Kids auf dem E-Bike: Es gibt spezielle Klettergurte für Kinder, Opinel-Messer mit kleinen Griffen, Schlafsäcke für Kids unter 1,50 m, Schwimmbrillen und seit einiger Zeit auch E-Bikes für die Kurzen. Wir haben live erlebt, wie es sich anfühlt, wenn Jugendliche zum ersten Mal aufs E-Bike steigen und wollen euch dieses Erlebnis nicht vorenthalten.
Die Aufregung war damals groß, als ein namhafter deutscher Hersteller das erste Kinder-E-Bike mit 24″ Laufrädern und reduzierter Motorleistung auf den Markt brachte. “Was soll denn sowas? Die Kinder sollen gefälligst treten.” – war die abwertende Meinung von vielen. Wir geben zu, dass dieses Thema auch bei uns in der Redaktion sehr kontrovers diskutiert worden ist und noch immer diskutiert wird, aber ein eher zufälliges Erlebnis hat uns gezeigt, dass E-Bikes und Kids oder in unserem Fall, Teenager, viel besser zusammen passen, als es unser Kopf zulassen möchte. Um es vorweg zu nehmen: Es funktioniert ganz wunderbar.
Shylee, 14 Jahre alt, 1,56 m groß, sportlich
Durch einen Vergleichstest hatten wir mehrere E-Bikes mit kleinen Rahmengrößen in der Redaktion. Ich erzählte meinen Kindern von dem bevorstehenden Test und sagte eher aus einer Laune heraus zu Shylee, meiner Tochter: Willst du mal E-Bike fahren? Zu meiner eigenen Verwunderung, überlegte sie keine 5 Sekunden, nickte und sagte: “Ja klar, gerne.” Gesagt, getan, haben wir uns für den nächsten Tag verabredet – direkt nach dem Tanzunterricht wollten wir los. Voller Stolz schob sie das Cube Sting WLS Hybrid 140 in den Hof. “Warte Papa, ich muss erstmal ein Foto davon posten.”, sagte sie. Ich schaute zu ihr rüber und dachte nur, “okay … Kids”. Das Setup war dank Luftfahrwerk schnell eingestellt und die Sitzhöhe mittels Teleskopstütze ebenso. Ich erklärte ihr die einzelnen Unterstützungs-Modi des Bosch-Antriebs und bat sie, auf der Straße nur im Eco-Modus zu fahren.
Eins noch, meine Tochter ist ein ganz normaler Teenager. Sie ist sportlich, tanzt viel, zockt am Handy und kichert mit ihren Freundinnen, wenn ein Junge vorbeigeht. Seit Jahren fährt sie mit ihrem City-Rad – ein anfänglich viel zu großes 26” Damenrad – in die Schule und in die Stadt. Auf die Idee, mit einem MTB durch den Wald zufahren, würde sie niemals kommen, denn hierfür fehlt ihr komplett der Zugang. Keine ihrer Freundinnen macht das, also warum sollte sie es tun? Hobbys entstehen ja oft genug durch das jeweilige Umfeld einer Person. Und MTB ist in ihrem Umfeld, bei ihren Freundinnen und Freunden, quasi nicht vorhanden. Wir sind bis zu diesem Tag kein einziges Mal gemeinsam im Wald, auf einem Forstweg oder Trail gefahren – und genau das macht die ganze Geschichte für mich noch viel begeisternder!
“Mountainbiken mit dir? Papa, spinnst du?!”
Wir fuhren los und schon nach wenigen Metern auf der Straße sah ich nur noch in glückliche Mädchenaugen. Ja, natürlich war der Lenker zu breit für sie, aber wen juckte das denn jetzt? Richtig, niemanden. Sie jauchzte vor Freude und es machte ihr sofort extrem viel Spaß mit dem E-Bike, leicht unterstützt, auf dem Radweg zu fahren. Nach zirka drei Kilometern bogen wir rechts von der Straße ab und fuhren auf einen breiten Forstweg, der direkt in den Wald führte. Ich sagte zu ihr, dass sie jetzt den Tour- oder Sport-Modus einschalten könne. Mit einem lauten „Ey, ist das coooool!” quittierte meine Tochter die Umstellung der Unterstützungsstufe. Nebeneinander fuhren wir die breite Schotterpiste nach oben und mitunter erahnte ich, dass hier schon fast ein kleines Wettrennen im Gange war.
“Ja Papa, lass uns auf einen Trail fahren.”
An einer breiten Wiese gabelte sich der Weg. Links ging ein schmaler Trail ins Unterholz und rechts führte der breite Forstweg weiter den Berg hinauf. Ich fragte, ob sie Lust hätte, langsam einen Trail zu fahren und dort mal zu erleben, was mich am Biken (mit und ohne Motor) so lange schon fasziniert. Klare Antwort: “Ja Papa, lass uns den Trail fahren.” Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie glücklich ich über diese Aussage war. Wir bogen also links ab und folgten dem Trail, der sich mit sanften Kurven um die Bäume schlängelte. Logischerweise war das ein sehr einfacher Trail, ohne ruppige Passagen oder irgendeiner technischen Herausforderung und natürlich möchte ich hier nicht den Eindruck erwecken, dass jemand, nur weil er ein E-Bike benutzt, sofort jeden Trail beherrscht – Fahrtechnik kommt nicht über Nacht. Als Kinder wären wir hier wahrscheinlich mit dem BMX lang gebrettert. Aber hey, es war kein breiter Forstweg, sondern ein schmaler Weg, der sich durch den Wald schlängelte, enge Kurven um Bäume machte und ein bisschen auf und ab ging. Ich schaute oft nach hinten, um zu sehen, wie es meiner Kleinen ging, stellte aber immer wieder fest, dass sie einfach einen Riesenspaß hatte. Endlich konnten wir zusammen Trails fahren. Niemals hätte ich damit gerechnet, aber dank des E-Bikes war eine gemeinsame Ausfahrt möglich, die für beide Seiten pures Fahrvergnügen bot.
“Papaaaa, hol mich doch ein!”
Zum Abschluss ging es noch einen steilen Wiesenhang nach oben und ich sagte ihr, dass sie jetzt mal auf Turbo schalten kann. Was jetzt kam, trieb mir ein wenig die Freudentränen in die Augen. Sie fuhr mir mit lautem Jubel auf und davon. Oben wartetet sie auf mich, grinste und meinte nur flax: “Na, biste nicht hinterher gekommen?” – jetzt musste ich laut lachen. Von hier aus ging es zurück in die Stadt und als krönenden Abschluss gab es “FroJo” – Frozen Joghurt mit Nutella- und Erdbeer-Topping für uns beide.
Shylee nach ihrer ersten eMTB-Tour:
Mein Papa fährt irgendwie schon immer Rad. Niemals würde ich auf die Idee kommen, mit ihm zusammen durch den Wald zu fahren. Wir sind mal 12 km zur Eisdiele gefahren – das war echt ein Krampf. Ich bin sportlich, aber Mountainbiken ist einfach nicht mein Ding, bisher jedenfalls. Die Trails, die er so liebt, können wir jetzt gemeinsam fahren. Das macht mich echt happy und ich glaube, dass es auch meinen Papa ziemlich glücklich und stolz macht, denn die nächsten Tage musste er jedem seiner Kumpels brühwarm unter die Nase reiben, wo wir zwei mit dem E-Bike waren.
Durch das E-Bike konnte ich mich komplett aufs Fahren konzentrieren, die Anstiege waren dadurch sehr einfach und ich wurde nicht schon vom Treten müde. Ich könnte mir gut vorstellen, wenn ich mehr Erfahrung mit dem E-Bike habe, auch einmal ein normales MTB auszuprobieren, denn Spaß macht es schon. Und ganz ehrlich, schnell fahren ist einfach geil!
Meinung @eMTB-News.de
„Papa, dass müssen wir unbedingt wieder machen.”, das waren die ersten Worte meiner Tochter, als wir nach der Tour an der Eisdiele anhielten. Dabei hatte sie ein so breites Grinsen im Gesicht, wie es wahrscheinlich nur ein neuer Lippenstift oder eine Konzertkarte für Cro auslösen kann.
Wir sind uns dessen bewusst, dass dieses Thema extrem kontrovers und polarisierend bleiben wird und möchten hier auch nicht jedem empfehlen, seinem Kind ein E-Bike zu kaufen, aber die Erlebnisse, die wir dabei hatten und die Möglichkeiten, die sich für uns hieraus ergeben, sind durchweg positiv – und genau das wollten wir rüber bringen. E-Biken mit Kindern: endlich können wir zusammen fahren!
Welcher Papa unter euch hat so etwas schon einmal erlebt?
Weitere Informationen
Webseite: www.emtb-news.de
Text & Redaktion: Rico Haase | eMTB-News.de
Bilder: Rico Haase