Haibike Sduro Nduro 8.0 im Test: Ein E-Enduro mit sattem Federweg, das haben nicht viele Hersteller im Angebot. Haibike geht diesen Weg jedoch schon länger und bietet langhubige E-Bikes für jedes Terrain an. Wie schlägt sich das Sduro Nduro 8.0 mit dem neuen Yamaha PW-X-Antrieb in der Praxis? Wir haben es ausgiebig getestet – hier gibt’s die Ergebnisse.
Haibike Sduro Nduro 8.0 – kurz & knapp
Endlich ein eMTB von Haibike auf dem man sportlich sitzt.
Die Eckdaten des Haibike Sduro Nduro 8.0 sprechen für sich: Leistungsstarker Yamaha PW-X-Motor, Magura MT7-Bremsanlage, satte 180 mm Federweg, breiter Syntace-Lenker, eine optimierte Geometrie – ein E-Enduro der Oberklasse! Schon beim ersten “Probesitzen” bemerken wir den massiv angewachsenen Reach und haben deutlich mehr Platz auf dem eMTB. Der breite Lenker, die stimmige Ausstattung – alles ist an seinem Platz und das Fahrwerk verspricht richtig viel Fahrspaß. Einzig der Lenker wirkt ziemlich tief, ob das so passt? Wir werden es erfahren.
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Haibike Sduro Nduro 8.0 – Technische Daten
Geometrie
An der Geometrie hat sich einiges getan. Das Aufatmen war kaum zu überhören, als Haibike im Sommer 2016 das Sduro Nduro mit der überarbeiteten Geometrie vorstellte. Dieses Update wird kurz “EVO” bezeichnet. Schaut man genauer hin, sieht man sofort, dass der Reach mächtig angewachsen ist und nun endlich ein Normalmaß erreicht hat. In Zahlen heißt das, der aktuelle Reach beträgt 448 mm (size L) und beim Vorjahresmodell 417 mm (size L). In der Praxis wird dieser Umstand mit einen extremen Platzgewinn auf dem E-Bike quittiert. Zwar ist für unseren Geschmack das Steuerrohr noch zu kurz und dadurch das Cockpit zu tief, aber vielleicht nehmen sich die Haibike-Ingenieure dessen beim EVO II dann an.
Gemessene Überstandshöhe: 780 mm (Framesize L)
Ausstattung
- Rahmen: Aluminium 6061, hydroformed, Gravity Casting Interface
- Gabel: RockShox Lyrik RCT3, Luft / Federweg 180 mm
- Dämpfer: RockShox Super Deluxe RC3, Luft / 180 mm
- Schalthebel: SRAM X1
- Schaltwerk: SRAM X1 / 11-fach
- Kassette: SRAM XG1150 / 10–42 Zähne
- Kette: SRAM PC1110
- Kurbel: FSA, 38, Aluminium
- Bremse: Magura MT7 / Bremsscheiben 203 / 180 mm
- Laufräder: DT Swiss FR1950
- Reifen vorne: Schwalbe Magic Mary Super Gravity TSC, 60-584
- Reifen hinten: Schwalbe Hans Dampf Super Gravity TSC, 60-584
- Naben: DT Swiss Boost / vorne 15 x 110 mm – hinten 12 x 148 mm
- Sattel: Prologo Nago Evo X15
- Sattelstütze: Kind Shock LEV-DX, Teleskop, 31,6 mm
- Lenker: Syntace Vector 7075 High 10 / 780 mm
- Griffe: XLC Schraubgriffe Sport
- Vorbau: Haibike Components TheStem, Displayintegration
- Motor: Yamaha PW-X System, 250 W, 80 Nm
- Display: Yamaha LCD, vorbauintegriert
- Akku: 500 Wh
- Leistung: 250 W / 80 Nm
- Gewicht: 22,4 kg (selbst gewogen)
- Preis: 5.999 Euro (UVP)
Motor & Akku
Der Yamaha PW-X im Detail
Power satt – der Yamaha PW-X hat richtig Dampf.
Der aktuelle Yamaha PW-X-Motor liefert einiges an Power. Mit insgesamt fünf Unterstützungsmodi neigt er aber dazu, den Fahrer ein wenig bei der Auswahl der richtigen Stufe zu überfordern. Yamaha hat beim PW-X im Vergleich zu dessen Vorgänger die sportlichen Aspekte deutlich berücksichtigt und ermöglicht eine Unterstützung auch bei höheren Trittfrequenzen. Zudem haben es die Ingenieure von Yamaha geschafft, das Volumen und das Gewicht zu reduzieren. Der neue Motor ist bei einem Gesamtgewicht von 3,1 kg knappe 380 g leichter als sein Vorgänger. Das eingesparte Volumen von 13 % wird beim geringeren Q-Faktor spürbar.
- Motor: Yamaha PW-X
- Akku: 500 Wh
- Leistung: max. 250 Watt / 80 Nm
- Display: Yamaha
Eine Besonderheit müssen wir noch etwas genauer betrachten: Die Ladebuchse und den dazu gehörigen Ladestecker. Der Stecker ist mit 15 mm Durchmesser sehr dünn und verfügt über eine Art „Einrastmechanismus“. Der Anschluss ist extrem fummelig und nicht sehr Anwenderfreundlich. Wenn das E-Bike beim Aufladen beispielsweise umfällt, dann kann es passieren, dass der filigrane Stecker aus der Ladebuchse bricht und den Akku derart beschädigt, dass er nicht mehr aufladbar ist. In der Vergangenheit hieß das bei vielen Besitzern, dass ein neuer Akku fällig war, denn weder Yamaha noch Haibike bietet hier eine Servicelösung an. Unser Tipp, die Firma SMAKKU setzt beschädigte Akkus wieder in Stand. Das spart Geld und schon Ressourcen.
Tatsächliche Reichweite
36,4 km / 716 hm
1 h 32 min
Laborwerte sind gut und schön, aber in der Realität sieht es leider oftmals anders aus. Deshalb fahren wir einen ganz eigenen Testzyklus für euch. 36,4 km / 716 hm – diese Daten ermittelten wir in Testfahrten bei denen wir immer in der maximalen Unterstützungsstufe unterwegs sind und den Akku komplett leer fahren. Bitte beachtet, dass diese ermittelten Werte nur als Richtwert zu verstehen sind und in keinster Weise die Ergebnisse aus einem genormten, unrealen Labortest wieder spiegeln. Wenn dieses E-Bike mit weniger Unterstützung gefahren wird, erhöht sich die Reichweite um ein Vielfaches.
Hier gibt es die genauen Details der Testrunde.
Die Bedieneinheit – intuitiv, aber etwas kantig
Darauf hat bestimmt Captain Kirk auch schon rumgedrückt.
Ja, die Bedieneinheit ist deutlich besser, als die alte. Die Unterstützungsmodi lassen sich sehr gut wechseln und alles ist da, wo es sein soll. Eins stört nur ein wenig: Das Design wirkt so, als sei es aus einer lange verschlossenen Zeitkapsel gefallen. Irgendwie erinnert es an Industriedesign aus den 80ern. Kantig und mit vielen Winkeln versehen, versprüht es leider wenig Charme. Die Haptik tut ihr übriges dazu – die komplette Bedieneinheit wirkt etwas billig.
Das Motorgeräusch
Das sonore Brummen verwirrt uns etwas.
Es gibt Motorgeräusche, die nicht wirklich stören und es gibt Motorgeräusche, bei denen irgendwie die Alarmglocken schrillen. Das Geräusch des Yamaha PW-X liegt irgendwo dazwischen, denn dass der Motor arbeitet, ist in manchen Gängen kaum zu überhören. Befindet sich die Kette im oberen Drittel der Kassette, dann nimmt der Motorsound massiv zu. Ein Brummen, das irgendwie so “zahnradig” klingt, ist laut zu hören. Er surrt nicht so hoch wie beispielsweise ein Bosch-Motor, liegt aber mit seinem Geräuschpegel nur knapp darunter. Fakt ist: Der Motor ist nicht zu überhören.
Das Display aus mehreren Blickwinkeln
Schlecht lesbar und mit dem Charme eines Handys der ersten Generation.
Das Display kommt von Yamaha und wurde von den Haibike-Ingenieuren fix über dem Vorbau integriert. Hierbei sitzt das Display optisch hervorragend integriert, in einer massiven Hülle aus Aluminium, die das sensible Bauteil – welches sehr exponiert angebracht ist – vor äußeren Einflüssen schützen soll und somit eine hohe Lebensdauer verspricht. Für uns erschließt sich diese Anbringung leider gar nicht, denn im Falle eines Sturzes könnte auch dieses massive Teil, dank der exponierten Lage, schnell abbrechen. Leider mussten die Entwickler den Vorbau hierfür auch extrem nach unten kippen, was zusätzlich zur tiefen Front beiträgt. Darüber hinaus, wird durch diese Integration die Auswahl der nutzbaren Vorbauten auf ein Minimum beschränkt. Man hat allerdings die Option, das Display neben den Vorbau zu montieren. Hierfür ist eine spezielle Halterung notwendig und ein neuer Vorbau.
Kommen wir zur Lesbarkeit: Gute Displays funktionieren leider anders, das wissen wir spätestens seit Shimano seinen Steps e8000 auf den Markt gebracht hat. Farbe im Display? Fehlanzeige. Übersichtliche, leicht lesbare Zahlen? Leider auch Fehlanzeige. Das Display ist kontrastarm und somit nur schwer lesbar, auf ruppigen Trails muss man sich schon sehr konzentrieren, um darauf Informationen zu erfassen. Es informiert über alles Wesentliche, das war’s dann aber auch. Die Voyeure werden es hassen, denn beim Ablesen und Hinschauen kommt wirklich kein Spaß auf. Einzig ein kleines Gimmick fanden wir witzig: Der Haibike-Schriftzug oberhalb des eigentlichen Displays leuchtet in verschiedenen Farben, je nachdem in welchem Modus gerade gefahren wird.
Walkfunktion für unwegsames Gelände
Klar erkennbar und leicht zu bedienen.
Eine Walkfunktion ist mit an Bord und wird mittels eines kleinen, gut sichtbaren Tastschalters am unteren Rand der Bedieneinheit bedient. Einfach beim Schieben die Taste drücken und schon schiebt der Motor merklich mit. In steilem Gelände ist das wirklich hilfreich.
Haibike Sduro Nduro 8.0 in der Hand
Das sieht schnell aus!
Leicht gebückt und ziemlich lang steht das eMTB vor uns. Viele der verbauten Teile sind uns aus früheren Tests bekannt und wir wissen um deren Qualität. Der Lack wirkt hochwertig und das Fahrwerk extrem potent. In Zeiten von dicken Plusreifen, fragen wir uns aber, warum hier keine Reifen dieser Gattung verbaut worden sind? Vielleicht, weil die dünneren, normalen Pneus spurtreuer sind und bei der Sekundenhatz die bessere Wahl darstellen? Kann gut sein, denn das Haibike Sduro Nduro 8.0 ist eine Racemaschine mit der man gern die letzte Sekunde rausholen will. Genug erzählt, wir müssen auf den Trail!
Haibike Sduro Nduro 8.0 auf dem Trail
Uphill
Brutal starker Motor, der nach oben stürmt.
Sattelstütze ausfahren, passenden Gang einlegen, rüber übers Cockpit und rauf gehts. Steile Rampen erklimmt dieses E-Bike genauso leichtfüßig, wie lange Anstiege. Der Motor schiebt gut nach oben und die Sitzpostion mit dem flachen Lenker trägt dazu bei, dass das Vorderrad erst sehr spät steigt. Bergauf finden wir das kurze Steuerrohr und die daraus resultierende, flache Front als Vorteil, da man dadurch auch in steilem Gelände ausreichend Last aufs Vorderrad bringt.
Leider trübt der extrem schmale Sattel das Fahrvergnügen vorzeitig. Gerade im Uphill ist der Druck auf unsere Sitzhöcker doch sehr hoch, weshalb wir mit dem verbauten Sattelmodell alles andere als glücklich waren.
Downhill
Fahrwerk von RockShox – Herz, was willst du mehr?
Ist das Fahrwerk einmal abgestimmt, gibt es eigentlich kein Halten mehr. Im Downhill geht das Haibike Sduro Nduro 8.0 ab, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. 180 mm Federweg und eine potente Kinematik – wir gaben dem Teil bergab mal richtig die Sporen. Das Heck arbeitet gut, hängt für unseren Geschmack aber etwas tief im Sag (Negativfederweg), was den Hinterbau gegenüber der Gabel zunächst ein bisschen leblos erscheinen lässt – ein etwas straffer abgestimmter Dämpfer verschafft hier Abhilfe. Die Gabel funktioniert mit ihren 180 mm Federweg wie eine Eins und harmoniert gut mit dem Hinterbau. Der flache Lenkwinkel von 65° und der lange Radstand bringen viel Ruhe ins Fahrwerk und bescheren einen fulminanten Geradeauslauf. Die Magura MT7-Bremsen, die robusten Laufräder von DT Swiss und der breite Lenker setzen der Downhill-Performance die Krone auf – im Downhill ist das Sduro Nduro 8.0 in seinem Element.
Trail
Langes eMTB, das trotzdem wendig bleibt.
Auf dem Trail verhält sich das Haibike Sduro Nduro 8.0 unauffällig und gutmütig. Schnelle Sprintantritte werden vom Fahrwerk ein wenig weg geschluckt, was aber bei 180 mm Federweg vollkommen normal ist. Trotz der Länge zirkeln wir das eMTB erstaunlich gut um enge Kurven und erleben schnellen Fahrspaß der Oberklasse. Einzig – wir müssen es einfach erwähnen – die tiefe Front gibt Grund zum Meckern. Dadurch, dass man ständig so viel Druck auf dem Vorderrad hat, geht etwas die Verspieltheit des Haibike Sduro Nduro 8.0 verloren. Wer darauf jedoch keinen Wert legt, sondern eher Vollgas fahren will, der bekommt mit diesem E-Bike das perfekte Gerät für solche Ausritte.
Tuning-Möglichkeiten
Wir empfehlen den sehr schmalen Sattel gegen ein ergonomischeres Modell zu tauschen. SQlab bietet hier die passenden Sitzgelegenheiten. Dazu solltet ihr auf dieses E-Bike unbedingt einen Riser-Lenker und drei oder fünf Vorbauspacer montieren, um das Cockpit höher zu bekommen und etwas mehr Kontrolle zu erlangen. Die Griffe würden wir bei der Gelegenheit gleich mit tauschen, denn die Verbauten der Eigenmarke XLC sind für unseren Geschmack an einem E-Enduro einfach nicht ergonomisch genug.
Test-Fazit zum Haibike Sduro Nduro 8.0
In Verbindung mit der EVO-Geometrie, der neuen Kinematik, den bissigen Magura MT7-Bremsen und dem potenten RockShox-Fahrwerk ist Haibike ein gutes E-Enduro gelungen. Das Haibike Sduro Nduro 8.0 fühlt sich eigentlich überall wohl – am meisten jedoch im Downhill. Wir verstehen nicht, warum es von anderen Herstellern kaum E-Bikes mit so üppigem Federweg gibt, denn darin sehen wir die ideale Kombination von Elektromotor und Mountainbike.
Der Flatbar ist schick und momentan extrem in Mode, dürfte aber für die meisten Nutzer das Cockpit zu niedrig gestalten. Durch die Integration des Vorbaus, verwehrt Haibike dem Endkunden leider die Möglichkeiten, sein Cockpit komplett selbst zu gestalten, was wir etwas schade finden.
Wer ein eMTB mit üppigem Federweg und einer ansprechenden Optik sucht, der wird bei dem Haibike Sduro Nduro 8.0 fündig. Aber vergesst nicht: 180 mm wollen in den Downhill, nicht zur Eisdiele!
Stärken
- Kraftvoller Motor
- Potentes Fahrwerk
- hübsche Farbgebung
Schwächen
- Cockpit viel zu niedrig
- unbequemer Sattel
- Teleskopstütze hat nur 120 mm Hub
Testablauf
Auf den Testrunden fahren wir fast ausschließlich mit der maximalen Unterstützungsstufe. Mindestens einmal fahren wir den Akku komplett leer und dokumentieren dies auf unserem Strava-Account. Unsere Testrunden haben alles, was ein E-Bike braucht:
- enge Uphill-Trails mit dicken Wurzeln, Steinen und losem Waldboden
- flache Trails mit kleinen Gegenanstiegen
- kurvige, flowige Downhills
- lange Schotterpiste bergab
Jedes E-Bike wird mehrfach auf dieser Runde gefahren und im Anschluss sorgfältig beurteilt.
Hier haben wir das Haibike Sduro Nduro 8.0 getestet
- ORT: Auf den Trails rund um Bamberg und Bad Kreuznach / Deutschland.
Hier gibt es schmale, enge Trails die mit Wurzeln und Steinen gespickt sind, steile technische Uphills und flowige Downhills
Testerprofil Rico Haase
Testername: Rico Haase
Körpergröße: 183 cm
Gewicht (mit Riding-Gear): 90 kg
Schrittlänge: 86 cm
Armlänge: 61 cm
Oberkörperlänge: 62 cm
Fahrstil: Flowig und verspielt
Was fahre ich hauptsächlich: E-Enduro, E-Trailbike, aber auch XCO, DH und Road
Vorlieben beim Fahrwerk: straff und schnell – ich möchte wissen, was unter mir passiert
Vorlieben bei der Geometrie: langer Reach, kurzer Vorbau, breiter Lenker
Was haltet ihr von E-Bikes mit derart üppigem Federweg?
Weitere Informationen zum Haibike Sduro Nduro 8.0
Webseite: www.haibike.com
Text & Redaktion: Rico Haase | eMTB-News.de
Bilder: Rico Haase
Haibike Sduro Nduro 8.0
60 – 90 Nm
≥ 500 Wh
- XC:
- 0 bis 120 mm Federweg (Hardtails und Full-Suspension)
- Trail:
- 100 bis 150 mm Federweg (Hardtails und Full-Suspension)
- All-Mountain:
- 120 bis 150 mm Federweg (Full-Suspension)
- Enduro:
- 150 bis 180 mm Federweg (Full-Suspension)
- Downhill:
- über 180 mm Federweg (Full-Suspension)
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