Fahrtechnik und intensives Fahrtechnik-Training sind mittlerweile in aller Munde. Aber wie sieht es mit den ersten Einstellungen am E-Bike aus? Bremsgriff? Sattelhöhe? In unserem Artikel von Gastautor Matthias Faber, alias „Matschi“, geht es genau um diese Themen. Er gibt euch wertvolle Tipps!
Die Frage
Wozu braucht man überhaupt ein extra eMTB-Fahrtechnik-Training?
Zuerst ist das Fahrtechnik-Training ein Lernprozess, der zu einer Veränderung der Bewegungsabläufe auf dem E-Bike führt. Nach dem Training werden verschiedene Dinge einfacher und man kann sie im Regelfall besser als vorher. Oder man wird Bewegungen ausführen können, die sich nur sehr schwer oder gar nicht alleine erlernen lassen. Zum Schluss führt dieser Lernprozess dazu, dass man sicherer und besser mit dem eMTB im Gelände unterwegs ist. Infolge des Fahrtechnik-Trainings hat man mehr Spaß und kann die Zeit noch mehr genießen.
Hier ein kleines Beispiel:
Angenommen, man konnte vor dem Techniktraining keinen Bunny Hop. Dieser ist jedoch leicht zu lernen und lässt einen die heimischen Trails sicherer befahren. Liegt ein Baum hinter einer Kurve quer, kann man ihn leicht überspringen – das macht Spaß und bringt vor allem Sicherheit!
Vorwort
Im Prinzip gelten die gleichen Fahrtechniken, wie bei einem normalen MTB. Allerdings ist das Systemgewicht der Einheit Fahrer und E-Bike deutlich höher. Die eMTBs können leicht das Doppelte wiegen. Infolge dessen sind Manöver mit mehr Einsatz von Körperenergie verbunden, was bei nicht korrekter Technik schnell zum Ermüden führen kann. Die Durchschnittsgeschwindigkeit im Wald steigt deutlich an, was dazu führt, dass man vorausschauender fahren muss und die Bremswege länger werden. Man liest sein Gelände anders und das Bergauffahren verändert sich und gewinnt deutlich an Gewichtung an einer Tour. Teilweise werden Trails, die eigentlich nur runter gefahren werden, mit dem eMTB auch zu Uphills. Es ist jetzt möglich seinen Lieblingstrail ein zweites oder drittes Mal zu fahren. Oder man traut sich, einen schwierig zu erreichenden Trail anzufahren, weil man ihn mit Motorunterstützung erreichen kann. Das führt dazu, dass man einen viel höheren Anteil Trails auf seiner Tour hat. Die Folge ist eine höhere Belastung des Körpers, da von ihm technisch mehr gefordert wird.
Gerade bei Neueinsteigern und Wiedereinsteigern, die ihre ersten Schritte auf dem eMTB machen, ist ein Fahrtechnik-Training natürlich besonders wichtig, um sich optimal auf das Gelände vor zubereiten und den meisten Spaß zu garantieren. Auch bei versierten Fahrern machen die oben genannten Unterschiede eine Erweiterung des Fahrtechnik-Könnens erforderlich, bringen ihnen mehr Sicherheit und auch viel mehr Spaß. Grundsätzlich gilt: Bei besserer und angepasster Fahrtechnik wird das eMTB-Fahren noch mehr zu einem Hochgenuss mit einem riesigen Spaß. Infolge besserer Technik spart man Energie und bewegt sich im Gelände weiter und flüssiger fort. Deshalb macht ein Extra-Training auch Sinn.
Das E-Bike
Die Entscheidung, welches E-Bike am besten zu mir passt, steht immer am Anfang. Beim motorlosen MTB war das Gewicht eines der wichtigsten Kaufkriterien. Dieses haben wir mit der Ausstattung in Bezug gesetzt und mit Preisen verschiedener Bikes verglichen. Natürlich kauft man kein MTB, welches einem optisch nicht gefällt und sich nicht gut fahren lässt. Verschiedene Leistungsparameter der Kaufentscheidungen haben sich beim eMTB deutlich verschoben. Anders gesagt: sie spielen keine so große Rolle mehr, wie bei einem normalen MTB. Das Gewicht ist nur der Anfang. Klar ist es immer noch wichtig, dass ein eMTB leicht ist, aber dank des Motors spielt das Gewicht keine so große Rolle mehr. So kann ein eMTB locker 25 kg wiegen und man fährt trotzdem entspannt auf dem Trail. Bei der Ausstattung schauen wir beim eMTB eher nach Funktionalität, Robustheit und Langlebigkeit. Auch hier spielt das Gewicht eine untergeordnete Rolle. Eine hochwertige Schaltung ist zwar leichter, aber oft nicht wirklich langlebiger. Deshalb kann eine Shimano Deore-Schaltung genauso lange halten, wie eine SRAM X01-Schaltgruppe, aber beim Preis und Gewicht unterscheiden sich beide erheblich. Also kann man auch mit einer Deore-Schaltung an einem eMTB gut leben.
Eine weitere entscheidende Frage stellt sich: Fully oder Hardtail? Hier geht die Tendenz ganz deutlich zum Fully. Oft haben wir Hardtails wegen des geringeren Gewichts gekauft, um es berghoch einfacher zu haben. Auch hier zieht uns natürlich der Motor den Berg hoch. Und der Komfort und die Sicherheit eines Fullys ist einfach unschlagbar. Beim Federweg des eMTBs, kann es dagegen gerne mehr als beim normalen MTB sein. Getreu nach Motto „Federweg ist nur durch mehr Federweg zu ersetzen“. Mehr Federweg bringt natürlich mehr Sicherheit, da Unebenheiten genommen werden, das E-Bike sich ruhiger fahren lässt und man mehr Reserven hat. Bei der Wahl der Bremsen sollte man aber sehr wählerisch sein, denn aufgrund des höheren Systemgewichtes (Fahrer und schweres eMTB) und der höheren Durchschnittsgeschwindigkeit müssen die Bremsen auch mehr leisten. Bei der geforderten Bremsleistung eines eMTBs kommt man in Regionen, in denen die Funktionalität, Bremspower und Standhaftigkeit einer Downhill-Bremse benötigt werden. Am Vorderrad sollte eine 200 mm Bremsscheibe verbaut sein (Anmerkung der Redaktion: Wir plädieren für 200er Scheiben vorne und hinten!). Zum Schluss kann man sich bei der Kaufentscheidung noch zwischen verschiedenen Laufrad-Größen und Reifenbreiten entscheiden. Der Trend geht zu breiten 27,5″+ Reifen – sogenannten Plus-Reifen. Reifenbreiten jenseits der 2,4″–2,8″ geben beim E-Bike den Ton an. Die Gründe liegen auf der Hand: Das Mehrgewicht der Reifen spielt keine Rolle. Breitere 27,5″ Reifen rollen sehr gut und die Profil-Auswahl ist mittlerweile sehr groß. Aufgrund der gewonnen größeren Auflagefläche der Reifen, gewinnt man hier schon Stabilität.
Der erste Schritt für eine besser Fahrtechnik
Ein erfolgreiches Fahrtechnik-Training und eine optimale Einstellung des Bikes sind die Grundvoraussetzung des eMTB-Fahrens. Aus einem guten Setup des Bikes leitet sich die optimale Grundposition (bestes Verhältnis des Körpers auf dem eMTB) ab.
Die Einstellung der Sattelhöhe
Die Sattelhöhe spielt immer dann eine wichtige Rolle, wenn der Sattel herausgefahren ist und man längere Zeit im Sitzen treten will. Die korrekte Sitzhöhe ist notwendig, um Fehlstellungen oder Überlastungen zu vermeiden und optimalen Vortrieb zu generieren.
Das Einstellen ist denkbar einfach: Der Fahrer/die Fahrerin setzt sich auf den Sattel während ein Pedal am tiefsten Punkt steht. Die Ferse wird auf das Pedal gestellt. Nun sollte das Knie durchgedrückt sein. Erreicht man die Pedale nicht, stellt man den Sattel tiefer. Ist das Knie hingegen noch leicht gebeugt, muss der Sattel höher eingestellt werden. Siehe Bild.
Tipp: Hole Dir einen Freund/eine Freundin zum Einstellen der Sattelhöhe zur Hilfe.
Die Einstellung der Armaturen am Lenker
Als erstes stellt man den Vorbau so ein, dass er genau mittig über dem Vorderreifen steht. Die Neigung des Lenkers wird als Nächstes festgelegt. Danach sucht man sich am Lenker die optimale Position der Bremseinheit aus. Wichtig ist, dass man den Bremshebel so positioniert, dass man immer mit einem Finger am Bremshebel fahren kann und die Hand den Lenker fest und sicher umfasst. Dies hat den Grund, dass man so in jeder Fahrsituation schnell und gut reagieren kann, um das Bike so sicherer Abbremsen zu können. Heutzutage sind die meisten Hebel der Schaltung über einen „Matchmaker“ direkt mit der Bremse verbunden – das macht sie in der Positionierung etwas starr. Über verschiedene Verstelloptionen ist es jedoch möglich, den Hebel so zu positionieren, dass man ihn gut erreicht.
Die Einstellung der Bremshebelweite hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Das liegt daran, dass moderne Scheibenbremsen es ermöglichen, mit nur einem Finger zu bremsen. Der Bremsfinger wird zuerst zuerst gestreckt auf dem Bremshebel gelegt, danach bildet man mit den ersten Gelenken einen Winkel von etwa 70°. Nun wird der Hebel so eingestellt, dass er gut in der 70° Beuge des Bremsfingers liegt.
Tipp: Stelle den Druckpunkt der Bremse so ein, dass Du bei einer 90°-Position des Fingers die volle Bremsleistung hast. In der 90°-Position kann die größte Kraft aufgewendet werden, so ist es möglich auch lange und häufig zu bremsen.
Jetzt baust Du je nach Bedarf alle weiteren Elemente um die Bremsschalteinheit herum.
Die optimale Position auf dem E-Bike
Im Folgenden wird die aktive Fahrposition bei heruntergefahrenem Sattel betrachtet, nicht die Sitzposition. Warum ist diese Position so wichtig? Grundsätzlich gilt: Jede Technik auf und mit dem E-Mountainbike steht in Zusammenhang mit der optimalen Haltung. Sie beugt Fehlern vor und reduziert die notwendige Energie für fahrtechnische Aktionen. Aus der optimalen Haltung leitet sich auch der Körperschwerpunkt ab, der eine Symbiose aus Fahrer, Bike und Haltung ergibt. Dieser findet sich meist vor dem Bauch über dem Oberrohr. Der Körperschwerpunkt ist bei allen sportlichen Bewegungen der wichtigste und zentralste Punkt. An ihm greifen alle Kräfte, die auf uns wirken an (die Hauptkraft ist die Erdanziehungskraft). Durch Verlagerung des Körperschwerpunktes in verschiedene Richtungen beschleunigen wir oder bremsen uns ab. Dieser Zusammenhang wird erst bei der Ausführung der Techniken seine Bedeutung haben.
Ausgehend von den oben genannten Zusammenhängen nimmt man eine Postion auf dem eMTB ein. Dabei sind die Knie und Ellenbogen leicht gebeugt und etwas nach außen gedreht – man steht mittig im E-Bike. Jetzt überprüft man die Stellung der Bremsen. Die stellt man so ein, dass die Handgelenke mit der Hand und dem Unterarm eine Linie bilden. Gegebenenfalls muss man die Postion der Bremsschalteinheit noch einmal etwas verändern. Man versucht, keinen Rundrücken entstehen zulassen. Den Kopf sollte man nicht zu weit in den Nacken kippen und der Blickwinkel ist auf ca. 5 Meter vor dem Bike gerichtet.
Tipp: Infolge der Verstellung der Lenkerneigung sowie der Höhe und Länge des Vorbaus hat man die Möglichkeit, sein eMTB noch besser an sich selber anzupassen.
Über den Autor:
Matthias Faber sitzt seit seinem vierten Lebensjahr auf dem Fahrrad. Mit 12 Jahren hat er angefangen, BMX Rennen zu fahren. Mit 21 Jahren (1991) begann er, an der Deutschen Sporthochschule in Köln Sportwissenschaften zu studieren und schloss diesen Studiengang 2001 erfolgreich ab. Mit 22 Jahren (1992) veranstaltet er seinen ersten MTB Fahrtechnik Workshop in den Harburger Bergen (Hamburg). Mit 25 Jahren (1994) fuhr er sein erstes MTB-Rennen. 1996 absolvierte er erfolgreich die Ausbildung zum Radsport A-Trainer und verfasste 1999 die erste Studie zum Thema „Analyse der körperlichen Belastung beim Downhillrennsport“. Sein letztes MTB-Lizenz-Rennen war die Downhill Weltmeisterschaft 1999 in Kanada. Von 2001 bis 2017 betreute er die Pressearbeit eines deutschen Fahrradvertriebs und baute ein sehr erfolgreiches Rennteam auf. Auch veröffentlichte er in den letzten Jahren zusätzlich verschiedene Artikel rund um Themen zum Mountainbike. Seit 2016 stellt er sich neuen Herausforderungen und hat die Agentur “Faber4yourcommunication” gegründet, welche sich um Kommunikationsarbeit im Fahrrad Business kümmert und betreibt den Vlog: “Matschis World”. Er ist ausgewiesener Experte im Bereich eMTB und Fahrtechnik-Training.
Wie seht ihr das, habt ihr bereits Erfahrung mit Fahrtechnik-Training?
Weitere Informationen
Website: www.faber4you.de
Text & Redaktion: Matthias Faber
Bilder: Sebastian Schieck
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