Ein Zeitungsartikel in der Cronenberger Woche hat für hitzige Diskussionen über die Trail-Situation in Wuppertal gesorgt. Es scheint jedoch so, als könne es möglicherweise eine konstruktive Lösung des Konflikts geben.
Wie geht es weiter in Cronenberg? Nach einem Zeitungsartikel in der Cronenberger Woche, in dem von teils fragwürdigen Äußerungen der lokalen Bezirksvertretung berichtet wurde, gab es teils heftige Reaktionen aus der Mountainbike-Community, die sich auch direkt gegen die Zeitung gerichtet haben. Im Hintergrund laufen allerdings schon Diskussionen, wie die Situation für Radfahrer in Zukunft besser gestaltet werden kann. David Mörs, der sich bereits beim Klingentrail im benachbarten Solingen engagiert hat, erzählt im Interview vom aktuellen Stand in Cronenberg!
MTB-News.de: Hey David! Stellt dich doch bitte kurz unseren Lesern vor: Wer bist du? Und wie bist du aktuell in die Situation rund um Cronenberg involviert?
David Mörs: Hallo, ich heiße David Mörs, bin 39 Jahre alt, Vater von drei Jungs und komme aus Wuppertal Cronenberg. Ich fahre inzwischen seit fast 20 Jahren aktiv Downhill- und Enduro-Mountainbike und engagiere mich seit vielen Jahren stark in unserer lokalen Szene und versuche in der Öffentlichkeit für unseren tollen Sport zu werben. In diesem Zuge bin ich auch Teil des Klingentrail-Teams und Mitglied im Velo Solingen e.V., welcher den Klingentrail betreibt. Da mir ebenso die rennorientierte Nachwuchsförderung sehr am Herzen liegt, bin ich zudem auch der Team-Manager der Propain Talent Factory.
Die Situation wird im Artikel der Cronenberger Zeitung, über den wir berichtet haben, seitens der Politik als recht zugespitzt dargestellt. Wie ist das aus deiner Sicht?
Meiner Meinung nach wird die Situation in Bezug auf Konflikte zwischen Mountainbikern und anderen Interessengruppen in dem Artikel und den anschließenden – teils hitzigen und oft nicht sachlichen – Online-Diskussionen deutlich zugespitzter dargestellt, als sie im Burgholz tatsächlich ist. Sowohl was die Mountainbiker als auch die Anti-Fraktion angeht. Ich fahre in der Regel 2 bis 3 Mal pro Woche im Burgholz und habe eigentlich nie Zwischenfälle. Ich würde allerdings auch von mir behaupten, dass ich Rücksicht auf andere Mitmenschen im Wald nehme und immer freundlich grüße, wie es sich halt gehört für ein friedliches Miteinander. Meiner Meinung nach trifft dieses Verhalten jedoch auch auf mindestens 90 % der Biker im Burgholz zu. Sicher gibt es auch ein paar schwarze Schafe, aber die gibt es in jeder der beteiligten Interessengruppen.
Was die tatsächliche Anzahl der Mountainbiker und auch der Trails angeht, haben wir durchaus ein Thema – wie in vielen anderen Regionen auch. Die Kombination aus der kontinuierlichen positiven Entwicklung unseres Sports hin zu einem Breitensport und dem andauernden E-Bike-Boom haben zu einem deutlichen Anstieg der Mountainbiker und somit auch der Nutzung der Trails in der Region geführt. Zudem haben gerade Apps wie Strava und Komoot dazu beigetragen, dass seit Jahrzehnten existierende Singletrails massiv in die Breite gegangen sind und inzwischen aus diversen Lines und Chickenways bestehen. Daraus entstehen natürlich zwangsweise kritische Schlüsselstellen an Wegkreuzungen und Trail-Ausstiegen, an denen durchaus Konflikt- oder Gefahrenpotenzial besteht. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass gemeinsam Lösungen zur Legalisierung der Trails gefunden werden, damit eben diese Schlüsselstellen entsprechend geregelt bzw. entschärft werden können.
Was wäre aus Sicht der Biker die ideale Lösung?
Ich fahre nun schon seit vielen Jahren im Sommer nach Wales in Urlaub und bin immer wieder aufs Neue von dem Konzept der Trail-Center dort begeistert. Hierbei handelt es sich oftmals um Netzwerke bestehend aus dedizierten Wander-, Reit- und Bike-Routen, welche gleichberechtigt parallel in einer Region existieren. Dabei ist an Schlüsselstellen ganz klar durch Beschilderungen und entsprechende Führungen geregelt, wer wie Vorrecht hat. Die Bike-Trails werden zudem durch ortsansässige Vereine oder Initiativen gepflegt und in Stand gehalten.
Ähnliches schwebt uns auch als Lösung für das Burgholz vor. Mit dem engagierten Klingentrail-Team des Velo Solingen e.V. hätten wir dabei auch eine verlässliche Institution im Rücken. Eine Lösung nach diesem Vorbild kann jedoch nur gefunden werden, wenn sich alle Parteien kompromiss- und lösungsbereit zeigen. Wir Mountainbiker können nicht erwarten, dass alle der bestehenden Trails legalisiert werden und müssen in der Konsequenz auch dabei behilflich sein, einige Trails nachhaltig „zu schließen“ und auch versuchen dafür Sorge zu tragen, dass keine neuen, wilden Trails „aufgemacht“ werden. Im Gegenzug müssen die offiziellen Institutionen von ihrer Anti-Haltung abrücken und die Legalisierung der Trails ermöglichen und unterstützen. Wenn wir es schaffen diesen Konsens zu erzielen, haben alle Parteien gewonnen und die Region kann darüber hinaus auch touristisch deutlich davon profitieren.
Wenn wir es schaffen diesen Konsens zu erzielen, haben alle Parteien gewonnen und die Region kann darüber hinaus auch touristisch deutlich davon profitieren.
Der Zeitungsartikel wurde am vergangenen Freitag veröffentlicht und hat seitdem hohe Wellen geschlagen. Was hat sich nun seit dem Erscheinen des Artikels ergeben?
In erster Instanz hat der Artikel am vergangenen Freitag natürlich zu einem riesigen Schwall der Entrüstung in der Mountainbike-Community geführt und – besonders angefeuert durch die sozialen Medien – in kürzester Zeit eine riesige, überregionale Reichweite erzielt. Diese Entrüstung führte dann zu einem Shitstorm, den die Cronenberger Woche (hierbei handelt es sich auch „nur“ um eine kleine Lokalzeitung) sowie die Lokalpolitik so definitiv nicht hat kommen sehen!
Die breite Anteilnahme an der Debatte, nicht nur aus der Mountainbike-Community, hat der Cronenberger Woche sowie der Lokalpolitik jedoch sehr deutlich gezeigt, dass es sich bei den Mountainbikern nicht mehr um ein paar wilde „Downhill-Freaks“, sondern um eine Breitensport-Gruppe handelt, welche nicht einfach ignoriert und aus dem Wald verbannt werden kann. So entstanden bereits am Freitag noch erste positive Gespräche mit der Redaktion, welche zu der dringend nötigen Stellungnahme und Relativierung führten.
Sonntagvormittag wurden wir dann kurzfristig von der SPD zu einem noch am selben Tag stattfindenden Begehungstermin inklusive Aufklärung und Austausch zusammen mit dem WDR für die Aktuelle Stunde Bergischland eingeladen. Der Beitrag wird voraussichtlich nächste Woche ausgestrahlt. Hierbei zeigten sich die Vertreter der SPD, welche zuvor in dem Artikel zitiert wurden, deutlich offen und lösungsbereit.
Zuletzt fand gestern noch ein weiterer Termin zwischen Vertretern des Klingentrails / Velo Solingen e.V. und der Cronenberger Woche statt, welcher zum einen der grundsätzlichen Aufklärung hinsichtlich unseres Sports und der „Zielgruppe“ sowie der Skizzierung möglicher Lösungsansätze und der erneuten Verdeutlichung unserer Gesprächsbereitschaft diente. Ein entsprechender Artikel wird am 12.06. in der Cronenberger Woche veröffentlicht.
Es ist aktuell extrem wichtig, dass wir Biker uns auf den Trails weiterhin gewohnt rücksichtsvoll und freundlich verhalten und nicht von der emotionalen Debatte anstacheln lassen. Auch wenn das bedeutet, dass man mal die Faust in der Tasche ballen muss, weil man von einer angestachelten Person im Wald verbal angegangen wird.
Welche Beispiele für legale Trails gibt es in eurer Gegend? Und vor allem: Sind diese aus deiner Sicht positiv oder negativ verlaufen?
Aus unserer Region sind hier ganz klar die Downhill-Strecke am Kothen in Wuppertal sowie der Klingentrail in Solingen zu benennen. Beide legalen Projekte konnten nur durch großes Engagement der lokalen Szene realisiert werden und zeigen wie groß und engagiert die Community im Bergischen ist. Die Strecken bedienen jedoch nur partiell die Bedürfnisse der Mountainbiker aus dem Burgholz, da es sich dabei um klassische Enduro-Mountainbiker handelt, welche in der Regel Touren fahren, auf denen sie die teils recht technischen und rauen Trails für die Abfahrten nutzen. Die Tatsache, dass es eben dafür kein legales Angebot gibt, führt dazu, dass die illegalen Trails entstanden sind.
Wie geht es nun weiter?
Wir versuchen gerade mit der Unterstützung der SPD und der Cronenberger Woche einen Runden Tisch zu initiieren, um alle relevanten Parteien und Institutionen für einen ersten Austausch zusammenzubringen. Ziel wäre es dann in einem nächsten Schritt im Rahmen einer Mediation, Arbeitsgemeinschaft, o.ä. ein mögliches Lösungskonzept zu erarbeiten und dieses natürlich anschließend umzusetzen. Wie jedoch schon zuvor gesagt ist das nur möglich, wenn sich alle involvierten Parteien/Institutionen kompromiss- und lösungsbereit zeigen. Wir sind, was das angeht, verhalten optimistisch …
Was können die Biker in der Gegend rund um Wuppertal tun, um die Situation zu verbessern? Wie kann man sich positiv einbringen?
Ruhe bewahren!!! Es ist aktuell extrem wichtig, dass wir Biker uns auf den Trails weiterhin gewohnt rücksichtsvoll und freundlich verhalten und nicht von der emotionalen Debatte anstacheln lassen. Auch wenn das bedeutet, dass man mal die Faust in der Tasche ballen muss, weil man von einer angestachelten Person im Wald verbal angegangen wird. Notfalls fährt man einfach weg und geht der sinnlosen Diskussion aus dem Weg … wir sind ja immerhin auf Fahrrädern unterwegs! 😉
Jeder, der sich positiv einbringen möchte, kann sich gerne bei mir als Ansprechpartner seitens des Klingentrails / Velo Solingen e.V. melden. Wir werden in Zukunft, sobald weitere Lockerungen der Corona-Restriktionen dieses ermöglichen, auch ein öffentliches Treffen für interessierte Mountainbiker aus der Region organisieren, um alle über den aktuellen Stand zu informieren und uns weiter zu organisieren.
Zum Schluss möchte ich noch einen Appell an die Mountainbike-Community richten: Neben vielen positiven und konstruktiven Kommentaren aus der Community hat es leider auch diverse äußerst negative Reaktionen gegen die Redaktion der Cronenberger Woche und die Lokalpolitiker in Form von wüsten Beschimpfungen per Telefon, Mail und Kommentaren gegeben. Weiterhin habe ich heute Morgen erfahren, dass die Mitglieder der Bezirksvertretung gestern Abend E-Mails erhalten haben mit Verweis auf die Kenntnis Ihrer Identität und Wohnadressen, welche durchaus als Drohung interpretiert werden können. Diese Reaktionen und dieses Verhalten sind absolut inakzeptabel und wir distanzieren uns an dieser Stelle auf das Deutlichste davon! So ein Verhalten schädigt nachhaltig dem Ruf der Mountainbiker und konterkariert stark unser derzeitiges Engagement. In diesem Kontext möchte wir die Community bitten, keinen weiteren direkten Kontakt zu der Redaktion der Cronenberger Woche, der Bezirksvertretung oder den lokalen Politikern aufzunehmen! Gerne könnt Ihr Euch, wie schon zuvor angeboten, per Mail an [email protected] bei mir als Ansprechpartner seitens des Klingentrails / Velo Solingen e.V. melden.
David, vielen Dank für das Interview und viel Erfolg beim weiteren Vorgehen!
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