Bereits seit 2017 beschäftigen wir uns mit E-Gravel-Bikes. Damals hatten wir unseren ersten Kontakt mit dem Bulls Harrier E – den Test gibt’s hier. 2020 folgte dann unser erster Vergleichstest von potenten E-Gravel-Bikes. 2021 ist alles besser, denn nie gab es so viele spannende E-Gravel-Bikes wie aktuell. Grund genug, einen weiteren Vergleichstest von drei E-Gravel-Bikes zu veranstalten. Diesmal konnten wir uns nach langer Debatte für drei Modelle mit diversen technischen Finessen und überaus smarten Details entscheiden, die hoffentlich auch euch gefallen.
Das Beste aus E-MTB und E-Road zusammen in einem Bike, das ist für mich das E-Gravel-Bike. Modelle dieser Gattung machen überall Spaß, wo das Gelände nicht zu schroff ist und man mit einem E-Roadbike keine Anteile mehr hat. Schotterweg, Kopfsteinpflaster, Asphalt, Feld- oder Waldweg – mit dem E-Gravel-Bike macht es überall Spaß!
Und, was mir auch sehr gefällt, wenn man will, kann man mit diesen E-Bikes auch flott zur Arbeit fahren.
Jan Gathmann, Chefredakteur von Rennrad-News.de
Folgende Kriterien waren uns bei der Auswahl wichtig:
- Carbon-Rahmen mit eigenständiger Optik
- innovative Technik und smarte Details
- ausgewiesene Gravel-Eigenschaften
Keines der drei Modelle in diesem Testfeld macht in Sachen Graveltauglichkeit irgendwelche faulen Kompromisse, denn jedes dieser E-Gravel-Bikes ist ideal auf den Einsatz auf unbefestigten Forststraßen und Feldwegen vorbereitet und ausgestattet.
Unsere Testkandidaten im Überblick
Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty 3
Wer auf Komfort und innovative Details steht, für den dürfte das Cannondale Topstone Neo etwas sein. Wir haben dieses E-Gravel-Bike bereits 2020 vorgestellt und schon damals war klar: Dieses E-Bike muss in einen Test! Denn an diesem Modell wird das Thema Komfort vollkommen neu definiert. An der Front stellt eine Lefty Oliver-Federgabel 30 mm Federweg zur Verfügung, um die gröbsten Schläge nicht direkt in die Handgelenke weiterzugeben. Dazu das innovative Kingpin-Federungssystem von Cannondale, welches auch am Heck die Belastungspitzen minimiert und ca. 30 mm Federweg generiert.
Angetrieben wird das Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty 3 von einem Bosch Performance CX-Motor, der satte 85 Nm maximales Drehmoment leistet und von einem 500-Wh-Akku, der vollkommen im voluminösen Unterrohr integriert wurde, mit Strom versorgt wird.
- Federgabel Lefty Oliver (30 mm)
- Schaltung Shimano GRX 600, 1×11
- Bremsen Shimano GRX
- Motor Bosch Performance CX
- Akkukapazität 500 Wh
- Display Bosch Purion
- Laufräder WTB-Felgen mit Formula-Naben
- www.cannondale.com
- Preis (UVP) 6.099 €
Hier geht es zum Artikel: Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty 3 Test.
Wer auf der Suche nach einem E-Gravel-Bike ist, welches tatsächlich die meiste Zeit auf Schotter und leichten Trails unterwegs ist, sollte das Cannondale Topstone Neo auf jeden Fall in die engere Auswahl nehmen. Für uns gleichermaßen überzeugend: kleiner aber feiner Federweg an Front und Heck und das leistungsstarke Bosch-Antriebssystem. Beide Features spielen vor allem auf unwegsamen Untergründen ihre Stärken aus.
Auf der Straße funktioniert das Topstone Neo besser als erwartet. Das Bike ist aber für maximalen Spaßfaktor im Gelände optimiert, was zur Folge hat, dass man auf reinen Asphaltstrecken dann doch ein paar Abstriche hinnehmen muss.
Pro / Contra
Stärken
- 30 mm Federweg an Front und Heck
- Leistungsstarker Bosch-Antrieb
- Optimal für leichtes Gelände
Schwächen
- Fehlende Vario-Sattelstütze
- Display-Bedienung unkomfortabel
- Motor klappert im Gelände
Canyon Grail:ON CF 8
Das Canyon Grail:ON ist das erste E-Gravel-Bike des Koblenzer Direktversenders Canyon. Ausgestattet mit einem leichten und steifen Carbon-Rahmen soll dieses Modell vor allem bei sportlich ambitionierten Piloten*innen punkten. Die ON-Variante übernimmt alle wesentlichen Merkmale des motorlosen Canyon Grail – Test gibt es hier, inklusive des Double-Decker-Lenkers, der beim Debut des ersten Canyon Gravel-Bikes für Furore sorgte. Dank Bosch-Motor der neuesten Generation soll man auch an den steilsten Anstiegen mühelos graveln. Allesamt Gründe, die dafür sprechen, genau dieses Modell zum Vergleichstest 2021 einzuladen.
- Federgabel nein
- Schaltung SRAM Force eTap AXS 12s
- Bremsen SRAM Force eTap AXS HRD
- Motor Bosch Performance CX
- Akkukapazität 500 Wh
- Display Bosch Purion
- Laufräder DT Swiss HGC1400 Spline
- www.canyon.com
- Preis (UVP) 6.199 €
Der Artikel zum Canyon Grail:ON CF 8 Test ist hier zu finden.
Mit dem Canyon Grail:ON CF8 eTap liefern die Koblenzer ein tolles E-Gavel-Bike ab, welches zum einen durch eine umfassend wertige Ausstattung auffällt und ergänzend dazu seinen Einsatzschwerpunkt gleichermaßen im leichten Gelände als auch in urbaner Umgebung findet. Die futuristische Gestaltung mit harmonischen Linien und fließenden Übergängen sorgt für eine faszinierende Designsprache. Mit dem Bosch Performance CX-Mittelmotor steht ein grundsolides sowie kraftvolles Antriebssystem zur Verfügung. Kombiniert mit dem 500-Wh-Akku und dem geringen Gewicht des E-Gavelers sind so längere Touren auch über 100 km möglich. Wer allerdings primär klassische Straßen als sein bevorzugtes Revier ansieht, könnte vom Grail:ON aufgrund der komfortablen Auslegung etwas enttäuscht sein.
Pro / Contra
Stärken
- geringes Gewicht
- futuristisches Design
- komfortable Sitzposition
- umfassend wertige Ausstattung
Schwächen
- Motor klappert im Gelände
Orbea Gain M20 IX
Die Wurzeln der spanischen Premiummarke Orbea liegen im sportiven Bereich. Kein Wunder also, dass auch im Portfolio von Orbea ein potentes E-Gravel-Bike einen festen Platz hat. Das Orbea Gain M20 verfügt über einen schlanken Carbon-Rahmen, in dessen Unterrohr ein kompakter Akku mit 248 Wh verbaut wurde. Smartes Feature: Auch das Gain kann über den Konfigurator MyO den eigenen Bedürfnissen angepasst werden und farblich individualisiert werden. In unserem Fall haben wir uns stabile Carbon-Laufräder einbauen lassen. Dies kostet 399 € Aufpreis, steht dem Modell aber unheimlich gut.
Als Motor hat Orbea hier einen Ebikemotion x35 verbaut, der platzsparend in der Hinterrad-Nabe untergebracht ist. Der kleine Motor schiebt mit bis zu 40 Nm, also mit weniger als der Hälfte gegenüber den Mitstreitern in diesem Testfeld.
- Federgabel nein
- Schaltung Shimano RX812 GS
- Bremsen Shimano ST-RX810
- Motor Ebikemotion X35
- Akkukapazität 248 Wh
- Display Ebikemotion Pulsar One
- Laufräder OC2 Carbon 42 (optional, Aufpreis 399 €)
- www.orbea.com
- Preis (UVP) 4.899 €
Den Artikel zum Orbea Gain M30 IX Test findest du hier.
Das Orbea Gain ist und bleibt in erster Linie ein E-Rennrad, welches mit einigen Upgrades in Richtung Gravel getrimmt ist. Das E-Bike funktioniert auf der Straße erwartungsgemäß sehr gut und begleitet uns auf kurzen wie langen Asphalt-Touren unauffällig und agil. Auch am vielerorts schlechten Straßenzustand stört sich das Gain nicht – im Gegenteil, hier kann es die Vorteile der dicken Reifen voll ausspielen. „Allroad“ wäre hier nicht nur Marketing-Sprech, sondern gilt für das Orbea Gain im Wortsinn! Die Geländeeignung beschränkt sich dagegen auf technisch leichtere Strecken. Mehr als das klassische Gravel-Terrain aus geschotterten und verdichteten Forststraßen möchte man sich auf dem Orbea Gain nicht für längere Zeit zumuten – hier fehlt am Ende dann doch der notwendige Komfort.
Pro / Contra
Stärken
- eines der leichtesten E-Gravel-Bikes
- Beleuchtung integriert
- überzeugendes Design, viel Liebe zum Detail
Schwächen
- Motor schaltet mit Verzögerung zu
Fazit: Welches Modell für wen?
Auch wenn die drei getesteten E-Bikes allesamt in der Gravel-Kategorie heimisch sind, könnten sie doch kaum unterschiedlicher sein. Jedes spielt seine Stärken in einem anderen Bereichen des Gravel-Spektrums aus, sodass kaum möglich ist, einen eindeutigen Testsieg zu vergeben. Auf der einen Seite haben wir das Cannondale Topstone Neo, welches mit dem gefederten Fahrwerk ganz eindeutig aufs Gelände zielt – im Gegensatz dazu fokussiert Orbea das Einsatzgebiet des federleichten Gain nicht allzu fernab von befestigten Wegen. Und mittendrin, zwischen den beiden, steht das Canyon Grail:ON: dieses macht überall eine gute Figur, muss jedoch ohne die Optimierungen der beiden Konkurrenten auskommen. Am Ende steht die Erkenntnis, dass es selbst in der Nische E-Gravel schon heutzutage viele Spielarten und noch mehr interessante und ausentwickelte E-Bikes gibt, sodass man die sprichwörtliche Qual der Wahl hat.
Was haltet ihr von E-Gravel-Bikes? Spannend oder lahm?
Hier findest du weitere E-Gravel-Bikes im Test auf eMTB-News:
40 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumMoin, ist es nicht schön, dass es heutzutage möglich ist, sich genau das E Gravel Rad zu kaufen, das für ihn das Richtige ist. Jeder legt anderen Kriterien an. Man sollte aber nicht über E Gravel Räder urteilen, bevor man sie nicht selbst einmal gefahren ist. Ich habe mir in diesem Jahr ein E Gravel Bike zugelegt, dass einen Bosch Aktive line+ Motor hat und bin damit rundum zufrieden. Ich trete damit auch nicht in irgendeinen Konkurrenzkampf mit Rennräder oder Bio MTBs an. Und man sollte auch nicht E Gravel Bikes mit Rennrädern vergleichen, warum auch?
Ein Urteil über die anderen Räder und Motoren kann ich mir nicht erlauben, da ich sie nicht fahren bzw. testen konnte.
@orange69, das Creo ist sicherlich eine gutes Rad, aber auch dieses Rad fällt doch recht wuchtig aus, vergleicht man es mit den Fazua oder x35 Motoren bzw. Rädern.
Die Leute die ich kenne, fahren alle mehrere unterschiedliche Radsportdisziplinen ohne diese sinnlos zu vermengen.
Eines der letzten Cannondale Synapse Neo ...mit dem genialen Motor ?
Das Synapse Neo in der Straßenversion habe ich 2018 auch probiert und war sehr angetan! Die Sturheit des Händlers beim Preis bzw. Rabatt (damals gab es das normalerweise noch…) und jede kleinste Änderung zusätzlich zu berechnen führte dann dazu, dass wir nicht zusammen kamen. Das Creo über das ich vor 1,5 Jahren unerwartet stolperte, war für mich dann so etwas wie die Weiterentwicklung des Synapse Neo/des Active Line+ Gedankens. Leider auch preislich… :-(
Wenn Du vorher diverses und auch mal “was anderes” wie Assistdrives probiert hast und dann zu dem Schluß gekommen bist, Dein gewähltes Rad mit dem Bosch Active Line+ ist der beste für Dich&Deine Wünsche, ist doch top. Und wenn es bei jemand anders der Performance CX wird, auch fein. In der Regel ist es aber leider so, dass die wenigsten Assistdrives kennen bzw. überhaupt erstmal probieren und wegen der Dominanz des Marktführers einfach Bosch nehmen.Und das Vorurteil, so ein schwacher Assistmotor bringt mich doch niemals den Berg hoch/wozu dann überhaupt noch einen Motor, hört man leider oft und meist nur von Leuten, die Assistdrives noch gar nicht probiert haben.
Ich gebe zu, “wir Assistdrive-Verfechter” sind auch oft etwas großspurig und schnell mit unserem pauschalen Urteil der viel zu großen/schweren/starken normalen Motoren. Nur “wir” kennen in der Regel beide Welte/beide Motoren und wissen bereits, dass Assist für viele (nicht alle...) reichen könnte und die Vorzüge oft stärker wögen.
Wem Optik wichtiger ist als ein berg- oder geländetaugliches Pedelec, der ist mit x35 oder anderen kleinen HR Nabenmotoren sicher besser bedient.
Zwischen Fazua und SL Rädern kann ich optisch in der "Wuchtigkeit" keinen entscheidenden Unterschied erkennen.
Generell finde ich die beiden Antriebe im Fahren gleichwertig/würde für mich beide nehmen, die Entscheidung zwischen den beiden fällt in der Regel beim Laden, wer nicht am Rad laden kann/keine Lademöglichkeit am Abstellort des Rades hat, ist mit SL schlecht dran, und wer die Möglichkeit hat, freut sich über das täglich gesparte Gefummel&Gehake bei Akku rein/raus. Und da das vermutlich als nächstes kommt: Das Fahren ohne Akku+Motor ist nur ein theoretischer Vorteil, von über 10 mir persönlich bekannten Fazua-Fahrern nutzt das nach der ersten Euphorie/nach dem ersten Ausprobieren keine einziger mehr. macht auch bei einem leichten Assistdrive wenig Sinn, bei einem normalen Motor wo Akku+Motor doppelt so schwer sind wäre es deutlich interessanter. Und wer wirklich das ultimative leichte aerodynamische Rad braucht, dem reicht der Kompromiss Akku+Motor bei Fazua rausmachen nicht,, sondern der hat so ein Rad dann eh noch zusätzlich.
Der Active Line Plus wurde ja fast nie verbaut, weder im Gravel und erst recht nicht im Mtb-Bereich.
Bevor ich mein eBike kaufte, hatte ich unterschiedliche Motoren getestet, auch den ALP im Synapse Neo.
Dann stand fest, Boschs besten Motor wollte ich auch im Mtb haben, ...war eine lange Suche, die sich aber gelohnt hat.👆
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