nur, abhängig von der Kadenz, Gänge wechselt, sondern auch beim Anhalten von allein in einen vorher im Profil festgelegten Gang herunterschaltet, um so das spätere Wiederanfahren zu erleichtern. Auch diese Funktion macht, was sie soll und ist für Stadtfahrten sicher eine sinnvolle Angelegenheit.
Meinung @eMTB-News.de
Shimano sagt es im Grunde selbst: Das hauseigene ABS ist, im Gegensatz zum zeitgleich vorgestellten, neuen System von Bosch, wirklich noch nicht serienreif. So ganz konnte uns niemand erklären, warum man es dennoch so eilig auf der Eurobike der Öffentlichkeit präsentieren wollte. Grundsätzlich finden wir ABS am E-Bike eine wirklich wegweisende Technologie und sind gespannt, wann Shimano mit einem fertigen System aufwarten kann – und wie der Markt die bereits verfügbare und ausgereift wirkende Lösung aus dem Schwabenland annehmen wird.
ABS am E-Bike – sinnvoll oder technische Spielerei?
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15 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumUnd welche Teile, die derzeit nicht im Rahmen untergebracht sind, würdest Du da noch hineintun?
Das ist halt die erste Generation. In ein paar Jahren wird das zumindest bei den teuren Bikes ganz normal sein und auch viel kleiner und unauffällig sein
Es ist bereits die 2. Generation von blubrake.
Viel kleiner wird es kaum werden, aber die Bauform kann noch besser den Rahmenformen der Velos angepasst werden. Das links ist die Steuerung, das Rechts die Hydraulik, also der Aktuator.
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