„Frauen…“ Dieses Wort werden Männer wohl gleich oft seufzend in den Mund nehmen, wie Frauen das Wort „Männer…“. Die drei Punkte hintendran kommen einem wissendem Gesichtsausdruck und einem leichten Kopfschütteln gleich, das bedeutet, dass man eben trotzdem nichts weiß. Genau so komme ich mir vor, wenn ich mit meinem eBike bei einem Wissenden vorbeifahre und das Wort: „eBike…“ an den Kopf geknallt kriege. Na, eigentlich kriege ich es eher an den Kopf gekeucht, doch weil ihm jetzt ein eBike und dann noch eine Frau drauf vorbeifährt, gibt der Betroffene sich besonders Mühe, mir die drei Punkte noch schnell hinterher zu werfen, bevor ich um der nächsten Kurve verschwunden bin.
Ich habe viel darüber nachgedacht, über diese drei vielsagenden… Punkte. Warum gibt es sie? Hat der Mensch Angst, überholt zu werden? Vom anderen Geschlecht, von der Entwicklung, vom eBike? Muss er sich deswegen schnell einen intelligenten Satz ausdenken, um seine überholte Überlegenheit zum Ausdruck zu bringen?
Latsch, Anfang Mai 2016. Die Sonne warf ein warmes Licht auf die lachenden Gesichter, die nach und nach neben mir stehen blieben. „Huare geil“, brach es aus einer waschechten Schweizerin hervor, als sie sich grinsend über ihre verschwitzte Stirn rieb. „Und wie schnell wir jetzt da oben waren!“ Zehn eBikes wurden beim Mountain Bike Women’s Camp zur Verfügung gestellt, und alle zehn gingen weg wie warme Semmeln, als es hieß, nach dem Betrieb der Seilbahn noch auf einen Sunset Ride zu starten. Und da standen wir Frauen nun auf den Annebergerböden, das vertrocknete Gras in goldenes Licht getaucht, das Meer an Apfelwiesen unter uns und einer der besten Trails vor uns.
Es war einer von jenen Augenblicken, in denen alles so klein erscheint, so fern, und man sich sein Grinsen im Gesicht nicht mehr verhalten kann. In denen man ein so tiefes Glücksgefühl von ganz innen spürt, dass das Licht noch goldener erscheint, das Tal noch weiter entfernt und der Trail noch flowiger. Es waren Augenblicke, die wir ohne das eBike nie erlebt hätten. Wir würden im Tal sitzen und wären nach einem anstrengenden Tag nicht mal auf die Idee gekommen, nochmal knapp 600 Höhenmeter hoch zu strampeln. Und uns ginge es gut, wir würden den Augenblick nicht vermissen. Doch dann, als wir ihn erlebten, wollten wir ihn nicht wieder hergeben.
Und genau in diesem Augenblick, mitten auf dem Sonnenberg, kam mir die Lösung auf all die Fragen, die ich mir vorhin stellte und die ich auch in diesem Text niedergeschrieben habe. Ja, die Menschen haben Angst, überholt zu werden, doch das ist okay. Menschen haben Angst, nicht zu wissen, und das ist okay. Menschen wissen nie und werden nie alles wissen. Und auch das ist okay. Was nicht okay ist, ist, dass Menschen urteilen, obwohl sie nicht wissen. Menschen urteilen über das andere Geschlecht, obwohl sie nicht wissen. Menschen urteilen über ein anderes Sportgerät, obwohl sie nicht wissen. Was ist falsch daran, überholt zu werden, wenn der Überholende glücklich dabei ist, was er macht? Was ist falsch, von einer Frau überholt zu werden, wenn sie dich freundlich anlächelt und Spaß hat?
Wir wollten an diesem Tag nicht überholen, und wurden deswegen vom Glück eingeholt.
Es ist diese Angst überholt zu werden, doch ich bin mir sicher, dass sich die Zeiten ändern, und mit ihr ändern sich die Köpfe und die Einstellungen. Das war schon immer so, und wird auch im Falle eBike so sein. Wann? Ich weiß es nicht. Doch ich bin froh, jetzt Menschen um mich zu haben, die nicht wissen, sondern verstehen. Die jetzt mit mir biken gehen, ob mit oder ohne „e“ davor, und die Spaß an dem haben, was sie gerade machen. Und genau darum geht es doch. Um das Lächeln im Gesicht, wenn ich am Abend im Bett liege und an meinen Tag zurückdenke.
In welchem Moment hat dir das eBike schon ein Lächeln ins Gesicht gezaubert?