DT Swiss F535 & F535 One Federgabel im Test: DT Swiss ist nicht nur einer der größten Laufrad-Bauer der Fahrrad-Welt, sondern bietet auch Fahrwerke mit ziemlich eigenständigen Lösungsansätzen an. 2023 erfährt die F535 One-Federgabel ein Update: Die All Mountain-Gabel bekommt einen etwas klassischeren Look sowie eine überarbeitete Plushport-Dämpfung spendiert. Zudem gibt es eine neue DT Swiss F535-Gabel, die auf diese Features verzichtet und etwas günstiger ist. Wir konnten beide testen.
DT Swiss F535 One Federgabel – Infos und Preise
Während DT Swiss bei MTB-Laufrädern als Marktführer bezeichnet werden kann, fristet die Fahrwerks-Sparte der Schweizer ein Dasein im Schatten der Branchen-Riesen. Dabei bietet die Top-Version der All-Mountain-Federgabel F535 One einige spannende Lösungsansätze wie etwa die Plushport-Dämpfung: Ein Federwegs-abhängiges System, das für eine erhöhte Dämpfungskraft sorgt, je weiter die Gabel einfedert. Diese wurde nun überarbeitet und soll etwas ausgewogener ausfallen. Das bisher sehr Stealth-artige Design wurde zudem aufgelockert, wodurch man die Druck- und Zugstufe bequem werkzeuglos verstellen kann. Die DT Swiss F535 One wechselt für 1.149 € den Besitzer.
- Laufradgrößen 27,5″, 29″
- Federweg 120, 130, 140, 150, 160 mm (getestet)
- Federung Lineair-Luftfeder mit Coilpair
- Dämpfung Zugstufe, Druckstufe, 3 Modi (Open, Drive, Lock), Plushport (Hub-abhängige Dämpfung)
- Farben Schwarz
- Achse 15 x 110 mm
- Offset 44 mm
- max. Systemgewicht 130 kg (MTB) / 150 kg (eMTB)
- Gewicht 2.193 g (gewogen, ungekürzter Schaft, ohne Kralle, mit Achse)
- www.dtswiss.com
Preis DT Swiss F535 One 1.149 € (UVP) | Bikemarkt: DT Swiss F535 One kaufen
DT Swiss F535 Federgabel – Infos und Preise
Die DT Swiss F535-Federgabel ohne den Zusatz „One“ ist eine neue, etwas günstigere Version der schweizerischen All Mountain-Gabel. Sie setzt auf dasselbe unauffällige Chassis und ist optisch kaum unterscheidbar. Im Inneren fehlt allerdings die Federwegs-abhängige Plushport-Dämpfung ebenso wie die Coilpair-Stahlfeder, die das Losbrechmoment der Luftfeder annullieren soll. Während die Lowspeed-Dämpfung und Zugstufe extern fein verstellt werden kann, gibt es nur zwei High-Speed-Modi: Open und Lock. Mit einem Preis von 989 € ist die F535 etwa 160 € günstiger als die teurere One-Version mit allen Extras.
- Laufradgrößen 27,5″, 29″
- Federweg 120, 130, 140, 150, 160 mm (getestet)
- Federung Linear-Luftfeder
- Dämpfung Zugstufe, Druckstufe, 2 Modi (Open, Lock)
- Farben Schwarz
- Achse 15 x 110 mm
- Offset 44 mm
- max. Systemgewicht 130 kg (MTB) / 150 kg (eMTB)
- Gewicht 2.124 g (gewogen, ungekürzter Schaft, ohne Kralle, mit Achse)
- www.dtswiss.com
Preis DT Swiss F535 989 € (UVP) | Bikemarkt: DT Swiss F535 kaufen
Im Detail
DT Swiss ist zwar eher als Laufrad-Bauer bekannt, das 535-All-Mountain-Fahrwerk bestehend aus zwei Federgabeln und Dämpfern ist allerdings keineswegs neu. Es handelt sich beim nun vorgestellten Fahrwerk auch eher um ein Facelift als um ein komplett neues System. Allerdings gibt es einige spannende und relevante Änderungen: Bisher hat DT Swiss auf eine sehr glatte Optik mit Kunststoff-Abdeckungen vor allen Einstellern oder Einkerbungen gesetzt. Diese wurde nun deutlich aufgelockert, sodass man bequem und ohne Werkzeug an die Dämpfungs-Rädchen oder auch das Luftventil kommt. Zudem wurden intern leichte Änderungen vorgenommen.
Feder-seitig passiert in beiden F535-Federgabeln nichts ganz Ungewöhnliches: DT Swiss setzt auf eine Luftfeder mit Positiv- und Negativkammer, die über einen kleinen Kanal automatisch im Luftdruck ausgeglichen werden. Die Progression der Luftkammer kann in beiden Varianten über maximal 3 Volumenspacer angepasst werden. Bei Auslieferung ist stets ein Spacer verbaut, die übrigen zwei liegen bei. Die F535 One verfügt zudem über eine kleine Stahlfeder am Ende der Luftkammer, die DT Swiss Coilpair getauft hat. Diese soll das durch haftende Dichtungen entstehende Losbrechmoment der Gabel annullieren und für ein überaus sanftes Ansprechverhalten auf den ersten 30 mm Federweg sorgen.
Spannend wird es bei der Dämpfung: An der DT Swiss F535 One ist diese federwegsabhängig ausgeführt und wird über den Hub der Gabel immer härter. Das soll ein sehr sanftes, fast ungedämpftes Ansprechverhalten mit viel Gegenhalt und Durchschlagschutz verbinden. DT Swiss hat allerdings keinen reinen Durchschlagschutz verbaut, der lediglich auf den letzten Millimetern Hub für eine hohe Dämpfungskraft sorgt. Stattdessen wird das Lowspeed-Ventil bereits nach wenigen Zentimetern Federweg langsam durch eine Nadel verschlossen. Erst kurz vor Ende ist es komplett zu, sodass der gesamte Ölfluss über den stärker gedämpften Highspeed-Kreislauf läuft.
Der Aufbau der Kartusche ist ansonsten recht gewöhnlich: Sie setzt auf einen IFP, der durch eine Stahlfeder vorgespannt wird, um das durch den Kolben verdrängte Öl aufzunehmen. Die F535-Federgabel ohne One-Zusatz verzichtet auf die Plushport-genannte federwegsabhängige Komponente. An beiden Gabeln lassen sich extern die Lowspeed-Zug- sowie -Druckstufe verstellen. Die F535 One hat zudem 3 Dämpfungsmodi (Open, Drive, Lock), die F535 lediglich den Open- und Lock-Modus. Im Drive-Modus ist der Ölfluss nur teilweise blockiert, sodass die Gabel zwar straff anspricht, aber noch einfedern kann. Im Lock-Modus ist sie komplett blockiert.
Beide Gabeln verfügen über Aufnahmen für einen DT Swiss-eigenen Fender, der von hinten in die Brücke des Castings geschraubt wird. Käufer haben die Wahl zwischen 120 bis 160 mm Federweg – alle Versionen setzen auf 35 mm dicke Standrohre. Mit 2.124–2.193 g Gewicht (gewogen, 160 mm) ist die DT Swiss-Gabel etwa 100 g schwerer als eine RockShox Lyrik Ultimate (zum RockShox Lyrik Test) und liegt etwas über einer Fox 36.
Auf dem Trail
Einige Wochen vor Veröffentlichung des Artikels hat mir DT Swiss die beiden neuen Federgabeln F535 One und F535 sowie den passenden R535 One-Dämpfer zugeschickt. Dadurch konnte ich das Fahrwerk mehrere Wochen lang in meinem privaten Trail-Bike, einem Giant Trance X (Test), auf meinen mir sehr gut vertrauten Hometrails testen. Zudem sorgte der ungewöhnlich trockene Mai für ideale Test-Bedingungen. Beide Federgabeln wurden mit 160 mm Federweg getestet. Der Dämpfer wurde anhand der Hinterbau-Kennlinie von DT Swiss auf das Trance X abgestimmt. Ich bin die Gabeln sowohl auf ausgedehnten Touren, als auch im direkten Vergleich auf demselben Trail gegeneinander sowie gegen die vorher verbaute RockShox Pike Ultimate (BJ 2021) gefahren.
DT Swiss F535 One-Test
Einen großen Teil des Test-Zeitraums habe ich mit der DT Swiss F535 One-Gabel verbracht. Das Setup ist dank der ausführlichen Betriebsanleitung leicht – etwas verwunderlich sind nur die Luftdrücke, die von den Schweizern in bar statt psi angegeben werden. Außerdem zählt nicht das Körpergewicht, sondern das Systemgewicht mit Bike und Ausrüstung. Bei etwa 80 kg Körpergewicht habe ich mich an der 100 kg Angabe orientiert (85 psi), was sich direkt gut angefühlt hat. Dazu habe ich es beim standardmäßig verbauten Volumenspacer belassen, der von DT Swiss empfohlenen offenen Dämpfung und den Rebound nach Gefühl eingestellt.
Beim üblichen Parkplatztest spricht die F535 One gut, aber nicht überragend an und lässt eine leichte Stick-Slip-Neigung erkennen. Das ist bei komplett neuen und nicht eingefahrenen Federgabeln allerdings nicht unüblich. Ein ganz anderes Bild präsentiert sich auch auf dem Trail: Von den ersten Metern an begeistert die DT Swiss-Gabel mit einem extrem sanften Ansprechverhalten. Feine und schnelle Schläge werden problemlos weggefiltert und es braucht nicht viel Druck auf der Front, um ausreichend Führung am Vorderrad zu generieren. Wie von DT beworben, sorgt die Federwegs-abhängige Plushport-Dämpfung allerdings dafür, dass sich nach den ersten Zentimetern deutlich mehr Gegenhalt einstellt. Meiner Meinung nach ist der Übergang nun wesentlich sanfter und besser gelungen als beim Vorgänger. Meine Fahrten auf der alten Gabel sind allerdings 5 Jahre her (und ich bin inzwischen 10 kg schwerer), sodass ich keinen direkten Vergleich wage.
Trotz des zu Beginn etwas Staubsauger-artigen Gefühls steht die Gabel insgesamt ziemlich hoch im Federweg, weshalb ich meine zu hecklastige Körperposition etwas korrigieren musste. Dennoch fand ich den guten Kurvengrip am Vorderrad von Anfang an bemerkenswert. Mit dem gewählten und von DT Swiss empfohlenen Setting (1 Token, offene Dämpfung) war der O-Ring nach jedem Trail 10-15 mm unterhalb der Gabelkrone, ohne dass man von dieser Federwegs-Ausnutzung viel gemerkt hätte. Ein harter Durchschlag konnte nur einmal durch einen Fahrfehler und ziemlich gewaltvoll provoziert werden. Grund, die Anzahl der Tokens oder die Dämpfung zu erhöhen, hat die Gabel im bisherigen, begrenzten Test-Zeitraum nicht geliefert. Hier ist allerdings noch deutlich Spielraum vorhanden.
Etwas auffällig ist, dass die DT Swiss F535 One beim Pedalieren stärker wippt als die vorher verbaute RockShox Pike. Schuld dürfte die geringe Dämpfung zu Beginn sowie die verbaute kleine Stahlfeder sein. Im Drive-Modus mit geschlossener Lowspeed-Dämpfung ist dieses Verhalten fast vollständig unterbunden.
DT Swiss F535-Test
Nach der sehr positiven Erfahrung mit der High-End-Gabel F535 One war ich natürlich auf die günstigere Version gespannt. Bereits beim Parkplatztest fühlt sich die DT Swiss F535 anders und „klassischer“ an. Sie spricht gut an und vermittelt ein ähnlich hochwertiges Gefühl, besitzt jedoch nicht den bemerkenswert sensiblen Anfangs-Bereich der F535. Auch hier bin ich mit der Empfehlung für 100 kg Systemgewicht (78,5 psi), offener Dämpfung und einem verbauten Volumenspacer gestartet.
Viel Eingewöhnung braucht es für die F535 nicht. Es fällt allerdings auf den ersten Metern Trail auf, dass man hier nicht das Staubsauger-Gefühl der F535 One geliefert bekommt. Stattdessen gibt’s ein solides Ansprechverhalten, das bei ausreichend Druck auf der Front für Grip und Kontrolle sorgt. Die Hände müssen den Lenker allerdings etwas fester greifen und bekommen mehr Vibrationen und Schläge zu spüren, als mit der High-End-Version. Auch mit offener Dämpfung sackt die F535 nicht weg, geht aber insgesamt großzügiger mit ihrem Federweg um. Um etwas mehr Reserven für harte Kompressionen zu haben, habe ich deshalb bei identischem Luftdruck einen weiteren Volumenspacer verbaut.
Das bringt den gewünschten Gegenhalt. Wäre der Test-Zeitraum allerdings länger gewesen, wäre ich vielleicht noch auf die maximalen 3 Tokens gegangen. Stattdessen habe ich die Dämpfung nach und nach um 6–7 Klicks geschlossen, was sich nicht großartig negativ auf das Ansprechverhalten ausgewirkt hat. Im Vergleich mit einer RockShox Pike Ultimate fällt der tief im Federweg schnellere Rebound auf, der die Gabel manchmal etwas unkontrolliert ausfedern lässt.
DT Swiss R535 One-Dämpfer
Der R535 One-Dämpfer ist nicht wirklich neu – ich konnte ihn allerdings gemeinsam mit den Federgabeln testen. Das Giant Trance X ist nicht sonderlich progressiv, allerdings hat es DT Swiss geschafft, dem Dämpfer einiges an Gegenhalt zu spendieren. Das macht sich gut bei harten Kompressionen, jedoch fällt wie bei den Gabeln der ziemlich schnelle Rebound tief im Federweg auf. Der vorher verbaute RockShox Super Deluxe fühlt sich deutlich saugender an und klebt nach harten Einschlägen besser am Boden. Das macht die Einstellung des Rebounds am DT-Dämpfer relativ komplex – zu langsam sollte er auch nicht sein, um schnelle Schläge gut aufnehmen zu können.
Von außen gibt es am DT Swiss F535-Dämpfer nicht allzu viele Einstellmöglichkeiten. Der Lockout-Hebel ist gut erreichbar und der Drive-Modus mit nicht ganz geschlossener Dämpfung ist für mich eine sinnvolle Option. Dazu muss man allerdings sagen, dass der Dämpfer im offenen Modus vergleichsweise stark wippt. Das wurde besser, nachdem ich auf den Luftdruck auf knapp über 30 % Sag gesenkt habe. Durchschläge waren damit immer noch eher die Ausnahme, der Hinterbau wurde in ruppigen Sektionen allerdings spürbar ruhiger. Das etwas verspielte, „poppige“ Fahrgefühl blieb dabei allerdings weiterhin vorhanden.
Das ist uns aufgefallen
- Matsch-Fender Der mitgelieferte und verschraubte Fender ist an sich eine super Sache – wir würden nicht mehr ohne fahren wollen. Die Montage war nur etwas schweißtreibend, da man an einige der Schrauben nicht sonderlich gut rankommt, die lange Seite des Inbus-Schlüssels nehmen muss und alle Schrauben dank Schraubensicherung eher schwergängig zu drehen sind. Da sie in das Magnesium-Casting der Gabel geschraubt werden, sollte man das Gewinde nicht überdrehen – wir raten zur Vorsicht.
- Wuchtiges Auftreten DT Swiss deklariert die F535 als All Mountain-Gabel und liefert sie mit 120–160 mm Federweg aus. Allerdings ist die Gabel kein Leichtgewicht. Passend dazu verfügt sie auch über eine relativ wuchtige Optik.
- Haptik Dass man die Dämpfung und Zugstufe wie bei der Konkurrenz werkzeuglos verstellen kann, ist in unseren Augen ein großer Vorteil. Allerdings sind die Klicks der Drehrädchen an beiden Gabeln ziemlich schwammig. Gerade mit Handschuhen auf dem Trail kann man schnell mal einen Klick überspringen oder sich verzählen.
- Plushport-Dämpfung Die Abstimmung der Plushport-Dämpfung finden wir nach unseren ersten Testrunden überaus gelungen. Die F535 One spricht sehr sensibel an, liefert Unmengen an Grip und bietet früh genug ausreichend Gegenhalt. Man muss sich allerdings etwas an das ungewöhnliche Verhalten gewöhnen. Das ist uns allerdings trotz des kurzen Test-Zeitraums gut gelungen, sodass wir darin keinen wesentlichen Nachteil erkennen.
- F535 One vs. F535 Der Preisunterschied zwischen den Gabeln beträgt lediglich 160 €. Dafür verzichtet die F535-Gabel allerdings auf sämtliche Features, welche die F535 One auf dem Trail auszeichnen. Die Performance im Test lag auf einem soliden Niveau – ein genauer Vergleich mit aktuellen Konkurrenzgabeln war allerdings in der kurzen Zeit nicht möglich. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Marktpreis entwickelt, – bei dem etwas hohen Gewicht und einer UVP von knapp unter 1.000 € für die reguläre F535 stellt sich jedoch die Frage, ob man nicht gleich zur One-Version greift oder bei der Konkurrenz fündig wird.
Fazit – DT Swiss F535 One & F535
Highlight des neuen DT Swiss All Mountain-Fahrwerks ist sicherlich die F535 One-Gabel. Durch die recht ungewöhnliche Dämpfung, die nicht nur Geschwindigkeits-, sondern auch Federwegs-abhängig funktioniert, braucht es etwas Eingewöhnungszeit. Dann begeistert die F535 One allerdings mit ihrer Sensitivität, Unmengen an Grip und viel Gegenhalt, wenn man ihn braucht.
Auch die günstigere F535-Federgabel und der bekannte, namensgleiche Dämpfer stehen dem Trailspaß nicht im Wege, vermitteln jedoch ein konventionelleres Gefühl und scheinen eher auf Fahrspaß und Verspieltheit ausgelegt zu sein als auf maximale Geschwindigkeit.
Was sagst du zum Ansatz von DT Swiss?
Testablauf
DT Swiss hat uns die F535 One und F535-Federgabeln einige Wochen vor Veröffentlichung zugesendet. Wir konnten beide Federgabeln im Wechsel und direkten Vergleich in einem Giant Trance X-Trail-Bike auf unseren uns gut vertrauten Hometrails testen.
Hier haben wir die DT Swiss-Federgabeln getestet
- Thüringer Wald Naturtrails mit vielen Wurzelteppichen und hohem Anteil an Nadelboden. Während unseres Testzeitraums herrschten extrem trockene Bedingungen, die zwar für hohe Geschwindigkeiten, aber wenig Grip gesorgt haben.
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