YT war schon immer für die eine oder andere Überraschung gut. Sei es mit dem ersten Capra, welches den gerade entfachendem Enduro-Funken mit entzündete oder durch die Wahl ihrer Teamfahrer wie etwa Gwin, Tippie und Schley. Im Zuge des Presscamps zum neuen E-Bike von YT wollten wir natürlich von Markus Flossmann (CEO von YT) wissen, was die Beweggründe waren, in den elektrifizierten Sektor einzusteigen. Passt das überhaupt zu YT? Wir haben nachgefragt.
eMTB-News: Als Newcomer kann man euch mittlerweile ja nicht mehr bezeichnen. In welchem Jahr seid ihr jetzt?
Marcus Flossmann: Im elften… also eigentlich gegründet schon ein Jahr früher, 2007, aber 2008 auf den Markt gegangen – letztes Jahr hatten wir 10 Jahre, jetzt sind wir im elften Jahr.
… und angefangen habt ihr mit dem Dirt Jump-Hardtail?
… genau, mit dem Dirt Love …
… dann kam das Slopestyle auf den Markt, gefolgt vom – zur großen Überraschung – Carbon-Enduro Capra. Und jetzt ein E-Bike.
Verrückt, oder?
Wie fühlt sich das an? Hättest du das damals gedacht?
Nein, also damals hätte ich mir das nicht gedacht. Als ich angefangen habe mit YT, war eigentlich mein Ziel, dass ich zwei bis drei verschiedene Modelle aus dem Bereich Dirt Jump, Slopestyle, Freeride auf die Beine stelle und die im deutschsprachigen Raum online direkt an Kunden anbiete. Was jetzt daraus geworden ist, das hätte ich damals nicht gedacht. Das Capra war der Wendepunkt in unserer Geschichte: Es war das erste Vollcarbon-Rad und es war auch der erste größere Markt.
Ich will nicht sagen „Massenmarkt”, das ist der falsche Ausdruck – aber damit sind wir doch ein bisschen aus unserer kleinen Gravity-Nische nach vorne getreten, auch auf die internationale Bühne. Wir haben angefangen, auch in UK die Produkte zu vertreiben und sind da auf sehr, sehr gute Resonanz gestoßen. Und das hat dem ganzen Unternehmen einen richtigen Push gegeben. Mit so einem Push hast du plötzlich ganz andere Möglichkeiten weiterzuwachsen. Und dann überlegst du dir auch: Wie kannst du das, was du schon im Portfolio hast, noch besser machen? Und: Was kannst du noch neues mit dazu nehmen, was aber immer noch zu deiner Marke und deinem Markenkern passt?
Was war schlussendlich die Motivation, ein E-MTB zu machen?
„Wenn ich auf ein E-Bike steige, dann habe ich deutlich mehr Spaß als wenn ich auf einem normalen Mountainbike fahre.“ – Markus Flossmann
Weil wir selbst darauf Bock hatten. Ich habe vor vier Jahren noch gesagt: Das E-Mountainbiken ist ein Schmarrn, das braucht keiner, die Dinger sind potthässlich und es ist nur was für alte oder faule Leute. Aber ich musste meine Meinung komplett revidieren. Ich habe dann auch angefangen, verschiedene Produkte zu testen. Der Wert, der in unserem Markenkern ganz oben steht, das ist der Wert Spaß. Und das trifft man mit einem E-Mountainbike, finde ich, genau wie den Nagel auf den Kopf. Ich habe auch gemerkt, bei der wenigen Freizeit, die ich habe: Wenn ich auf ein E-Bike steige, dann habe ich deutlich mehr Spaß als wenn ich auf einem normalen Mountainbike fahre.
Das normale Bike hat aber trotzdem seine Berechtigung. Es ist nur eine andere Art von Mountainbiken, wie eine neue Kategorie in dem Segment. Aber: Es ist Mountainbiken!
Du bist im Entwicklungsprozess, der dreieinhalb Jahre gedauert hat, verschiedene E-Bikes gefahren. Wie sah das Lastenheft aus? Was könnt ihr besser machen? Wo habt ihr angesetzt?
Bei uns ging’s weniger darum zu sagen, dass wir den stärksten Motor haben müssen oder die meiste Kapazität in der Batterie oder dass das Rad am leichtesten sein muss. Ganz, ganz oben auf der Liste stand, dass es ein YT sein muss. Das heißt, die Gene, die wir uns aus dem Gravity-Bereich aufgebaut haben, also dass unsere Bikes bergab immer einen Tacken besser sind, genau das wollten wir auch in unser E-Bike einbringen. Dass du zwar überall hoch kommst, der Fokus weiterhin auf der Abfahrt liegt und es sich eben wie ein vollkommenes Mountainbike anfühlt: ausbalanciert, tolle Suspension, gute Kinematik.
Wo liegt für dich beim E-Bike das größte Potenzial?
Momentan sehe ich das ganz klar noch im Gewicht und der Kapazität. Das sind die Dinge, die wir am Anfang nicht ganz so stark forciert hatten. Aber ich glaube, dass man da in Zukunft noch was rausholen kann, und es ist auch sinnvoll, da noch was rauszuholen. Vor allem beim Gewicht. Weniger, dass es darum geht, leichter den Berg hochzukommen. Sondern einfach aus Handling-Gründen, also beim Springen, in Anliegern, in scharfen Kurven, wenn du reinknallst – da merkst du derzeit noch das Gewicht. Umso weiter man da runtergehen kann, umso besser ist es auch fürs Handling.
Auf der anderen Seite muss man aufpassen, dass man keinen faulen Kompromiss schafft, denn die anderen Anbauteile, die sollten dem Ganzen schon gewachsen sein. Beim Reifen sehe ich zum Beispiel noch Potenzial. Da geht’s nicht drum, den leichtesten Reifen aufzuziehen, sondern eigentlich den stabilsten, der den meisten Grip aufbauen kann, der den meisten Seitenhalt bietet. Gerade, wenn ich hinten mit einem größeren Reifen und einem größeren Luftvolumen fahre und mit dem Luftdruck runtergehen will, um auch bergauf Grip aufzubauen. Also da gibt’s in vielen Richtungen noch Verbesserungspotenziale. Ich denke, wir haben bei unserem Decoy den Stand der Technik soweit ausgenutzt, dass wir die Teile gespect haben, die momentan optimal für dieses Produkt sind. Aber in Zukunft wird sich da auch noch mehr tun.
Steht ihr mit eurem Direktvertrieb-Modell mit dem E-Bike vor besonderen Herausforderungen?
Ja, natürlich. Gerade ein E-Bike fällt nicht mehr unter die normale Kategorie der Fahrräder, sondern es ist im Prinzip ein elektronisches Gerät, das auch ganz andere Tests durchlaufen muss. Die große Batterie kann nicht so einfach per Luftfracht gesendet werden – es muss schon alles speziell verpackt sein. Natürlich die Verpackung an sich, wir wollen dem Kunden nicht zumuten, dass er in der gleichen Kartongröße dann ein Fahrrad bekommt, das er wirklich von der Pike auf aufbauen muss, sondern dass er so wie gewohnt ein YT Bike mit wenigen Handgriffen zusammenstecken kann und es wie gewohnt funktioniert. Das war natürlich schon eine Herausforderung, gerade ans Packaging.
Wenn jetzt jemand das Rad bekommt, dann zieht er es einfach aus dem Karton, dreht den Lenker gerade und fertig?
Lenker reinschrauben, Pedale reinschrauben, Laufräder einstecken, aufladen, fertig.
Wie eingangs erwähnt, habt ihr mit einem Dirt Jump-Hardtail angefangen und jetzt eine wirklich lange Reise zurückgelegt. Was kommt als Nächstes? Oder ist das Portfolio komplett?
„Nein, das Portfolio ist noch nicht komplett. Wir arbeiten gerade an neuen Produkten […]“ – Markus Flossmann
Nein, das Portfolio ist noch nicht komplett. Wir arbeiten gerade an neuen Produkten, die ich jetzt noch nicht nennen kann. Aber es werden Produkte sein, die natürlich zu unserer Marke passen. Zu dem Thema Offroad, zum Thema im Gelände fahren, im Gelände Spaß haben. Wir haben keine Ambitionen, in den Road-Bereich zu gehen. Da sehen wir unsere Marke weniger. Aber in dem Segment können wir sicher noch ein bisschen was machen.
Wir sind gespannt, was da kommen wird!
Das könnt ihr auch sein! [Marcus lacht]
Vielen Dank für das Gespräch Marcus!
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