„Dooring“ hat schon viele Radfahrer erwischt. Neben den plötzlich öffnenden Autotüren sind das Parken in zweiter Reihe und zugestellte Sichtachsen ein größeres Sicherheitsproblem für Radfahrer und Fußgänger als bisher bekannt. Das geht aus einer neuen Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) hervor.
Parkende Autos sind für Radfahrer ein weit größeres Sicherheitsproblem, als bisher bekannt und in der amtlichen Statistik sichtbar, teilt die Unfallforschung der Versicherer (UDV) mit. Beinahe jeder Fünfte Unfall mit verletzten Fußgängern oder Radfahrern steht laut UDV im Zusammenhang mit parkenden Autos. Bisher schreiben offizielle Statistiken nur 5 Prozent solcher Unfälle dem ruhenden Verkehr zu.
Als Hauptproblem für Radfahrer identifziert die UDV sogenannte Dooring-Unfälle, wenn Radfahrer durch plötzlich öffnende Autotüren zu Fall gebracht werden oder verletzt werden. Die Autotür führe dabei mit großem Abstand vor den anderen Unfallursachen im ruhenden Verkehr. Gut die Hälfte (52 Prozent) aller im Zusammenhang mit parkenden Fahrzeugen stehenden Unfälle sind laut der Studie auf diese Ursache zurückzuführen. Dabei kommt es laut Studie besonders häufig zu Dooring, wenn Radfahrer und Autos sich die Straße teilen oder separate Radfahrstreifen nicht mit genügend Sicherheitsabstand zu den parkenden Autos geführt werden.
Bundesweit kamen 2019 jeden Tag zwei bis drei Radfahrer oder Fußgänger im Straßenverkehr ums Leben, 60 wurden täglich schwer und 260 leicht verletzt, schildert der UDV. Für Fußgänger werden dagegen meist verdeckte Sichtachsen an Einmündungen, Kreuzungen und Einfahrten zu Grundstücken zum Problem. Dabei spiele es laut UDV kaum eine Rolle, ob die Fahrzeuge legal oder illegal abgestellt sind.
Siegfried Brockmann forderte die Kommunen vor dem Hintergrund der Befunde auf, sämtliche Parkplätze am Straßenrand kritisch zu überprüfen: Sichtachsen müssten viel besser als üblich freigehalten werden, zu parkenden Fahrzeugen müsse ein Sicherheitsstreifen von mindestens 0,75 Metern markiert werden und Fußgängern müssten mehr sichere Querungsstellen als bisher angeboten werden. Die Polizei sei aufgefordert, regelwidrig parkende Fahrzeuge abschleppen zu lassen, besonders wenn sie eine Sichtbehinderung darstellen. Autohersteller könnten gegen Dooring-Unfälle, die in vielen neuen Modellen schon vorhandenen Sensoren nutzen, um sich nähernde Radfahrer zu erkennen und gegebenenfalls einen Warnton zu senden oder die Tür kurz zu blockieren.
Andere Verkehrsforscher halten es für geboten, die Raumaufteilung in der Stadt zu überdenken. So habe etwa Kopenhagen gute Erfahrungen damit gemacht, jährlich 1 Prozent der Fläche für den ruhenden Verkehr anderen Nutzungen zuzuführen. So gute, dass die Bürger jetzt bei ihrer Verwaltung anklopften und fragen würden, wann denn auch vor ihrer Tür das Blech verschwinde, sagte heute Jürgen Gerlach, Professor für Verkehrsplanung und Verkehrssicherheit an der Uni Wuppertal, in einem Interview mit dem Radiosender WDR5.
Auch auf den „Holländischen Griff“ verweist der Verkehrsforscher. Was verbirgt sich dahinter? Im Fahrradland Niederlande lernen Fahrprüflinge, Autotüren immer mit der rechten Hand zu öffnen – als Beifahrer mit der Linken. So ist der nötige Schulterblick schon in der Bewegung angelegt. Entsprechende Kampagnen gibt es auch in Deutschland.
Aufkleber und Grafiken zur Bekanntmachung des „Dutch Reach“ wie auf dem Artikelbild findet ihr hier.
In der Studie, die die UDV vertiefend vornahm, wurden nicht nur alle Unfallbeschreibungen der Jahre 2012 bis 2016 im Land Sachsen-Anhalt auf entsprechende Hinweise untersucht, sondern für elf innerstädtische Untersuchungsgebiete auch alle Unfälle mit Radfahrern und Fußgängern des gleichen Zeitraums einzeln ausgewertet. Die Prozentzahlen sind nach Ansicht von UDV-Chefs Siegfried Brockmann auf ganz Deutschland übertragbar.
Welche Verbesserungsvorschläge habt ihr?
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