Intro: Canyon Torque:ON vs. Canyon Sender
Das unlängst präsentierte Canyon Torque:ON will kein normales E-Mountainbike im Bereich All-Mountain oder Enduro sein, es will seinem Fahrer oder seiner Fahrerin maximale Freeride- und Downhill-Performance bieten, dabei auf gröbsten Strecken sowie größten Sprüngen ohne Kompromisse zu Werke gehen und immer ein paar Reserven in der Hinterhand haben.
Die härtesten Trails, die größten Jumps – hier ist das Torque:ON zu Hause. Dieses vollwertige Freeride-E-MTB ist bereit für actiongeladene Downhills – und den Weg zurück nach oben. Wieder und wieder.
Canyon Bicycles
Erst kürzlich durften wir das neu entwickelte Vollblut-Baller-E-Bike Canyon Torque:ON auf den Trails rund um Massa Marittima einem ersten Test unterziehen (hier geht’s zum Artikel: Test: Canyon Torque:ON). Auch wenn die italienischen Trails einiges zu bieten hatten, konnte das Potenzial des E-Freeriders – ein langhubiges Performance-E-MTB – nicht wirklich entfesselt werden. Passend dazu verriet mir MTB-Legende Fabien Barel im Gespräch, dass er bei Tests mit dem Torque:ON auf seiner Hausstrecke in Frankreich nur wenige Sekunden langsamer war als mit dem reinrassigen Downhill Bike, dem Canyon Sender. Anteil daran soll, neben der abfahrtslastigen Geometrie, auch das zentrierte Mehrgewicht in Form von Batterie und Motor haben, welches dabei hilft, in einigen Segmenten nochmals mehr Traktion zu generieren, als es ein klassisches DH Bike schafft.
Beim Testen des vollgetankt rund 25,5 kg schweren Torque:ON wurde schnell klar, dass es auf heimischen, eher engen und verwinkelten Trails eher unterfordert und gelangweilt ist. Die wirklich enorme Traktion hat insbesondere auf ruppigen Vollgas-Segmenten Vorteile, die geballten 180 mm Federweg an der Front sowie 175 mm am Heck sind jedoch auf engen und technische Trailabschnitten eher kontraproduktiv. Grundsätzlich hat man auch auf dem klassischen Hometrail Spaß mit einem Boliden dieser Federwegsklasse, dennoch fordert das Torque-Konzept hier schlichtweg einiges an Kraft, welche der oder die Fahrerin erst einmal aufbringen muss über eine längere Distanz.
Grund genug für den Schreiberling dieses Artikels, eine etwas andere Art des Vergleichstests durchzuführen, sozusagen kategorieübergreifend. Dabei mit dem Ziel vor Augen, die folgenden Fragestellungen zu beantworten: Kann das Canyon Torque:ON wirklich mithalten mit einem reinrassigen Downhill-Bike? Und: Wie viele Tiefenmeter bekommt der geneigte E-Bike-Wemser an einem Tag überhaupt zusammen, so ganz ohne Lift-Support?
Video: Canyon Freeride E-Bike vs. Downhill-Bike
Die Kontrahenten
Fangen wir mit dem Herausforderer an, dem brandneuen Canyon Torque:ON CF9. Geballte 180 mm an der Front, gepaart mit kaum geringeren 175 mm am Heck, versprechen nicht nur laut Canyons Marketingabteilung absoluten Fokus auf Abfahrt und Luftzeit. Präsentiert wird das Koblenzer Performance-E-Bike als reinrassiger E-Freerider, der weder vor härtesten Downhillstrecken noch vor der größten Jumpline haltmachen soll. Das Leergewicht wurde von mir mit 24,3 kg (Größe L, ohne Pedale) eingewogen. Wer, wie ich, auf rustikale Shimano DX-Pedale (gut 600 Gramm) und einen gefüllten Wassertank (Volumen: 650 ml) setzt, landet ungefähr bei 25,5 kg E-Bike-Masse. Für den reinen Bikepark-Einsatz wurden die ab Werk aufgezogenen Maxxis Exo+-Reifen später gegen noch robustere und schwerere DH-Reifen von Vee Tire getauscht.
Der Platzhirsch bei diesem Vergleich hört auf den Namen Canyon Sender CFR mit dem kleinen, aber entscheidenden Anhang „Mullet“, denn beide Bikes gehen im Vokuhila-Modus an den Start. Ausschlaggebend war das E-Bike, welches ausschließlich im Mullet-Setup zu erwerben ist. Um eine möglichst gleiche Ausgangsbasis für diesen Vergleich zu schaffen, wurde also auch das Canyon Sender mit kleinerem Hinterrad gewählt. Ebenso fiel die Wahl auf Rahmengröße L, was – dank des drehbaren Steuersatz-Inserts – zu einem Reach von 493 mm führt (+ 8 mm). Hiermit unterscheiden sich beide Bikes nur um 7 mm im Bereich des Reachs, denn das Torque:ON kommt auf glatte 500 mm laut Größentabelle.
Auch in Bezug auf Kettenstrebenlänge liegen die beiden Baller-Bikes auf einer Wellenlänge, zumindest, wenn man auch hier in die Canyon-Trickkiste greift und den Flip-Chip in Position „Long“ setzt: 445 vs. 446 mm (Torque:ON vs. Sender CFR) stehen sich damit gegenüber. Selbst der Blick auf den Lenkwinkel offenbart nur wenige Unterschiede – der E-Freerider ist mit seinen 63,5° nur ein halbes Grad steiler als das Racebike. Außerdem entsprechen beide Bikes der Kategorie 5E (DH) und besitzen damit die Lizenz zum Bikepark-Hämmern.
Der direkte Vergleich macht klar, der größte Unterschied beider Bikes liegt im Antriebskonzept und den fehlenden gut 20 mm Federweg. Denn die Hinterbaukinematik ist fast identisch und soll für maximale Performance bergab sorgen. Zudem wurden beide Rahmen während ihrer Entwicklung den gleichen Belastungstests unterzogen – das Torque:ON musste hierbei sogar mehr Zyklen überstehen als das Sender. Für mich als 1,94 m großen Tester passt die Größe L (inkl. Anpassungen über Flip-Chips und Co.) wie die Faust aufs Auge, natürlich spielen auch hier persönliche Präferenzen eine entscheidende Rolle.
Geometrie
Canyon Torque:ON 2023
Rahmengröße | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Laufradgröße | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 |
Reach | 450 mm | 475 mm | 500 mm | 525 mm |
Stack | 639 mm | 648 mm | 657 mm | 666 mm |
STR | 1,42 | 1,36 | 1,31 | 1,27 |
Lenkwinkel | 63,5° | 63,5° | 63,5° | 63,5° |
Sitzwinkel, effektiv | 77,5° | 77,5° | 77,5° | 77,5° |
Sitzwinkel, real | 72,3° | 72,6° | 72,8° | 73,1° |
Oberrohr (horiz.) | 592 mm | 618,6 mm | 645,6 mm | 673 mm |
Steuerrohr | 105 mm | 115 mm | 125 mm | 135 mm |
Sitzrohr | 395 mm | 420 mm | 435 mm | 460 mm |
Kettenstreben | 445 mm | 445 mm | 445 mm | 445 mm |
Radstand | 1.247 mm | 1.276 mm | 1.306 mm | 1.334 mm |
Tretlagerabsenkung | 32 mm | 32 mm | 32 mm | 32 mm |
Federweg (hinten) | 170 mm | 170 mm | 170 mm | 170 mm |
Federweg (vorn) | 180 mm | 180 mm | 180 mm | 180 mm |
Canyon Sender CFR Mullet 2023 (Long-Setup)
Rahmengröße | S | M | L |
---|---|---|---|
Laufradgröße | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 |
Reach | 443 mm | 468 mm | 493 mm |
Stack | 618 mm | 623 mm | 632 mm |
STR | 1,40 | 1,33 | 1,28 |
Lenkwinkel | 63° | 63° | 63° |
Sitzwinkel, real | 65° | 65,7° | 66,5° |
Oberrohr | 561 mm | 587 mm | 617 mm |
Steuerrohr | 95 mm | 100 mm | 110 mm |
Sitzrohr | 400 mm | 400 mm | 420 mm |
Überstandshöhe | 739 mm | 743 mm | 747 mm |
Kettenstreben | 445 mm | 445 mm | 446 mm |
Radstand | 1.255 mm | 1.282 mm | 1.312 mm |
Tretlagerabsenkung | 21 mm | 21 mm | 21 mm |
Federweg (hinten) | 200 mm | 200 mm | 200 mm |
Federweg (vorn) | 200 mm | 200 mm | 200 mm |
Technische Details und Bike-Setup
Was das Bike-Setup betrifft, wurde versucht, eine gute Vergleichsbasis beider Bikes zu schaffen. Hierzu werden Torque:ON wie Sender mit den gleichen Griffen und Pedalen manövriert. Beide Alu-Lenker wurden auf für mich optimale 780 mm gekürzt. Gebremst wird an der Front mit einer 220er-Scheibe, was beim Torque:ON nicht der originalen Spezifikation entspricht. Unterschiede müssen zudem auch in Bezug auf Fahrwerkskomponenten gemacht werden. Zwar entsprechen beide Fahrwerke der High-End-Linie, allerdings unterscheiden sie sich in ihrem Fabrikat. Dabei tritt Fox Factory gegen RockShox Ultimate an, letztere setzen daneben auf Coil statt Luft im Hinterbau.
Das Torque:ON in der mittleren Ausstattungsvariante kostet 7.499 € (mit 720-Wh-Akku) und glänzt neben besagtem Fox Factory-Fahrwerk durch eine hochwertige Shimano XT-Schaltgruppe. Auch bei den Stoppern kommt die japanische Marke zum Einsatz und bietet solide Verzögerung dank 220er-Upgrade (nicht Serie) der XT 4-Kolbenbremsen. Einzig die E-Bike-Laufräder passen nicht ganz zum Preisschild des Performance-E-Bikes, denn die Sun Ringle Duroc SD37 Comp hatten in der Vergangenheit schon mal Probleme bereitet. Wer zwei Akkus sein Eigen nennen möchte, muss entweder 899,95 € für die 720 Wh oder ganze 1.199,95 € für die üppige 900-Wh-Version auf den Tresen legen. Wer das getestete Canyon Torque:ON CF 9 serienmäßig mit der großen 900er-Variante bestellt, dem oder der zeigt der Canyon-Konfigurator 7.899 €, also glatte 400 € Aufpreis für das satte Plus an Kilometern.
Der Downhill-Urvater Canyon Sender im CFR-Kleid und Mullet-Modus mit seinem Triple-Phase-Suspension-Design (welches auch am Torque:ON umgesetzt wurde) stellt die Spitze der Ausstattungsvarianten dar, zumindest wenn man RockShox der güldenen Ware von Fox vorzieht. Das Sender CFR Mullet LTD setzt voll auf die Komponenten von SRAM bzw. RockShox. Dazu gehört neben dem Ultimate-Fahrwerk samt neuem Super Deluxe Coil-Dämpfer mit integrierter Hydraulic-Bottom-Out-Control (Abk. HBO) ein feiner Antrieb mit dem klangvollen Namen SRAM X01 DH. Dieser kommt mit leichter wie teurer XG-795 DH-Kassette, sowie Carbonkurbeln samt 11-fach-Kettenblatt. Gebremst wird standesgemäß auf SRAM Code RSC, welche zusammen mit den vorn und hinten montierten 220-mm-Scheiben für ordentlich Verzögerung sorgen. An der Kasse werden für das edel ausgestattet Sender CFR LTD 6.499 € berechnet.
Der wichtigste Faktor bei einem Vergleich zweier Radkonzepte auf identischem Terrain stellt für mich jedoch die Reifenwahl dar. Hierzu wurden für die zwei Tage Bikepark-Hämmern Reifen der Marke Vee Tire aufgezogen. Die Entscheidung fiel dabei auf eine Kombination aus Snap WCE MK2 (VR) und Attack FSX (HR), beide in dicker Karkasse und klebrigster Full 40-Gummimischung.
Fahrwerks-Setup
Für beide Bikes wird erst einmal ein Basis-Setup erstellt, welches ich sukzessiv anpasse. Ich starte bei einem Luftdruck bzw. einer Federhärte, die mir ca. 30 % SAG am Hinterbau sowie 15–20 % Negativfederweg an der Front verschafft, was sich als gute Basis beschreiben lässt, aber nicht für jeden Fahrstil und Einsatzzweck das Optimum darstellt. Hier sollte sich grundsätzlich Schritt für Schritt voran gearbeitet werden, immer eine Änderung nach der anderen, damit man die Unterschiede im Fahrverhalten den einzelnen Klicks zuordnen kann.
Torque:ON (Fox) | Sender CFR Mullet (RockShox) | |
---|---|---|
Luftdruck Gabel | 110 psi | 148 psi |
Luftdruck / Federhärte Dämpfer | 224 psi | 500 lbs |
Gabel (HSC / LSC | HSR / LSR) - von geschlossen - | (5 / 10 | 4 / 4) | (3 / 15 | 5) |
Dämpfer (HSC / LSC | HSR / LSR) - von geschlossen - | (7 | 2 / 3) | (+1 / +1 | 7) |
Reifendruck (VR / HR) | 1,8 / 2,1 bar | 1,7 / 2,0 bar |
E-Bike-Batterien
Um auch maximal viele Höhen bzw. Tiefenmeter aus dem Torque:ON zu bekommen, gesellt sich zum verbauten 720-Wh-Akku ein weiteres Powerpack mit satten 900 Wh. Denn wir wollen mit der minimal möglichen Kraft den Berg erklimmen, um diese für die Abfahrt zu konservieren. Dazu gehört ebenfalls der Turbo-Modus des Shimano-Aggregats, der uns entspannt den schnellsten Weg hinauf zum Streckenstart bringen soll. Kletterperformance über technisches Geläuf steht bei diesem Test jedenfalls nicht im Fokus. Die Frage an dieser Stelle lautet: Was ist herauszuholen aus einem Tag Bikepark ohne Liftunterstützung?
Testbike Ausstattung – Canyon Torque:ON CF9
- Federgabel Fox 38 Factory Grip2 (180 mm)
- Dämpfer Fox X2 Factory (xxx mm)
- Antrieb Shimano XT M8100
- Motor Shimano EP8
- Bremsen Shimano XT M8120 (220 mm / 200 mm)
- Laufräder SunRingle Duroc SD37 Comp
- Reifen Vee Tires, Snap WCE MK2 (VR) und Attack FSX (HR)
- Cockpit Canyon (780 mm / 30 mm) / Canyon (45 mm)
- Griffe / Pedale Oury Lock-On V2 / Shimano DX M647 SPD (nicht Serie)
- www.canyon.com
- Preis (UVP) 7.499 € | Bikemarkt: Canyon Torque:ON kaufen
Testbike Ausstattung – Canyon Sender CFR Mullet
- Federgabel RockShox Boxxer Ultimate RC2 (200 mm)
- Dämpfer RockShox Super Deluxe Ultimate (200 mm)
- Antrieb SRAM X01 DH
- Bremsen SRAM Code RSC (220 mm / 220 mm)
- Laufräder DT Swiss FR 560 240 EXP
- Reifen Vee Tires, Snap WCE MK2 (VR) und Attack FSX (HR)
- Cockpit Canyon (780 mm / 30 mm) / Canyon (45 mm)
- Griffe / Pedale Oury Lock-On V2 / Shimano DX M647 SPD (nicht Serie)
- www.canyon.com
- Preis (UVP) 11.899 € | Bikemarkt: Canyon Sender CFR kaufen
Weitere Infos und Details zu den Bikes findet ihr auf www.canyon.com.
Im Bikepark
Um solch einen Vergleich anzustellen, braucht es natürlich auch einen angemessenen Bikepark, ebendarum entscheide ich mich für die Perle in den Vogesen: den Bikepark Lac Blanc. Gut drei Stunden Anfahrt dauert es, um den abwechslungsreichen und fordernden Bikepark im Osten Frankreichs nahe der Stadt Colmar zu erreichen. Wie zu erwarten, spielt das Wetter nicht wirklich mit, sodass wir spontan einen Tag früher anreisen und den Test-Trip zudem noch verkürzen müssen. Dennoch bleibt genug Zeit, die beiden Bikepark-Boliden auf Herz und Nieren – oder besser gesagt – auf Performance und Tiefenmeter zu prüfen.
Gestartet wird der Vergleichstest mit dem Herausforderer, dem Canyon Torque:ON samt großem 900-Wh-Akku. Um schnellstmöglich bergauf zu gelangen, ohne dabei querfeldein durchs Gemüse treten zu müssen, oder steilste Hänge zu erklimmen, haben wir zuvor eine Route per Google Maps ausgewählt, welche ich mir vom Bikepark-Team nochmals als sinnvoll bestätigen lasse. Oben, dank nettem Regenschauer, doch sehr dreckig und etwas feucht angekommen, geht es sogleich wieder talwärts. Begonnen wird klassisch auf seichteren Flowtrails wie der La Easy und La Cool, welche beide durch hervorragend gebaute Anlieger und kleine Sprünge glänzen. Hier macht das Torque:ON absolut Laune, Mittreten ist trotz des nassen und weichen Untergrunds kaum nötig. Das Gewicht des E-Freeriders in Kombination mit der hiesigen Erdanziehungskraft nimmt einem viel Arbeit ab.
Dennoch spürt man natürlich die Masse des E-Mountainbikes, die primär bei spritzigen Manövern, wie Whips, Skids und Flicks ins Gewicht fällt und einem etwas mehr Nachdruck abverlangt. Doch sobald ich mich auf steile und ruppigere Trails wage, wendet sich das Blatt augenblicklich. Das Torque:ON nimmt Fahrt auf und generiert ein wirklich spürbares Momentum, welches, wenn man den Bremsfinger unter Kontrolle hat, auch in technischen und anspruchsvollen Passagen erhalten bleibt. Wer den Bikepark Lac Blanc kennt, wird die La Roots lieben: Hier kommen die Stärken des E-Freeriders erst richtig zur Geltung. Die mäßig steile, mit unzähligen Felsen, Steinen und Wurzeln versehene Strecke ist wie gemacht für ein großhubiges Gefährt à la Torque:ON. Denn das besagte Momentum in Zusammenspiel mit dem potenten Fahrwerk zaubert einem unverzüglich ein debiles Grinsen ins Gesichts, das erst wieder nachlässt, wenn man unten an der Liftanlage angekommen ist. Keine Frage, das Torque:ON ist gemacht zum Ballern, auf harten Strecken dieser Art muss man sich keineswegs zurückhalten.E-Mountainbikes
Keine Frage, das Torque:ON ist gemacht zum Ballern, auf harten Strecken dieser Art muss man sich keineswegs zurückhalten …
Auch auf sprunglastigen Strecken fühlt sich der E-Freerider zu Hause. Egal, ob kleine Schanze oder der größte Kicker des Bikeparks, das Torque:ON fliegt souverän und vor allem sicher durch die französische Bergluft. Einzig der spürbare Kraftaufwand fällt auf. Denn um das E-MTB etwas querzustellen oder ein wenig herumzuwirbeln, benötigt man schon etwas Vehemenz.
Im direkten Vergleich dazu wirkt das über 17 kg schwere Canyon Sender LTD fast leichtfüßig, auch wenn diese Leichtfüßigkeit durch die gut 20 mm mehr Federweg in anderen Bereichen wieder etwas aufgefressen wird. Bezogen auf die Kernkompetenz vieler Bikeparks – das Springen bzw. die dafür angelegten Jumplines – hat das Downhill Bike die Nase etwas vorn. Trotz der Tatsache, dass das Sicherheitsgefühl des Torque:ON auch in der Luft ungeschlagen bleibt, ist es mit dem Sender möglich, sich mit weniger Kraftaufwand aus egal welchem Kicker zu schanzen und dabei sogar noch etwas besser auszusehen.
Auf Flowtrails ist solch ein DH Bike natürlich völlig unterfordert, dennoch ist das Sender im Mullet-Modus flink um die Ecken zu bewegen. Wer nun noch etwas an der Dämpfungsschraube dreht, versackt auch kaum in engen Ecken oder an kleinen Abziehkanten. Zum Leben erweckt man den 200-mm-Boliden auf Strecken wie der La Roots, La Nuts oder der Freeride-Line La Fat. Hier fühlt sich das Canyon Sender zu Hause. Im Vergleich zum E-Freerider bietet es, dank zusätzlichen 20 mm Federweg, abermals mehr Nehmerqualitäten und schluckt harte Einschläge oder Kompressionen noch entspannter weg. An die Traktion des ca. 8 kg schwereren E-Bikes kommt es jedoch nicht heran. Das Torque:ON generiert mit der Kombination aus Gewicht und sattem Fahrwerk ein absurd hohes Griplevel, das auch von einem DH Bike nicht getoppt werden kann.
Sobald man das Sender CFR richtig fliegen lässt, spürt man allerdings das Plus an Reserven, welches mich mithilfe des 200-mm-Fahrwerks recht unbeeindruckt durch gröbstes Geläuf fliegen lässt.
Tiefenmeter-Vergleich
Eines der Ziele war es, herauszufinden, wie viele Tiefenmeter man mit dem jeweiligen Bike an je einem Tag zusammenbekommt. Dafür wurde das Torque:ON im Turbo-Modus den Berg hochgejagt, während das Sender bequem im Lift Platz nehmen durfte. Die Pedalierstrecke zog einen recht weiten Bogen um den Bikepark, welcher im ersten Segment aus steinigem, später weniger rauem Waldweg bestand. Die zweite Hälfte der ca. 4,75 km Auffahrt zeigte glatten Asphalt, welcher direkt unterhalb der oberen Liftstation endete.
Im Schnitt kommt man bei einer Runde (Uphill inkl. Downhill) auf gemittelte 7,25 km Wegstrecke. Dabei werden zudem knapp über 300 Höhenmeter erklommen.
Mit dem 900-WH-Akku kann ich exakt 37,78 km und 1.519 Höhenmeter zurücklegen und befinde mich ab Mitte der 5. und letzten Auffahrt im roten Bereich der Akkustandanzeige. Der 720-Wh-Akku wird nachgelegt und kommt erwartungsgemäß auf insgesamt 4 Runden, mit 27,72 km und 1.225 hm. Hier beende ich die letzte Abfahrt ebenfalls im roten Bereich der Akkuanzeige. Keine der beiden Batterien fahre ich auf null oder bis zur Motorabschaltung.
Endergebnis der 1.620-Wh-Kapazität sind insgesamt 65,5 km Distanz bei satten 2.744 Höhenmetern, bei einer summierten Bewegungszeit von fast 4 Stunden laut Strava. Dieses Resultat ist wenig überraschend, wenn man alle Parameter einbezieht.
- Hohes Systemgewicht bestehend aus Fahrer und E-MTB (102 kg Fahrergewicht) – leichtere Fahrerinnen können hier deutlich mehr Kilometer herausholen
- DH-Reifen mit weicher Gummimischung und über 1.400 Gramm pro Reifen
- Wetterbedingungen waren sehr nass (aufgeweichter Boden) und windig – was schlussendlich extra Watts kostet
- Turbo-Modus und hohe Kadenz – es wurde knackig nach oben getreten
Kommen wir zum Liftsupport des Canyon Senders. Wie bereits im Kapitel „Bikepark“ erwähnt, war das Wetter nicht auf unserer Seite, was folglich die Test- sowie Produktionszeit etwas komprimieren sollte und hiermit keinen vollen Fokus auf unzählige Bikepark-Laps zuließ. Dennoch muss man an dieser Stelle relativieren, denn der Park war unter der Woche kaum besucht, was keine Sekunde Schlangestehen zur Folge hatte.
Wenn man also die Rahmenbedingungen einkalkuliert und einen normalen Bikeparktag am Wochenende zugrunde legt, kommen wir mit den per Liftanlage erreichten Tiefenmetern wiederum nahe an realistische Werte. Denn die Strava-Uhr blieb bei „nur“ 52,00 km und 3.629 Tiefenmetern stehen. Ein solider Wert, den man aber bei konsequenter Jagt nach Abfahrten hätte leicht um 50 % steigern können.
Ergebnis des Tiefenmeter-Vergleichs
Das Canyon Torque:ON kommt auf pedalierte 65,5 km und 2.744 Höhenmeter. Das Canyon Sender CFR generiert auf 52 km Distanz ganze 3.629 Tiefenmeter per Lift-Support.
Ist das Torque:ON ein gleichwertiger Ersatz für ein DH Bike?
Kommen wir zur Kernfrage: Kann der E-Freerider dem Vollblut DH Bike in dessen Revier – dem Bikepark – das Wasser reichen? Die Antwort ist Jein. Denn auch wenn das Torque:ON ein wirklich potentes Abfahrtsgerät darstellt, ist es schlussendlich durch seine Reichweite und das hohe Gewicht benachteiligt. Dennoch muss man dem Koblenzer E-Freerider absolute Bikeparktauglichkeit attestieren. Egal, ob Flow- oder Downhilltrail, das Torque:ON machte überall eine gute Figur. Das Mehrgewicht ist nach ein paar Runden vergessen und man erfreut sich an maximaler Traktion und einem nie erlebten Sicherheitsgefühl, auch auf anspruchsvollsten Strecken. Einzig die geringe Bodenfreiheit und damit einhergehenden Pedal-Aufsetzer trüben das süße Downhillvergnügen.
Das ist uns aufgefallen:
- Traktion Ein E-Freerider wie das Torque:On, mit sattem Federweg und einem E-MTB-typischen Gewicht, erzeugt einen erstaunlich hohen Grip.
- Sicherheitsgefühl Abgeleitet von viel Traktion, stellt sich ein immenses Sicherheitsgefühl ein, dass einem zu neuen Geschwindigkeitsrekorden verhelfen kann.
- Geräuschkulisse Die Überraschung des Tests war die nicht vorhandene Geräuschkulisse des Torque:ON: Abgesehen vom Motorsound macht das E-MTB kaum einen Mucks.
- Laufräder Die verbauten SunRingle Duroc-Laufräder gehen weder mit dem Preisschild noch mit dem Gesamtgewicht konform – der Speichencheck war nach ein paar Runden im Park Pflicht.
- Trinkflasche Die Trinkflasche ist für viele Diskussionspunkt am Torque:ON – für mich dennoch praktisch, stimmig im Gesamtkonzept und ein Pluspunkt.
- Reifenwahl Die Reifenwahl fiel auf Vee Tires Snap und Attack – welche sich keinerlei Blöße leisteten und stets beste Haftung boten.
Für wen ist ein E-Bike dieser Klasse geeignet
Wer sich schon öfter beim Gedanken an ein maximal potentes E-Bike erwischt, oder sich die Frage nach der eierlegenden Wollmilchsau stellt, für den oder die ist der letzte Abschnitt dieses Vergleichstest gedacht. Die Frage ist nicht neu, ein „Akustik-Bike“ oder E-Bike für alles, das ist der Ansatz, den viele verfolgen.
Wer beispielsweise eine Downhillstrecke oder große Jumpline zu seiner Hausrunde zählen darf, oder einen Trailpark ohne Lift in der Nähe weiß, aber keine Lust hat, ein dem Gelände entsprechendes MTB zu schieben, wer schnelle und anspruchsvolle Trails mit möglichst viel Traktion und Sicherheitsgefühl bezwingen und auch bei größeren Sprüngen mit Selbstvertrauen über die Absprungkante rollen will, für die oder den stellt das Canyon Torque:ON eine adäquate Lösung dar.
Schlussendlich geht es auch bei diesem Thema um Kompromisse, denn der*die geeignete Partner*in für das 24,3 kg (fahrfertig 25,5 kg) schwere Torque:ON sollte Folgendes mitbringen:
- Körperlich trainiert oder eben stark genug sollte man sein, um ein stattliches E-Bike, das durch seinen üppigen Federweg noch etwas mehr an Spritzigkeit verliert, adäquat bewegen zu können (auch über eine ganze Tour).
- Bock auf Ballern sollte man haben, wenn man E-Freerider werden will. Denn filigranes, langsames technisches „Bike-Bergsteigen“ ist nicht (wen wundert’s) die große Stärke des Torque:ON.
- Das Sicherheitsgefühl, genauer gesagt den Anspruch, dieses zu verspüren, wird beim großhubigen E-Bike erfüllt.
- Haben ist besser als brauchen – wer dieses Motto sein Eigen nennt, zu dem oder der passt das Konzept des E-Freeriders mit satten 180 und 175 mm Federweg.
Fazit
Kann der E-Freerider Torque:ON dem reinrassigen DH Bike Sender CFR das Wasser reichen? Wenn es um maximale Performance geht, dann nein. Wenn es um Spaß auf Bikeparkstrecken und Jumplines geht, dann kommen wir der Sache schon näher. Nach ein paar Runden ist auch das Zusatzgewicht eines Performance-E-MTBs vergessen und man wird nur noch durch die Reichweite seines Akkus limitiert. Alle, die passende Strecken in der Umgebung haben und nicht auf einen Lift zurückgreifen können, jedoch beim Abfahrtsspaß inklusive maximaler Traktion und Sicherheitsgefühl hier schreien, für all jene kann solch ein E-Freerider die richtige Wahl sein.
Testablauf
Für den Vergleichstest wählten wir den Bikepark Lac Blanc im wunderschönen Elsass, nahe der Grenzlinie zu den Vogesen. Die beiden Testbikes wurden für zwei Tage im Bikepark bewegt, je nach Kategorie ausschließlich durch Motor- oder Liftunterstützung. Das Wetter hatte alles zu bieten, von starken Regenschauern, heftigen Windböen bis zu warmem Sonnenschein. Die Bodenbedingungen waren zeitweise anspruchsvoll, rutschig und spritzend. Im Laufe des Tests wurde das Wetter jedoch bedeutend besser, sodass wir am zweiten Tag von Premium-Bodenbedingungen reden konnten.
Hier haben wir das Canyon Torque:ON und Sender CFR Mullet getestet
- Lac Blanc Bikepark: Alles von geschwungenen Flowlines mit vielen Anliegerkurven und kleineren Sprüngen, hin zu satten Freeride- und Downhillstrecken. Der Bikepark Lac Blanc bietet hierbei alles, was das Gravity-Herz begehrt. Auch Fans von Wurzeln und Steinen kommen auf ihre Kosten, genauso wie Freunde der gepflegten Luftzeit. Denn große Sprünge hat es zur Genüge im Bikepark Lac Blanc, welcher ca. 30 km von der für Flammkuchen, Eclairs und den lokalen Wein bekannte Stadt Colmar entfernt ist.
- Fahrstil
- verspielt, strammes Grundtempo, lieber eine Kurve mehr als Straightline
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro, Trail, Jumps und auch gern mal Downhill
- Vorlieben beim Fahrwerk
- etwas straffer, schneller Rebound, so wenig Dämpfung wie nötig
- Vorlieben bei der Geometrie
- ausreichender Reach, mittellange Kettenstreben, tendenziell flacher Lenkwinkel
16 Kommentare
» Alle Kommentare im Forumhttps://www.wort-suchen.de/jugendwoerter-v/
Was ist an Busbahnhof oder Frauenmannschaft denn schräg?
Mich trigger garnix, es geht rein um den Inhalt der Message und die stimmt mit dem Begriff "Vokuhila" hinten und vorne nicht! 🍻
Wenn ja, welche, Vorschläge bitte?
Ich dachte eigentlich Du lieferst mir Vorschläge für "Sorgen haben" damit ich mir etwas aussuchen kann das zu mir passt.
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