„Am Dünsberg Endurorennen fahren? Wird das wieder so tretlastiges Zeug wie in Wipperfürth?“ fragte mich ein guter Freund, als ich ihm sagte, dass ich am Wochenende das dritte Rennen der Enduro One mitfahren würde. Dieses mal hatten die Veranstalter sich den Dünsberg in Hessen auserkoren, um dort ein feines Enduroevent zu veranstalten. Gemeinsam mit dem ortsansässigen Mountainbike-Verein wurden rum um den Berg 8 Stages abgesteckt und mit einigen Kickern gespickt.
Samstag – freies Training und Prolog
Training
Pünktlich um 10:00 Uhr bildete sich eine lange Schlange bei der Ausgabe der Startunterlagen. Hier wurde schon gefachsimpelt, Mitstreiter aus den Rennen davor trafen sich, die Stimmung war locker und jeder schien in heller Vorfreude zu sein.
11:00 Uhr verkündete der Sprecher, welche Strecken fürs Trainings freigegeben waren und erklärte noch einmal ausdrücklich, dass die anderen Stages nicht befahren werden dürfen. Diese werden auf Sicht gefahren – was ich persönlich richtig gut finde, denn genau das ist für mich Enduro!
Von 12:00 bis 15:00 Uhr durften wir die Prologstrecke, die Stage 1 und die Stage 7 trainieren. Jeder der schon einmal am Dünsberg war, der weiß was es dort nicht gibt … einen Lift. Und das wo der Start für Stage 1 und Stage 7 oben auf dem Gipfel waren. Beide Stages starteten identisch von ganz oben und teilten sich nicht nur die Startlinie, sondern auch die ersten 200m des Trails. Gerade hinein, hart links, laaaaaang rechts, runter, Wurzelsprung, Linkskurve – hart pedalieren, Rechtskurve, Drop. Dann teilten sich die Stages. Geradeaus ging es die 1 recht steil hinunter, rechts runter ging die 7. Ziemlich cool!
Die Stage 1 war schnell mal abgefahren und eins wurde sofort klar, lange Tretpassagen gab es auf dieser Stage nicht. Sehr flowig und recht steil, gespickt mit einer ganz fiesen engen Kehre ging es recht lange den Berg hinunter. Einmal unten ginge wieder rauf, die stage 7 wollte ja auch trainiert werden.
Hier hatten sich ein paar ganz Schlaue gedacht: „Cool, hier bauen wir mal nen Kicker ein.“ Hammerhartes Teil über ein Loch drüber und mit einer Landung die irgendwie viiiiiel zu kurz war und durch ein abruptes superhartes Bremsmanöver beherrscht werden wollte. Nachdem ich lange zusah, wie sich einige über diesen Kicker schossen und teilweise hart einschlugen, entschied ich mich dazu, die Chickenline zu nehmen. Mir war der Sprung einfach zu heikel. Weiter unten gab es noch einen. Wieder ein Kicker der einen mit dem Bike direkt in eine steile Rampe ausspuckte und wieder hart abgebremst werden wollte. Dieser Sprung ging gut, wenn man nicht zu schnell war. „Wie soll das im Rennmodus gehen?“, fragte ich einen Mitstreiter. Der winkte ab und sagte beruhigend, „Ach, das wird schon werden.“
Die Prologstrecke war dann, naja, sagen wir es mal so, sehr einfach. Ein sanft geschwungener Trail der zweimal mit Schikanen gespickt war, damit man nicht mit Mach 10 durch den Wald prügelte und ein Forstweg, der mithilfe eines Kickers überwunden werden sollte. Ein Roadgap, ein Speedjump, wenn man es kann und das Gas richtig stehen läßt. Ob dieser Sprung etwas in einem Jedermann-Endurorennen zu suchen hat – diese Frage bleibt offen. Es stellte sich heraus, dass dieser Sprung für viele Fahrer schlichtweg unkalkulierbar und zu schwer war.
Prolog
Punkt 15:30 Uhr durften wir starten um die Prologstrecke zu fahren. Der Countdown lief runter, die Musik ertönte, die Fahne wurde geschwenkt, wir fuhren los.
Die eBiker war als erste oben und durften somit auch als erste auf die Strecke. Start! 100m einen Schotterweg runter – voll im Beastmode, harte, rutschige Rechtskurve und los ging es mit dem schmalen, staubtrockenen Trail. Ob ich Mach 10 fuhr? Ich versuchte es! Im unteren Teil war diese Stage extrem tretlastig und Bikes mit anderen Antrieben als die von Bosch waren hier sicher im Vorteil. Mit einem Schlusssprint am kompletten Fahrerlager vorbei rauschte ich durchs Ziel. Drittschnellste Zeit bei den eMTBs – gar nicht übel.
Sonntag – das Rennen
Pünktlich um 9:00 Uhr begann das Spektakel. Christian, der Moderator der Enduro One, lud zur Fahrerbesprechung. Die Fahrer konnten dort auf den ausgehängten Listen die Startzeiten für Stage 1 erfahren – diese ergab sich aus der Prologzeit vom Vortag. Je schneller man beim Prolog war, desto eher konnten man auf die Strecke. Sinn der Sache: Man erhofft sich so, dass die Starter auch im Rennen von schnell nach langsamer sortiert sind und es dadurch auf den Stages kein „auffahren und ausbremsen“ gibt.
Ich startete kurz vor 10. Einmal durch den Startbogen, vorbei am Fahrerlager und dann ging es rauf auf den Dünsberg.
Stage 1
Eine Altbekannte, weil am Vortag bereits trainiert. Ich erwischte einen guten Start, kam super über die ersten 50 Meter und war echt schnell. Drop runter, rüber über die Straße, steil rein in den Wald, harte Linkskurve mit einer ganz fiesen Wurzel die sich über die komplette Breite des Trails spannte, hart pedalieren und … das Hinterrad walkte hin und her. Ich dachte sofort: „Oh no!!! Nicht schon wieder.“ Hatte ich doch in Wildschönau schon mit Platten gekämpft. Ich presste die Stage durch, Vollgas!
Direkt nach dem Ende der Stage hielt ich an um das Hinterrad zu checken. Mist! Am Sitzrohr waren locker mal 30 ml Dichtmilch und im Reifen noch gefühlte 0.5 bar. Ich fuhr zurück ins Fahrerlager und wechselte den Reifen, weil ich nicht noch einen Platten riskieren wollte.
Stage 2
Wieder ganz hinaus auf den Berg, denn auch diese Stage startete von ganz oben. Diesmal aber etwas flacher. Hier zeigte sich leider, dass eine gute Organisation und das korrekte Anflattern der Stage das A und O eines Endurorennens ist. Der Streckenposten am Start sagte: „Da unten, wenn die Stage eigentlich einen Anstieg hoch geht, hat jemand rechts das Flatterband durchgefahren. Ihr könnt da jetzt runterfahren, das ist okay. Wist ihr wo ich meine?“ Ähm .. nein! Ich wußte überhaupt nicht wo er meinte und fand das irgendwie seltsam. Wie soll man da die Zeiten vergleichen und ein Rennen fahren?
Mit einem ratlosen Blick sprintetete ich los. Es ging durch einen schönen Mischwald und rollte richtig gut. Dann .. die Lichtung .. links hoch?? rechts runter?? .. ich wußte es nicht und hackte wie ein Irrer den Anstieg hoch. Auf der Hälfte wußte ich, dass das wohl die Stelle war die der Streckenposte meinte. Lauthals schrie ich mich selbst an und schimpfte wie ein Rohrspatz, weil ich die schnellere Variante nicht gesehen hatte. Naja, egal, wenigstens fuhr ich die Originalstrecke.
Stage 3
Eine kurze Stage auf einem teils breiten, rumpeligen Forstweg hinunter. Ziemlich gerade aus, ziemlich schnell, ziemlich flott vorbei, leider!
Stage 4
Meine Lieblingsstage. Hier ging es auf gebauten Anliegerkurven relativ flach durch einen sehr engen Wald. Bei dieser Stage war die Kunst, das Tempo hochzuhalten. Wie hart das mitunter für die Beine ist wißt ihr sicherlich, vorallem wenn der Bolide unter einem mal satte 23 kg wiegt.
Stage 5
Stage 5 und 6 waren auf einem benachbarten Berg gesteckt und mussten über ein längeres Transferstück in der prallen Mittagssonne erreicht werden.
Was auf mich zukam wußte ich nicht, aber auf Sicht fahren mag ich ja.
Eine ziemlich lange Stage auf staubtrockenem Waldboden galt es zu durchsprinten, wobei mir hier die Lichtverhältnisse und das rechtzeitige erkennen des Flatterbandes mehr Probleme machten als die Strecke selbst.
Stage 6
Der Streckenposten sagte noch: „Unten, kurz vor der Wiese ist eine 90Grad Rechtskurve, bitte sei dort vorsichtig.“ Ich nickte und fuhr los. Unspektakulär aber ziemlich schön schlängelte sich diese Stage durch den Wald. Dann kam die Wiese, harte Kurve und Schlusssprint um das halbe Feld herum – Puls 190!
Stage 7
Nochmal bis ganz hinauf auf den Dünsberg, vorletzte Stage, ich war voller Euphorie. Oben standen ca. 50 Biker die auf ihren Start warteten. Es war viel Zeit zum fachsimpeln und Witze reißen.
Dann ging es auch für mich los. Diese Stage war steil und gefühlt die Längste. Vom Charakter ähnlich wie die erste Stage, gespickt mit zwei Sprüngen, von denen der eine kurz vor dem Start aus der Strecke genommen wurde. Warum hat man den nicht gleich „gut“ gebaut? Egal, ich war nicht bös drum mich nicht rüberlassen zu müssen und fuhr flüssig über den abgesperrten Trail. Fies war, dass die Zeitnahme am Ende nach einer Rechtskurve und einem 30 m langen Anstieg war.
Stage 8
Diese Stage kannten wir aus dem Training vom Samstag, es war nämlich die gleiche Stage auf der wir am Vortag bereits den Prolog fuhren. Heute aber schwerer, da es sich um die letzte Stage handelte. Nach einigen anstrengenden Kilometern, 7 Stages und vielen Höhenmetern war bei einigen die Power vollkommen raus, was zu unzähligen Stürzen an dem Kicker über den Forstweg führte.
Deshalb kam es hier auch zu längeren Sperrungen der Strecke, was zur Folge hatte, dass sich vor dem Start eine ewig lange Schlange bildete. Ich dachte nur: Könnte schlimmer sein hier zu warten, es könnte regnen oder so.
Dann durfte ich auf die Strecke. Vollgas! Absoluter Beastmode! Volles Rohr über den staubigen Trail. Da – der Kicker, an dessen Seite sich dutzende Zuschauer versammelt hatten, um zu sehen was hier so los ist. Ich nahm die Chickenline, die ging nämlich genau am Kicker vorbei und raubte sicherlich überhaupt keine Zeit, gab aber viel Sicherheit. Wieder mit Schlusssprint ums halbe Fahrerlager konnte ich meine Zeit vom Vortag um 4 Sekunden verbessern.
Mein Fazit zum Enduro-One Rennen am Dünsberg
Jederzeit wieder, wobei die Betonung auf JEDERZEIT liegt.
Das Rennen am Dünsberg war echt ein absolutes Highlight. Tolle Stages, perfektes Wetter, super Grip, tolle Leute, nur das Abflattern und die Planung der Kicker … das müssen die Jungs vor Ort noch einmal üben.
Auf der Website der Enduro ONE findet ihr alle Infos zu den weiteren Rennen.
Weitere Informationen
Text & Redaktion: Rico Haase | MTB-News.de 2016
Bilder: Enduro One
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