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Auf Trailsuche in Schweden
Wenn man vor lauter Rentieren und Pilzen kaum zum Radeln kommt

Eigentlich hatten Saskia und Hans eine Reise nach Südafrika geplant. Eigentlich. Dass das nicht klappen würde, war den beiden Freiburgern relativ schnell klar, als im März das Leben von uns allen von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt wurde. Mit weiteren Plänen warteten die beiden lange, konnte doch niemand absehen, wie es mit Reisebeschränkungen einige Monate später aussehen würde. Aber die Aussicht auf schroffe Bergen, wenige Menschen und herausragende Trails schwirrte dennoch lange im Kopf herum – warum also nicht mal in den Norden fahren? Viel Spaß bei der User-Fotostory über den Trip!

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Je näher unser Urlaub im September rückte, desto mehr freuten wir uns auf Norwegen. Und prompt, zehn Tage vor unserer Abreise, machte uns dieses Virus schon wieder einen Strich durch die Rechnung – die Norweger führten erneut eine Quarantäne für Deutsche ein. Norwegen fiel also flach. Und damit unser Urlaub? Natürlich nicht! Es gibt ja noch weitere skandinavische Länder mit Jedermannsrecht, wo man campen darf, wo man möchte, solange man sich an die gültigen Regeln hält und niemanden stört. Und so fiel unsere Wahl auf Schweden, das ja Mitte des Jahres noch mit negativen Schlagzeilen aufgefallen war, wo sich die Situation aber in der Zwischenzeit stark verbessert hatte. Und da wir uns eh ausschließlich in der Natur aufhalten wollten, konnten wir es mit unserem Gewissen vereinbaren, unser eigenes Land zu verlassen und auf Trailsuche nach Schweden zu reisen.

# Ab in den Norden!
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Also organisierten wir uns ein Auto, sowie Dachzelt und Radträger, packten zwei Cannondale Moterra eBikes ein, sowie alles an Ausrüstung, was wir für zwei Wochen Natur pur benötigen würden. Das Auto bis oben voll mit Kleidung für alle Wetterlagen und Temperaturen, Ersatzteillager für die Bikes, Kochutensilien und Kameraausrüstung, ging es dann mit kurzem Zwischenstopp in Bremen Richtung Schweden in unseren ganz persönlichen Corona-Urlaub mit möglichst vielen Trails und möglichst wenigen Menschen.

Als unser nördlichstes Ziel hatten wir uns Are ausgesucht. Wer die Geographie Schwedens ein bisschen kennt, weiß, dass Berge im südlichen Teil des Landes eher rar sind. Nun sind Höhenmeter aber zum Mountainbiken essenziell und wir wollten auf jeden Fall ein bisschen Bergfeeling mitnehmen. Die höheren Berge beginnen in Schweden etwa auf der Höhe von Östersund in der Nähe der norwegischen Grenze. Dieser Gebirgszug zieht sich dann an der Grenze entlang Richtung Norden. Man kann also sagen: je weiter man in den Norden von Schweden kommt, desto bergiger wird es. Allerdings war es für uns in zwei Wochen leider nicht möglich, allzu weit in den Norden zu fahren und so bot sich Are an. Dort gibt es außerdem einen Schwedens bester Bikeparks.

# Mit dem Bike lässt sich …
# … die schwedische Natur hervorragend erkunden.

Dieses Ziel vor Augen hatten wir sonst keinerlei feste Route gewählt. Zwar hatten wir vor unserer Abreise ein bisschen online recherchiert, wo man in Schweden biken kann und diese Orte in einer Karte markiert. Wo wir aber genau hinfahren würden, machten wir dann letztlich abhängig vom Wetter und entschieden jeden Tag aufs Neue, wo wir als Nächstes hinfahren würden. Wir waren komplett abseits der normalen Touristenspots unterwegs, waren in keiner größeren Stadt und vermutlich haben die wenigsten Leute außerhalb Schwedens je von den Orten gehört, wo wir zum Biken und zum Übernachten waren.

# Die Wege und die Natur sind unterschiedlich …
# … doch immer sehr schön!

Eigentlich war unser Urlaub simpel: Morgens aufstehen, (wenn vorhanden) Heidelbeeren sammeln und über dem Gaskocher Pfannkuchen backen. Dann zusammenpacken, ein bis zwei Stunden zum nächsten Trailspot fahren, biken gehen, weitere ein bis zwei Stunden zum nächsten Campspot an einem See fahren, Feuer machen, kochen, schlafen. Eat, drive, ride, drive, eat, sleep, repeat. Easy!

# Mit dem Auto geht es von Spot zu Spot.
# Geschlafen wird immer an Seen.
# Schöne Sonnenuntergänge sind ein zusätzliches Plus.

Klingt fast so, als könnte es auf Dauer langweilig werden, oder? Ganz im Gegenteil! Die Autofahrten in Schweden machen Spaß, weil die Landschaft grandios ist und sich Hügel mit Seen abwechseln und je weiter man in den Norden kommt, desto farbiger wird die Herbstlandschaft im September. Und wenn man ganz viel Glück hat, begegnet man Rentieren oder sogar Elchen. Von letzteren haben wir zwar zwei gesehen, aber leider hatten wir die Kamera mit Zoomobjektiv gerade nicht zur Hand.

# Rentiere am Straßenrand

Und auch die Trails haben uns begeistert! Im südlichen Teil Schwedens waren wir viel auf Wanderwegen unterwegs, auf denen man aber auch Mountainbike fahren darf. Idyllische Wege zwischen Heidelbeersträuchern, Birken und Nadelbäumen. Wälder, in denen man keiner Menschenseele begegnet und plötzlich hinter einer Kuppe ein kristallklarer See zum Vorschein kommt. Die Trails sind naturbelassen, teilweise sehr wurzelig und schlängeln sich mal bergauf, mal bergab durch den Wald. Keine klassischen Endurotrails, wie wir sie sonst gerne mögen, aber dennoch sehr spaßig! Allerdings waren wir meist nicht so schnell und auch nicht so weit unterwegs, wie wir das geplant hatten und das lag: an den Pilzen!

# Bunte Wäldchen …
# … und nette Weichen sind eine Augenweide.
# Schweden in all seiner Pracht
# Der Herbst lässt alles in bunten Farben leuchten.
# Gegen Abend wird es dann schnell frisch.

An manchen Tagen nahmen wir uns eine Tour vor und brauchten dann letztlich dreimal so lange wie geplant, weil alle paar hundert Meter ein Steinpilz oder ein Pfifferling auf dem Trail standen. Und die kann man ja nicht einfach stehen lassen – also packten wir alle Pilze in unseren Rucksack und aus unserer ambitionierten Tour wurde eine Pilzexkursion, die mit Tagliatelle und Steinpilzen über dem Feuer gekocht endete.

Je weiter wir in den Norden kamen, desto kälter wurde es und desto weniger Pilze hielten uns vom Biken ab. Hier war eher manchmal das Problem, dass Gebiete wegen der Elchjagd gesperrt waren und wir mehrere Male umdisponieren mussten, weil unsere geplante Tour so zu gefährlich gewesen wäre. Auf dem Weg nach Are machten wir auch unseren ersten Bikepark Stop ins Lofsdalen. Allerdings waren bereits alle Lifte geschlossen, denn wir befanden uns ganz deutlich bereits in der Nebensaison. Da kamen uns jedoch unsere eBikes zu Gute! Mit motorisierter Unterstützung kann man durchaus auch steile Schotterrampen mit 28 – 30 % Steigung hochfahren und so sind wir die Indstandhaltungswege des Skigebiets, bzw. auch die grünen Bikestrecken bergauf gefahren. Außer uns waren nämlich lediglich noch ein paar Arbeiter im Bikepark unterwegs und wir mussten nicht damit rechnen, dass uns ein Mountainbiker entgegenkommt.

# Im Bikepark unterwegs.

Die Farben in Lofsdalen und auch weiter im Norden waren grandios! Wo es in Deutschland noch Sommer war, als wir in Freiburg losgefahren sind, waren wir nun im bunten Herbst Skandinaviens gelandet. Die Heidelbeersträucher leuchten in unterschiedlichsten Rottönen, die Lerchen lassen ihre Nadeln fallen und die Birken strahlen in goldenem Gelb. Ein Traum für jeden Fotografen und Naturliebhaber!

Allerdings bedeutet Herbst in Skandinavien auch nächtliche Temperaturen um den Gefrierpunkt und wir waren froh, zusätzlich zu unserer normalen Bettwäsche noch warme Schlafsäcke eingepackt zu haben. Wild campen heißt auch, dass man keine sanitären Anlagen mit warmer Dusche nach einem langen Tag auf dem Rad hat. Stattdessen suchten wir uns über die App Camp4Night Plätze mit Zugang zu einem See, wo wir abends noch kurz reinspringen konnten. Und das kostet bei Wassertemperaturen von unter zehn Grad ganz schöne Überwindung. Aber es hilft ja nichts, denn verschwitzt und voller Schlammspritzer kommt man uns nicht ins Dachzelt.

# Das frische Wasser dient als Augenweide und für die abendliche Dusche.

An Seen zu campen hat auch den Vorteil, dass wir immer genügend Frischwasser zum Kochen und für heißen Tee hatten. Und zu unserer freudigen Überraschung hatten alle unserer Campspots auch eine Feuerstelle, oft eine Unterstellhütte und in ganz großen Ausnahmen sogar ein Plumpsklo. Ansonsten tut es auch ein Klappspaten und ein kurzer Spaziergang in den Wald.

In Sachen Kulinarik ließen wir es uns richtig gut gehen! Nachdem wir die ersten zwei Tage mit Gas gekocht hatten, dieses aber aufgrund der niedrigen Temperaturen und des Windes schneller zur Neige ging, als wir das geplant hatten, suchten wir bald Baumärkte und Haushaltwarenläden auf, um eine gusseiserne Pfanne zu erstehen. Als wir nach mehreren erfolglosen Versuchen endlich eine solche Pfanne gefunden hatten und zusätzlich noch eine Grillpfanne mit Löchern mitgenommen hatten, konnte uns nichts und niemand mehr aufhalten, Grizza (Grillpizza), Lachs, Gemüse, Steinpilze und Halloumi-Burger über dem offenen Feuer zuzubereiten. Wer sagt denn, dass Camping gleichbedeutend ist mit Ravioli und Tütensuppe?

# Wer sagt, dass Campen und Grillen gleichbedeutend mit schlechtem Essen ist? - Saskia und Hans beweisen auf jeden Fall das Gegenteil!
# Zum Frühstück gibt's frische Blaubeeren.
# Diese werden direkt zu Pfannkuchen verarbeitet.
# Neues Feature beim Bike-Rucksack: Pfifferlingstasche!
# In der Pfanne machen diese auf jeden Fall eine bessere Figur.
# Nachtisch gibt's …
# … am Streckenrand.

Corona war in diesen zwei Wochen ganz weit weg von uns und unseren Gedanken. Es war schon lange nicht mehr vorgekommen, mehrere Tage nicht an die Pandemie zu denken. Wir genossen einfach die Zweisamkeit in Schwedens einsamen Wäldern, erkundeten mit den Bikes kleine und unbekannte Pfade, begegneten fast keinen anderen Menschen, hielten lediglich zum Einkaufen und Tanken in der Zivilisation an. Die zwei Wochen in Skandinavien waren eine willkommene Abwechslung und es tat gut, einfach mal nur draußen zu sein. Auch wenn Schweden nicht auf Platz eins unserer Mountainbike Bucket List stand – es hat uns rundum begeistert!

Ein paar praktische Tipps zum (e)Biken in Schweden:

# Schweden, es war wunderschön!

Zum Bike-Urlaub nach Schweden – wäre das was für dich?

Text und Bilder: Saskia Bauer und Hans-Joachim Kleine
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