Jordi Cortes ist der Chef und das Gesicht des Fox-eigenen Race Departments und für die Fahrwerke einiger der besten Mountainbike-Profis des Planeten verantwortlich. Wir haben ihn vor einigen Wochen in Kalifornien getroffen und uns mit ihm über seinen Job, häufige Fehler beim Fahrwerk-Einstellen und die Wichtigkeit der Federung im Cross-Country-World Cup unterhalten. Viel Spaß mit dem Interview.
MTB-News.de: Jordi, einige World Cup-Fans werden dich sicher schon kennen, aber stell dich doch mal kurz vor und erklär uns, was du bei Fox machst.
Jordi Cortes: Mein Name ist Jordi und ich leite das Race Departement bei Fox. Also alles, was mit Rennen zu tun hat.
Du bist ja bei allen World Cup-Rennen vor Ort. Was ist da deine Aufgabe, dein Hauptaugenmerk?
Unser Hauptaugenmerk ist es, Rennen zu gewinnen. Was immer ich also tun kann, um das zu erreichen. Im Allgemeinen arbeite ich nur an den Einstellungen der Fahrer und organisiere Informationen, arbeite mit neuen Produkten und bringe die Leute dazu, schnell zu fahren.
Ich möchte dir mal ein paar allgemeine Fragen zu Fahrwerken stellen: Was ist der häufigste Fehler, den du bei Leuten siehst?
Der häufigste Fehler ist, dass Leute keine Ahnung haben, was sie da haben. So viele Leute kommen zu uns und sagen: „Oh, ich habe damit Probleme.“ Und wir sagen: „Hey, welchen Druck fährst du denn?“ „100 psi“ … und du überprüfst es und es sind 75 psi. Man muss einfach wissen, wie hoch der Luftdruck ist. Das ist der Fehler.
Gilt das auch für World Cup-Racer oder nur für den Endkunden?
Ehrlich gesagt, ist es bei ihnen das Gleiche. Sie behalten nicht im Auge, was sie geändert haben. Sie fahren irgendwo hin und sind müde oder verkatert und fangen an, Änderungen vorzunehmen, ohne sich daran zu erinnern, was sie gemacht haben.
Das ergibt Sinn, ist mir definitiv auch schon passiert.
Ja, das tut es. Es passiert jedem.
Gibt’s einen einfachen Trick, das Fahrwerk zu verbessern, oder hast du die Antwort vielleicht schon gegeben?
Da gibt es keine Tricks. Es ist das Gleiche, ob man ein World Cup-Rennfahrer ist oder ein Pendlerrad fährt. Man stellt den Sag und die Zugstufe ein und probiert dann ein paar verschiedene Dinge aus. Es ist die einfachste Sache der Welt, denn es ist nur eins, zwei, drei, vier. Mach einfach die Arbeit. Mach die Arbeit!
Mir ist aufgefallen, dass das Fahrwerk im Cross-Country immer wichtiger wird. Siehst du das auch so, arbeitest du mehr mit XC-Fahrern in letzter Zeit?
Das ist mir in letzter Zeit nicht aufgefallen. Ich glaube, es hängt wirklich vom Fahrer ab. Einige von ihnen sind sehr daran interessiert, an der Federung zu arbeiten. Vielleicht diejenigen, die wirklich Mountainbike-Rennfahrer sind. Während einige der anderen sich nicht daran stören und lieber schlafen oder trainieren wollen. Ich wünschte, die XC-Rennfahrer würden sich ein bisschen mehr darauf konzentrieren.
Da gibt es keine Setup-Testcamps vor der Saison wie im Downhill oder wie?
Bei uns nicht! Auf 15 Downhill- oder Enduro-Fahrer kommt vielleicht ein XC-Fahrer …
… oh ok …
… und normalerweise brauchen wir nur 30 psi mehr in die Gabel zu pumpen.
Nächstes schwieriges Thema … was denkst du über Elektronik im Fahrwerk? Offensichtlich wird daran entwickelt, aber wird sich das auch durchsetzen?
Hmm, das ist eine gute Frage. Ich habe das in der Vergangenheit mit Ja beantwortet. Zu 100 % wird Elektronik eine Rolle in der MTB-Federung spielen. Ich weiß nicht, welche Rolle und ich weiß nicht, wie groß sie sein wird. Ich glaube nicht, dass es etwas Verrücktes sein wird, aber ich denke, dass einige der Dinge, an denen wir arbeiten, einen Platz im MTB-Rennsport und beim Mountainbiken im Allgemeinen haben.
Wir sind gespannt! Sag: Messe ich den im Sitzen oder im Stehen? Wir können uns im Team da nie drauf einigen.
Das spielt keine Rolle. Ehrlich gesagt, wenn es sich um einen Coil-Dämpfer handelt und jemand Enduro-Rennen fährt, lassen wir ihn oft einfach in neutraler Position stehen. Aber bei den meisten Luftdämpfern setzt man sich einfach aufs Bike, hebt die Füße hoch und steigt ab. Das ist nahe genug. Und der Sag ist wirklich nur ein Fenster, durch das man schauen kann. Er ist nicht das absolute Ende der Geschichte! Wenn man den Federgabel-Sag misst, muss man allerdings stehen.
Apropos, würdest du bei Federgabeln nach dem Luftdruck gehen oder immer Sag messen? Das ist ein weiterer Diskussionspunkt in unserer Redaktion.
Wir checken immer zuerst den Sag, dann haben wir einen Druck, von dem wir wissen, dass er in der Nähe liegt, und dann gehen wir jeweils ein wenig nach oben oder unten. Aber man fängt immer mit dem Sag an!
Ist es immer noch so, dass World Cup-Fahrer komplett verrückt harte Fahrwerke fahren? Oder war das überhaupt jemals wahr?
Ich glaube nicht, dass das der Fall war. Vielleicht vor 7 oder 8 Jahren, als die Federung und die Fahrräder noch nicht sehr gut waren, musste sie wirklich hart sein, damit man nicht überall durchschlägt. Aber die Dinge sind viel besser geworden. Die Dämpfung ist viel besser, vor allem bei dem Produkt, das wir gerade auf den Markt gebracht haben (neue Fox GripX-Dämpfung Test).
Man kann die Dämpfung wirklich nutzen, um das Fahrrad oben zu halten. Man kann das Fahrwerk nicht einfach hart machen, weil man dann den Grip verliert. Wenn du nur geradeaus fährst und es ist hart, ist das eine Sache. Aber diese Jungs kämpfen überall um Traktion und man kann das Fahrwerk nicht einfach härter machen.
Apropos Traktion: Meinst du, Luftfedern werden jemals so sensibel wie Stahlfedern sein?
Ehrlich gesagt, denke ich, dass Luftfedern schon so weit sind, dass das keine große Sache ist. Vor allem bei Federgabeln und deren Funktionsweise. Es gibt dort jede Menge Platz, um eine Luftfeder zu bauen. Das ist mehr als nahe genug dran. Und diese Coil-Nachrüstkits und solche Sachen sind einfach nicht der richtige Weg.
Sind Luftfedergabeln deshalb so viel verbreiteter, weil man dort mehr Platz für die Luftfeder hat als am Dämpfer?
Ja, genau.
Interessant, darüber habe ich irgendwie bisher nicht nachgedacht. Dabei fahre ich an meinem Downhill-Bike zwar immer einen Coil-Dämpfer, aber schon seit ewigen Jahren Luftgabeln.
Ja, ganz sicher, die gibt’s schon eine lange Zeit. Ich meine, die Stahlfedern sind auch viel schwerer, man hat das Gewicht in den Händen, und das macht einen Unterschied. Und sie sind auch sehr laut für ein Mountainbike, sie machen eine Menge Lärm.
Es fehlt ja auch die Anlenkung, mit der man die Progression oder Ähnliches beeinflussen könnte …
Richtig, es ist viel schwieriger, eine Federgabel abzustimmen.
Ich habe noch nie gesehen, dass ihr bei Fox Telemetrie einsetzt. Was ist der Grund dafür?
Nun, für uns, zumindest bei Rennen, haben wir keine Zeit. Denn wir arbeiten mit 10 verschiedenen Teams oder 15 verschiedenen Teams oder was immer es ist. Und das Auslesen von Datensystemen ist wirklich ein Vollzeitjob. Man braucht jemanden, der sich mit diesen Daten beschäftigt. Und wenn man bei einem Rennen mit den Daten kämpft, hat man seine Hausaufgaben vor dem Rennen nicht gemacht.
Ich glaube, man sieht viele Teams, die das ab und zu machen, und ich glaube, die Leute verlieren sich in Zahlen. Sie versuchen, den Fahrern zu sagen, was sie mit den Daten machen sollen. Und ich glaube, das ist für den Fahrer schädlich. Der Fahrer muss wissen, wie er sein Bike einstellt und er muss sich durch diese Prozesse arbeiten. Denn wenn dir jemand nur sagt, was du tun sollst, wird das nicht funktionieren.
Aber nutzt ihr Telemetrie für die Entwicklung neuer Produkte oder um ein Setup vor dem Saisonstart herauszufahren?
Auf jeden Fall. Vielleicht sogar ziemlich oft!
Wenn wir jetzt schon bei der Fahrer-Psyche sind: Wie oft musst du jemandem denn das Fahrwerk mit dem goldenen Lappen abwischen?
Wirklich, das passiert nicht. Wenn wir etwas nicht fixen oder besser machen können, sage ich es dir einfach. Ich kann dir nicht helfen. Es liegt nicht an der Federung.
Man sieht dich oft im Pit die Fahrwerke einfedern. Und neulich bin ich in Maribor mit einem Testbike, mit dem ich Setup-Probleme hatte, David Trummer begegnet. Der hat sich kurz draufgeschwungen und sofort gesagt, ich soll den Highspeed-Rebound schließen. Und das hat gestimmt. Ich war mega beeindruckt. Kann man so etwas einfach durch Einfedern auf dem Parkplatz herausfinden?
Ja, das kann man. Aber man muss auch wissen, wo die Einstellungen sind. Denn in Wirklichkeit sind es keine unterschiedlichen Einstellungen. Sie wirken immer auf dasselbe hinaus. Man muss also diese beiden Dinge im Gleichgewicht halten. Aber man kann im Allgemeinen spüren, wie und wann der Rebound funktioniert. Wenn man es ein paar Mal gemacht hat – und das kann man zu Hause ganz einfach tun! Dafür schließt man etwa Low Speed, drückt drauf und sieht, wie es sich anfühlt. Öffnet es, drückt drauf und sieht, wie es sich anfühlt. Das ist ein einfacher Weg, um fast so etwas wie Bracketing zu machen (Setup-Methode, bei der man sich von zwei Extremwerten ans ideale Setup herantastet, Anm. d. Red.), aber eben im Wohnzimmer.
Wir sind hier gerade in eurem Headquarter in Kalifornien, weil Fox mir die neuen Federgabel-Dämpfungen gezeigt hat. Wann hast du angefangen, mit World Cup-Profis daran zu arbeiten?
Das ist schwer zu sagen, weil es ein langer Prozess war. Aber wir sind die Grip X2 nur bei den World Cups in Snowshoe und Mont-Saint-Anne 2023 gefahren. Und beide Rennen liefen recht gut. Das hat uns sehr gefreut.
Es war ein langwieriger Prozess, aber ein großer Teil davon bestand darin, Testgeräte zu bauen und herauszufinden, wie man bestimmte Dinge messen kann, die wir für wichtig gehalten haben. Und als das geschafft war, ging die Entwicklung viel schneller voran, aber wir haben einige Testgeräte entwickelt, die, glaube ich, niemand sonst hat.
Also kommen die Profis recht spät ins Spiel, nachdem ihr alles bereits im Labor getestet habt?
Wir tun alles, was wir können, um sicherzustellen, dass wir niemandem etwas geben, das nicht gut ist.
Das ergibt Sinn. Letzte Frage: Mit welchem Fahrer kannst du am besten Fahrwerke testen?
Das ist schwer zu sagen. Ich arbeite sehr viel mit Remi Gauvin zusammen. Er fährt richtig viel, ist sehr direkt mit seinem Feedback und scheint sich nicht zu sehr im Dickicht zu verlieren. Einige der besseren Fahrer sind nicht unbedingt gut im Umgang mit Feedback … und am Ende werden viele Emotionen hineingeworfen. Manchmal muss man einfach jemanden finden, mit dem man gut auskommt und mit dem man reden kann, um die Dinge wirklich zu klären.
Vielen Dank für das Interview!
Hast du etwas Neues über Fahrwerke gelernt? Welche Antwort von Jordi hat dich überrascht?