Die Welt der E-Mountainbikes dreht es sich in jüngster Zeit häufig um gewichtsreduzierte Light-E-MTB, die mit überschaubarem Federweg und kleineren Akku-Konzepten primär standfeste Nicht-E-Bikende aus der Reserve locken sollen. In diesem Test geht es jedoch weder um das letzte Gramm, noch die beste und leichtfüßigste Bergauf-Performance. Besser, es soll gehämmert werden, bis die Bremsen glühen! Zu diesem Zwecke haben wir uns die beiden aktuellen Vollblut-Gravity-E-Bikes namens Canyon Torque:ON und Propain Ekano 2 AL geschnappt und sie ins berühmt-berüchtigte Schladming in Österreich entführt.
Hier gibt es alles, was das Freeride- und Downhill-Herz begehrt. Am früheren Austragungsort des UCI Downhill World Cups sowie Weltcup Warm-Up-Event namens „Not-A-Race“ wird auch heute noch maximal gehämmert. Neben unzähligen IXS Downhill Cups trifft sich hier alles, was Rang und Namen hat, um auf der beliebten Downhillstrecke in der Steiermark ein paar Laps abzuspulen.
Neben Fans von maximal schnellen DH-Abfahrten kommen in Schladming auch Luftakrobaten und -akrobatinnen auf ihre Kosten. Denn mit der im Jahr 2020 eröffneten 99Jumps, welche in die massive Monsterjumpline übergeht, können versierte Bikerinnen und Biker vor allem auch Luftmeilen sammeln. Genau das richtige also für die zwei E-Freerider aus Deutschland.
Video: Canyon Torque:ON CF vs. Propain Ekano 2 AL
Die E-Bikes – Canyon Torque:ON CF vs. Propain Ekano 2 AL
Die beiden E-Freerider haben so einiges gemeinsam. Sie teilen sich nicht nur ihren Einsatzzweck, auch beim Federweg gehen sie fast identisch an den Start. Das Canyon Torque:ON in der auffällig schicken Ken Roczen Edition strotzt mit 180 mm an der Front und 175 mm am Heck. Demgegenüber steht das Propain Ekano 2 AL, das ebenfalls mit einer 180-mm-Federgabel ausgestattet ist, während es am Heck mit 170 mm Hub – also 5 mm weniger – auskommt. Bei der Geometrie sieht es ähnlich aus, beide Performance-E-MTBs setzen auf ein abfahrtslastiges Setup. Hierbei ist zu beachten, dass das Canyon in Größe L ungefähr dem Propain in XL entspricht und daher auch so gewählt wurde.
Vergleicht man die Geo-Tabellen, unterscheiden sich die Werte eher marginal. Erwähnenswerte Unterschiede liegen im Bereich Lenkwinkel mit 63,5° (Canyon) vs. 64° (Propain). Bei der Laufradgröße setzen beide auf einen Mullet-Aufbau. Auch die Reach- und Stack-Werte unterscheiden sich nur um exakt 5 mm, die Kettenstreben kommen in beiden Fällen auf 445 mm. Beim Sitzwinkel weichen beide ebenfalls nur um 0,5° voneinander ab und ermöglichen mithilfe von 77,5 (Canyon) oder 78 Grad (Propain) eine angenehme aufrechte Sitzposition im Uphill.
Somit sind Unterschiede in der Fahrcharakteristik eher auf unterschiedliche Rahmen- bzw. Hinterbaukonzepte zurückzuführen als auf Geometrie-Details. Hierbei setzt Canyon beim Torque:ON auf Bewährtes und pflanzte dem E-Freerider die Gene seines großen Nicht-E-Bruders ein – dem Canyon Sender Downhill Bike (hier findet ihr den einen spannenden Vergleich: Canyon E-Bike vs. Downhill-Bike). Neben dem Triple-Phase-Suspension-Design teilen sich die Ballerboliden zudem die Freigabestufe 5E, welche Canyons höchster Teststufe entspricht und damit die Downhill- und Freeride-Freigabe beinhaltet.
Auch das komplett überarbeite Propain Ekano 2 AL setzt aufs Erprobtes und verheiratet für 2023 erstmals das hauseigene PRO10-Hinterbaukonzept mit deren E-Bike-Plattform. Natürlich haben auch die Ingenieure und Ingenieurinnen bei Propain ihre Hausaufgaben gemacht und den Ekano 2-Rahmen während seiner Entwicklungsphase über 500.000 Belastungszyklen ausgesetzt, was am Ende der Kategorie 5 entspricht und eine uneingeschränkte Bikepark-Freigabe zur Folge hat.
Bei den genannten Details verwundert es nicht, dass beide Bikes vollmundig als E-Freerider im Marken-Portfolio von Canyon und Propain geführt werden.
„The Future of Freeride – Spindrift DNA inklusive Uplift … “
Propain Bikes
„Die härtesten Trails, die größten Jumps – hier ist das Torque:ON zu Hause. Dieses vollwertige Freeride-E-MTB ist bereit für actiongeladene Downhills – und den Weg zurück nach oben. Wieder und wieder.“
Canyon Bicycles
Geometrie
Canyon Torque:ON
Rahmengröße | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Laufradgröße | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 |
Reach | 450 mm | 475 mm | 500 mm | 525 mm |
Stack | 639 mm | 648 mm | 657 mm | 666 mm |
STR | 1,42 | 1,36 | 1,31 | 1,27 |
Lenkwinkel | 63,5° | 63,5° | 63,5° | 63,5° |
Sitzwinkel, effektiv | 77,5° | 77,5° | 77,5° | 77,5° |
Sitzwinkel, real | 72,3° | 72,6° | 72,8° | 73,1° |
Oberrohr (horiz.) | 592 mm | 618,6 mm | 645,6 mm | 673 mm |
Steuerrohr | 105 mm | 115 mm | 125 mm | 135 mm |
Sitzrohr | 395 mm | 420 mm | 435 mm | 460 mm |
Kettenstreben | 445 mm | 445 mm | 445 mm | 445 mm |
Radstand | 1.247 mm | 1.276 mm | 1.306 mm | 1.334 mm |
Tretlagerabsenkung | 32 mm | 32 mm | 32 mm | 32 mm |
Federweg (hinten) | 170 mm | 170 mm | 170 mm | 170 mm |
Federweg (vorn) | 180 mm | 180 mm | 180 mm | 180 mm |
Propain Ekano 2 AL
Rahmengröße | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Laufradgröße | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 |
Reach | 435 mm | 455 mm | 475 mm | 495 mm |
Stack | 644 mm | 648 mm | 653 mm | 662 mm |
STR | 1,48 | 1,42 | 1,37 | 1,34 |
Lenkwinkel | 64° | 64° | 64° | 64° |
Sitzwinkel, effektiv | 78° | 78° | 78° | 78° |
Sitzwinkel, real | 77,2° | 77,2° | 77,2° | 77,2° |
Oberrohr (horiz.) | 571 mm | 592 mm | 613 mm | 635 mm |
Steuerrohr | 110 mm | 115 mm | 120 mm | 130 mm |
Sitzrohr | 410 mm | 430 mm | 455 mm | 480 mm |
Überstandshöhe | 818 mm | 820 mm | 825 mm | 830 mm |
Kettenstreben | 445 mm | 445 mm | 445 mm | 445 mm |
Radstand | 1.231 mm | 1.253 mm | 1.275 mm | 1.299 mm |
Gabel-Offset | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
Federweg (hinten) | 170 mm | 170 mm | 170 mm | 170 mm |
Federweg (vorn) | 180 mm | 180 mm | 180 mm | 180 mm |
Technische Details
Unsere Testbikes ähneln sich auch in Bezug auf ihre Ausstattungsdetails. Um eine gute Vergleichsbasis zu schaffen, werden das Torque:ON wie auch das Ekano 2 mit den gleichen Griffen und Pedalen manövriert, auch der Lenker wurde bei beiden Rädern auf 780 mm gekürzt. Gebremst wird an der Front mit 220er-Scheiben, was beim Torque:ON CF Roczen nun ebenfalls dem Auslieferungsstandard entspricht. In Bezug auf die Fahrwerkskomponenten müssen nur wenige Unterschiede gemacht werden, denn beide Fahrwerke entstammen der High-End-Linie von RockShox.
Das feuerrote Torque:ON CF Roczen mit seiner High-End-Ausstattung kommt auf satte 8.999 € (aktuell reduziert auf 6.999 €) und glänzt neben besagtem RockShox Ultimate-Fahrwerk durch eine hochwertige elektrische SRAM-Schaltgruppe namens X01 Eagle AXS. Auch bei den Stoppern kommt SRAM mit seinen RSC-Bremsen zum Einsatz und bietet dank 220er-Scheibe am Vorderrad stabile Bremspower. Bei den gewählten DT Swiss HFR1500 E-Bike-Laufrädern samt 240er-Hybrid-Naben wird ebenfalls nicht gespart. Ein weiteres Highlight stellt die RockShox Reverb AXS dar, welche zwar maximal nur 170 mm Hub liefert, dennoch absolut erwähnenswert ist.
Das von uns getestete Torque:ON entspricht noch der „alten“ Ausstattungsvariante, welche auf den Shimano EP8 plus 720 Wh-Akku, SRAM x01-AXS-Antrieb, sowie eine RockShox Zeb mit Charger 2.1-Kartusche setz. Wer heute zum neusten Torque:ON CF greift, bekommt neben dem überarbeiteten Shimano EP801-Motor ebenfalls den neusten Standard aus dem Hause SRAM. Es werkeln von nun an eine Zeb Ultimate samt Charger 3 inkl. Buttercups, genau wie die neue X0 AXS Transmission im Torque:ON Roczen Update.
Das Propain Ekano 2 AL liegt sehr nah an der mittleren Shred²-Ausbaustufe für 7.214 € und setzt dabei auf RockShox Ultimate mit 180 mm Zeb und Super Deluxe RCT Air. Bei den Laufrädern kommen Newmen EG 30 zum Einsatz, welche durch SRAM RSC-Bremsen, mit einer Mischung aus 220- und 200-mm-Bremsscheiben, in ihrer Rotationsgeschwindigkeit kontrolliert werden. Kraft wird durch die SRAM GX AXS Transmission ins System geleitet, dabei thront man auch hier auf einer edlen SRAM Reverb AXS-Variostütze. An dieser Stelle unterscheiden sich Testbike und das offizielle Propain Shred²-Modell, denn für den Testredakteur mit seinen langen Beinen wurde löblicherweise eine Bikeyoke Revive mit 213 mm Hub verbaut. Außerdem wurde die SRAM Code RSC-Bremse durch eine Magura MT7 ersetzt.
So kommt das von uns gefahrene Propain Ekano 2 AL-Testbike auf 6.909 €. Alle Ekano 2 Aluminium-Modelle setzen auf den aktuellen Shimano EP801-Motor samt 626-Wh-Akku. Wer mehr zur Carbonversion vom Propain Ekano erfahren möchte, schaut hier hinein: Neues Propain Ekano CF E-Bike im Test.
Als sehr praktisch erwies sich die Tatsache, dass beide Performance-E-MTBs auf Maxxis Pneus ausgeliefert wurden. Jeweils auf Assegai MaxxGrip Exo+ an der Front und DHRII MaxxTerra in DD-Karkasse am Heck. Das spart zum einen den lästigen Reifenwechsel, zum anderen erhöht es die Vergleichbarkeit.
Testbike Ausstattung – Canyon Torque:ON CF Roczen
- Federgabel RockShox Zeb Ultimate (180 mm)
- Dämpfer RockShox Super Deluxe Coil Ultimate (175 mm)
- Antrieb SRAM X01 Eagle AXS
- Motor Shimano EP8
- Bremsen SRAM Code RSC (220 mm / 203 mm)
- Laufräder DT Swiss HFR1500
- Reifen Maxxis Assegai 3C MaxxGrip Exo+ (VR) und Maxxis Minion DHR II MaxxTerra DD(HR)
- Cockpit Canyon (780 mm / 30 mm) / Canyon (45 mm)
- Griffe / Pedale Oury Lock-On V2 / Shimano DX M647 SPD (nicht Serie)
- www.canyon.com
- Preis (UVP) ab 7.999 € | Bikemarkt: Canyon Torque:ON kaufen
Testbike Ausstattung – Propain Ekano 2 AL
- Federgabel RockShox Zeb Ultimate (180 mm)
- Dämpfer RockShox Super Deluxe Ultimate (170 mm)
- Antrieb SRAM GX AXS Transmission
- Motor Shimano EP801
- Bremsen Magura MT7 (220 mm / 203 mm)
- Laufräder Newmen EG 30
- Reifen Maxxis Assegai 3C MaxxGrip Exo+ (VR) und Maxxis Minion DHR II MaxxTerra DD(HR)
- Cockpit Sixpack Millenium (780 mm / 20 mm) / Sixpack Millenium (50 mm)
- Griffe / Pedale Oury Lock-On V2 / Shimano DX M647 SPD (nicht Serie)
- www.propain-bikes.com
- Preis (UVP) 6.909 € | Bikemarkt: Propain Ekano 2 kaufen
Weitere Infos und Details zu den Bikes findet ihr auf der jeweiligen Herstellerseite www.canyon.com oder www.propain-bikes.com.
Im Bikepark
Für diesen etwas speziellen Vergleich zweier E-Bike-Boliden kommt uns eine Testsession in Schladming gerade recht. Dabei haben wir besonderes Glück, denn kurz vor Saisonende präsentiert sich einer der beliebtesten Downhill-Bikeparks Europas noch mal von seiner besten Wetterseite. Der strahlende Sonnenschein mit bis zu 25 °C am Nachmittag beleuchtet die Schokoladenseite der über die Saison eingefahrenen Bremswellen. Bei über 1000 Tiefenmeter pro Abfahrt gilt es, kräftig den Lenker festzuhalten, denn dieser Bikepark sollte mir noch zeigen, was es heißt, knapp 25 kg E-MTB auf rund 12.000 Tiefenmeter im Zaum zu halten.
Die erste Gondelfahrt wird mit dem Propain angetreten, also rauf auf die Planai, welche schon am Morgen in ungetrübten Sonnenschein erstrahlt. Die friedliche Ruhe im Lift soll nicht lange währen, denn in Schladming geht es vor allem um eins: schnell und wild bergab zu hämmern. Da ich die Flowline weder kenne noch kennenlernen will an diesem Tag, geht es sogleich auf eine der Downhillstrecken unterhalb der Gondel und von dort direkt zur beliebten 99Jumps-Jumpline. Das Ekano 2 AL ist mir nicht unbekannt und bereits auf ein Park-Setup (Fahrergewicht ca. 100 kg) mit 86 psi in der Zeb und 285 psi im Super Deluxe voreingestellt, dazu noch etwas mehr Dämpfung. So braucht es keine allzu große Eingewöhnungszeit, um sich auf die großen und schnellen Sprünge zu wagen.
Das Propain liegt satt und vermittelt ab dem ersten Meter ein hohes Sicherheitsgefühl mit viel Grip. Was bei den trockenen, teils als staubig zu bezeichnenden Bedingungen ein wirkliches Plus darstellt. Auch von tiefen Bremswellen lässt sich der E-Freerider aus Vogt nicht aus der Ruhe bringen und bleibt fast immer auf der gewählten Linie. Der Pro10-Hinterbau arbeitet sich beeindruckend durch Löcher und über Hindernisse, auch in solch einem Bikepark lässt er mich nichts an Performance missen. Ich erhöhe nur die Low-Speed-Druckstufe noch etwas, um mehr Gegenhalt in den ungewohnt schnellen Kompressionen zu bekommen.
Sprünge können ohne großen Kraftaufwand überwunden werden, auch spontanen Impulsen folgt das Ekano 2 AL ohne merkliche Verzögerung. Natürlich lassen sich die Pfunde nicht ganz verbergen, aber für ein E-MTB dieses Kalibers fährt es sich erstaunlich leichtfüßig und intuitiv.
Der Pro10-Hinterbau arbeitet sich beeindruckend durch Löcher und über Hindernisse, auch in solch einem Bikepark lässt er mich nichts an Performance missen.
Auf das Canyon Torque:ON CF gesprungen, fällt mir sofort ein Zugewinn an Traktion auf. Naturgemäß wird dieses Gefühl durch den verbauten RockShox-Stahlfederdämpfer verstärkt, bei dem überraschenderweise eine 450er-Stahlfeder einen gewünschten SAG von ca. 30 % ergibt. Weiter bestätigt sich dieses Gefühl auf groben und losen Böden, hier fühle ich mich nochmals mehr mit dem Untergrund verbunden als beim Propain. Das Fahrwerk saugt sich förmlich fest.
Dieses Quäntchen mehr Bodenhaftung erzeugt gleichermaßen ein Gefühl von weniger Agilität, wenn es darum geht, das Canyon auf dem Trail zu positionieren oder es schnell von einer in die andere Richtung zu werfen. Hier benötige ich einfach etwas mehr Nachdruck, um meinen Willen durchzusetzen. Man könnte sagen, dass sich das Torque:ON CF bei schnellen und groben Gelände wohler fühlt, dort, wo es weniger auf Präzision als auf Vollgaseigenschaften ankommt. Dabei vermittelt die enorme Traktion und Stabilität noch einmal mehr Sicherheit und lässt einen die Gene des Canyon Sender-Downhill Bikes spüren.
Man könnte sagen, dass sich das Torque:ON CF in schnellem und grobem Gelände wohler fühlt, dort, wo es weniger auf Präzision als auf Vollgaseigenschaften ankommt.
Unterschiede – das ist uns aufgefallen
Auch wenn sich beide Bikes auf dem Papier sehr ähnlich sind, unterscheiden sie sich im Charakter doch recht stark. Wie schon im Testeindruck beschrieben, stellt das Propain-Konzept eine breiter nutzbare Plattform zu Verfügung. Durch mehr Agilität und Präzision lässt sich das Ekano 2 AL auch auf weniger steilen oder schnellen Strecken gut händeln. Während das Torque:ON nach Vollgas und Hämmern strebt, dafür aber auch das Extra an Traktion bereitstellt. Das Canyon setzt damit seine Kernkompetenz auf maximalen Speed.
Grundsätzlich musste sich keines der Baller-E-Bikes vor den Herausforderungen in Schladming verstecken. Beide Bikes überzeugen mit Nehmerqualitäten und enorm viel Grip und Sicherheitsgefühl. Auch wenn es im Nachhinein fast schon tollkühn war, mit E-MTBs einen derartig anspruchsvollen und steilen Bikepark für einen Vergleichstest zu besuchen. Die Strecken und die Tatsache, beinahe ohne Pause auf der Bremse zu stehen, sich mit viel Körperspannung über große Sprünge zu werfen oder heftige Kompressionen auszugleichen, führen bei einem Bike-Gewicht von fast 25 kg zu ausgeprägten Ermüdungserscheinungen, welche ich in der Ausprägung bei Tests in kleineren, flacheren und weniger anspruchsvollen Bikeparks nicht feststellen konnte.
Das ist uns aufgefallen:
- Traktion Das Torque:On hat in Bezug auf Traktion die Nase ein klein wenig vorn, was zudem durch den Coil-Dämpfer am Heck begünstigt wird. Jedoch liegen beide E-Freerider hier auf einem sehr hohen Niveau.
- Agilität Bei Performance-E-MTBs von Agilität zu sprechen, könnte als kontrovers eingestuft werden. Über 24 kg bewegte Masse haben einfach Grenzen, dennoch sticht hier das Propain Ekano 2 AL etwas heraus und bietet ein Plus an Verspieltheit.
- Sicherheitsgefühl Abgeleitet von viel Traktion stellt sich ein hohes Sicherheitsgefühl ein, dies gilt für beide Bikes gleichermaßen.
- Mängel Keiner der beiden Boliden hatte ernsthafte technische Probleme zu bekunden. Einzig die Speichenspannung am Hinterrad des Propain musste nach einem vollen Tag Schladming korrigiert werden.
- Reifenwahl Die Reifenwahl an beiden Bikes ist identisch und damit übereinstimmend gut gewählt. Auch wenn ich mich über eine zweite DoubleDown-Karkasse an der Front gefreut hätten.
- Anstregung Nach rund 12.000 Tiefenmetern an zwei Tagen war dem Tester eins sicher – Muskelkater und ein Gefühl von Erschöpfung. Das Gewicht beider Bikes geht in solch einem Bikepark mit ziemlicher Anstrengung einher. Die in Kombinationen aus steilen und damit brems-intensiven Strecken samt tiefer Löcher und Bremswellen, dazu große Jumplines und fette Kompressionen fordern ihren Tribut.
Welches ist der richtige E-Freerider für dich?
Das Propain Ekano 2 AL ist deine Wahl, wenn du neben schnellen und harten Bikeparkstrecken viel Hometrails fahren willst und es dabei auch mal auf Agilität und Präzision ankommt. Bei einer wilden Runde auf anspruchsvollen Terrain, egal ob auf „Little Champery“ in Finale Ligure oder der Downhillstrecke in Schladming, du bist immer gern dabei. Dein Herz schlägt für kleine wie große Sprünge und du segelst gern auch mal quer durch die Luft. Allroundeigenschaften sind dir wichtig.
Das Canyon Torque:ON CF Roczen ist deine Wahl, wenn du eine Freeride- oder Downhillstrecke, vielleicht auch eine große Jumpline, zu deiner Hausrunde zählst. Oder du sogar einen Bikepark (mit oder ohne Lift) in deiner Nähe weißt. Schnelle und anspruchsvolle Trails willst du mit möglichst viel Traktion und Sicherheitsgefühl hinunterschießen und auch bei größeren Sprüngen mit Selbstvertrauen über die Absprungkante gehen. Vollgas ist dein Stichwort.
Fazit
Bei diesem Vergleichstest gibt es keine Gewinner oder Verlierer, eher zwei Konzepte, die auf dem Papier sehr ähnlich sind, sich in der Realität doch unterscheiden. Wer sich mehr auf natürlichen und meist engeren Hometrails bewegt, sich aber auch gerne ein paar Runden auf Bikeparkstrecken gönnt, also eher einen Allrounder möchte, könnte mit dem Propain Ekano 2 AL glücklicher werden. Wer es auf Vollgas auf schnellen natürlichen oder angelegten Strecken abgesehen hat, sich maximale Traktion und Selbstbewusstsein dabei wünscht, für die oder den wäre das Canyon Torque:ON CF die richtige Wahl. Zusammengefasst tragen beide E-MTBs ihre Bezeichnung als E-Freerider zurecht und fühlen sich auf schnellen und wilden Strecken pudelwohl, einzig das Gewicht kann auf langen, harten und bremsintensiven Strecken den Spaß etwas trüben.
Testablauf
Für den Vergleichstest wählten wir den Bikepark Schladming in der österreichischen Steiermark. Die beiden Testbikes wurden für zwei Tage ausschließlich im Bikepark bewegt. Das Wetter hatte vor allem Sonne und angenehme, sommerliche Temperaturen zu bieten. Die Bodenbedingungen waren trocken bis staubig und die Strecken hatten kurz vor Saisonende schon einige Bremswellen zu bieten.
Hier haben wir das Canyon Torque:ON und Propain Ekano 2 AL getestet
- Bikepark Schladming: Bekannt für seine Downhillstrecken und massiven Jumps sowie steilen und Bremsbelag-vernichtenden Abfahrten. Wer es gerne schnell und wild mag, ist hier genau richtig. Den Park als anfängerfreundlich zu bezeichnen, wäre evtl. ein klein wenig vermessen, auch wenn es eine Flowline gibt und man auf der oberen 99Jumps keine Gaps zu überwinden hat. Grundsätzlich sind primär DH-Fahrer*innen hier zu Hause und frönen dem wilden Ritt auf über 1.000 Tiefenmetern pro Abfahrt.
- Fahrstil / Riding style
- verspielt, strammes Grundtempo, lieber eine Kurve mehr als Straightline / playful, fast basic speed, rather one curve more than straightline.
- Ich fahre hauptsächlich / I mainly ride.
- Enduro, Trail, Jumps und auch gern mal Downhill / Enduro, Trail, Jumps and sometimes Downhill.
- Vorlieben beim Fahrwerk / Suspension preferences.
- etwas straffer, viel Zugstufe, so wenig Dämpfung wie nötig, ausreichend Pop / A little firmer, lots of rebound damping, as little high and low-speed damping as necessary, adequate pop.
- Vorlieben bei der Geometrie / Geometry preferences.
- nicht zu viel Reach, mittellange Kettenstreben, flacher Lenkwinkel / not too much reach, medium-length chainstays, slack head angle.
14 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumBeides richtig geile Bikes, die ich gern mal ausprobieren würde.
Zumindest beim Ekano werde ich das im Frühling auch machen, denn zumindest die Alu-Modelle sind jetzt in den Testcentern verfügbar.
Ekano 2 blind bestellt! Mich würden trotzdem mehr YouTube Tests über das Bike interessieren. Aber gut, es ist noch nicht so verbreitet im Markt und der Winter gibt sein übriges hinzu.
Propain Ekano 2 ist interessant aber Warum nur SRAM Schaltung..., Der Ekano 2 hat den EP801/600 verbaut aber keine Shimano XT RD-M8150 (11 oder 12-Fach, FreeShift) Schaltung als Option in den Bike-Konfigurator. Dabei funktioniert die RD-M8150 Schaltung mit dem EP801/600 extrem gut, dank des FreeShifts.
Immer den richtigen Gang (zu Geschwindigkeit und Kadenz), drin zu haben ist schon super geile Sache, gerade wenn man noch schnel Nachtretten muss...Hab jetzt seit halben Jahr in meinen Spectral:ON(EP801) drin und das FreeShift hat mich voll Überzeugt! Ein "must have" Upgrade mit EP801/600 Motor.
Bei Propain wird das Nachrüsten auch schwer, bzw teuer da kein Micro-Spline/HG Freilauf-Flegen....
Das finde ich tatsächlich auch schade, dass es im Konfigurator keine Shimanoteile gibt. Auch bei der Bremse hätte ich gern Shimano.
Nicht, weil ich die anderen für schlechter halte, sondern einfach rein aus Gewohnheit.
Über Cat 4 bin ich auch gefallen. Hier die Mail von Propain auf meine Anfrage:
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