Fazua Ride 60 im Test: Wir hatten die Möglichkeit, den neuen Fazua Ride 60-Motor in einem E-Hardtail, einem Prototyp des Motorherstellers, auf unseren Hometrails Probe zu fahren. Wie sind Charakteristik und Modulation des neuen Fazua Ride 60? Wie weit kommt man mit diesem Motor und einem 430-Wh-Akku? Wir haben den Fazua Ride 60 getestet und haben hier alle Infos für euch.
Fazua Ride 60 – die Fakten
Mit dem Fazua Ride 60 hat das bayrische Unternehmen aus Ottobrunn im Süden Deutschlands einen vollkommen neuen Motor im Programm, der mit einem ganz wichtigen Keyfact aus der Vergangenheit bricht: Der neue Fazua Ride 60 wird, im Unterschied zu seinen Vorgängern evation und Ride 50 – der beispielsweise im Nox Helium (Test gibt’s hier) verbaut ist, fest im Rahmen verschraubt und kann nicht mehr, etwa weil man mal komplett ohne elektrische Unterstützung fahren möchte, aus dem Fahrrad entnommen werden.
Der neue Fazua Ride 60 wurde von uns so konstruiert, dass der Motor fest im Rahmen verbaut werden muss. Ein deutlich besserer Kraftschluss und mehr Freiheit beim Design der Räder. Vor allem letzteres hat einen erheblichen Vorteil für die Performance von E-Mountainbikes, es schafft sehr viele Möglichkeiten noch freier die Geometrien und Kinematiken zu entwickeln.
Wir haben lange überlegt und noch wichtiger am E-Bike ausprobiert, wieviel Drehmoment ein Bikender braucht und sind uns sicher, dass a.) das max. Drehmoment vielmals überschätzt wird und b.) die Mehrzahl der Nutzer von Performanceorientierten E-Mountainbikes mit 60 Nm in der Spitze auf dem Trail bestens bedient ist.
Matthias Leininger, Produktmanager Fazua
Um eine erste längere Testfahrt mit dem neuen Fazua Ride 60 unternehmen zu können und einen Eindruck von der Technologie dahinter zu bekommen, besuchte uns Matthias Leininger, der bei Fazua Mitverantwortung für das neue Motorsystem trägt. Er begleitete uns auf einer Reichweitenfahrt mit dem kleinen und leichten 430-Wh-Akku und erzählte uns viel zum neuen Mittelmotor.
Fazua gibt das Gewicht des Ride 60-Motors mit 1,96 kg an. Damit wiegt der Motor deutlich weniger als ein Shimano EP8 RS, wie er im Orbea Rise H zum Einsatz kommt. Mit etwas unter 2 Kilogramm wiegt er in etwa so viel wie ein Specialized SL 1.0 – leistet aber 25 Nm mehr Drehmoment – und gehört somit zu den leichtesten Mittelmotoren am Markt.
Light-E-MTB mit Fazua Ride 60
Was leistet der neue Fazua Ride 60?
- Maximales Drehmoment 60 Nm
- Maximale Leistung 350 W (im Boost-Modus kurzzeitig bis max. 450W)
- Nenndauerleistung 250 W
Aktuell gibt es beim Fazua Ride 60 drei Unterstützungsstufen. Zusätzlich stehen, neben Breeze, Rive und Rocket, zwei weitere Modi zur Verfügung: Boost-Funktion und Walk-Assist (Schiebehilfe). Mit der Boost-Funktion kann die Unterstützung kurzfristig auf 450 Watt erhöht werden, unabhängig davon, in welchem Modus man fährt. Natürlich lassen sich beim Fazua Ride 60 die Unterstützungsstufen mittels Smartphone-App individualisieren und den eigenen Vorlieben anpassen.
Fazua bietet beim Ride 60 drei Unterstützungsstufen:
- Breeze Sanfter und konstanter Rückenwind auch bei geringer Tretleistung.
- River Progressiver und sehr sportlicher Modus. Die Stärke der Unterstützung folgt präzise der Tretleistung: je kräftiger der Tritt, desto stärker die Unterstützung des Motors.
- Rocket Kraftvolle Unterstützung, die auch bei moderater Tretleistung hilft, die steilsten Anstiege zu bewältigen.
Fazua Ride 60 – was ist neu?
Das neue Motorsystem Fazua Ride 60 wurde komplett neu konstruiert und kann mit einer ganzen Reihe an technischen Innovationen aufwarten. So gibt es beispielsweise eine vollkommen neuartige Remote-Einheit und zwei Akkus mit 430 Wh Kapazität, die sich in Länge und Volumen unterscheiden. Der entnehmbare Akku ist mit LEDs – die den Ladezustand des Akkus anzeigen und durch ein kurzes hin- und herbewegen des Akkus aktiviert werden – und gummiertem Ver-/Entriegel-Griff ausgestattet. Der andere, deutlich kompaktere und 100 Gramm leichtere Akku, ist so konzipiert, dass die Hersteller ihn fest im Rahmen verbauen können. Hiermit können noch leichtere E-Bikes entwickelt und konzipiert werden.
Neben dem neu konstruierten Mittelmotor mit kompaktem Akku verfügt das Motorsystem Ride 60 über einige weitere Innovationen:
✅ neuartige Remote-Einheit „Ring-Control“
✅ LED-Hub fürs Oberrohr
✅ Control-Hub
✅ Schiebehilfe
Fazua Ride 60 in Zahlen
- Drehmoment 60 Nm
- Maximale Leistung 450 W
- Gewicht 1,96 kg
- Schnittstellen ANT+ / Bluetooth (BLE) / USB-C
- Konnektivität Fazua-App
- Fahrmodi 3
- Schiebehilfe Ja
Ausführliche Infos zum Fazua Ride 60 Motorsystem gibt’s hier: Fazua Ride 60 – Neuheit bei den Mittelmotoren
Fazua Ride 60 Reichweite
41,2 km
973 hm
1 h 45 min
Hier gibt es die genauen Details der Testrunde: Fazua Ride 60 mit 430 Wh Akkukapazität – Reichweite
Neben der Motor-Charakteristik und dem Support auf dem Trail hat uns natürlich eine Sache brennend interessiert: die Reichweite des Fazua Ride 60 mit 430-Wh-Akku. Nach 1 Stunde und 45 Minuten war der kleine Akku leer und der 43-V-Motor schaffte hiermit eine Strecke von 41 Kilometern und 973 Höhenmetern. Damit kommt dieses System mit 60 Nm max. Drehmoment im Verhältnis zur Akkukapazität extrem weit und verlangt keinesfalls nach einem größeren Akku. Wir könnten uns aber vorstellen, dass ein Range Extender dem System guttun würde. So könnten Hersteller performanter E-Mountainbikes den Fazua-Akku fest im Rahmen verbauen und mittels Range Extender die endgültige Reichweite den Bikenden überlassen. So sieht Individualität 2022 aus!
Laborwerte sind gut und schön, aber in der Realität sieht es leider oftmals anders aus. Deshalb fahren wir einen ganz eigenen Testzyklus für euch. 41 km / 973 hm – diese Daten ermittelten wir in Testfahrten, bei denen wir immer in der maximalen Unterstützungsstufe fahren, bis der Akku komplett leer ist. Bitte beachtet, dass diese ermittelten Werte nur als Richtwert zu verstehen sind und in keinster Weise die Ergebnisse aus einem genormten Labortest widerspiegeln. Wenn dieses E-Bike in niedrigeren Unterstützungsstufen gefahren wird, erhöht sich die Reichweite deutlich.
Dich interessieren auch die Reichweiten anderer E-Mountainbikes und E-Bikes? Dann empfehlen wir dir unsere ausführliche Reichweitentabelle: Übersicht: E-Bike Reichweite
Fazua Ride 60 im Test
Hammer! Der neue Fazua Ride 60 schiebt spürbar, ohne sich dabei zu arg in den Vordergrund zu drängeln. Die Modulation der Unterstützungsstufen ist Fazua vollends gelungen und so langsam schwant mir, dass ich nur sehr, sehr selten mehr als 60 Nm Drehmoment brauche.
Beeindruckt hat mich auch die Reichweite! Mit einem 430-Wh-Akku war ich über 40 Kilometer und fast 2 Stunden unterwegs, ohne Strom zu sparen. Dass nenn ich mal effizient!
In dem E-Bike, das wir gefahren sind, war der entnehmbare Akku mit 430 Wh Kapazität montiert. Auf unsere Frage, weshalb man nicht gleich einen Akku mit etwas über 500 Wh, ähnlich wie im Orbea Rise H, entwickelt hat, antwortete Matthias, dass es bei einem 43-Volt-System nicht so einfach sei, die passenden Zellen so zu kombinieren, dass sie zum einen ein Maximum an Kapazität mit einem Minimum an Bauraum mixen und zum anderen eine gleichbleibende Spannung über alle Zellen hinweg garantieren. Hätte man hier mehr Kapazität gewollt, hätte der Akku mehr als 600 Wh Kapazität bekommen, was wiederum das Gewicht spürbar erhöht und vom eigentlichen Ansinnen abgerückt hätte, denn Fazua geht es um sportliche leichte E-Bikes und keine Wh-Monster!
Kaum hörbar summend verrichtet der kompakte Motor seinen Dienst. Mit seinen 60 Nm max. Drehmoment schiebt er auch lange Anstiege hinauf, ohne sich dabei unangenehm in den Vordergrund zu drängeln. Die Modulation ist gelungen und auch enge Trails lassen sich leichtfüßig und flüssig hinaufzirkeln. Etwas Druck aufs Pedal und der Motor unterstützt, Last vom Pedal und der Motor ist weg.
Fazua hat das Ride 60-Motorsystem sparsam und effizient gestaltet. Dass der neue Motor nun fest verbaut ist, stört uns nicht im Geringsten, denn ehrlicherweise hielten wir die Aussage: „Mit Fazua kaufst du zwei Bikes in einem“ für echtes Marketingsprech. Jetzt haben die Hersteller Freiheit beim Design und können den kompakten Motor, nebst kompaktem Akku sorgenfrei in ihre Rahmen integrieren und verstecken. Kein Einheitsbrei mehr – super! Uns, die wir selbst sehr designgetrieben sind, gefällt’s.
Mit dem Prototyp, den uns Matthias mitgebracht hat, waren wir auf unseren Hometrails unterwegs und positiv überrascht vom Support und der Effizienz des kleinen Motors. Wenn man sich das E-Hardtail von der Seite anschaut, dann fällt eigentlich nur der LED-Hub auf, der – nicht wie angedacht – im, sondern auf dem Oberrohr sitzt. Grund hierfür: Man hat an Rohren genommen, was man kriegen konnte und sich schlichtweg nicht getraut, ein Loch ins Oberrohr zu schneiden. Deshalb hat man eine Fassung für den LED-Hub gedruckt und mit Kabelbindern auf dem Oberrohr fixiert.
Auf dem Trail fällt der Ride 60-Motor angenehm unauffällig auf. Ganz leise surrend – unter Volllast – schiebt er über den Trail, ein Klappern im Motor ist nicht zu vernehmen. Die Unterstützung fällt hierbei sehr kultiviert aus, schwächelt aber nicht an steilen Rampen. Durch die Boost-Funktion, die bei Bedarf kurzzeitig mit bis zu 450 Watt unterstützt, lassen sich auch richtig harte Nüsse knacken. Steinstufen, steilste Rampen – alles gut machbar.
Kommen wir zur Ring-Control-Remote-Einheit. Was uns hervorragend gefällt, ist das minimalistische Design, denn diese Remote baut extrem schmal und fügt sich ganz fantastisch in die Optik am Cockpit ein. Auch in Sachen Haptik und Funktion gab es keinen Grund zur Kritik. Etwas gewöhnungsbedürftig ist allerdings der Sitz des beweglichen Rings in der Fassung. Da man hier in alle Richtungen agieren kann, muss sich der äußere Ring eben auch in alle Richtungen bewegen können. Real fühlt sich das etwas eigenartig an. Die Remote wackelt ein wenig und fühlt sich dadurch etwas lommelig an. Der Sinn dahinter: Nach oben und unten (in Fahrtrichtung) werden die Modi gesteuert und der Walk-Assist gestartet, drückt man zur Seite (quer zur Fahrtrichtung) lässt sich unter anderem das Licht einschalten.
Was uns extrem überrascht hat, sind die Effizienz und Reichweite, mit der das neue Fazua Ride 60 43-V-Motorsystem inklusive 430-Wh-Akku aufwarten kann: Unsere Reichweitenfahrt endete erst nach 41,1 Kilometer, 973 Höhenmetern und 1 Stunde 45 Minuten. Stark!
Und für alle, die ihr E-Bike auch gern mal ohne Unterstützung fahren: Die Pedalierbarkeit über 25 km/h ist klasse! Mit etwa 4 Watt Widerstand schlägt der Motor zu Buche, wenn er ohne Support gefahren wird. Ein Wert, der an einem stollenbereiften E-Bike absolut zu vernachlässigen ist.
Meinung @eMTB-News.de
Mit dem neuen Fazua Ride 60 hat der deutsche Hersteller aus Ottobrunn einen potenten und vielversprechenden Mittelmotor im Programm, der einige technische Finessen parat hält und mit einer homogenen Modulation brilliert. In einem ersten Test hat uns der Motor ausgezeichnet gefallen und wir freuen uns schon, weitere Testkilometer mit dem Kraftzwerg zu drehen.
Dank einer perfekten Kombination aus niedrigem Gewicht, hoher Effizienz, geringem Einbauvolumen und kraftvoller Unterstützung ist der neue Fazua Ride 60 mit seinem 430-Wh-Akku geradezu dafür prädestiniert, in Zukunft in vielen E-Mountainbikes zum Einsatz zu kommen.
Was haltet ihr vom neuen Fazua Ride 60-Motorsystem? Macht für euch der kleine Mittelmotor Sinn oder vermisst ihr den ausbaubaren alten Fazua evation?