Im Rahmen der Enduro-Weltmeisterschaft im italienischen Canazei ist uns ein interessanter Bremsen-Prototyp von Shimano vor die Linse gefahren. Handelt es sich dabei womöglich um eine neue Shimano Saint-Bremse? Hier gibt’s die Spyshots und einige Infos.
Während es bei anderen großen Komponenten-Marken der Bike-Industrie immer wieder mal Prototypen und neue Produkte zu entdecken gibt, mahlen die Mühlen bei den Japanern von Shimano etwas langsamer. Die Produktzyklen fallen hier grundsätzlich wesentlich länger aus. In manchen Fällen sogar extrem lang. Als die aktuelle Shimano Saint-Bremse vorgestellt wurde, stand ich noch relativ am Anfang meiner Mountainbike-Karriere. Die nagelneue Bremsanlage damals: unbezahlbar und ein Traum meiner schlaflosen Nächte. Später kaufte ich das preiswertere Geschwisterchen – die Zee – und war damit lange sehr zufrieden.
Über 12 Jahre ist das nun her. Seitdem hat sich viel getan, bei mir und vor allem in der Bike-Industrie. Laufradgrößen kamen und gingen. Mountainbikes wurden länger, krasser und definitiv auch besser. Eine Konstante hingegen bahnte sich unbeirrt und unverändert durch den Mountainbike-Zeitstrahl: Die Shimano Saint.
Die Downhill-Bremse von Shimano schien den Japanern so gut zu gefallen, dass sie hier keinerlei Notwendigkeit für eine Überarbeitung sahen. Doch langsam, aber sicher nagte der Zahn der Zeit auch an der Saint. Spätestens mit Einführung der neuen Shimano XTR- und XT-Generationen verlor die dedizierte Downhill-Bremsanlage immer mehr an Relevanz und wurde an den Bikes der Downhill-Profis gegen die neueren Bremsen ausgetauscht.
Scheinbarer Grund genug für Shimano zu reagieren und an einer neuen Bremsanlage zu arbeiten. Denn im Rahmen der Enduro-Weltmeisterschaft in Canazei konnten wir einen neuen Shimano Bremsen-Prototpy entdecken und für euch fotografieren. Ob es sich dabei, wie wir vermuten, wirklich um eine neue Shimano Saint-Bremse handelt, oder ob uns stattdessen eine Revision der XTR, XT und SLX ins Haus steht, können wir freilich nicht mit Sicherheit sagen. Der wuchtige Bremssattel und der Faktor, dass ebendieser Prototyp bereits in Kombination mit einem ebenfalls neuen Antrieb im Downhill World Cup gefahren wurde, legt aber die Vermutung nahe, dass wir uns endlich über eine neue Shimano Saint-Gruppe freuen dürfen.
Der neue Bremsgriff als solcher ist auch in Abwesenheit von Brandings und Schriftzügen klar als ein Fabrikat von Shimano erkennbar. Der Ausgleichsbehälter hat die klassische Form mit der Entlüftungsschraube on top. Zudem setzt Shimano auf das gleiche Klemm-Design mit einer I-Spec-Schelle in der Mitte des Bremsgriffs und einer zusätzlichen Abstützung am Rand. Allerdings fällt das ganze etwas voluminöser aus, als man es von XT und XTR gewohnt ist. Auch die Ausrichtung der Geber-Einheit ist neu und verläuft hier parallel zum Lenker. Darüber hinaus ist der Leitungsabgang nach Innen versetzt, was optisch etwas ungelenk daher kommt, aber sicherlich dafür sorgen soll, dass die Leitungen näher am Lenker verlaufen. Ähnliche Schritte haben wir bereits bei den neuen Generationen von SRAM-Bremsen beobachtet. Eine sauberere Optik und die bessere Kompatibilität mit der Zugführung durch den Steuersatz sind hier vermutlich die treibenden Kräfte.
Für Shimano neu ist zudem die Position der Hebelweiten-Verstellung. Diese ist jetzt, ähnlich wie bei alten SRAM Codes, mit einem Rädchen in den Bremshebel integriert. Auch die oft infrage gestellte Freestroke-Kreuzschlitz-Schraube sucht man am Prototyp vergeblich. Stattdessen könnten ähnlich wie bei der Hayes Dominion die kleine Schraube am Bremshebel-Ansatzpunkt diesen Job übernehmen. Doch auch außen am Bremsgriff ist eine Schraube zu erkennen, der wir erstmal keine andere Bedeutung zuweisen können.
Spannend wird auch der Blick ins Innenleben des Bremsgriffs, den uns Shimano in Form ihrer bereits im April 2023 eingereichten Patente erlaubt. Wie es scheint, ist die bekannte Servo-Wave-Technologie, die für ein sich änderndes Übersetzungsverhältnis des Bremshebels sorgt, beim neuen Prototyp modifiziert worden und weiter ins Innere der Bremse gewandert.
Doch nicht nur der Bremsgriff, auch der Bremssattel ist neu. Dieser macht rein optisch einen etwas bulligeren Eindruck als die bekannten Modelle von XT und XTR. Außerdem haben wir vergeblich nach einer Verschraubung oder Naht gesucht. Wie es scheint, setzt Shimano hier auf einen einteiligen Aufbau, was sich sicherlich positiv auf die Steifigkeit auswirken dürfte. Damit der Bremssattel trotzdem noch mit den nötigen Kolben und Dichtungen versehen werden kann, scheinen zwei Kappen auf der Seite eingearbeitet worden zu sein.
Wie gefällt euch der neue Shimano Bremsen-Prototyp?