Während vielerorts in Deutschland neue legale Trails und Bike-Sportstätten aus dem Boden sprießen, steht eine der ersten und wichtigsten Institutionen legaler Trailbau-Projekte des Landes vor dem Aus: Der Flowtrail Stromberg kämpft momentan gegen die Planungen der Stadt Stromberg, auf einem Teil des Flowtrail-Areale einen Waldfriedhof zu errichten. MTB-News.de ist selbst seit einigen Jahren Sponsor des Flowtrails und unterstützt dadurch die Arbeit des Vereins.
Update 25.09.2020, 10:30 Uhr
Uns erreichte nun ein offener Brief der Verantwortlichen des Flowtrail Stromberg, den wir an dieser Stelle veröffentlichen möchten. Darunter befindet sich (zum Ausklappen) der öffentliche Teil des Beschlussprotokolls, in dem es um den Fall Flowtrail Stromberg geht.
offener Brief an Stadtrat - Flowtrail Strombeg
Öffentlicher Teil des Beschlussprotokolls
Update 24.09.2020, 8:30 Uhr
MTB-News.de hat beim Bürgermeister der Stadt Stromberg zur Planung rund um den Flowtrail und Waldfriedhof nachgehakt. Beide Parteien suchen jetzt wieder das Gespräch – anscheinend gibt es außer dem letzten schriftlichen Update, welches dem Flowtrailverein vorliegt, Änderungen der Pläne, die dem Verein nach eigener Außsage nicht bekannt waren.
Hier die Antwort des Stromberger Bürgermeisters, Herr Dapper, an MTB-News.de:
[…] Wir legen jetzt eine Fläche am anderen Ende des Stadtwaldes – so weit als möglich entfernt – als Option für einen Bestattungswald vor. Deswegen wurde das Interessenbekundungsverfahren auch erweitert. Eine Bewerbung für diese „neue“ Fläche liegt vor und steht zur Beratung an. Die Fläche, die im Schreiben des Flowtrail-Vereins benannt wird, steht wegen der Zielkonflikte überhaupt nicht mehr zur Diskussion. […]
Herr Dapper, Bürgermeister von Stromberg
Der Flowtrailverein selbst hat sich in den sozialen Medien zu Wort gemeldet:
Alleiniger Fakt aktuell ist, dass am 05.05.20 eine Beschlussfassung des Stadtrats erfolgt ist, in welcher explizit das Gelände des ersten und zweiten Teilstücks Wildhog als mögliches Gebiet für einen Friedwald benannt ist. Weitere Informationen und Absprachen sind nach der Beschlussfassung zu keinem Zeitpunkt von Herrn Dapper mit dem Vorstand zu dem Thema Friedwald erfolgt. Gerne sind wir nach wie vor zu einem persönlichen Gespräch mit dem Bürgermeister bereit, um die tatsächlichen Fakten zu besprechen.
Eine Bitte haben wir noch:
Wir möchten zu diesem Thema ausschließlich einen konstruktiven Austausch führen und bitte euch daher, persönliche und beleidigende Kommentare zu unterlassen. Der Eindruck, der hierdurch erweckt wird, ist nicht zielführend und erfolgt ausdrücklich ohne unsere Zustimmung. Wir würden ungerne die Kommentierungsmöglichkeit abschalten.
Hier die Infos direkt vom Flowtrailverein:
2010 fand der erste Spatenstich statt, 2013 gründeten 24 begeisterte Mountainbiker und Trailbauer, den Verein „Flowtrail Stromberg e. V.“. Mittlerweile gibt es mehr als 350 Mitglieder, zwei Abfahrten, einen Rundkurs und einen Übungsplatz im Stromberger Forst. Eine große Gemeinschaft ist gewachsen, die sich um den Bau und Erhalt der Strecke und seit Anfang 2019 auch um das Kinder-, Jugend- und Erwachsenentraining kümmert. Mittlerweile wurden mehr als 100.000 Euro (komplett selbst erwirtschaftet) und 35.000 ehrenamtliche Arbeitsstunden in das Projekt investiert, das mittlerweile über die Region hinaus als Mountainbiker-Paradies bekannt ist. Gemeinden nehmen jährlich Besichtigungen vor und informieren sich über die Umsetzung. Politiker, wie zuletzt Dr. Helmut Martin, MdL, loben Einsatz und Engagement. Auch in einem Imagefilm für Rheinland-Pfalz wird die Strecke beworben. Trotzdem steht der Flowtrail möglicherweise vor dem Aus.
„Selbst wenn die Stadt uns ein alternatives Gelände anbietet: Die Strecke nachzubauen, würde Jahre dauern. Und allein aus Pietätsgründen verbietet es sich, dass eine Mountainbikestrecke direkt neben einem Friedforst koexistiert.“
Andreas Hipp, stellvertretender Vereinsvorsitzender
Noch im Oktober vergangenen Jahres hatte die damalige Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Stromberg, Anke Denker (SPD), erklärt, dass man „Mountainbike-Region“ werden wolle und Touristiker Jens Ginzel angekündigt, Gelder für den weiteren Ausbau bereitzustellen. Im Kontrast dazu teilte Stadtbürgermeister Claus-Werner Dapper (WGS) dem Vereinsvorstand im Frühjahr 2020 mit, dass Teile der Familien-Strecke „Wildhog“ – Herzstück des Flowtrails und Publikumsmagnet mit rund 40.000 Abfahrten pro Jahr – gegebenenfalls einem Waldfriedhof weichen sollen. Eine Machbarkeitsstudie wurde bereits in Auftrag gegeben und soll am 06. Oktober im Stadtrat vorgestellt werden. Weitere Informationen wurden zurückgehalten, Gesprächsanfragen seitens des Vereinsvorstands mehrfach verschoben und ein Gespräch fand bis heute nicht statt.
Sascha Marchert, Vereinsvorsitzender dazu: „Sollte sich die Stadt – wie es aus Kreisen zu vernehmen ist – vor allem aufgrund der finanziellen Vorteile für den Waldfriedhof interessieren, hätten wir viele Ideen, wie auch über den Flowtrail weitere Gelder eingenommen werden könnten. Durch gebührenpflichtige Parkplätze, Campingplätze und ein Nutzungsentgelt könnten unseren Berechnungen zufolge bis zu 50.000 Euro jährlich eingenommen werden. Die Fahrradsparte erfährt einen großen Zuwachs und in vielen Orten und Gemeinden werden deutschlandweit Strecken mit einem zum Teil hohen Budget in Millionen-Größe gebaut. Wir stehen jederzeit bereit, gemeinsam mit der Stadt Konzepte zu entwickeln.“
Nicole Hipp, stellvertretende Vereinsvorsitzende: „Es ist extrem schade, dass die Arbeit all dieser Jahre zunichtegemacht werden soll. Der Flowtrail Stromberg ist eine Mountainbike-Institution. Erwachsene kommen hierher, genauso wie Jugendliche und Kinder. Im Winter beteiligen sich ganze Familien an den Bausamstagen und im Sommer sind die Trails voll. Wir hoffen, dass all das bei der Entscheidung des Stadtrats bedacht wird.“
Meinung @MTB-News
Ein Schlag ins Gesicht für alle engagierten Mountainbiker: Der Flowtrail Stromberg ist eines der Vorzeige-Projekte für Bike-Areale in Deutschland – ausschließlich ehrenamtlich aufgebaut und selbst erwirtschaftet. Auch wir berichteten immer wieder über Baufortschritte und sind nicht nur regelmäßig mit Testbikes vor Ort, sondern testeten auch im Rahmen des ersten ICB-Projekts mit MTB-News-Lesern in Stromberg.
Solche Planungen für bereits laufende Projekte, die zudem absolute Vorzeige-Objekte für Land und Region sind, senden ein fatales Signal für das Wachstum des Mountainbike-Sports in Deutschland – wir hoffen, dass trotz der aktuell selbst für den Verein mehr als dürftigen Informationslage eine positive Lösung nicht ausgeschlossen ist.
Hast du eine Idee, wie man die Situation lösen kann?
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