Flatpedals selbst gemacht – Hubert Ruff fertigt individuelle aus Aerospace-Grade-Aluminium gefräste Flatpedals 100 % made in Germany. Die edlen Teile bieten einen besonderen Look und einige spezielle Features. Nach einer wilden Start-up-Phase ist jetzt der HaigRip Webshop gestartet.
(Update 19.09.2023)
Update 19.09.2023 – HaigRip Webshop online
Auf der soeben gestarteten Website mit Online-Shop gibt es nun auch einen Konfigurator für die HaigRip-Pedale – in dem ihr die Farben von Pedalkörper, Hutmutter und Pins nach euren Vorstellungen zusammenstellen könnt.
Infos und Preise
Das fertige HaigRip Flatpedal bietet eine Plattform von 100 x 105 mm, die mit 12 Pins pro Seite besetzt sind. Neben dem Pedalkörper aus 7075 T6 Aluminium, der auch im Flugzeugbau Verwendung findet, wird auf eine CroMo-Achse gesetzt, die zudem nitriert und eloxiert wurde, um einen maximalen Korrosionsschutz zu gewährleisten. Zwei doppelt gedichtete Nadellager pro Pedal kommen beim HaigRip zum Einsatz. Die Achse wird durch eine M8-Mutter gesichert, die ebenfalls nach Wunsch eloxiert werden kann.
- Material Pedalkörper 7075 T6 Alumium, Achse 42CroMo4
- Größe 20 x 100 x 105 mm
- Pins 24 Pro Pedal, Gewinde M4
- Lager 2 Nadellager, 2-fach abgedichtet (HK 1014 2RS, pro Pedal)
- Gewicht 398 g (pro Paar, gewogen)
- Farben Schwarz, Silber, Gold, Rot, Blau, Lila
- Verfügbarkeit ab sofort
- Preis 296,31 €
- Infos www.haigrip.com
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HaigRrip – Flatpedale Made in Germany
Eigentlich ist Hubert Ruff auf Klickpedalen unterwegs. Als er bei einem Bikepark-Besuch aber eine unglückliche Erfahrung mit diesen machte, kam er schnell auf den Gedanken, auf Flatpedale zu wechseln. Aber kaufen war zu einfach – und als Werkzeugmacher-Meister hatte Hubert den optimalen Background mit der Arbeit an hochfesten Materialien. Ein weiterer Punkt war, dass die MTB-Pedale nicht einmal um den halben Globus verschifft werden mussten. Und wenn man schon dabei war, könnte man diese auch gleich individuell und nach Wunsch gestalten.
Hubert ist aber nicht nur Werkzeugmacher-Meister, sondern auch Ausbildungsleiter bei einer Firma für Werkzeuge und Maschinenbau. Zusammen mit seinen Azubis machte er sich 2020 daran, einen ersten Prototyp seiner Flatpedale zu entwickeln. Die ersten Modelle entstanden nach seinen Entwürfen am firmeneigenen 3D-Drucker, die ersten belastbaren Prototypen wurden dann aus einem Block Aluminium 7075 T6 gefräst und ausgiebig getestet und verbessert, was letztlich zur aktuellen Version geführt hat.
Das große Ziel für Hubert war dabei eine Fertigung, die komplett in Deutschland erfolgt. Auch die Materialien sollten möglichst lokal bezogen werden. Zudem sollte die Pedale möglichst individuell gestaltet werden können. So gibt es neben sechs möglichen Eloxal-Farben beim Pedalkörper auch die Möglichkeit, die Pins farbig zu gestalten.
Sie wurden inzwischen beim Zedler Institut zertifiziert und haben neben der Norm- auch die Advanced Plus XXL-Prüfung bestanden – aushalten kann das Pedal also einiges, auch der TÜV gibt grünes Licht. Um sie möglichst langlebig zu halten, werden pro Pedal zwei Nadellager verbaut, die wartungsfrei sein sollen. Über eine Gewindemutter lässt sich die CroMo-Achse lösen und dann aus dem Pedalkörper entfernen, sollte das Pedal doch einmal einen Service benötigen.
Interview mit Hubert „Hubse“ Ruff und MTB-News
Wie bist du auf die Idee gekommen, deine eigenen Flatpedale zu entwickeln?
Die Idee entstand im Mai 2020 im Bikepark. Da ich bisher ausschließlich mit Klickpedalen unterwegs war, musste ich sehr schmerzhafte Erfahrungen machen, dass diese im Bikepark völlig unangemessen sind. Auf der Heimfahrt wollte ich mir dann gleich welche bestellen … Darauf folgte dann der Gedanke: kaufen kann jeder … also mach ich mir kurzerhand welche selbst.
Wie fand der Entwicklungsprozess statt? War das auch ein Lernprozess für dich? Und was hat dich dabei vielleicht überrascht?
Der komplette Entwicklungsprozess fand in der Lehrwerkstatt statt. Leider stand mir zu diesem Zeitpunkt kein CAD-Programm zur Verfügung. Also musste das klassische Reißbrett rausgeholt werden. Taschenrechner und Winkelfunktionen waren die einzigen Hilfsmittel! Und von Anfang an war klar, dass nichts von anderen Pedalen kopiert, sondern alles selbst entwickelt wird. Das Schwierigste dabei war, das Design mit der Machbarkeit und dem vorhandenen Maschinenpark zu vereinen. Leicht, ansprechend, sicher und langlebig sollten die Pedale sein.
Auch eine geeignete Lagerung und Dichtung stand im Vordergrund. Durchschnitt abzuliefern war von Anfang an keine Option. Als Werkzeugmechaniker-Meister stehen die Vorbildfunktion und die Berufsehre im Fokus. Das Überraschende war, dass dieses Projekt eine Eigendynamik entwickelte. Vom Prototyp zur Serienfertigung. Überraschend war dann auch für mich, dass ich weit über meine persönliche Schmerzgrenze hinausgegangen bin. Uhrzeiten und Wochentage verschwammen förmlich. 16 bis 20 Stunden am Tag waren keine Ausnahme, sondern die Regel. Und das seit nunmehr 2,5 Jahren.
Wo genau siehst du das Einsatzgebiet für deine Pedale und für wen, glaubst du, eignen sich die Pedale besonders?
Die Pedale sind prinzipiell für jedes Einsatzgebiet geeignet. Vom Gravelbike bis zum schweren Downhill. Daher fand auch die Prüfung beim Zedler Institut statt (Prüfung 3fach über Norm). Die geprüften Pedale wurden danach wieder von mir demontiert. Welle, Lager und die Dichtungen hatten keinerlei Gebrauchsspuren, obwohl ein kompletter Lebenszyklus abgeprüft wurde. Für mich ein klares Argument, dass hier ein qualitativ hochwertiges Pedal entstanden ist. Eigentlich ist es weitaus mehr wie ein Pedal. In meinen Augen ein Schmuckstück, das zu schön ist, um gefahren zu werden 🙂
Warum war dir eine rein in Deutschland liegende Produktion wichtig? Beinhaltet das auch die Materialien, die du verwendest?
Inzwischen ist es ja bekannt, dass wir mit den Billigprodukten aus Asien überschwemmt werden. Ich wollte von Anfang an den Beweis antreten, dass es möglich ist, mit einem innovativen und qualitativ hochwertigen Produkt dagegenhalten zu können. Leider ist die erste Frage immer auf den Preis bezogen, ohne zu hinterfragen, was dahintersteckt. Die Gegenfrage ist, was von einem 25 € Pedal aus China nach 2 Jahren noch übrig ist? Meiner Meinung nach muss ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden. Die billigen Wegwerfprodukte sind definitiv nicht nachhaltig.
Und die Frage ist, wer den Preis am Schluss dafür bezahlt (Umwelt, Arbeitsbedingungen, CO₂-Bilanz …). Sämtliche Materialien und Dienstleistungen werden von mir aus einem Umkreis von 15 km bezogen. Eine Anfrage für die Pins läuft inzwischen, wenn alles klappt, werden diese ebenfalls regional bezogen. Ein Grundsatz stand für mich von Anfang an fest: 100 % Fertigung in Deutschland oder gar nicht! Die spannende Frage ist nach wie vor, ob die Gesellschaft bereit ist für diese Idee? Ich habe alle „Großen“ der Branche angeschrieben, per Mail und Post. In über 90 % habe ich nicht mal eine Antwort erhalten. Eine sehr deprimierende Sache für mich!
Zur Fertigung nutzt du aktuell die Maschinen deines Arbeitgebers. War der offen für deine Idee? Und wird die Fertigung auch in Zukunft auf seinen Maschinen stattfinden?
Mein Arbeitgeber hat mir hier von Anfang an freie Hand gelassen. Keine Vorgaben, keine Grenzen … Meiner Meinung nach die besten Voraussetzungen. Das Projekt konnte sich so frei entfalten, unter der Voraussetzung, dass die „normale“ Arbeit nicht darunter leidet. Alle Entscheidungen wurden von mir alleine getroffen. Sodass ich die Konsequenzen alleine tragen musste. Inzwischen haben wir die Fertigung mit Vorrichtungen und Werkzeugen so ausgelegt, dass diese auf einer hochmodernen Hermle C42 5-Achs gesteuert durchgeführt werden kann.
Erste ernsthafte Anfragen aus den Geschäften sind da. Eine Firmengründung steht im Raum und findet hoffentlich zeitnah statt. Klar ist auch, dass die Entwicklung, die Firmengründung und der spätere Vertrieb nicht in einen 8 Stunden-Tag passen. Da es sich hier aber um eine Herzensangelegenheit handelt, spielt die tägliche Arbeitszeit für mich eine untergeordnete Rolle.
Aktuell gibt es ein fertig entwickeltes Pedal von dir, ein zweites ist noch im Prototypen-Stadium. Gibt es darüber hinaus schon weitere Ideen von dir?
Momentan gibt es noch keine weiteren Ideen. Ich möchte erst abwarten, wie sich das mit den Pedalen entwickelt. Gerne möchte ich auch einen Service für die Pedale anbieten, quasi einen Kundendienst. Sodass sich die Nachhaltigkeit wiederfindet! Eben ein kleiner Schritt in die andere Richtung.
Was sagt ihr zu den selbstgefertigten Flats von Hubert Ruff?
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