Shimano stellt im Jubiläumsjahr Rekorde auf
Der Komponentenriese Shimano ist im sportlichen Segment ebenso stark aufgestellt wie bei Alltagsrädern und E-Bikes. Prompt trug die Fahrradsparte, die bei den Japanern für rund 80 Prozent des Geschäfts sorgt, im vergangenen Jahr des 100. Geburtstags wesentlich zu den neuen eingefahrenen Rekorden beim Umsatz wie beim Gewinn bei. Während der Gesamtumsatz des Konzerns gegenüber dem Vorjahr um 44.6 Prozent auf JPY 546,51 Milliarden (EUR 4,38 Milliarden) anstieg, legte die Fahrradsparte gar um 49 Prozent auf JPY 443,7 Milliarden (EUR 3.,56 Milliarden) zu. Die Sportfischerei-Sparte trug mit JPY 102,4 Milliarden (EUR 820 Millionen) weitere 19 Prozent zum Umsatz bei.
Noch rosiger sind die Zahlen beim Gewinn: Dieser stieg für den Gesamtkonzern um 79,3 Prozent auf JPY 148,28 Milliarden (EUR 1,19 Milliarden) und im Fahrradbereich um 82,7 Prozent auf JPY 125,1 Milliarden (EUR 1 Milliarde). Diese beeindruckenden Zahlen begründet Shimano im Jahresbericht damit, dass die hohe Nachfrage nach Fahrrädern des mittleren bis oberen Preissegments global auf hohem Niveau verharre und nur in Asien, Süd- und Mittelamerika in der zweiten Jahreshälfte nachgelassen habe. Die Kehrseite der Medaille sind lange Lieferzeiten: Die Produktion von Shimano ist aktuell bis ins Jahr 2024 ausgebucht. Dies stellt neue Anbieter von Kompletträdern vor Probleme, bietet aber auch neuen Komponentenherstellern eine Chance.
Die Japaner haben ihrerseits auf die anhaltend hohe Nachfrage reagiert und bereits im Juli 2021 ein Investitionspaket in der Höhe von EUR 300 Millionen angekündigt. Diese Mittel sollen in die Modernisierung von Werken in Japan und in den Neubau des Werks in Singapur fließen. Dabei soll nicht nur die Digitalisierung vorangetrieben, sondern auch die Fertigungskapazität ausgebaut werden.
Fahrradteile lassen Bilanz von Fox glänzen
Die Fahrwerkskomponenten von Fox Racing Shox sind an einer Vielzahl von Fahrrädern verbaut. Darum ist der Geschäftsgang dieses Produzenten ein guter Indikator dafür, wie es um die gesamte Bikeindustrie steht. Nachdem Fox im Jahr 2020 noch mit Produktionsstopps bei OEM-Partnern aufgrund der Corona-Pandemie klarkommen musste, waren im vergangenen Jahr weniger Störungen zu verzeichnen. Umso beeindruckender fallen die Zahlen des Konzerns aus, der seine Geschäfte in die Bereiche „Power Vehicle“ und „Speciality Sports“ (mit den Marken Fox, Marzocchi, Easton und Race Face) aufteilt. Der Gesamtumsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um 45,9 Prozent auf EUR 1,2 Milliarden. Dieser Zuwachs fiel im Bereich „Specialty Sports“ mit 57,7 Prozent nochmals stärker aus – nicht zuletzt dank der hohen Nachfrage auf dem Erstausrüstungsmarkt.
Mit einem Jahresumsatz von EUR 534,75 Millionen sorgen Komponenten für Fahrräder damit für 44,5 Prozent des gesamten Umsatzes. Nochmals spektakulärer entwickelte sich der Nettogewinn des Unternehmens, der um über 80 Prozent auf EUR 151,3 Millionen zulegen konnte. Trotz dieser erfreulichen Zahlen sieht das Unternehmen auch Herausforderungen und nennt dabei außer den nach wie vor für Störungen anfälligen Lieferketten auch die Inflation, die durch hohe Kosten für Transporte und Rohstoffe angeheizt wird.
Auch Schwalbe meldet Rekordabsatz
In Europa ist Schwalbe bei den Fahrradreifen klarer Marktleader. Entsprechend profitierte das Familienunternehmen von der anhaltend hohen Nachfrage auf dem Erstausrüstungs- wie auf dem Nachrüstungsmarkt. Der Umsatz konnte 2021 im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 20 Prozent auf EUR 273 Millionen gesteigert werden – eine neue Rekordmarke in der Geschichte des Unternehmens. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 lag der Umsatz von Schwalbe noch bei EUR 140 Millionen. Als Geschäftsführer der Ralf Bohle GmbH, die hinter der Marke Schwalbe steht, kommentiert Frank Bohle das Rekordergebnis wie folgt: „Das Geschäftsjahr 2021 lief für uns hervorragend. Wir sind trotz schwieriger pandemiebedingter Rahmenbedingungen sehr stark gewachsen – das macht uns stolz.“
Enviolo mit neuem Mehrheitseigentümer
Mit seinen stufenlosen Getriebenaben ist Enviolo im Alltagssegment durchaus erfolgreich unterwegs. Die Naben mögen nicht leicht sein, kommen aber besonders gut mit dem zusätzlichen Drehmoment klar, das an E-Bikes mit Mittelmotor auftritt. Dazu kommt als Option die „Automatiq“-Schaltung, mit der auch Ungeübte immer die passende Übersetzung zur Verfügung haben. Anfang Februar zog die Europazentrale von Enviolo von Zwolle ins Herz von Amsterdam um, und keine zwei Wochen später wurde ein neuer Mehrheitseigentümer präsentiert. Das britische Investmentunternehmen Inflexion hält bereits Beteiligungen in den Bereichen Konsumgüter und Medizintechnik und investiert nun erstmals in der Fahrradbranche. Die finanziellen Details des Deals, der Inflexion zum Mehrheitseigentümer macht, wurden offiziell nicht kommuniziert, aber in der niederländischen Finanzpresse war von einer angeblichen Summe von USD 250 Millionen die Rede. Die Transaktion soll bis Ende März abgeschlossen sein und steht noch unter dem Vorbehalt, dass die zuständigen Behörden zustimmen.
Porsche verstärkt Engagement im Fahrradsegment
Porsche zeigt zunehmend Appetit auf das Fahrradgeschäft: Die Zuffenhausener arbeiteten in dieser Hinsicht lange mit Rotwild zusammen. Mit der Übernahme von Rimac Automobili, einem kroatischen Hersteller von elektrisch angetriebenen Supersportwagen, wurde Porsche auch zum Besitzer des E-Bikeproduzenten Greyp – einem Tochterunternehmen von Rimac. Zusätzlich stieg Porsche Anfang Februar bei Fazua ein und übernahm 20 Prozent der Anteile des Münchner Spezialisten für leichte, elektrische Hilfsantriebe. Dazu kommt eine Option auf einen Ausbau dieser Beteiligung und ein Vorkaufsrecht, falls sich andere Investoren melden sollten.
Zusätzlich geht der Sportwagenhersteller zwei Joint Ventures mit der Ponooc Investment BV ein, einem Ableger der PON Holdings. Diese sorgte zuletzt mit der Übernahmen von Dorel Sports und damit der Marken Cannondale, Mongoose und GT für Schlagzeilen und ist mit PON Bike ist inzwischen nach Umsatz zum größten Fahrradhersteller der Welt avanciert. Während das eine Joint Venture die Entwicklung der nächsten Generation von E-Bikes vorantreiben soll, ist das andere auf Lösungen im Bereich der elektrifizierten Mikromobilität angesiedelt.
Wilier und Miche schließen sich zusammen
Dass nicht alle Übernahmen Elefanten-Hochzeiten sein müssen, zeigt die Übernahme des Laufrad- und Teilespezialisten Miche durch den Rennrad-Hersteller Wilier Triestina. Letzterer fertigte zuletzt jährlich knapp 30.000 Fahrräder und erwirtschaftete damit einen Umsatz von EUR 60 Millionen, während Miche einen Jahresumsatz von rund EUR 20 Millionen erzielt. Beide Unternehmen sind Familienbetriebe und im Nordosten Italiens beheimatet. Mit Hilfe dieser Übernahme will Wilier laut CEO Michele Gastaldello ein Exzellenzzentrum für die italienische Fahrradindustrie in der Region Venezien schaffen und so die Distanz zwischen Absatzmärkten und Fertigung reduzieren. Die beiden Besitzerfamilien werden Einsitz im Verwaltungsrat des gemeinsamen Unternehmens nehmen, beide Marken sollen weiter eigenständig operieren.
Taiwans Exporte erreichen neue Höhen
In den vergangenen Jahren stieg nicht nur die Nachfrage nach E-Bikes stetig, sondern auch die Anzahl der Produzenten in Taiwan, die genau hier das große Geschäft witterten. Darum ist es nicht überraschend, dass der Gesamtwert der exportierten E-Bikes im Jahr 2021 erstmals den Gesamtwert der exportierten konventionellen Fahrräder übertraf. Die rund 987.000 exportierten E-Bikes bedeuteten bei der Stückzahl eine Steigerung um 30 Prozent und beim Wert eine Steigerung um 33 Prozent auf EUR 1,21 Milliarden. Dazu gingen 1,99 Millionen konventionelle Fahrräder in den Export, 17 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Wert dieser Exporte stieg um 19,7 Prozent auf ebenfalls EUR 1,21 Milliarden. Auch Taiwans Export von Komponenten und Teilen, wozu auch Rahmen und Federgabeln zählen, legte 2021 nochmals kräftig zu: Die Tonnage stieg um 44,15 Prozent auf 68.264 metrische Tonnen, der Wert dieser Exporte wuchs gar um 58,2 Prozent auf EUR 2,08 Milliarden.
Der Krieg als neue Variable
Eine letzte Frage betrifft den von Russland losgetretenen Krieg gegen die Ukraine – und die Frage, inwiefern dieser die Fahrradindustrie betrifft. Weil die Marktpreise für Rohöl nach dem Kriegsausbruch auf neue Höhen stiegen, verteuern sich auch die Treibstoffe und damit Transporte zur See wie in der Luft oder auf dem Land. Da die Ukraine als Lieferantin für verschiedene Erze nicht unbedeutend ist, dürfte der Krieg die Kostenspirale bei den Rohstoffen weiter in Gang halten. Zudem werden sich gegen Russland gerichtete Sanktionen auf die Batterieherstellung auswirken, weil Ausgangsstoffe wie Nickel im Osten Russlands gefördert werden.
Im Unterschied zu Schwarzmeer-Anrainern wie Rumänien und Bulgarien spielt die Ukraine für die Fahrradindustrie als Produktionsstandort keine unmittelbare Rolle. Aber ein Ast der Eisenbahnlinie von Chinas neuer Seidenstraße, auch von Fahrradherstellern und Zulieferern gerne als Alternative zur Seefracht genutzt, verläuft übers Schwarze Meer und ab Odessa durch die Ukraine. Wenn rundherum Krieg herrscht, fällt diese Eisenbahnlinie für den Gütertransport aus.
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