Mal Lust, etwas anderes zu machen, als immer nur zu biken? Dann haben wir einen Tipp: Wir waren im Paznaun, zwischen Ischgl und Galtür, und haben eine Kombination aus E-Bike fahren, Wandern und Klettern ausprobiert. Witzige Sache und eine willkommene Abwechslung, oder mehr noch: eine spaßige Erweiterung der Freizeitaktivitäten.
Ischgl kennt man vom Wintersport oder durch die E-Bike WM für Jedermann. Vor zwei Jahren waren wir vor Ort und haben einen Spotcheck in Ischgl mit dem E-Bike gemacht. Damals sind wir an zwei Tagen zwei coole Biketouren gefahren, die ein atemberaubendes Panorama bereithielten, und waren ziemlich begeistert von der Gegend. Wilde Felsenwände, saftig grüne Wiesen, schmale Trails und gutes Essen – all dies bietet die Gegend um Ischgl.
In diesem Jahr wollten wir Neuland betreten und eine Kombination aus Biken, Wandern und sogar Klettern auf einem Klettersteig ausprobieren. Der Tourismusverband Paznaun hat hierfür genau die passenden Touren parat und betitelt diese Spielarten als Bike & Hike und Bike & Climb. Sehr treffend, wie wir finden. Sinn dieser Unternehmungen ist es, verschiedene Bergsportarten miteinander sinnvoll zu kombinieren und damit das Ganze spannender und attraktiver zu gestalten.
Wer kennt es nicht: Eine Wandertour beinhaltet immer einen schönen, spannenden, anspruchsvollen Teil – meist der finale Anstieg auf den Gipfel –, und einen langweiligen Teil, denn irgendwie muss ja erstmal zum Fuße des Gipfels hinkommen. Oftmals führen breite Schotterpisten in die Täler hinein oder hinauf zu einer Berghütte, von wo die Wanderung dann erst richtig losgeht. Wer würde nicht gern den langweiligen Part des Schotterweg-hinauf-Latschens gegen etwas Schnelleres, Entspannteres austauschen?
Mit dem E-Bike lässt sich genau dies tun. Lange Zubringerwege lassen sich damit nämlich schnell und einfach bewältigen, ohne dass man sich in den Wanderschuhen die Füße wund läuft oder schon frühzeitig nach der Motivation für die eigentliche Gipfeltour suchen muss.
Wer nach neuen Facetten der Freizeitbeschäftigung sucht und mal keine Trails fahren möchte, sondern einfach nur ganz entspannt in die Berge fahren will, um dort Biken und Wandern miteinander zu kombinieren, findet in unseren beiden Touren eine schöne Inspiration, um Bergtouren noch schöner zu gestalten.
Als Ausgangspunkt für unsere zwei Tagestouren haben wir uns ein Hotel in Ischgl ausgesucht. Von hier aus lässt sich schnell nach Galtür (komoot: Ischgl nach Galtür) pedalieren, von wo aus unsere Touren dann final starten. Startpunkt in Galtür: die Ski- und Snowboardschule Galtür, direkt bei der Talstation der Alpkogelbahn, von wo uns ein Guide begleiten wird.
Mountainbiken in Ischgl – weitere Informationen: www.ischgl.com
Bike & Hike – von Galtür hinauf zum Grießkogel
Auch wenn wir uns in Galtür mit einem Guide treffen, der uns die komplette Tour begleitet, so wissen wir doch, dass es immer gut ist, auch selbst zu wissen, wohin der Weg führt. Deshalb suchen wir die passende Tour bereits in komoot, befestigen unser Smartphone mit Hilfe des fidlock Vacuum-Halters auf dem Lenker und wissen zu jeder Zeit, wie weit es noch bis nach oben ist. In Summe bewältigen wir an diesem Tag über 1400 Höhenmeter, ein wichtiger Fakt, denn wer hier die ganze Zeit mit maximaler Unterstützung fährt, könnte Probleme haben, oben anzukommen.
Bib oder Nicht-Bib, das ist hier die Frage!
Bevor wir mit der Tour beginnen, stellen wir einander die Frage aller Fragen: „Was zieht man da an?“ Trikot, Short und Socken passen zum Biken und Wandern, aber drunter? Zum Biken trägt man unter der Bikeshort ja eine Bibshort. Aber stört die nicht beim Wandern? Ja, blöd. Einfach keine Bib tragen? Hmm, auch blöd, dann schmerzt der Popo auf dem Sattel. Und die Schuhe? Was ist mit den Schuhen? Man kann ja nicht mit Klickpedalschuhen wandern gehen, aber mit Wanderschuhen auf Klickpedalen? Sorry, das geht gar nicht. Wir entscheiden uns final gegen die Bibshort und packen Wechselschuhe für die Wanderung in den Rucksack.
Für den ersten Tag haben wir uns eine einfache Tour ausgesucht, die uns mit den E-Bikes auf angenehm zu fahrenden Rad- und Forstwegen von Galtür, vorbei an der Friedrichshafener Hütte – hier machen wir auf dem Rückweg einen Stopp, den Grund dafür erfährst du gleich –, hinauf zum Grießkogeldamm führt. Hier parken wir unsere Bikes, die wir natürlich abschließen, denn wer lässt sein teures E-Bike schon gerne irgendwo auf einer Schotterfläche am Wegrand stehen? Wir jedenfalls nicht. Wir müssen ohnehin anhalten, denn ab hier geht es zu Fuß weiter. Nachdem wir unsere Schuhe gewechselt haben – kleiner Tipp: Biken mit Bikeschuhen, Wandern mit Wanderschuhen –, geht es einen schmalen Stieg hinauf auf den Grat des Grießkogels. Oben auf dem Grat angekommen, den wir nach circa 40 Minuten Gehzeit erreichen, präsentiert sich vor uns eine Steinlandschaft, die unbedingte Trittsicherheit und Schwindelfreiheit von allen verlangt, die bis vor zum Gipfelkreuz (2643 m) kraxeln möchten. Der Weg lohnt sich allerdings, denn von hier hat mein einen herrlichen Blick über das weit unter einem liegende Paznaun. Dem Boden so fern, dem Himmel so nah – einfach wunderbar!
Nach dem Eintrag ins Gipfelbuch, dutzender Panorama- und Landschaftsfotos, Selfies und Videos für die virtuelle Followerschaft geht es für uns wieder hinunter zum Parkplatz unserer Bikes. Unten angekommen, werden wieder die Schuhe gewechselt, denn man weiß ja: Biken mit Bikeschuhen, Wandern mit Wanderschuhen, und der Helm aufgesetzt. Dann geht es denselben Weg zurück, den wir gekommen sind.
Auf dem Rückweg, kurz vor der Friedrichshafener Hütte, nehmen wir noch einen kleinen Trail mit, der mit losen Steinen übersät ist, kaum Flow besitzt und Eric direkt einen Platten beschert. Hätten wir uns sparen können, denken wir alle, als wir den Tubelessreifen reparieren.
Mittagspause machen wir an der Friedrichshafener Hütte (2151 m), die idyllisch an einem kleinen Teich liegt und zum Verweilen einlädt. Hier gibt es gutes Essen und leckeren Kaiserschmarrn. Warum machen wir erst auf dem Rückweg die Pause? Ganz einfach: wegen des Wetters. Am Nachmittag wird es hier oft sehr warm und heiß und es kommen Gewitter auf, deshalb ist unser Guide immer darauf aus, die Pause erst auf dem Abstieg zu machen. Würde es jetzt zu regnen anfangen, wäre uns das egal, denn unser Gipfelerlebnis haben wir ja bereits in der Tasche.
Bike & Hike ist schon irgendwie cool. Auch wenn mir persönlich zu wenig Trails dabei waren, es ging ja ausschließlich auf Schotterpisten hoch und runter, hat mir die Tour gut gefallen.
Der ausgesetzte Grat oben am Grießkogel und die Aussicht über das Tal und die Berge haben mich ziemlich geflasht. Diesen Punkt, direkt beim Gipfelkreuz, hätte ich nur auf dem Bike nie erreicht. So etwas ist nur mit einer gelungen Kombination möglich. Bike & Hike eben!
Eric Junker
Vom Anspruch her kann man diese Tour auf dem E-Bike als Newbie absolvieren, denn der Forstweg bietet keinerlei Überraschungen. Einzig passende Klamotten und richtiges Schuhwerk (immer daran denken: Biken mit Bikeschuhen, Wandern mit Wanderschuhen) und eine angepasste Geschwindigkeit auf dem Heimweg sind wichtig. Genussradelnde und Urlauber*innen werden bei dieser Tour sicherlich happy, denn die Kombination ist gelungen, macht Spaß und erweitert den jeweiligen Horizont. Wer allerdings ein Trailerlebnis sucht, wird hier eher unglücklich sein, denn auf dem Heimweg vernichten wir 1000 Tiefenmeter auf einer Schotterpiste, sowas macht Bikende schon traurig.
Tour bei Komoot
Bike & Climb – Little Ballon bei Galtür
Am zweiten Tag wollen wir mit dem Bike hinauf zum Einstieg des Klettersteigs auf den Little Ballon fahren und dann den Klettersteig machen. Dieser Klettersteig soll ein absolutes Highlight für Familien sein, die das Klettern lieben. Nach abwechslungsreichen Kletterpassagen wird man mit einer atemberaubenden Aussicht auf die Silvretta-Bergwelt belohnt. Sogar bis ins Paznaun nach Ischgl reicht der Blick ins Tal.
Der Schwierigkeitsgrad des Klettersteigs liegt größtenteils bei A/B, weshalb die Tour ideal für Kinder ab etwa acht Jahren geeignet ist. Da einige Abschnitte etwas ausgesetzt sind und daher dem B-Niveau entsprechen, sollte der Klettersteig nur bei gutem Wetter begangen werden. Die beste Jahreszeit für den Klettersteig ist von Juni bis Ende September.
Leider hat es in der Nacht zuvor extrem stark geregnet. Ein Blick auf die Wetterapp auf dem Handy sagt weitere Regenfälle voraus, zeigt aber auch ein kleines Sonnenloch zwischen 10 und 12 Uhr. Diese Chance wollen wir nutzen. Um nicht Gefahr zu laufen, im Regen in der Felswand zu hängen, hören wir auf unseren Tourguide der Ski- und Snowboardschule in Galtür – hier leihen wir uns auch Klettersteigsets und Steinschlaghelme –, der uns dazu rät, mit der Gondel der Alpkogelbahn hinaufzufahren.
Oben angekommen werden die Wolken lockerer und hier und da spitzt schon blauer Himmel durch. Wir fahren mit den E-Bikes bis zum Einstieg des Klettersteigs, parken bei einer Pistenraupe, schließen die Bikes ab, wechseln die Schuhe, denn … Biken mit Bikeschuhen, Wandern mit Wanderschuhen …, legen die Klettersteigsets an, setzen die Steinschlaghelme auf und machen uns auf den Weg zum Einstieg des Little Ballon.
Der Klettersteig am Little Ballon ist komplett gesichert, durchdacht angelegt, zieht durch festen Fels und zeichnet sich durch ein niedriges Schwierigkeitslevel mit unterschiedlichen Charakteren aus. Hier gibt es Quergänge auf Trittstufen mit viel Weitblick, Eisenleitern, Drahtseile und sogar eine kleine Seilbrücke, die einen ganz besonderen Reiz hat. Wer noch keine Erfahrungen mit Klettersteigen hat, sollte sich den Little Ballon vormerken, denn hier kann man in bestem Gelände erste Schritte in diesem Bereich sammeln. In Summe ist der Klettersteig einfach super und macht von Anfang bis Ende einfach nur Spaß!
Wow! Der Klettersteig am Little Ballon ist rundum gelungen. Der Weg durch die Felswand fordert mich etwas, schenkt mir aber eine grandiose Aussicht über die Landschaft. Ob ich wiederkommen werde? 100 Prozent!
Anja Kallenbach
Nach dem Klettersteig wechseln wir wieder unsere Schuhe, tauschen die Helme, ziehen die Klettergurte aus und cruisen hinunter zur Faulbrunn Alm. Hier kocht Hermann Huber. Okay, dieser Name ist vielen wahrscheinlich unbekannt, aber Hermann ist mit seiner Küche Bestandteil des Kulinarischen Jakobswegs und kocht derart gut, dass einem fast die Geschmacksknospen auf der Zunge platzen, wenn man in einen saftigen Burger beißt oder den leckeren Kaiserschmarrn „inhaliert“. Eine Mittagspause in dieser Gastro ist jeden Besuch wert.
Im Anschluss fahren wir mit den E-Bikes auf der Straße zurück nach Galtür, geben unsere Leihausrüstung ab, schwelgen in Erinnerungen, laden die E-Bikes ins Auto, wechseln ein letztes Mal die Schuhe und machen uns auf den Heimweg, wohl wissend, dass wir sicher wiederkommen werden!
Bei dieser Tour liegt der Fokus in der Kombination zweier Outdooraktivitäten und weniger auf einem tollen Bikeerlebnis auf Trails par excellence. Auch hier geht es Schotter und Asphalt hinauf und wieder hinunter, somit wird das E-Bike zum reinen Fortbewegungsmittel an der frischen Luft. Das Schöne daran: die Aussicht, wenn man im Sattel sitzt.
Tour (Klettersteig) bei Komoot
Meinung @eMTB-News.de
Bike & Hike und Bike & Climb erweitern den Horizont eingefleischter Bike-Fans und kombinieren spannende Outdooraktivitäten geschickt miteinander. Den eher zeitfressenden Zustiegsteil einer Wanderung übernimmt das E-Bike und übrig bleibt eine Tour mit mehr Spaß und weniger Langeweile.
Aber Vorsicht! Beide Tourenvorschläge sind nichts für Leute, die vorrangig biken wollen, sondern ergänzen Wandern, Klettern und Biken auf eine stimmige Art und Weise zu einem vollkommen neuen Gesamterlebnis. Der zähe Wanderpart auf der langweiligen Schotterpiste wird durch das E-Bike zu einem spaßig schnellen Uphillvergnügen und das Kraxeln hinauf zum Gipfel ist und bleibt spannend.
Sucht ihr auch gelegentlich nach einer Alternative zum reinen Biken und findet eine Kombination mit Wandern oder Klettern spannend?
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