Bosch investiert in der Slowakei und in Portugal
Die Firmenzentrale von Bosch eBike Systems mag sich zwar in Reutlingen bei Stuttgart befinden, aber die industrielle Fertigung der Hilfsantriebe für E-Bikes erfolgt in Ungarn. Weil im Osten Europas viele E-Bikes montiert werden, war dieser Standortentscheid ein cleverer Schachzug. Getreu dem Motto „aus der Region, für die Region“ baut der Konzern nun seine industrielle Kapazität in Europa weiter aus. Und das durch zwei Investitionen, die in diesem Herbst publik wurden. Im Osten der Slowakei, genauer im Raum Presov, plant Bosch Electrical Drives eine neue Fertigungsstätte mit bis zu 400 Angestellten. Hier sollen unter anderem Hilfsantriebe für Bosch eBike Systems gefertigt werden.
Mit der zweiten Investition trägt Bosch dem raschen Aufstieg Portugals zum inzwischen größten Fahrrad-Exporteur Europas Rechnung: In zwei bestehenden Fabriken in Braga und Ovar sollen ab kommendem Jahr auch Teile für E-Bikes gefertigt werden – von Displays und Remote Controllern über Antriebseinheiten und Sensoren bis zur Elektronik für Batteriemanagement-Systeme. So sollen in Ovar bis zu 300 Arbeitsplätze und in Braga 64 Arbeitsplätze neu geschaffen werden.
Chinesen steigen bei Pendix ein
Auch wenn sich die Konjunktur verschlechtert hat, bleiben Unternehmen aus der Fahrradbranche für Investoren interessant. Das zeigte sich am Beispiel von Pendix: Erst 2013 gegründet, setzten die Zwickauer zunächst voll auf Nachrüst-Lösungen, um aus konventionellen Fahrrädern E-Bikes zu machen. Zuletzt zeigte das Unternehmen mit „e-Drive IN“ einen Serial-Hybrid-Antrieb für schwere Lastenräder, der komplett ohne Kette auskommt. Dies und die Übernahme der VSC Bike GmbH als Spezialistin für gewerbliche Lastenräder stärkte die Position von Pendix im dynamischen Cargo-Segment.
Weil die Starthilfe von Seiten des Technologiegründerfonds Sachsen zeitlich begrenzt war, suchte Pendix nach einem neuen Mehrheitseigentümer – und fand diesen im chinesischen Unternehmen Johnson Electric. Mit 35,000 Angestellten in 22 Ländern ist dieser in Shenzhen heimische Produzent ein industrielles Schwergewicht. Die Chinesen sehen die 80-Prozent-Beteiligung bei Pendix als Einstieg in den dynamischen E-Bike-Markt und wollen bis 2025 mit den Zwickauern einen integrierten Mittelmotor entwickeln, um auch im lukrativen Erstausrüstungsgeschäft mitmischen zu können.
Renault Trucks baut Lasten-Dreiräder
Wie dynamisch das Cargo-Segment ist, zeigt auch eine neue Kooperation in Frankreich: Renault Trucks wird künftig im Werk Vénissieux bei Lyon die schweren Lasten-Dreiräder der „Freegones“-Serie fertigen. Zudem ist Renault Trucks als Teilhaber beim Lastenrad-Spezialisten Kleuster eingestiegen und will die Dreiräder über das LKW-Vertriebsnetzwerk an Kommunen wie Firmen im Bereich der Logistik bringen. Damit stellen sich die Franzosen für die Verkehrswende im urbanen Raum auf, die in der Hauptstadt Paris schon erstaunlich weit fortgeschritten ist.
Tubus stößt Schutzblech-Fertigung ab
Zu Beginn des Jahres 2018 schlüpften Hebie und Tubus unter ein Dach. So entstand im Nordwesten Deutschlands ein Anbieter mit einem umfassenden Sortiment an Teilen und Zubehör Alltagsräder. Nun hat das Unternehmen entschieden, die Fertigung von Extrusions-Schutzblechen aufzugeben und an dem italienischen Mitbewerber Eurofender zu verkaufen. Im Zuge der Transaktion ist der Maschinenpark für die Produktion bereits nach Italien verschoben worden.
Ab Anfang 2023 sollen bisherige Kunden von Tubus die Schutzbleche von Eurofender beziehen können. In den Räumlichkeiten in Münster, wo zuvor die Extrusions-Schutzbleche gefertigt wurden, wird neu eine moderne Konfektionierstraße für Gepäckträger-Zubehör eingerichtet. Dadurch soll die Produktion von Gepäckträgersystemen künftig flexibler und mit höherer Kapazität operieren.
Finanzspritzen für Classified Cycling und NOX Cycles
Das belgisch-niederländische Start-up Classified Cycling, dessen innovative „Powershift“-Schaltung bereits diverse Auszeichnungen gewonnen hat, erhöht sein Kapital um EUR 22 Millionen. Diese steuern Investoren von der britischen Insel bei: Active Partners sind bereits als Teilhaber beim Sportschneider Rapha sowie bei der Ladenkette Evans Cycles bekannt. Classified Cycling will das zusätzliche Kapital nutzen, um die Technik der kabellosen, mit einer Kassette und einem Schaltwerk zu kombinierenden „Powershift“-Getriebenabe für die Nutzung an E-Bikes und Mountain Bikes zu adaptieren.
Weit bescheidener sind die Ziele des Zillertaler E-Bike-Spezialisten NOX Cycles: Dieser hatte bereits im Jahr 2021 im Zuge einer ersten Crowdinvestment-Runde EUR 500,000.- eingenommen und in den neuen Firmensitz sowie in die Entwicklung der neuen „Epium“-Baureihe gesteckt – einem leichten E-Mountainbike mit Carbon-Rahmen und dem „Ride 60“-Antrieb von Fazua. Per 1. Dezember hat NOX Cycles nun auf der Plattform Conda die zweite Crowdfunding-Kampagne gestartet. Angestrebt wird dabei ein Betrag von EUR 300.000.-, und so soll die termingerechte Markteinführung der neuen „Epium“-Baureihe im kommenden Jahr sichergestellt werden.
Trek und Vista Outdoor verklagen Logistikkonzern
Viele Akteure der Fahrradbranche klagten in den Pandemie-Jahren über massive Preiserhöhungen und stete Verspätungen bei der Seefracht. Wie lukrativ das Geschäft mit den Containern in diesen Jahren war, zeigen die Jahresend-Boni, welche die beiden größten Frachtdienstleister Taiwans ausschütteten: Bei Yang Ming als der Nummer Zwei betrugen die Boni bis zu 12 Monatslöhne, bei Evergreen (ja, die mit dem Suezkanal…) waren es gar bis zu 40 Monatslöhne. Ein Teil dieses Geschäfts ist das Verlustrisiko: Im Schnitt geht einer von 50,000 Containern auf dem Weg über die Ozeane über Bord.
Wegen solch verlorener Container haben sich nun mit Trek und Vista Outdoor zwei Unternehmen aus der Fahrradbranche einer Klage gegen das Logistikunternehmen Maersk mit Sitz in Dänemark angeschlossen. Dabei geht es um Container mit Helmen und Zubehör, die auf der Route vom chinesischen Xiamen nach Los Angeles auf Grund von Stürmen und schwerer See von zwei verschiedenen Schiffen des Konzerns gespült worden waren.
Auch Vittoria mit Recycling-Initiative
Klar: Nachhaltigkeit liegt auch voll auf Linie mit dem Zeitgeist. Aber es gibt auch handfeste, betriebswirtschaftliche Gründe, die für ein Streben nach mehr Nachhaltigkeit und damit für eine Reduktion des ökologischen Fußabdrucks sprechen. Etwa die Einsparung von Rohmaterialien, deren Preise in den vergangenen Jahren deutlich anzogen. Oder die Aussicht auf die Einführung einer Kohlendioxid-Steuer durch die EU, die für das Jahr 2026 vorgesehen ist.
Daher erstaunt es nur bedingt, dass nach Schwalbe mit Vittoria ein zweiter Hersteller von Schläuchen und Reifen Bemühungen in Sachen Kreislaufwirtschaft ankündigt. Konkret sollen alte oder defekte Reifen und Schläuche durch den Fachhandel gesammelt und vom Partnerunternehmen Esosport zu Granulat und schließlich zu Bodenbelägen für Spiel- und Sportplätze verarbeitet werden. Diese Recycling-Initiative bleibt vorerst auf den italienischen Markt beschränkt.
Zulieferkette klemmt bei Rose Bikes
Auch wenn die ärgsten Engpässe bei der Warenversorgung überwunden scheinen: verschwunden sind die Probleme mit den Zulieferketten noch nicht. Das lässt sich aus Berichten lokaler Medien zum Direktversender Rose Bikes schließen. Auf Anfrage dieser Medien räumte Geschäftsführer Thorsten Heckrath-Rose ein, dass am Hauptsitz in Bocholt inzwischen 45.000 Velos und E-Bikes lagern, die wegen fehlender Teile aus China nicht komplettiert und ausgeliefert werden können. Um die Liquidität sicher zu stellen, wurden nun zusätzliche Kredite aufgenommen.
Das gelang laut Heckrath-Rose ohne Komplikationen, weil das Unternehmen die Ursache der aktuellen Probleme klar darlegen konnte. Zudem vermochte Rose Bikes den Umsatz im November 2022 im Vergleich zum Oktober 2021 um 47 Prozent zu steigern – und das trotz der Probleme in der Zulieferkette. Um zusätzlich Einnahmen zu generieren und dringend benötigten Platz im Lagerhaus zu schaffen, wurden zudem die Preise für lieferbare Modelle sowie diverse Teile und Zubehör im Online-Shop um durchschnittlich rund 15 Prozent gesenkt.
Geschäftszahlen ohne klaren Trend
Eine Reihe von börsenkotierten Unternehmen haben im Oktober ihre Zahlen zum dritten Quartal des laufenden Jahres veröffentlicht. Dabei war kein klarer Trend auszumachen. So legte Komponenten-Primus Shimano über die ersten drei Quartale des Jahres gesehen beim Umsatz wie beim Gewinn im Vergleich zur Vorjahresperiode um über 20 Prozent zu. Weil das Wachstum nach zwei Quartalen erst bei rund 15 Prozent gelegen hatte, muss das dritte Quartal nochmals stärker ausgefallen sein.
Auch Fox Factory mit den Marken Fox, Marzocchi, Race Face und Easton oder Pinarello konnten noch gute Zahlen vermelden. Auch Leatt und Compass Diversified meldeten für das dritte Quartal noch ein Wachstum beim Umsatz.
Weniger deutlich ist das Bild bei Vista Outdoor: Hier sorgte vor allem die E-Bike-Marke Quietkat noch für Umsatzwachstum, während der Absatz von Helmen von Giro und Bell in den unteren und mittleren Preissegmenten bereits schwächelte. Dagegen machte sich die von der Inflation deutlich ausgebremste Konjunktur in Schlüsselmärkten wie Nordamerika und Europa bei der Thule Group, Garmin und Mips in den Zahlen zum dritten Quartal schon deutlich bemerkbar. Alle drei Unternehmen vermeldeten klare Umsatzrückgänge im Vergleich zur Vorjahresperiode, verursacht durch hohe Lagerbestände und in der Folge reduzierte Bestellungen.
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Mehr Bike Biz Backstage gibt es hier:
- Bike Biz Backstage – Februar 2023: 600 Dämpfer in Münster geklaut
- Bike Biz Backstage – Dezember 2022: Hätte, hätte, Lieferkette
- Bike Biz Backstage – Oktober 2022: Mehr Fertigungskapazitäten, neue Firmensitze und ein Großbrand
- Bike Biz Backstage – Mai 2022: Hickhack um eine Übernahme
8 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumErst mal nachfragen, dann urteilen. Nein, ich kaufe grundsätzlich nichts, was in China hergestellt wird, wenn es ein Nicht-China-Produkt gibt. Selbst wenn dieses deutlich teurer ist. Aber "Leute" wie du, die offensichtlich nur auf den Preis schauen, haben dafür gesorgt, dass saubere Hersteller mit besserer Qualität in China produzieren müssen, um konkurrenzfähig zu sein. Also erst mal nachfragen, bevor du mit irgendwelchen dumm-schlauen Sprüchen rüberkommst. Klar, dass dir Menschen mit Prinzipien, oder in deiner Sprache "Moralapostel", ein Dorn im Auge sind.
und meine tiefste Hochachtung vor so viel überlegener Moral ...
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