Brose – kurz & knapp
Der Brose-Motor, den namhafte E-Mountainbike Hersteller wie Specialized (hier gehts zum Test) oder Rotwild (hier gehts zum Test) in ihren eMTBs verbauen, stammt in seiner Basis von einem Lenkungsmotor aus der Automobil-Industrie und wird nach Automotive-Standards gefertigt. Die hohe Qualität dieses Motors und die geringe Geräuschkulisse konnte uns bei den bisherigen Tests immer überzeugen. Die Charakteristik der ganz eigenen Kraftentfaltung und Unterstützungspower unterstreicht die sportive Nutzung dieses Motors. Wer kein “Mofa-Feeling” mag, der wird mit diesem Motor sehr glücklich sein.
Wir haben die Brose-Niederlassung in Würzburg besucht und konnten dort mit Dr. Hoppach, Senior Expert Electric Drives und verantwortlich für Magnetkreis und Steuerung des E-Bike-Motors, sprechen. Er hat uns dabei geholfen, den Motor in seine Einzelteile zu zerlegen und nahm uns auf eine Wissens-Reise der besonderen Art mit. Wenn ein Mann mit derartiger Begeisterung sein eigenes Produkt zerlegt und wissbegierig wie ein kleiner Junge hinter jedes Zahnrad schaut, dann hat das schon einen ganz speziellen Zauber. Wir haben selten so einen Techniker erlebt – Herr Dr. Hoppach, wir danken Ihnen für diesen einmaligen Tag.
Leistungsdaten des Motors
Der Magnetkreis des Motors erbringt ein maximales Moment von 6,2 Nm. Am Abtrieb (nach dem Getriebe) stünden so weit mehr als 90 Nm (bis zu 160 Nm) zur Verfügung. Weil der Riemen aber nicht so viel aushält, wird die Leistung gedrosselt. Der Motor wird elektronisch auf 90 Nm begrenzt, um ein leichtes und leises Getriebe mit einer Lebensdauer über 100.000 km nutzen zu können.
Infos über die Entwicklungszeit
Die ursprüngliche Entwicklung begann bereits 2008 und hatte das Ziel, eine rein elektrische Lenkhilfe zu entwickeln, die der bis dahin üblichen elektrohydraulischen Lenkung in der Fahrdynamik mindestens ebenbürtig ist. Mit dem Serienstart Anfang 2011 und dem Hochlauf auf über 6 Millionen Einheiten pro Jahr wurde die Richtigkeit des Konzepts bestätigt.
Wer denkt, dass Brose den Motor binnen kürzester Zeit vom Lenkungsmotor zum Antriebsmotor für E-Bikes entwickelt hat, der irrt sich. 2010 begann man bei Brose die Entwicklung eines eigenen, leistungsfähigen Elektromotors für E-Bikes. Mit Beginn dieser Entwicklung im Jahr 2010, bot der Lenkhilfe-Motor aufgrund seines geringen Gewichts und der großen Laufruhe die optimale Basis für einen hochwertigen E-Bike Antrieb.
Jetzt wird es technisch
Der Motor ist ein 12-nutiger permanenterregter Synchronmotor in Zahnspulentechnik mit 10 Rotorpolen und sinusförmiger Flussverkettung mit geringsten Oberwellen. Die Amplitude der Durchflutungsgrundwelle ist mehr als 100 mal größer, als die Oberwellen, dies ermöglicht eine sehr homogene Unterstützung des Fahrers.
Technische Details
- Abmessungen: 213 x 150 x 128 mm
- Gewicht: 3.400 g (ca. 920 g der “nackte” Motor)
- Maximale Leistung: 90 Nm
- Motortyp: Mittelmotor
- Nennspannung: 36 V
- Nenndauerleistung: 250 W
- Unterstützung Pedelec: bis 25 km/h
- Unterstützung S-Pedelec: bis 45 km/h
- Schiebehilfe: bis 6 km/h
- Dichtigkeit: IP56
Wissenwertes zur Haltbarkeit
Die Auslegung von Elektronik und Getriebe erfolgte auf 8000 Volllaststunden. Dies entspricht ca. 3000 Akkuladezyklen und einer Lebensdauer von über 160.000 km. Für den Gates-Riemen empfiehlt Brose eine Wartung nach 15.000 km.
eMTB-News.de: Herr Dr. Hoppach, der Brose-Motor hat eine ganz eigene Charakteristik und die Kraftentfaltung ist sehr homogen, neudeutsch würden wir smooth dazu sagen. War es Ihnen wichtig, dass der Motor genau diese Unterstützungscharakteristik aufweist oder hätten Sie lieber mehr Power und “Mofa-Feeling”?
Antwort Dr. Elmar Hoppach: “Unser Anspruch bei Brose ist, E-Bike Fahren soll dem natürlichen Fahrradfahren entsprechen. Dies wird ermöglicht durch die technischen Gene des Magnetkreises, die aus der Lenkung kommen. Genauso wie eine Servolenkung mit der punktgenauen Verstärkung unterstützt, soll der Brose E-Bike-Antrieb den Fahrerwunsch direkt umsetzen. Dies ermöglicht sicheres und leistungsorientiertes Befahren technisch schwieriger Passagen. Unsere dokumentierten Schnittstellen ermöglichen die individuelle Anpassung auf die Anforderungen des E-Bikeherstellers.”
Image-Video von Brose
Brose inside – der offene Motor
Das Planetengetriebe wiegt gerade einmal 180 Gramm.
Herr Dr. Hoppach schraubte für uns das Motorgehäuse auf und wir staunten nicht schlecht, als wir zum ersten Mal ins Innere des Brose-Motors schauten. Direkt hinter der Motorabdeckung liegt die Leiterplatte mit diversen Sensoren und Spulen und allerhand elektronischen Bauteilen.
Dank Klemmkörper-Freilauf im Inneren, lässt sich der Motor sehr leicht pedalieren.
Der Brose-Motor, der heute im E-Bike werkelt, stammt von einem Lenkungsmotor ab. Die Ingenieure haben diesen Motor speziell auf die Bedürfnisse am E-Bike konzipiert und abgestimmt. Eine Besonderheit des Brose Gen 1 ist die Eigenschaft, dass er im Rastmoment optimiert worden ist. Das hat zur Folge, dass das Rastmoment extrem niedrig ist und diesem Motor sein natürliches Fahrgefühl gibt.
Im Inneren überträgt ein Gates-Riemen, der über eine Madenschraube auf der Unterseite des Motors gespannt wird, die Kräfte vom Planetengetriebe auf die Kurbel. Dies geschieht so leise, dass man schon sehr gut hinhören muss, um hier ein Geräusch wahrzunehmen. In den meisten Fällen unterstützt der Brose-Motor fast geräuschlos. Beim Riemen empfiehlt Brose ein Wartungs- und Tauschintervall von ca. 15.000 km. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass die Ingenieure hier an einer Lösung arbeiten, die dieses Intervall deutlich vergrößern soll.
Das eigentliche Betätigungsfeld der Firma Brose wird einem deutlich vor Augen geführt, wenn der Motor erst einmal offen ist. Hier herrscht Hochpräzision! Alles ist nach Automotive-Standards gefertigt und wird mehrfach kontrolliert, bevor es das Werk verlässt.
Meinung @eMTB-news.de
Hochwertig verarbeitet und auf die speziellen Anforderungen eines E-Bikes zugeschnitten: Der Motor von Brose. Der Blick ins Innere verrät, dass hier alles am richtigen Platz sitzt und nichts dem Zufall überlassen wurde. Dank der Möglichkeit, den Motor einmal komplett zu zerlegen und hinter das Motorgehäuse zu schauen, verstehen wir den ihn jetzt noch besser und sind von der gezeigten Qualität beeindruckt.
Ein Motor, der unterstützt, aber das E-Bike nicht zum „E-Mofa“ macht – wir stehen total drauf. Wenn die Ingenieure es in der Zukunft schaffen, den beliebten, extrem leisen Antrieb noch kleiner und leichter zu bekommen, dann steht dem Siegeszug dieses leistungsfähigen Motors sicher nichts mehr im Weg.
Was sagt ihr dazu? Erstaunlich welche Details sich hinter der Motorabdeckung befinden, oder?
Weitere Informationen zum Brose-Motor
Website: www.brose-ebike.com
Text & Redaktion: Rico Haase | eMTB-News.de
Bilder: Rico Haase
12 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumSehr guter Hintergrundbericht und eine beeindruckende Ingenieurleistung der Fa. Brose. Werde mich für das neue Specialized Levo FSR Carbon mit dem Brose S Antrieb entscheiden.
Hallo,
hat irgendjemand Kenntnis über die maximale Leistungsabgabe des Lichtausganges am Brosemotor? Hab ein Vado 4.0 MY17. Und ich finde nirgends Infos über die maximal zulässige Leistung am Lichtanschluss. 6V ist klar, doch der Lichtausgang wird wohl nicht für die 2,4W dimensioniert sei. Try & Error ist mir zu riskant.
Danke für eure Unterstützung
LG Max
Wie man heute weiß, entwickelte sich alles doch nicht so positiv, wie ursprünglich gedacht.
Dafür ist Specialized beim Akku eine Revolution gelungen!
Ich habe bei meinem Specialized Levo auf 17.500 km bereits drei defekte Motoren gehabt. Leider scheint das kein Einzelfall zu sein, sondern eher die Regel.
Auch bei einem anderen Rad – einem Rotwild meiner Frau – kündigt sich nach nur 4.500 km ebenfalls ein Motorschaden am Brose-Motor an.
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