Das aktuelle Bundeswaldgesetz stammt aus dem Jahr 1975 und soll überarbeitet werden. Schließlich hat sich nicht nur am Zustand des Waldes und der Umwelt einiges getan – es sind auch neue Nutzergruppen wie etwa Mountainbiker dazugekommen. Ein vor einigen Wochen geleakter, nicht für die Öffentlichkeit bestimmter Referentenentwurf des neuen Waldgesetzes sorgte bei Outdoor-Sportlern jedoch für Entsetzen. Wir haben bei der Mountainbike-Interessensvertretung DIMB nachgefragt.

Geleakter Bundeswaldgesetz-Entwurf – was hat es damit auf sich?

Dass das mittlerweile ziemlich veraltete Bundeswaldgesetz überarbeitet werden soll, ist an sich ja keine schlechte Sache. Schließlich hat sich der Mountainbike-Sport mit 3,8 Millionen aktiven Sportlern und ganzen 12,2 Millionen Gelegenheitsfahrern (beides laut DIMB) als Volkssport etabliert und ist beständig am Wachsen. Eine Überarbeitung könnte also auch als Chance wahrgenommen werden, die häufig sehr restriktive Gesetzeslage, die viele aktive Fahrer in die Illegalität treibt, zum Guten zu wenden. Leider wirft ein kürzlich auf der Forst-Plattform forstpraxis.de geleakter Entwurf ein ganz anderes Bild auf die Lage – wir berichteten: Neuer Entwurf des Bundeswaldgesetzes

Der geleakte Entwurf sorgt weder bei der Forst-Lobby, noch bei Mountainbikern und anderen Outdoor-Sportlern für Begeisterung. Das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat kürzlich klargestellt, dass das Papier nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war und der tatsächliche, Anfang 2024 erwartete Referentenentwurf anders ausfallen könnte. Doch dass überhaupt ein solcher Entwurf im Umlauf ist, erscheint mehr als bedenklich.

Die Ablehnung der Waldbesitzer erklärt sich vor allem durch strengere Naturschutzauflagen. Doch auch Mountainbiker und sogar Wanderer haben wenig zu Lachen: Im Entwurf wird das Radfahren nur noch auf „geeigneten Wegen“ gestattet, was DIMB-Fachmann Heiko Mittelstädt zufolge Befahrungsverboten Tor und Tür öffnet. Auch weitere Präzisierungen möglicher Verbote sollen eher für noch willkürlichere Sperrungen, als mehr Klarheit sorgen. Generell ermöglicht der Gesetzesentwurf den Bundesländern künftig Einschränkungen für Radfahrer, die dann nur noch auf bestimmten Wegen fahren dürften. Zustände wie im Nachbarland Österreich kommen einem sofort in den Sinn.

Gelten auch Forstwege bald als Zufahrtswege für Jagdeinrichtungen und werden damit gesperrt?
# Gelten auch Forstwege bald als Zufahrtswege für Jagdeinrichtungen und werden damit gesperrt? - Der geleakte Referentenentwurf sorgt bei Outdoor-Sportlern teilweise für Entsetzen.

Nicht nur für Mountainbiker, sondern für alle Naturfreunde kritisch könnte der § 33 werden, der sich schon den Namen „Komoot-Paragraf“ eingehandelt hat. Dieser verbietet das Aufzeichnen und Teilen neuer Wege. Heiko Mittelstädt schätzt ein, dass sogar das Teilen eines Fotos samt GPS-Metadaten in den sozialen Netzwerken einen Verstoß darstellen könnte. Wir haben uns mit dem DIMB-Fachmann über den Inhalt des Leaks und die aktuelle Situation rund um das neue Waldgesetz unterhalten. Hier das Interview:

Interview mit DIMB-Fachberater Heiko Mittelstädt

MTB-News.de: Eine Kernforderung der DIMB ist es, das bisherige Betretungsrecht klar und einfach zu regeln. Explizit verweist ihr auf die Formulierung „… auf Straßen und Wegen gestattet“. Der Entwurf spricht nun jedoch von „geeigneten Wegen“. Widerspricht dies eurer Forderung? Welche Konsequenzen befürchtet ihr?

Heiko Mittelstädt, DIMB Fachberatung: Die Formulierung der „Eignung von Wegen“ kam ursprünglich aus dem bayrischen Naturschutzgesetz. Der Hintergrund der Formulierung war, dass ein Radfahrer keinen Anspruch darauf hat, dass ein Weg zum Radfahren entsprechend vom Waldbesitzer hergerichtet werden muss. Der Radfahrer muss den Weg so hinnehmen, wie er ihn vorfindet und selbst entscheiden, ob er darauf mit dem Rad fahren möchte oder besser schiebt.

Leider wird aktuell versucht, mit dieser Formulierung der „Eignung“ eines Weges, Befahrungsverbote zu begründen, in dem nicht mehr der Radfahrer selbst entscheidet, ob er fährt oder schiebt, sondern in dem Dritte, wie Behörden, Naturschutz oder Waldbesitzer von außen pauschal festlegen, ob sich Wege zum Radfahren eignen. Diese Auslegung des Gesetzes halten wir für falsch, weil dies willkürlich festgelegte Kriterien ermöglicht.

Diese würden dazu führen, dass auf diesen Wegen ein gesetzliches Fahrverbot gilt, ohne dass es den Vorgang einer Sperrung benötigt. Selbst bei Kenntnis der zahlreichen aufgeführten Kriterien ist dem Radfahrer in der Regel überhaupt nicht möglich, eine richtige Einschätzung zu treffen. Die Entscheidung des Fahrverbotes würde im Nachhinein erfolgen und das begegnet höchsten rechtsstaatlichen Bedenken.

Solange ein Radfahrer einen Weg benutzt, gibt es unseres Erachtens keinen Grund ihn anders zu behandeln wie einen Fußgänger, da die Störungen, die beide Nutzergruppen verursachen, vergleichbar sind. Nur dort, wo es im Einzelfall wirklich nachvollziehbare Gründe gibt, sollte eine Regulierung stattfinden.

Ganz kritisch ist dabei die Aufzählung, welche Wege sich scheinbar nicht eignen. Jeder Forstweg kann ja im Prinzip ein Zugang zu einer forstlichen oder jagdlichen Einrichtung sein. Sei es ein Hochsitz oder ein Holzlagerplatz am Wegesrand. Und das Verbot Feinerschließungslinien zu befahren, erfasst nicht nur Rückegassen, sondern auch breite, dauerhaft angelegt und mit schweren Maschinen befahrbare, Rücke- bzw. Maschinenwege.

Das Team der DIMB-Fachberatung
# Das Team der DIMB-Fachberatung - Heiko Mittelstädt, Florian Sporleder, Sonja Schreiter (v. l. n. r.)

Und auch in der Gesetzesbegründung finden sich weitere Kriterien, die auf nahezu jeden Weg übertragen werden können. Der Willkür von Wegsperrungen ist hier ein weites Tor geöffnet und wir befürchten uns in Zukunft mit zahlreichen Verbotsschildern konfrontiert zu sehen.

Wir wünschen uns daher die Beibehaltung der bisherigen Formulierung, das Radfahren ist auf „Straßen und Wegen“ gestattet. Damit ist bereits eine ausreichende Lenkungswirkung gegenüber dem Fußgänger, der ja abseits jeglicher Wege gehen darf, gegeben. Die Formulierung ist kurz, einfach verständlich und hat sich seit Jahren bewährt.

Für viel Diskussion hat der sogenannte „Komoot-Paragraf“ gesorgt. Dieser wird von der Forst-Lobby offensichtlich eingefordert – welche Konsequenzen hat er für Waldnutzer? Strava & Co. sind aus der MTB-Szene kaum wegzudenken und machen weltweit Trail-Netzwerke zugänglich. Wäre das dann in Deutschland verboten?

Hier sind die Regelungen unseres Erachtens sehr eng gezogen. Denn einem Fußgänger ist es erlaubt, auch abseits von Wegen zu gehen. Wenn der Track dabei aufgezeichnet wird, und automatisiert einer Community als Routenvorschlag angezeigt wird, dann wäre der Verbotstatbestand unseres Erachtens bereits verwirklicht. Ebenso wenn ein georeferenziertes Foto abseits eines Weges aufgenommen wird, und mit den enthaltenen GPS-Metadaten auf Social Media geteilt wird. Der § 33 Abs. 4 betrifft damit alle Erholungsnutzer und bereits eine falsche Voreinstellung in der App kann dazu führen, dass man gegen das Gesetz verstößt. Das ist eine deutlich zu weit gehende Regelung.

Wie läuft die bisherige Kommunikation mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft – in welcher Form finden die Forderungen der DIMB und anderer Interessenvertreter Gehör?

Wir haben uns im Rahmen des bisherigen Zukunftsdialog Wald mit Stellungnahmen und der Teilnahme an den Konferenzen eingebracht. Den offiziellen Referentenentwurf erwarten wir um den Jahreswechsel herum und dann beginnt das Anhörungsverfahren für die Verbände, wo wir auch mit beteiligt sind. Es gibt aktuell auch weitere Konferenzen, bei welchen wir Vertreter des BMEL oder von anderen beteiligten Verbänden treffen.

Das Waldgesetz ist hier natürlich ein Thema und es ist sehr wichtig, hier aktuell mit den verschiedenen Akteuren im Austausch zu bleiben. Unsere bisherige Arbeit haben wir auf unserer Webseite veröffentlicht: www.dimb.de

Gibt es weitere Punkte im Referentenentwurf, die ihr gerne kommentieren möchtet?

Neben dem § 29. Abs. 3 zur Eignung von Wegen und der dort formulierten Negativliste, welche Wege sich eignen, ist der § 29 Abs. 4 sehr kritisch. Dort wird es den Bundesländern erlaubt, das Radfahren auf nur noch speziell dafür ausgewiesene Wege einzuschränken. Eine notwendige Begründung für solche Einschränkungen sieht das Gesetz nicht mehr vor, sodass die Einschränkungen willkürlich erfolgen können. Eine Vereinheitlichung des Betretungsrechts, wie es die ursprüngliche Absicht der Arbeitsgruppe Wald Sport Erholung und Gesundheit (WaSEG) im BMEL war, wird damit konterkariert.

Darüber hinaus gibt es weitere Paragrafen, welche die Erholung oder sonstige Nutzung des Waldes regeln. Da fällt auf, dass die Erholungsnutzung, die bisher eine der drei gleichrangigen Waldfunktionen neben Forstwirtschaft und Naturschutz war, jetzt nur noch unter dem Stichwort Ökosystemleistungen geführt wird. Das wird unseres Erachtens der wertvollen Funktion der Erholung nicht gerecht.

Wir befürchten hier, dass das Interesse der Erholungssuchenden weniger Berücksichtigung findet als die anderen Interessen. Wir haben hier einen Vergleich zum Bundesnaturschutzgesetz, wo die Zugänglichmachung der freien Natur zur Erholungsnutzung zwar ein Ziel des Naturschutzes ist. Dieses Ziel ist aber nur eines von vielen und fällt regelmäßig in den Genehmigungsverfahren hinter die Aspekte des Naturschutzes zurück.

Auch kommt im Gesetzesentwurf acht Mal das Wort Trail vor. Hier ist aber überhaupt nicht klar, was denn nun unter einem Trail zu verstehen ist. Im MTB-Jargon reicht die Bezeichnung Trail von einem naturbelassenen Weg im Wald, bis hin zu einer aufwendig gebauten und mit künstlichen Hindernissen versehen Strecke. Wenn Begrifflichkeiten selbst in der MTB-Szene unterschiedlich belegt sind, dann sorgt das in einem Gesetz für umso mehr Rechtsunsicherheit. Soweit wir es derzeit überschauen können, kommen die Gesetzesverschärfungen nicht von den Naturschutzverbänden. Denn diese haben einen eigenen Gesetzesvorschlag veröffentlicht, welche die Regelungen zum Betreten weitgehend unangetastet lässt: www.dnr.de

Es geht also bei den Beschränkungen nicht um den Naturschutz, sondern um Eigentümerinteressen. Dafür spricht, dass der Gesetzesentwurf auf der Seite Forstpraxis vorzeitig veröffentlicht wurde.

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten.

Wer Mitglied bei der DIMB werden möchte, um die Position der Mountainbiker bei der kommenden Gesetzesausarbeitung zu unterstützen, findet hier alle Infos: www.dimb.de


Bundeswaldgesetz – der geleakte Referentenentwurf

Hier findest du den geleakten, nicht offiziellen, Referentenentwurf zum neuen Bundeswaldgesetz:

231110_Referentenentwurf_BWaldG

Was sagst du zum neuen Entwurf und der Bewertung von DIMB-Fachmann Heiko Mittelstädt?

  1. benutzerbild

    Inaktiv_Acount

    dabei seit 12/2015

    Das ist die Behauptung der Waldbesitzerlobby.
    Da aber der Nutzer eines solchen Weges nicht feststellen kann, ob dieser illegal entstanden ist, handelt es sich für diesen Nutzer halt einfach um einen Weg im Wald. Damit ist eigentlich klar, dass hier der Waldbesitzer nicht haftet
    Der Waldbesitzer muss dafür sorgen das illegal angelegte Wege unbrauchbar werden.
    https://www.ndr.de/nachrichten/nied...ss-Downhill-Biker-aussperren,downhill122.html
    Dir ist wahrscheinlich nicht bekannt das es Kataster Wald und Flurkarten gibt in denen jeder offizielle Weg welchen ein Waldstück besitzt eingezeichnet ist. Da kann man nicht einfach so nach Lust und Laune neue Wege einzeichnen.
  2. benutzerbild

    Inaktiv_Acount

    dabei seit 12/2015

    Hätten die Erbauer und andere keinen Hotspot draus gemacht, gäbe es wahrscheinlich auch keine Konsequenzen...

    https://www.merkur.de/lokales/starn...llegale-bike-trails-im-wuermtal-92513590.html

  3. benutzerbild

    dopero

    dabei seit 07/2001

    Der Waldbesitzer muss dafür sorgen das illegal angelegte Wege unbrauchbar werden.
    https://www.ndr.de/nachrichten/nied...ss-Downhill-Biker-aussperren,downhill122.html
    Dir ist wahrscheinlich nicht bekannt das es Kataster Wald und Flurkarten gibt in denen jeder offizielle Weg welchen ein Waldstück besitzt eingezeichnet ist. Da kann man nicht einfach so nach Lust und Laune neue Wege einzeichnen.
    Es ging um die Haftung auf illegal angelegten Wegen.
    Was der Waldbesitzer mit illegal angelegten Wegen machen muss oder wie man illegale Verkehrsarten auf einem legalen Wanderweg verhindern kann, war nicht das Thema.
  4. benutzerbild

    Inaktiv_Acount

    dabei seit 12/2015

    Es ging um die Haftung auf illegal angelegten Wegen.
    Wenn er aus der Haftung raus wäre bräuchte er den Trail nicht beseitigen. So ein illegaler Weg ist eben keine waldrypische Gefahr.
    Gleichzusetzen mit einer kleinen Holzbrücke über einen Bach bei der das Holzgeländer morsch ist.

    Lehnst Du dich an und fällst runter haftet auch der Waldbesitzer.
  5. benutzerbild

    Blackshadow

    dabei seit 09/2019

    Wenn er aus der Haftung raus wäre bräuchte er den Trail nicht beseitigen. So ein illegaler Weg ist eben keine waldrypische Gefahr.
    Gleichzusetzen mit einer kleinen Holzbrücke über einen Bach bei der das Holzgeländer morsch ist.

    Lehnst Du dich an und fällst runter haftet auch der Waldbesitzer.

    Das ist halt einfach falsch. Nach welcher Rechtsgrundlage soll der Waldbesitzer haften? Übrigens: Ein naturbelassener Trail fällt unter waldtypische Gefahren.

    "https://www.ra-kotz.de/waldbesitzerhaftung-bei-sturz-eines-radfahrers-auf-waldweg.htm"

    Hier steht doch genau beschrieben, dass für den Waldbesitzer keine Haftung besteht, obwohl hier sogar Stufen in dem Hang gebaut wurden.

    Wegen Leuten wie Freiherr... hab ich schon gut Lust wieder das Motocross fahren anzufangen. Da gibt's wenigstens nicht andauernd solche Diskussionen (auf offiziellen Strecken)

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