Focus Jam² Plus Pro mit Zusatzakku
95% Eco-, 4% Trail- und 1% Boost-Modus
Die Zeiger auf der redaktionsinternen Wettskala zeigten ein klares Signal. „Rico, das schaffst du nicht.“, hörte ich von allen möglichen Seiten. Ich wollte es aber versuchen, wollte mit dem Zusatzakku am Focus Jam² Plus Pro und den daraus erzeugten 756 Wh diese eine Tour fahren, die ich schon so oft ohne Motor gefahren bin. In Suhl, südlich von Erfurt, wollte ich starten, hoch nach Oberhof auf den Rennsteig fahren und dann weiter bis nach Eisenach. Eine lange Tour, die mich durch dichte Laub- und Nadelwälder auf dem Rücken des Thüringer Waldes in eine ganz fantastische Gegend bringen sollte – die wilde Landschaft rund um Eisenach.
Mit dem internen Akku des Focus Jam² Plus Pro allein war diese Tour nicht zu schaffen. Jedenfalls nicht, wenn man den Shimano Steps E8000-Motor immer mitlaufen lässt. Und genau darum ging es uns. Die komplette Tour mit Strom fahren. Ein teilweises Abschalten des Motors macht in unseren Augen hierbei einfach keinen Sinn. Das wäre ja fast wie bei diversen Autobauern, die den Verbrauch ihrer Boliden in Testlaboren unter realitätsfremden Bedingungen ermitteln und anschließend schön rechnen. Als Unterstützungsmodi wählte ich fast immer Eco, nur an manchen Anstiegen wählte ich in den Trail-Modus und an einem extrem steilen Anstieg musste der Boost-Modus schieben.
Den ausführlichen Test dieses E-Mountainbikes findet ihr hier: Focus Jam² Plus Pro.
T.E.C. – TAILORED ENERGY CONCEPT
Mit Zusatzakku stehen 756 Wh zur Verfügung
Die Ingenieure von Focus haben beim Jam² Plus Pro einen Akku fest im Unterrohr verbaut, um die Silhouette schlank und das Gewicht niedrig zu halten. Dank dem T.E.C. hat der User aber die Möglichkeit auf einfache Art und Weise einen Zusatzakku zu befestigen und die Akku-Kapazität auf 756 Wh zu erhöhen.
Der Zusatzakku wird in einem massiven Hartschalen-Koffer ausgeliefert und beinhaltet alles, was zur Montage gebraucht wird. Die Halteschiene, zwei Schrauben, Anschlusskabel und Zusatzakku – alles ist sicher im Koffer verstaut und übersichtlich aufgereiht. Ist die Halteschiene mittels der zwei langen Schrauben auf dem Unterrohr montiert, kann der Zusatzakku einfach drauf geschoben werden. Den richtigen festen Sitz quittiert der Einrast-Mechanismus am Akku mit einem lauten Klicken. Wichtige Info: Wenn der Zusatzakku über das Kabel mit dem Motorsystem verbunden ist, dann hat der Zusatzakku immer Vorrang vor dem internen Akku. Das System addiert die beiden Akkus nicht, sondern zeigt im Display die Reichweite des jeweils angeschlossenen Akkus.
Ein Unterschied im Fahrverhalten war kaum zu spüren. Der zusätzliche Akku erhöht das Gewicht auf 23 kg, sitzt aber sehr zentral im Rahmendreieck und hebt den Schwerpunkt nicht spürbar an. Die Wendigkeit und das ausgewogene Fahrverhalten des Jam² Plus Pro bleiben unverändert.
Auf dem Rennsteig von Suhl nach Eisenach
75,8 km / 1.611 hm
3 Std 42 min Fahrzeit
Schon beim Start zeigte sich der Thüringer Wald von seiner besten Seite. Nicht! Nebel hing in den Bäumen, es nieselte und das Thermometer zeigte kalte 6 Grad an. Am Himmel gab es genau eine einzige Farbe: sattes Grau. Der Rucksack war gepackt, die Bikewear angezogen, der Helm auf dem Kopf, die Brille auf den Augen und die Handschuhe angezogen. Jetzt noch schnell Strava einschalten, schließlich wollen wir für euch die Strecke ja dokumentieren. Der große On/Off-Button auf dem Oberrohr leuchtet blau auf, als wir ihn drücken. Als Radius gibt uns das System 77 km bei Unterstützungsstufe Eco an – okay, das klingt gut, schließlich haben wir noch einen zweiten Akku in petto.
Ich starte in der Alexander-Gerbig-Straße in Suhl und schraube mich über den Steinhorst-Weg hinauf zur Wegscheide. Hier gibt es den ersten Schrecken des Tages, nach 7 km war bereits ein Balken der Akkuanzeige erloschen. Die ersten Zweifel, die im Hinterkopf aufkeimten, drückte ich weg. „Das geht! Die Strecke ist gut zu schaffen!“ denke ich mir und fahre zielstrebig über schmale Wurzeltrails bis hinauf zur Schmücke, von dort zum Rondell und weiter zum Biathlon-Stadion am Grenzadler in Oberhof. Beim Blick auf das Display und den Ladezustand des Akkus wünschte ich mir, dass der Akku bitte bis nach Wachsenrasen halten muss, dann dürfte ich es bis nach Eisenach schaffen, ohne dass das System abschaltet.
Das gut sichtbare „R“ gepaart mit dem blauen X auf weißem Grund gibt uns die Richtung vor. Wir fahren auf breiten Schotterwegen und schmalen Trails durch dichte Tannenwälder und genießen die Ruhe. Bei Kilometer 30 ist es dann soweit, der Zusatzakku quittiert den Dienst. Nach einem kurzen roten blinken geht das System aus. Ich ziehe das Verbindungskabel von Rahmen und Akku, verstaut es im Rucksack und startet das System neu. Der interne Akku ist komplett voll und gut gelaunt rolle ich weiter. Nächster Stop: Der große Inselsberg. Bei einer gefahrenen Wegstrecke von 50 km komme ich an einem Gasthaus vorbei, bei dem es im Normalfall immer Thüringer Bratwürste und Rostbrätel vom Grill gibt. Auf dem Schild steht: Heute geschlossen! Okay, gibt es wohl nichts vom Grill. Ich frage die Bedienung nach Kaffee und Kuchen. „Milchkaffe und Stachelbeertorte haben wir heute.“ antwortet sie. Ganz klar was ich bestelle, oder?
Im Boost-Modus auf den Inselsberg
Nach dieser Mittagspause kommt der fieseste Anstieg der Tour: Der direkte Weg hinauf auf den großen Inselsberg. Hier muss ich den Boost-Modus zuschalten, denn die Steigung ist wirklich extrem steil. Oben angekommen, versperrt mir leider Nebel die Sicht, weshalb ich gar nicht lange stehenbleibe, sondern direkt weiterfahre. Ziel: Hohe Sonne, Prinzessinnen-Teich, Bahnhof Eisenach. Nach knapp 70 Kilometern passiere ich die Hohe Sonne, habe noch etwas Restakku und freue mich auf den Abschluss der Tour. Ich folge einem kleinen Wegweiser, der nach links in den Wald deutet und fahre durch atemberaubende Wälder bis ganz hinunter zum Prinzessinnen-Teich.
Nach fast 5 Stunden erreiche ich mein Ziel im Süden von Eisenach. Die Ladeanzeige vom Akku leuchtet rot, aber blinkt noch nicht. Ich habe es geschafft, meine Fresse bin ich happy. Weiter geht es zum Bahnhof und mit dem Zug zurück nach Suhl. Ein Tipp am Rande: Wenn euer Start/Parkplatz auch dort liegt wo meiner ist, dann hebt euch etwas Akku auf, denn vom Bahnhof in Suhl kann es bis zu diesem Parkplatz noch verdammt weit sein.
Streckenverlauf, Länge, Höhenmeter und alle wichtigen Daten findest du hier: STRAVA
Test-Fazit zum Focus Jam² Plus Pro
Die Möglichkeit auf einfachste Art und Weise einen Zusatzakku zu montieren – hierfür verdienen die Ingenieure von Focus ein dickes Lob. Mit dem T.E.C. treffen sie genau ins Schwarze. Dank der Option die Akku-Kapazität auf 756 Wh zu erhöhen und dadurch die Reichweite des Focus Jam² Plus Pro großzügig zu vergrößern, ohne die Fahreigenschaften spürbar zu verändern, ist dieses eMTB unser Tipp für Alle die gern längere Strecken mit dem E-Mountainbike unternehmen möchten und dabei ungern nachladen wollen.
Die Tour von Suhl nach Eisenach können wir jedem empfehlen, der auf breiten Waldwegen die Natur erleben möchte und noch nicht über ausgesprochen gute Fahrtechnik verfügt. Unser Tipp, damit es ein friedliches Miteinander auf dem Weg gibt, nehmt eine Trail-Bell oder eine Klingel mit, denn ihr werdet bei eurer Tour vielen Wanderern begegnen. Denn wie sang schon Herbert Roth? „Diesen Weg auf den Höh’n bin ich oft gegangen …“
Testerprofil Rico Haase
- Testername: Rico Haase
- Körpergröße: 183 cm
- Gewicht (mit Riding-Gear): 90 kg
- Schrittlänge: 86 cm
- Armlänge: 61 cm
- Oberkörperlänge: 62 cm
- Fahrstil: Flowig und verspielt
- Was fahre ich hauptsächlich: E-Enduro, E-Trailbike, aber auch XCO, DH und Road
- Vorlieben beim Fahrwerk: straff und schnell – ich möchte wissen, was unter mir passiert
- Vorlieben bei der Geometrie: langer Reach, kurzer Vorbau, breiter Lenker
Wie sind eure Erfahrungen mit der Akku-Reichweite?
Weitere Informationen
Webseite: www.focus-bikes.com
Text & Redaktion: Rico Haase | eMTB-News.de
Bilder: Rico Haase
76 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumSchon mal überlegt das ein Akku vielleicht von Haus aus eine Gurke war..oder eben der andere ein Burner.
In der E-MTB werden die Fahrversuche auf dem Rollenprüfstand durchgeführt, auch da gibt es zum Teil größere Unterschiede in der Reichhöhe bei gleicher Akkugröße und gleichem Motorhersteller.
Alles Käse diese Vergleiche. Lass mal jemanden fahren der 85kg wiegt, Du denkst dein Akku wäre kaputt.
Heute entdeckt.
Wunderschönes drifter mit dicken mavic Laufrädern.
Der Freilauf hinten hört sich an als kommt ein Bienenschwarm angedonnert.
Vllt hat er halt auch einfache einen der guten Akkus erwischt
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