eMTB-News.de

Hühner, Hund und Höhenmeter – Harald Philipp
Karten zu gewinnen: Leaving Tracks

Harald Philipp ist professioneller Mountainbiker, oder vielleicht besser Bike-Bergsteiger. Seit 25 Jahren erkundet er Trails und Gipfel und dabei meist ganz philosophisch auch sich selbst – und tourt mit Vorträgen über seine Funde durch Europa. Zu Beginn der Pandemie flohen er und seine Partnerin Katharina mit ihren E-Bikes in ein abgelegenes Tal in Ligurien. Von dort hat er eine neue Geschichte mitgebracht: Leaving Tracks.

Vollständigen Artikel lesen …

Den Videocall zu unserem Interview führen Harald und Katharina über eine Satellitenverbindung vor ihrer beneidenswert sonnigen ligurischen Natursteinwand und bringen uns so gleich mitten ins Thema.

Interview: Leaving Tracks – mit dem E-MTB in die Wildnis

Hallo Ihr beiden, vielen Dank für Eure Zeit! Ich hörte, Ihr wärt aus der Zivilisation ausgebrochen –  und nun haben wir diese kristallklare Videoverbindung. Wie geht das?

Harald
Ein Leben ohne Internet, das kam für uns nicht infrage: Wir wollen ja keine kompletten Aussteiger sein und da ist es ja auch wichtig, teilzuhaben an der Welt. Wenn Du hier oben Dich zwei Monate wegisoliert und nicht einmal Nachrichten schauen kannst, weißt Du ja gar nicht mehr, was in der Welt passiert.

Gleich zu Beginn des Kriegs in der Ukraine wurde durch russische Hacker unser Viasat Satelliten-Internet gehackt und dabei die Hardware zerstört, und seitdem haben wir jetzt das von Elon Musk. Ich hab’ mich echt geärgert, das kaufen zu müssen – aber es gab halt keine Alternative. Das scheint ja alles recht politisch zu sein. Dem können wir, das hat uns überrascht, selbst hier im fernen Ligurien nicht entkommen. Das Weltgeschehen ist so verwoben, das ist bis hier oben spürbar. Wir haben uns unsere Freiräume hier aber raus retten können. Bisher.

# Auf den Hund gekommen: Katharina und Harald flitzen ihrem Trail-Dog hinterher.

Wir sprechen hier von einem Projekt namens „Leaving Tracks“. Wenn man Deinen Spuren im Internet folgt, findet man jemanden, der seit langer Zeit hervorragend MTB fährt – das aber in aller Regel alpinistisch betreibt, wo andere sich mit Skiliften Berge hoch karren lassen.

Nun ja, ich bin ja auch in der Zeit Mountainbiker geworden, bevor es überall Bikeparks gab. Das war sicherlich ein großer Unterschied. Für mich war das Mountainbiken immer ein Exploren: Rausgehen, neue Eindrücke sammeln, neue Wege finden und neue Kulturen entdecken. Da hab’ ich wohl eine glückliche Phase erwischt, in der es halt möglich war, mit den Geschichten, die ich da mitgebracht habe, auch Sponsoren zu gewinnen und die Storys so weiterzuerzählen.

Die Fernreisen waren dann einfach die natürliche Steigerung dessen, was ich getan habe: Von meiner Heimat in NRW Trips in die Alpen zu machen, dann dort hinzuziehen und mit den Innsbrucker Bikern auf Gipfeltouren zu gehen. Dann ging halt irgendwann die Tür auf, das auch auf weltweit zu machen. Der Himalaja wurde so die Krönung meiner Abenteurer-Bike-Karriere: In der höchsten und entlegensten Gegend der Welt Trails zu suchen und zu erfahren. Aber als ich dann da war, ging mir auch die Frage durch den Kopf „Wie gehts denn da jetzt nur weiter? Will ich NOCH weiter in diese Richtung gehen? Wo kann es eigentlich für mich noch hingehen? Da hab’ ich verstanden: Ich kann nicht unendlich immer noch eins draufsetzen.

Es gab da eine Anekdote, da war über Wochen der ganze Himalaja voll mit Smog. Ich war da auf 5.000 Meter Höhe und die Luft war braun und schmeckte nach Stadt. Einerseits hab’ ich mich da unglaublich geärgert, wie wir Menschen den Planeten vermüllen – aber gleichzeitig beschlich mich der Gedanke, „OK, darüber kann ich mich nicht aufregen, wenn ich hier mit mehreren internationalen Flügen hinfliege, Inlandsflüge mache und so weiter.“ – und hab’ in diesem Smog auch meine Spur erkannt. Das war für mich ein Punkt, an dem ich – zunächst latent – gedacht habe, ich muss da eigentlich was tun. Auf meine eigenen Handlungen hatte das zunächst einfach keinen Einfluss, das hab’ ich mir immer noch schöngeredet.

Später ist dann die Katha für mich sehr wichtig gewesen, um da was auszulösen. Katharina ist ein wenig radikaler, was moralische Entscheidungen und Wechsel angeht. Als ich die dann vor 5 Jahren kennengelernt hab’, hatte ich das Gefühl, dass sie mir einen Spiegel vorhält. Das hat mich dazu gebracht, meine ersten Schritte in diese Richtung zu gehen: Das Auto zu verkaufen, nach Möglichkeit kein Fleisch mehr zu essen …

Katharina
Ich hab’ den Harald auf einem Tourismus-MTB Kongress kennengelernt; der Harald war Profi-Biker und hat Vorträge gegeben und ich hab’ auch Sport & Event Management studiert und habe Fernreisen für Mountainbiker organisiert. Wir waren da also beide voll mittendrin.

Es war jetzt schon Corona, was uns hierher gespült hat. Wenn Du auswanderst, kannst Du ja immer noch einmal alle Bereiche Deines Lebens neu verhandeln. Das haben wir hier natürlich auch getan und ein paar Entscheidungen getroffen, Dinge anders zu tun, als wir es vorher getan haben.

# Harald Philipp macht seit 25 Jahren Abenteuerreisen mit dem Mountainbike.
# Seine Komplizin bei Leaving Tracks, Katharina Fritzenwallner, hat er bei der Arbeit kennengelernt.
# 1.300 Meter über der Mittelmeerküste leben die beiden den Traum vom zumindest teilweisen Ausstieg aus der Zivilisation.

Deinen 300 Jahre alten Steinhaufen in Ligurien, Harald, den gab es aber schon vor Corona?

Ja, das ist sicher neun oder 10 Jahre her: Ich war gerade 30 geworden und alle meine Kumpels hatten gerade angefangen, Kredite aufzunehmen und sich irgendwelche coolen Appartments zu kaufen – und ich war irgendwie relativ zufrieden mit meiner Mietwohnung und dachte, dass das alles nicht so mein Ding ist, es hat mich aber scheinbar dennoch inspiriert zu sagen „Ich will auch Geld loswerden“ und dann bin ich beim Biken in diesem Dorf hier vorbeigekommen und dachte „Krass, das kannst Du Dir ja leisten!“ und statt des schicken Apartments wurde es dieser Steinhaufen mit Wellblechdach, quasi als Ferienhaus. Bin dann hier immer mal wieder hin, hab’ etwas am Haus gebastelt … das war aber irgendwie mehr Spielerei. Leaving Tracks war da noch nicht absehbar.

Kann man da unterstellen, dass da schon der erste Sand im Getriebe des lauter-härter-schneller-besser-isms am Werk gewesen sein muss? Sonst hättest Du ja jetzt ein Appartment in Innsbruck.

Ja, vielleicht war das eine der ersten Handlungen in diese Richtung, wobei es ja trotzdem auch gut in die Gesetzmäßigkeiten meines alten Lebens passt: Ich war als Mountainbiker auf Erfolgsfahrt unterwegs, hab’ Geld damit verdient und das Geld irgendwo angelegt. Ich hab’ das romantisiert, das Leben hier.

Katharina
Es waren auf jeden Fall die Trails, die uns hergespült haben, das hat sich ja in den letzten Jahren auch gut weiterentwickelt und da Thema Biken zieht sich da sicher durch, warum wir hier sind – und warum wir immer noch hier sind.

Womit verdienst Du, Katharina, heute Dein Geld?

Katharina
Ich hatte ein Super-Timing, mich 2019, mit 30, selbstständig gemacht als Eventmanagerin, nach vielen Jahren angestellt sein und hatte 2020 natürlich auch eine ziemliche Bremse drin. Wir haben also unsere Erwerbsarbeit für zwei Jahre gegen die Arbeit hier im Haus und im Garten getauscht, was ganz gut war, weil man in der Krise zumindest ein bisschen ein selbstbestimmtes Leben haben und einen Wert geschaffen, den einem niemand mehr nehmen kann.

Gute Idee von Euch, das Haus in Ligurien als Zufluchtsort für die Pandemie zu nutzen

Von März bis April (2020) hatte ich eigentlich geplant, 30 Vorträge zu halten …

Wie viele von diesen Vorträgen haben stattgefunden?

Keiner! Die wurden nach und nach alle abgesagt. Wir hatten eigentlich vor, nach diesen Vorträgen ins Haus zu fahren und dran weiterzubauen und dafür auch schon alle Sachen besorgt und plötzlich war Corona und die Katha hat dann gesagt, „lass uns jetzt schnell nach Italien losstarten!“. Da mussten aber noch ein Haufen Sachen besorgt werden, das Satelliten-Internet – und die E-Bikes abgeholt, während von Stunde zu Stunde Österreich mehr zuging. Am 18. März wollten sie am Abend die Gemeindegrenzen schließen und wir sind nachmittags über den Brenner raus, haben uns hier oben eingeasselt und sind zunächst für 2 Wochen in eine Quarantäne, weil wir die neuen Nachbarn natürlich nicht anstecken wollten.

Das war ja zu der Zeit, als man sich über die Gefährdung Anderer noch vermehrt Gedanken machte.

Der Lockdown in Norditalien war ja eine ganz andere Nummer als in Deutschland oder Österreich: 2 1/2 Monate das Haus nicht verlassen dürfen, maximal 200 Meter Distanz …

Katharina
Und die Leute haben sich wirklich dran gehalten. Die waren entsetzt, was in Bergamo passiert ist, man wusste viele Dinge noch nicht …

Harald
Andererseits war das wirklich der beste Urlaub unseres Lebens. Wir haben in der Zeit niemanden getroffen. Einmal kam ein Wilderer vorbei, 2 Monate kein Flugzeug, alle Wildtiere sind viel näher gekommen: Das war wirklich Wahnsinn.

Aber wir wussten ja nicht – zwei Menschen in der Eventbranche: Wie wird das jetzt? Gibt’s Hilfsgelder oder was? Wann kann ich wieder Vorträge halten? Gehen unsere Jobs irgendwann wieder los und wie schaffen wir das finanziell? Also haben wir im Mai/Juni noch entschieden, dass wir die Wohnung in Innsbruck auflösen, Fixkosten runterfahren.

Wir haben von unserm Hausstand in Innsbruck viel weggegeben und viel verschenkt, und den Rest zunächst unten in Molini di Triora in einer Garage eingelagert. Anfang Oktober (2020) gab es hier dann eine Flutkatastrophe, ähnlich wie die im Ahrtal, und die hat dann auch diese Garage überflutet. Das war für uns krass, dass wir gerade dachten, wir hätten jetzt die Corona-Katastrophe, die uns geradezu aus dem Leben herausgeworfen hat, halbwegs gut gemeistert – und dann kommt die Klimakatastrophe für uns körperlich so spürbar und haut da noch einmal voll rein.

Katharina
So schräg es klingt, ein Gewinn an dieser Situation war die Integration, die wir hier erfahren durften, durch dieses Unwetter: Wir waren gerade ein knappes 3/4 Jahr hier im Tal gewesen und haben dann unten bei den Wiederaufbauarbeiten geholfen,

Harald
Wir waren da überraschend wenig mitleidig mit uns selbst, weil es um uns herum so viele Leute so viel schlimmer erwischt hatte als uns. Die Stimmung war geprägt davon, dass alle einander geholfen haben.

Katharina
Wir hatten Glück, dass es bei uns nur materielle Dinge getroffen hat. Nachbarn von uns hatten da nicht so viel Glück.

Harald
Verrückt war, wir hatten, mit unseren E-MTB, die beste Mobilität im ganzen Tal: Die Straße war an mehreren Stellen weggerissen und monatelang alles oberhalb von Molini di Triora nicht mehr mit dem Auto erreichbar – aber die Trails, die alten, die bestanden auch weiterhin. Wir haben dann auch für Nachbarn Transportfahrten übernommen, anders kamst Du halt nicht raus hier – oder rein.

Harald, warum hast ausgerechnet Du, die Ikone des Bio-Bikens, die Bio-Biker verraten?

(Lacht) Ach ich muss sagen, ich bin selber nie so dogmatisch gegen das E-Biken gewesen, wie mir das manchmal unterstellt wird, aber ich versteh’ schon, dass Leute das vielleicht in mir gesehen haben, weil ich halt was mache (korrigiert) gemacht habe, was mit dem E-Bike keinen Sinn ergibt: Also ich trag’ jetzt das E-Bike immer noch nicht gern. Das macht keine Freude.

Wenn ich mal mein früheres Mountainbiken realistisch betrachte, waren da wenige Touren, wo ich nicht erst das Bike in ein Auto eingeladen habe, an einen anderen Ort gefahren bin, dort, wenn es sie gab, Lifte verwendet habe … das war schon deutlich mehr naturvernutzend als das E-Biken jetzt, würd‘ ich sagen.

Das blenden ja manche Mountainbiker gern mal aus, dass man bei diesem Sport ja doch oft Antriebe nutzt, die nicht Muskeln sind.

Was letztlich bei mir der entscheidende Auslöser war: Ich hatte mein E-Bike im Herbst 2019 bekommen und fand das schon witzig, wär‘ aber jetzt in Innsbruck nicht der Hardcore E-Biker geworden, weil da sind die schönsten Touren wirklich nur mit Bike-Tragen zu erreichen. Und dann war es halt wirklich diese Lockdown-Situation, Kathas E-Bike hatten wir eine Woche vorher bei Liteville abgeholt und gerade meinen VW-Bus verkauft, wir hatten also nur den Kangoo von der Katha und wussten: Wir können nur zwei Bikes mitnehmen, auf unabsehbare Zeit, in den Lockdown nach Ligurien. Und das wurden dann die E-Bikes – weil die Ligurische Topografie, anders als die der Ostalpen, eigentlich jeder Gipfel irgendeinen Weg hat, oft auch bergauf fahrbar, und alle Gipfel miteinander über Höhenwege und Gratwege verbunden sind. Dadurch ist das Hochtragen hier nicht so wichtig und gleichzeitig sind die Touren hier so riesig. Wir wohnen zwischen drei Tälern, wenn wir allein schon runterfahren, sind das 1000 Höhenmeter, meist aber fahren wir vorher noch 1000 hm hoch. Und abends mit ’nem Bio-Bike 1000 hm hoch radeln, das machste nicht. Also das KANNSTE machen – wenn du richtig fit bist – aber nicht als Dauerzustand, dann fährst Du doch am Ende erst das Auto runter und organisierst irgendeinen Shuttle-Wahnsinn.

# Ligurien ist nicht unbedingt weniger hochalpin als Innsbruck, aber bergauf besser fahrbar: E-MTB sind hier daher für Katharina und Harald die beste Wahl.

Wer kratzt schon gern immer an den Grenzen des Machbaren?

In den Monaten, die wir dann ununterbrochen hier waren, hab’ ich mich einfach dran gewöhnt, diese Art zu biken und die Freiheit, die damit einhergeht: Von der Haustür zu starten und zur Haustür zurückzukommen ist einfach absolut krass: Das hatte ich vorher einfach nicht auf dem Schirm, wie schön das sein kann, das ganze Drumherum aus dem Biken rauszunehmen. Wir haben mittlerweile in Molini immer zwei Akkus mit Ladegerät und in der Provence, in La Brique, auch.

Also habt Ihr Euch da quasi tote Briefkästen gebaut, wo ihr andocken könnt?

Lebende Briefkästen – das sind gute Freunde von uns, wo wir uns immer mit frischen Akkus versorgen. Und obwohl wir jetzt immer so 2-3 Akkus Reichweite um unser Haus haben, gibt es hier oben so unglaublich viele Trails, dass wir nach 2,5 Jahren noch immer nicht ansatzweise alle gefahren sind.

# Harald behauptet, ohne E-Bike könne er mit seinem verrückten Hund nicht mithalten.

Und wenn man, wie Ihr, eine gewisse Kondition mitbringt – viele Menschen fahren ja E-Bike, um mit weniger Kondition längere Touren fahren zu können: Wenn man sie trotzdem hat, geht diese Tür ja abermals weiter auf.

Katharina
Also ich hab’ fahrtechnisch noch mal viel dazu gelernt: Das ist wirklich Wahnsinn! Wir sind zu 90 % auf Trails unterwegs und ich hab’ mich sportlich enorm weiterentwickelt, was für mich vorstellbar ist, was fahrbar ist. Auch hochwärts …

Das ist ja auch immer abhängig, in welcher Region man so ist – in Freiburg wäre das vielleicht nicht das passende Equipment, aber bei uns hat sich das definitiv herausgestellt und ist nicht nur sportlich eine Bereicherung, sondern zusätzlich bei Einkaufsfahrten und so weiter. Das kommt ja alles noch dazu.

Harald
Also ich bin auch deutlich fitter geworden, durchs E-Bike als vorher. Also dieses berghoch, Singletrails, das hab’ ich ja überhaupt erst mal lernen müssen, wie man berghoch fährt: Für mich war immer der typische Instinkt: Wenns berghoch geht, steig’ ich ab und trage. Also auf meinen früheren Touren war ja auch 90 % Trail-Anteil – aber eben die Hälfte davon Tragen, nicht Fahren.

# In Ligurien findet man Singeltrails auch zum Hinauf-Fahren. Eine Fertigkeit, die Harald und Katharina hier in aller Ruhe perfektionieren konnten.

Und jetzt ist da diese neue Blickrichtung dazu gekommen, eine ganz andere Physis: Ich hab’ viel mehr Bauch-, Brust- und Oberkörpermuskulatur bekommen durch dieses Singletrail hochfahren – und ganz ehrlich – wenn Du das mal hier machst, letzten Montag war ich drüben in Pinia, das ist ’ne 2 1/2 Akku-Tour gewesen, 60 km, 100 % Singletrail, da kommste schon gut fertig zu Hause an. Da kann mir niemand erzählen, dass das unsportlich sei.

Ist das vielleicht ein urdeutsches Phänomen, erst mal alles Neue zu verteufeln, von Leuten, die da vielleicht ihre Welt in Gefahr sehen durch neue Dinge, die da so des Weges kommen? Wie erlebt Ihr das?

Ich will auch gar nicht sagen, dass das jetzt grundsätzlich so eine aus jeder Perspektive tolle Sache ist. Für uns ist es halt in dieser spezifischen Situation individuell ein totales Highlight und ist auch toll für mich, nach 25 Jahren intensivst Mountainbiken, diese neue Welt aufzubekommen, aber ich respektiere jeden, der sagt, das ist es nicht für ihn – und es hat ja auch viele Nachteile, mit all den Leuten, die in den Alpen nicht mehr runterfahren können, wo sie hochkamen. Wenn ich noch in Innsbruck leben würde, wäre ich wohl nicht zu diesem 100 % E-Biker geworden, da würde ich wohl zu 80 % noch meine hoch-trage-und-runter-tüftel-Touren fahren – und vielleicht 20 % E-Bike-Touren.

Wann habt Ihr denn zuletzt auf einem Bio-Bike gesessen?

Harald
Katha, Du öfter als ich, oder? Momentan ist es so, dass mein Bio-Bike im Keller verstaubt.

Katharina
… dann doch gern in Molini oder Finale beim Shutteln. Muss ich ehrlich sagen!

# Auch Katharina muss nachdenken, wann sie das letzte Mal auf einem Bio-Bike unterwegs war.

Harald
… wann bin ich denn das letzte Mal auf ’nem Bio-Bike gesessen? Mit dem Martin? Nee, den hab’ ich aufs E-Bike gesetzt … also in den letzten drei Jahren war ich tatsächlich nur so 3-4 Mal auf ’nem normalen Rad unterwegs.

Wer hatte zuerst ein E-Bike – Du oder Deine Mutter?

Erst ich. Meiner Mutter hab’ ich dann später eines geschenkt.

Es ist ja normalerweise so, dass erst die älteren Generationen mit so etwas anfangen, und danach die Kinder.

(lacht) Ja gut, ich bin ja auch ein alternder Athlet …!

Wie alt bist Du jetzt? 40?

Nee, ich bin jetzt 38. Ich weiß, das wird im Forum sicher groß thematisiert werden, dass ich das aus Marketinggründen oder weil mir jemand sagt, ich sollte das tun, aber das ist es definitiv nicht. Da bin ich schon immer sehr eigen gewesen und hab’ mir von Sponsoren nicht reinreden lassen. Wenn ich keinen Bock hätte auf E-Bike, würde ich weiter Bio-Bike fahren. Momentan ist es aber so, dass ich keinen Bock mehr aufs Bio-Rad hab’. (lacht)

Passiert es, dass Sponsoren Dir reinreden wollen, hinsichtlich von besonders spektakulären, gefährlichen Trails und Aktivitäten? Es soll ja Sponsoren geben, die damit auch schon zumindest mittelbar Anteil an schweren Unfällen im Extremsport hatten.

Ach, das gibt es bei mir so nicht. Was schon gern mal ein Kampf ist, ist das Ringen um mehr mediale Präsenz in den sozialen Medien. Da weiß ich auch nicht, wie lang das für mich noch gut geht, wenn Sponsoren mir auftragen, so 1x die Woche was zu posten mit Hashtag soundso.

Es fällt ja auf, dass aus Deiner oder Eurer Richtung sehr kraftvolle Bildinhalte, Fotos und Clips kommen. Man merkt dem an, dass Du das schon länger und mit großem Ernst – und sehr, sehr gut – machst.

Katharina
Das macht ja die Zusammenarbeit mit Haralds Sponsoren auch im Wesentlichen aus: Wenn jemand 90 Minuten in einem Vortrag sitzt und sich eine Geschichte anhört, ist das halt etwas anderes, als wenn ich 3x pro Woche hier den Handyshot vom nächsten bunten Baum im Herbst auf Insta baller.

Es ist ja für Content-Schaffende eine andere Herangehensweise, Dinge planvoll und mit hohem Anspruch an Qualität sowie in Ruhe umzusetzen, die der Kurzlebigkeit sowie dem Anspruch an Qualität von Social Media und Influencern vielleicht etwas entgegensteht?

Ja, dieses Schnelle ist tatsächlich konträr zu meiner Arbeitsweise: Zu Anfang hab’ ich Artikel geschrieben, auch bei MTB-News, dann hab’ ich Videos gemacht, zu einer Zeit, bevor Online-Video eigentlich ein Ding war. Sea of Rock lief damals bombig bei MTB News. Das ist jetzt 10 Jahre her.

# Nur am Rucksack erkennt man, ob Harald gerade beim Biken ist oder auf dem Weg zum Einkaufen.

Du bist ja auch schon echt früh mit Drohnen unterwegs gewesen.

Vielleicht war ich ja Influencer, bevor es Influencer gab. Da war ich auch online noch viel präsenter, hab’ mich aber dann entschieden, ich will noch tiefer in das Storytelling gehen, kann mich da entwickeln und hab’ mich viel damit beschäftigt, wie Geschichten erzählbar sind. Das ist eine schöne Arbeit, die mir auch Spaß macht, aber dabei eben konträr steht zu diesem quantitäts-betonten Arbeiten für Social Media. Das merk’ ich ja selber. Wenn ich jetzt irgend ’nem YouTuber folge, dann will ich da auch jede Woche ’nen neues Video sehen. Das hat einfach ein Tempo, das mich beeindruckt, wenn man da qualitativ hochwertig mitgehen kann, aber im Grunde ist Qualität da auch nicht mehr so substanziell: Es geht mehr darum, den schnellen Takt mitzuhalten.

Ich möchte das Rad der Zeit aber gar nicht zurückdrehen. Ich hoffe halt, dass es weiterhin Leute gibt, die sich für Qualität interessieren und Freude daran haben, einen Abend das Haus zu verlassen, Menschen zu treffen und sich für über eine Stunde auf eine Geschichte einlassen, die sie nicht unterbrechen, weil sie auf ’nem Handy rumscrollen. Ich glaube und hoffe, dass dafür noch Raum ist und sehe das zugleich für mich als eine große Herausforderung: Das Publikum bringt mir da in Form der ungeteilten Aufmerksamkeit etwas entgegen, was sie in ihrem Alltag nicht ständig tun. Das ist, finde ich, etwas sehr Wertvolles, um das ich mir im Vorfeld auch viele Gedanken mache.

Und wie steht es um die aktuelle Perspektive für Deine Live-Vorträge?

Wenn man ehrlich ist, geht es der Kulturbranche gerade wirklich nicht gut: Das merkt man schon im Vorverkauf. Veranstaltungen in meiner Größenordnung haben einen Break-Even-Point bei etwa der Hälfte des Publikums. Jetzt ist aber die Auslastung nur rund 50 % verglichen mit „vor Corona“. Ich mache mir schon Sorgen, dass meine Veranstalter auf Dauer keine Events machen, die nur ein Hobby sind. Wie auch immer das ausgeht, sind wir in der glücklichen Situation, hier oben einfach weniger Geld zu benötigen und wissen, dass wir gut aufgestellt sind für eine finanzielle Durststrecke – und unsere Energie in Dinge stecken können, aus denen wir Sinn ziehen und die weniger dem klassischen Berufsdenken entsprechen, das wir früher vielleicht noch hatten.

Hättet Ihr einen Plan B?

Nöö, (lacht) das ist ja hier gerade unser Plan B!

Okay! Hättet Ihr einen Plan C?

Nee, nicht wirklich. Wir sind jetzt nicht so festgeschrieben auf dieses Leben und diesen Ort, aber im Moment ist es das halt. Wir würden jetzt hier keinen Anbieter für MTB-Tourismus eröffnen, das hab’ ich ja 10 Jahre gemacht und Katha war auch in dieser Welt aktiv. Das haben wir, glaube ich, beide hinter uns lassen können. Hier oben könnte man aus allen möglichen Dingen noch ein Geschäftsmodell machen, es wird ja aber nicht alles besser, wenn man ein Geschäftsmodell draus macht.

Katharina
Es fehlt auch, ehrlich gesagt, schon einiges an Infrastruktur. Es gibt Bike-Tourismus in Molini und Triora, Unterkünfte, Shuttle Anbieter, das alles fehlt bei uns komplett.

Harald
Die Trails, die wir hier freilegen, sind Trails der Community Molini und Triora und da gibt es schon Leute, die das auch touristisch erschließen. Wir halten an unseren Konzepten so erst einmal fest, denn die Pandemie hat uns auch gezeigt, wir Menschen brauchen auch einander, es hat eine neue Wichtigkeit bekommen, Leute auch mal live zu sehen und ich kann mir vorstellen, dass daraus auch ein neuer Drive für das Medium Live-Vortrag erwächst.

Wie geht es denn bei Euch in Ligurien weiter?

Wir haben bemerkt, wie in der Pandemie unser Tal eine ganz neue Bedeutung bekommen hat. Die Häuser hier gehören ja, meist durch Erbfolge, immer irgendwem. Viele von denen lagen lange brach und durch Corona sind hier wieder mehr Leute hergekommen und haben den Wert dieses entlegenen Fleckens bemerkt.

Das merkt man ja bereits bei den Preisen und Wartelisten für Hamburger Schrebergärten.

Ja, genau. Hier, wo wir wohnen, gibt es jetzt gerade kein Haus mehr zu kaufen, obwohl das bis vor Kurzem hier eigentlich komplett leer war und niemand da war. In den letzten drei Jahren haben hier sechs neue Leute Häuser gekauft, hier werden gerade 3 neue Dächer gemacht und diese Phase der Entsiedlung, die hier die letzten 150 Jahre zu 90 % Bevölkerungsrückgang geführt hatte, scheint ihre Talsohle hinter sich gelassen zu haben. Das ist noch ganz subtil, aber man kann das bemerken. An Wochenenden im Sommer ist hier Full House und das Dorf, was gerade noch ganz verlassen schien, hat jetzt Baustellenlärm und am Wochenende laufen hier Kinder durch die Gassen!

Und in der seltsamen neuen Schnittmenge aus der internationalen Bikebranche und ’nem verlassenen Tal passieren die lustigsten Dinge: Eine Bekannte, Anfang 20, die ist nach dem Studium in der Stadt nun wieder in der Gegend, versucht sich an Imkerei und fährt MTB Shuttle in Molini. Die ist jetzt zusammen mit einem Worldcup-Mechaniker von Canyon.

Der Ruf der Wildnis, den haben ja viele Menschen, besonders die in großen Städten, jetzt in der Pandemie gehört.

Klar, aber Du stehst hier dann ja vor ganz neuen Problemen: Wenn wir Lebensmittel brauchen, müssen wir ’ne halbe Stunde, 45 Minuten mit dem E-MTB runter zu einem 15 qm großen Alimentari. Da bekommst Du alles, aber das ist das nächste Geschäft in weitem Umkreis. Und wenn wir richtige Einkäufe machen wollen – oder zum Baumarkt, müssen wir komplett bis zu Küste, über eine Stunde mit dem Auto. Dinge, die in der Stadt einfach und angenehm waren, sind hier plötzlich echt kompliziert.

Katharina
Ich hatte vor Corona auch noch nie für 2 Wochen eingekauft, da haben wir viel dazugelernt und müssen nunmehr nicht mehr 5x hoch- und runterfahren, weil wir etwas vergessen hatten.

Harald
Unser Leben ist schon deutlich sperriger geworden und es sind viele neue Probleme hinzugekommen, aber es fühlt sich gleichzeitig an, als wären wir in all diesen Problemen insgesamt handlungsfähiger.

Ist ja die Logik von Convenience, Zeit zu schaffen – aber wofür eigentlich?

Hab’ ich ja am Anfang auch gedacht: „Arbeitste a bissl im Garten und da biste Ratzfatz selbst versorgt“. Das ist ja ’ne richtig krasse Nummer und jetzt vielleicht auf einem Stand, wo es der durchschnittliche deutsche Schrebergärtner auch hinschafft.

Katharina
Wir sind hier oben nicht unbedingt für unseren Grünen Daumen berühmt. (lacht)

# Wer im Garten arbeitet, kann sich noch längst nicht selbst versorgen. Das haben die beiden hier herausfinden müssen.

Harald
Stimmt, aber es geht hier schon voran, seit 2 Jahren haben wir unser eigenes Olivenöl und für die Pizza unsere eigenen passierten Tomaten, eigenes Gemüse und sogar eigenes Mehl – aber ob wir da jetzt unbedingt Geld mit sparen, wage ich zu bezweifeln. Ganz sicher machen wir neue Erfahrungen und lernen Dinge, mehr wertzuschätzen.

Man könnte ja sagen, dass Ihr Euch auf der Achse von Convenience durch Euren Umzug ein Stück weit rückwärts bewegt habt, etwas, das wir als Menschheit ja auch gerade herausfinden müssen: Wie viel Convenience hält unser Lebensraum eigentlich aus – und wie viel Inconvenience ist vielleicht auch ganz gut?

Eine sehr spannende Frage, in jedem Fall – aber wir haben, das war uns in der Theorie vorher schon klar, hier in der Praxis gelernt, dass Komfort oder Convenience sich immer nur gut anfühlt, wenn man einen Schritt vorwärtsmacht: Die Stufe, auf der Du Dich befindest, ist dabei eigentlich austauschbar. Von den drei Jahren, die wir hier jetzt wohnen, hatten wir zwei keine Dusche und kein fließendes Wasser! Das ist plötzlich SO ein Highlight, zu Hause duschen zu können!

# Scheinbar einfache Dinge bedeuten in abgelegenen ligurischen Tälern plötzlich viel harte Arbeit. Heizen zum Beispiel.

Das kannst du natürlich nicht wissen, aber bei meiner Recherche habe ich ein etwas jüngeres Du vorhin erst sagen hören, dass der Trail, auf dem Du gestern den Flow gefunden hast, nicht der ist, auf dem Du ihn heute noch findest. Das geht also scheinbar auch mit sanitären Anlagen. Interessante Erkenntnis!

Ja, zum Teil war’s hier echt räudig. Wir haben dann in Molini teilweise Duschstopps bei einem der Guides hier eingelegt, der hat aber auch nur so ein altes Stehklo mit einer Palette zur Dusche umgebaut.

Katharina
Es kommt immer auf dieses Thema, und ich möchte da sagen, wir haben nicht immer nur gestunken! Tatsächlich war das Wäschewaschen da schon auch noch aufwendiger. Und, ja: Warmes Wasser, fließend aus der Wand, ist schon ein Highlight.

# Mit dem E-MTB in Ligurien: „Bin mal kurz Duschen!“

Eine Erkenntnis, zu der vielleicht viele Menschen auf dieser Welt mal kommen müssten?

Harald
Ich bin immer vorsichtig, von dem, was wir hier tun, auf das Allgemeine abzuleiten. Wir genießen hier schon ein enormes Privileg, was sicher spannend ist, aber ich will nicht behaupten, ein Vorbild zu sein für andere. Es ist vielleicht sogar andersherum: Mit all den Freiheiten, die speziell wir in unserem alten Leben so hatten, stehen wir vielleicht an vorderster Front, uns auch bewegen zu müssen: Ich empfinde das für mich persönlich fast als Pflicht, zu sagen, „Hey, wir können das doch – dann sollten wir das auch tun!“ Wir können aber nicht hergehen und anderen Leuten sagen, was sie tun sollen.

Katharina
Es hat nicht jeder einen Garten wie wir, aber es kann ja selber jeder mit einem Hochbeet auf einem Balkon dieselbe Erfahrung machen, sich Zeit zu nehmen, sein Essen selbst zuzubereiten und eben nicht TK-Pizza in den Ofen zu schieben, um ein weiteres Online-Meeting dazwischen schieben zu können.

Die Plattform auf der wir alle sitzen ist ja die kapitalistische Wohlfühlzone, aus der ihr jetzt ein Stück weit raus seid, die Euch aber die Grundlagen liefert, für das Leben, das Ihr heute führen könnt.

Harald
Und wir sind nicht ganz so weit raus, wie man das jetzt vielleicht glauben würde. Eher gehen wir tangential dazu: Wir brauchen zwar weniger Geld, aber wir brauchen immer noch Geld.

Zu meinen Vorträgen reise ich auch nicht mit dem Fahrrad, aber wann immer es geht, immerhin mit dem Zug an. Ich versuche immer, möglichst radikal da ranzugehen, frage mich, was ist die Spur, die ich hinterlasse? Was ist da möglich? Aber gleichzeitig nicht zu dogmatisch. Dann macht es einerseits keinen Spaß mehr, oder wo Du Dich so eingesperrt fühlst in Deine eigenen Käfige, denn klar ist: Wir sind noch Teil dieser Welt, wir kommen da nicht ganz raus, es sei denn, man schießt sich komplett aus der Gesellschaft, aber das wollen wir nicht. Wir wollen keine kompletten Aussteiger sein.

Du hast bisher ein offenbar ziemlich gefährliches Leben geführt – und Leaving Tracks scheint das erste Thema, bei dem Du nicht klar vordergründig Deinen Hals riskierst. Zufall?

Ach, es ging ja in der Hauptsache nie um Lebensgefahr. Genauso wenig wie um Laufradgrößen oder welche Bremsen ich fahre. Bei „Flow“ beschreibe ich ein Gefühl, dass alle Biker – und auch viele, die nicht Fahrrad fahren, kennen, bei „Pfad-Finder“ stand auch das Philosophische im Vordergrund – und jetzt bei „Leaving Tracks“ geht es ja um Spuren – und um das Lust machen auf Verantwortung für das eigene Handeln. Der alte Leitsatz „hinterlasse keine Spuren“ ist ja Unsinn: ein Anspruch, der nicht umsetzbar ist. Sobald Du Dich als Mensch bewegst, hinterlässt Du ’ne Spur. Jeder Weg, jeder Trail – ist eine Spur. Da kann ich ja gar nicht lang fahren, ohne eine Spur zu hinterlassen, egal, wie sehr ich mir da Mühe gebe. Das E-Bike hinterlässt schon auch mehr Spuren als ein Bio-Rad. Da rutscht mir schon auch mal gern das Hinterrad. Aber ich hab’ auch hier festgestellt, durch das Anlegen und Pflegen von Trails: Wenn Du schön fährst, und immer wieder schön fährst, wird der Weg schöner.

Auch hier im Dorf und in der lokalen Kultur hinterlassen wir Spuren – und sind ja mit dabei, diese Gegend ins 21. Jahrhundert zu tragen.

# Noch ein weiter Weg ins 21. Jahrhundert: Katharinas und Haralds neues Zuhause im ligurischen Bergland

Es ja aber ein qualitativ diametraler Unterschied, eine leere Dose in die Natur zu werfen oder in ein historisches ligurisches Haus ein Bad einzubauen …

Genau! Allein unser Kompostklo ist was richtig Tolles, da hab’ ich gelernt, meine Scheiße, die hab’ ich ja immer nur für Scheiße gehalten – und da denkst Du ja auch einfach in Deiner Stadtwohnung nicht drüber nach, wenn Du die mit 40 Liter Wasser in die Kanalisation spülst: Dann ist die für Dich weg. Hier hatten wir kein Wasser, also auch kein Abwasser, und da musst Du Dich zunächst mal fragen: Wo scheißt Du denn überhaupt hin? Und nach ein paar Wochen in den Wald kacken merkst Du, dass das auch keine Dauerlösung ist – und bei unserem Kompostklo da scheißt Du in einen Behältnis, das durchlüftet ist und isoliert, tust ein paar deiner Küchenabfälle hinzu und so Einstreu, und innerhalb von 2 Monaten kompostiert Deine Scheiße zu Erde. Das ist echt beeindruckend – dieses Klo muss dann ja irgendwann ausgeräumt werden. Ich tu’ das dann noch einmal in so eine alte Badewanne, wo wir Würmer drin haben, die da hervorragend drin leben – die fressen dann noch mal meine Scheiße und machen da Wurmscheiße draus. Und diese Wurmscheiße ist großartig, um sie in den Garten zu tun. Das wertet die Erde auf, bindet CO₂, und aus dem reinen Abfallproblem unserer Scheiße schaffen wir jetzt etwas, das unsere Umwelt aufwertet. Hätte ich ja auch nie mit gerechnet!

Katharina
Das geht vermutlich noch im Schrebergarten. Im Mehrfamilienwohnhaus wird das aber eher schwierig.

Harald
Also ich find’ das jedenfalls toll, mit der Hand in diese Badewanne hineinzulangen und zu sehen, wie die Würmer darin leben und wie Erde-artig das geworden ist. Das finde ich faszinierend, das ist toll!

# Ob das Huhn weiß, was dieser Wurm gefressen hat?

Termine – alle Vortragsabende Harald Philipp

Der Vortrag Leaving Tracks feiert am 13. November in Bad Tölz Premiere. Harald ist zur gleichen Zeit ebenfalls mit seinen Programmen Flow und Pfad-Finder auf Tour. Alle Termine mit Ticket-Link (soweit vorhanden) findet Ihr hier, sowie auf Haralds Website:

Gewinnspiel

Gemeinsam mit Harald Philipp verlosen wir drei mal zwei Karten für Leaving Tracks oder einen beliebigen Vortrag aus Haralds Herbst-/Wintertournee – die Teilnahme lohnt sich also. Um am Gewinnspiel teilzunehmen, müsst ihr folgende Frage im Forums-Thema unter dem Artikel beantworten:

Welche drei Dinge würdest Du unbedingt in ein verlassenes Tal in Ligurien mitnehmen?

Eine Antwort pro Teilnehmer zählt, nicht auf das Gewinnspiel bezogene Antworten werden nicht berücksichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen; Bekanntgabe der Gewinner und alle Angaben ohne Gewähr. Ausschluss der Teilnahme von Zweit- oder Fakeaccounts oder ausschließlich für das Gewinnspiel erstellte Accounts vorbehalten. Das Gewinnspiel endet am 27. Oktober 2022, um 12 Uhr.

Interview: Peter Hundert / Fotos: Markus Greber, Stefan Voitl –Leaving Tracks
Die mobile Version verlassen