Nachdem wir euch ja schon einige Tipps rund um die richtige Bekleidung für heiße, nasse und kalte Bedingungen gegeben haben, möchten wir nun darauf hinweisen: Auch auf euer Nutzungsverhalten kommt es bei Bike-Bekleidung ganz besonders an.
Gore-Tex, Merino und Co – Hintergrund
Man spricht zwar von „Atmungsaktivität“ und „technischer Bekleidung“ – aber aktiv ist bei Bekleidung in aller Regel gar nichts. Eigentlich richtig wäre der Begriff „dampfdurchlässig“, doch auch das ist Bekleidung nur unter bestimmten Bedingungen. Im Labor wandert Wasserdampf tatsächlich fröhlich durch Gore-Tex und Co – in der Realität ist das etwas schwieriger. Damit Schweiß durch Bekleidung hindurch kann, muss er erst einmal dampfförmig sein. Dann braucht es noch einen Differenzdruck, sprich: Im Inneren der Jacke braucht es einen größeren Dampfdruck, als außerhalb.
Was also tun?
Ganz praktisch heißt das, dass euer Schweiß erstmal verdampfen muss. Euch muss also warm sein. Und: Es muss in der Jacke wärmer sein, als draußen. Denn erst dadurch kann sich im Inneren der Jacke ein Dampfdruck aufbauen, der den Wasserdampf durch die Membran drückt. Außen angekommen soll der Dampf in die Umgebung abgegeben werden, damit ihr schön trocken bleibt.
Dafür empfiehlt es sich erst einmal, bei trockenen Bedingungen gar keine Regenjacke anzuziehen. Denn die hat eine deutlich schlechtere Dampfdurchlässigkeit als eine Softshell-Jacke. Einzige Ausnahme ist vielleicht Gore-Tex Shakedry, das tatsächlich ähnlich leicht und viel Dampf durchlassen kann, wie eine nur wind-, aber nicht wasserdichte Jacke. Noch mehr Luft geht durch eine nur windabweisende Jacke. Bei wenig Wind und eher niedrigen Geschwindigkeiten, also beim klassischen Trail- oder Endurobiken, empfiehlt es sich daher oft, einfach in einem Hardfleece oder nur im Trikot unterwegs zu sein.
Dann geht’s darum, was man mit seiner Jacke macht. Ehrlich gesagt ist der Idealzustand, den man sich so vorstellt, nahezu unmöglich: Bei Ruhepuls und Kälte aufs Rad steigen und dann einen Anstieg hoch rasen, den Puls auf 180 peitschen und erwarten, dass man nicht anfängt zu schwitzen. Wenn man das schon kommen sieht, und es nicht gerade regnet oder windet, sollte man einfach öfter mal ein, zwei Lagen ausziehen.
Wenn ihr euch aber entscheidet, mit einer Regenjacke bergauf zu fahren – zum Beispiel, weil es euch eher kühl ist oder es windet – dann die Jacke lieber geschlossen lassen. Widersteht der Versuchung, lange mit offenem Reißverschluss rumzufahren. Das führt nämlich dazu, dass sich kein Dampfdruck aufbaut und die Jacke garantiert nicht „atmet“. Wenn ihr vorher schon geschwitzt habt, kühlt ihr zudem euren Körper sehr lokal (im Bereich des Reißverschluss) runter, während andere aufheizen (zum Beispiel unter den Achseln). Eure Temperaturregulierung kommt durcheinander und ihr schwitzt garantiert.
Das Beste, was ihr machen könnt, ist: leicht zu kühl gekleidet losfahren. Wenn ihr merkt, dass ihr zu warm gekleidet seid (weil ihr stark schwitzt): sofort ausziehen! Das kann nervig sein, weil manchmal die mittlere Lage weg muss und man gerade erst losgefahren ist. Oder, weil ihr einen Rucksack habt und so weiter. Aber häufig ist Umziehen die richtige Lösung. Nur wer im Ruhezustand leicht friert, kann in Bewegung genau komfortabel gekleidet sein. Der heilige Gral von Funktionsbekleidung ist leider noch nicht gefunden. Am nächsten dran sind meiner Erfahrung nach – für trockene Bedingungen – Merino-Synthetik-Mischgewebe mit recht glatter, dichter Außenseite, wie das 7Mesh Callaghan Jersey. Denn das ist sehr dampfdurchlässig und auch feucht noch wärmend, dabei jedoch stark windabweisend. Merino auf der Haut wärmt, während Synthetik außen die Verdampfung übernimmt.
Und warum friert man überhaupt mit nassen Klamotten?
Weil die Feuchtigkeit auf der Haut verdampft, wobei sie der Haut Wärme entzieht. Wenn eure Bekleidung wirklich nass ist, dann werdet ihr es kaum schaffen, so warm zu sein, dass eure Haut die Klamotten trocknet. Deshalb ziehen sich ja viele BergsportlerInnen beispielsweise am Gipfel erstmal um. Ergibt Sinn, weil ihr dann nicht auskühlt. Heißt aber auch: Vielleicht wart ihr auf dem Weg nach oben doch zu warm gekleidet. Im Idealfall kommt ihr wirklich nahezu trocken oben an, und müsst dann nur etwas überziehen, um warm zu bleiben. Das schwitznasse Shirt lässt sich häufig durch rechtzeitiges Ausziehen vermeiden. Aber klar ist auch: Jeder ist anders, der eine schwitzt mehr, die andere weniger. Wer stark schwitzt, kommt um die Wechselklamotte nicht umher. Eine Plastiktüte im Rucksack kann nötig sein, um sie trocken auf den Berg zu bringen.
Materialübersicht
Das richtige Material an der richtigen Stelle – dafür gibt’s hier die kurze Zusammenfassung:
- Nylon Eine sehr belastbare Faser, im Gewebe aber in aller Regel schlecht isolierend. Nimmt viel Feuchtigkeit auf.
- Polyester Etwas weniger belastbar als Nylon, nimmt nur sehr wenig Feuchtigkeit auf, je nach Gewebe gute Isolationsfähigkeit.
- Wolle und Merinowolle Nehmen viel Feuchtigkeit auf, sehr gute Isolation, angenehm wärmend auch im feuchten Zustand.
- Daune Die beste Isolation (durch die eingeschlossene Luft), aber feuchtigkeitsempfindlich und nicht so dampfdurchlässig wie Polyester.
- Baumwolle, Lyocell, Tencel Nehmen viel Feuchtigkeit auf, sind nicht sehr belastbar und verwebt recht schlechte Isolatoren. Geben Feuchtigkeit direkt wieder ab, wodurch sie sich kalt anfühlen.
Meinung @eMTB-News.de
Öfter mal umziehen, tendenziell etwas zu kühl losfahren – und dafür eine Windjacke oder warme Jacke im Rucksack haben. Damit gebt ihr eurer Funktionsbekleidung die Chance, zu funktionieren!
Welche Erfahrungen hast du mit Funktionsbekleidung gemacht?