Rennbericht: Enduro One #5 – Schlammschlacht beim Saisonfinale in Wipperfürth. Vom 7. bis 8. Oktober 2017 fand in der kleinen Hansestadt die Abschlussveranstaltung der Enduro One 2017 statt. Staublungen musste niemand befürchten, denn die Strecken waren dank Dauerregen ausreichend gewässert. Eigentlich Flachland und aus Erfahrung nicht prädestiniert für ein Enduro-Rennen fuhren wir dennoch hin und ließen uns eines Besseren belehren. Was die Streckenbauer hier in den Waldboden gezaubert haben verdient das Prädikat: AUSGEZEICHNET! Lest selbst, was beim Finale los war.
E1 in Wipperfürth – kurz & knapp
Wipperfürth, die Hansestadt im bergischen Land, ist nicht unbedingt bekannt für krasse Trails oder traumhafte Berge. Hier ist Flachland und Waldboden angesagt. Sanfte Hügel oder besser Hügelchen beherbergen Kühe und weite Weideflächen. Ab und an unterbricht ein Wald die Weite und genau hier kochte der Enduro-Zirkus vergangenes Wochenende. Bereits zum dritten Mal fand hier ein Rennen der Enduro One-Serie statt und zum zweiten Mal wurde hier das Saisonfinale ausgetragen und die jeweiligen Gesamt-Siegerinnen und -Sieger der einzelnen Wertungsklassen gekürt.
Hier ein Video vom Rennen im Jahr 2016:
Bereits 2016 waren wir in Wipperfürth zu Gast (hier geht’s zum Bericht) und mussten uns der Meinung vieler Starter anschließen: Hier wäre man mit einem Hardtail schneller gewesen. Es reihten sich flache Sektionen aneinander, die ausschließlich mit hartem Pedalieren bewältigt werden konnten. Wäre 2016 das Wetter nicht so schön gewesen, wir hätten Wipperfürth wohl ganz schnell vergessen. 2017 planten die Macher der Enduro One dann den Saisonabschluss, das große Finale, in dieser Region. Die Wetterprognosen waren – gelinde gesagt – unter aller Sau und so fuhren wir, ganz ehrlich, etwas zähneknirschend erneut nach Wipperfürth.
Sven Schreiber, Streckenbauer und selbst leidenschaftlicher E-Biker, sagte uns auf der Eurobike schon, dass er etwas ganz Besonderes in Wipperfürth vor habe und wir uns schon mal auf das Rennen freuen könnten. Nach der ersten Trainings-Stage wussten wir, was er meinte und können sagen: Sven hat in Wipperfürth ein kleines Wunder vollbracht! 8 – in Buchstaben A-C-H-T! – Stages hat er in den Wald gesteckt und jede war eine reine Königs-Stage! Beim Training am Samstag, durften wir die Stages 1, 2 und 6 fahren. Nie zuvor wollte ich im Training bei der E1 eine Stage nochmal fahren, weil sie so unendlich viel Spaß gemacht hat. In Wipperfürth war es dann so: Stage 1 gefahren, gegrinst und laut gesagt: Hop, die fahren wir nochmal! Nach dem vierten mal dann: Komm, jetzt fahren wir mal zur 2. Nachdem wir die 2. Stage abgefahren sind, sagte ich: Können wir bitte nochmal die 1 und 2 fahren? Es war ein Fest, ganz ehrlich! Sven hat das Potenzial in Wipperfürth komplett ausgeschöpft und zeigt eindrucksvoll, was man schaffen kann, wenn man die Stages mit Herzblut absteckt.
Prolog – Uphill-Stage für E-Bikes
Die perfekte E-Bike-Stage!
Nach zwei Tagen Dauerregen war es 14:15 Uhr dann soweit, die Gruppe der E-Biker durfte zum Prolog fahren. Bei 6 Grad und Dauerregen waren wir alle nicht sonderlich heiß auf den weiten Transfer bis zur Strecke. Die Anfahrt zog sich dermaßen, dass wir schon vollkommen durchnässt am Start ankamen. „Stage 4 und ein Stück der Stage 3, dass ist heute eure Aufgabe“, sagte der Streckenposten am Start.
Es ging durch unberührte Wälder über einen schmalen Pfad mit wenig Gefälle den Berg hinunter. Der Boden hatte noch gut Grip, denn vor uns hatte niemand auf der Stage trainiert. Ich keuchte mit Puls 180 über den Trail, umkurvte dicke Bäume und lupfte das Hinterrad über armdicke Wurzeln. In der Mitte der Stage sah ich den vor mir gestarteten Fahrer und übersah dabei fast den kleinen Bachlauf, der sich mir in den Trail stellte. Locker zwei Meter breit und spürbar 60 cm tief ging es durch und ab dann einen fiesen Anstieg hinauf. Oben angekommen fuhr ich bei wenig Gefälle in sehr engen Kurven um kleine Bäume herum, ehe die Stage am Waldrand dann endete. Der Puls hämmerte im Kopf – das war hart.
Stage 1
Hier war die perfekte Linie der Schlüssel
Diese Stage kannte ich bereits aus dem Training und ich freute mich richtig darauf. Am Startgatter fuhr ich die Linie nochmal vor dem geistigen Auge ab und dann ging es los! Vollgas ging es über extrem matschigen Waldboden in die Sektion mit rutschigem Laub. Spaßige „Bombenkrater“ ging es auf der einen Seite runter und gegenüberliegend wieder hinauf. Aufpassen! Der Boden war sauglatt und jeden Augenblick konnte der Reifen den Kontakt verlieren. Diese Stage war im Beastmode noch besser als im Training am Tag zuvor. Grinsend bremste ich nach dem Endgatter dieser Stage und dachte: Geil!
Stage 2
Die zweite Stage verlief durch unberührte Wälder und präsentierte sich von ihrer besten Seite. Das Gefälle war ähnlich wie auf Stage 1, aber die versteckten Wurzeln hatten ihre Tücken. Hier krachte das Hinterrad mal schnell nach links und das Vorderad konnten ebenso mal schnell zur Seite rutschen. Sturzfrei konnte ich diese tückische Stage bewältigen und mein Grinsen wurde noch etwas breiter.
Stage 3
Lang und flach – der Puls hat zu tun
Eine lange Stage, die uns durch den Wald führte. Neben einem breiten Forstweg war die Stage um die Bäume abgesteckt und machte von der ersten Sekunde an megaviel Spaß. Einzig die eigene Orientierung litt ein wenig und leider war die Absperrung zerrissen, als ich an einen Gabelung kam und so kam es, wie es kommen musste, ich bog falsch ab, ballerte einen steilen Hang hinunter und durchfuhr das Ziel von Stage 4. Der Streckenposten schaute verdutzt und fragte: „Hä, wo kommst du denn her?“ Nach einigen Minuten der Diskussion war der Fehler schnell gefunden und ich durfte gemeinsam mit anderen „Falschfahrern“ noch einmal hinauf zum Start der dritten Stage, um diesmal den richtigen Trail zu nehmen.
Stage 4
Bei Stage 4 erinnere ich mich noch ziemlich genau an die siebte Wurzel hinten links. Dieses kleine Drecksding, dass mir mein Vorderrad ganz easy zur Seite zog und mich beinahe über den Lenker absteigen ließ. Aber eben nur beinahe. Ich erinnerte mich an die Stage, weil wir selbige am Vortag beim Prolog schon gefahren sind und konnte schnell und flüssig fahren. Schnell durchs Ziel, pieps und Bremse zu! Ich wollte nicht noch einmal durch den Bach!
Stage 5
Am Startgatter sagte der Streckenposten noch: „Circa 3 bis 4 Minuten ist die Stage lang.“ – Ähm, wie lang sind bei dir 4 Minuten? Auf einem schnellen Trail ging es durch den Wald. Besonderheiten: Keine. Fahrzeit: 1 min 29 sek.
Stage 6
Ein wahres Massaker im aufgewühlten Boden
„Gib dir mal etwas mehr Mühe!!!“, schrie einer der Zuschauer, als ich den extrem rutschigen und vermatschten Trail dieser Stage hinunter geschlittert kam. „Mach ich jaaaaa!!!“, brüllte ich lachend zurück. Fuß raus und irgendwie durchkommen, dachte ich. Der untere Teil, eigentlich ein breiter Trail auf dem man es richtig stehen lassen kann, war gefühlt 40 cm im Matsch versunken und saugte das eMTB einfach nur fest. Ich rutschte auf das Ziel zu und war froh, als ich sturzfrei durch selbiges hindurch fuhr.
Stage 7
Diese Stage kannte ich noch von letztem Jahr. Vorteil hier: Laubwald und noch Grip, wenn es im aufgeweichten Laubboden überhaupt Grip gibt. Schnell und flowig war diese Stage zu fahren. Wieder grinste ich, als die Stage durch war und freute mich auf die letzte Stage der Saison: Stage 8.
Stage 8
Extrem schwer, dank Matsch in Massen und rutschigen Wurzeln
Michael meinte noch, dass müsste die Stage vom letzten Jahr sein, in der es so extrem fiese Wurzeln gab. Ich schaute ihn an – keine Ahnung wovon er redete. Vollgas ballerte ich die Stage, Kurve, schlittern, Baum und dann kam es: Am steilen Hang breitete sich vor mir ein Wurzelteppich aus, den ich komplett queren musste. „Mist!“, dachte ich und fuhr von oben in den Wurzelteppich. Mein eMTB rutsche mit mir hinunter, aber ich flog nicht ab. Somit konnte ich unten wieder aus den Wurzeln hinausfahren und rief laut: „YEEEHAAAAA!“, als ich das Ziel erreichte.
Sieger und ein Ausblick auf 2018
Nachdem Michael Kuttler, der Führende der E-Bike-Gesamtwertung, leider bei einem schweren Sturz im Rennen in der Wildschönau ausscheiden musste, konnte Michael Tiegs von der Haibike Enduro Crew seine Führung in jedem Rennen souverän ausbauen. Mit 102 Punkten gewann er die Gesamtwertung vor Johannes Hägele und Dauerstarter Michael Vindum.
In der Saison 2018 wird es einige Neuerungen bei den Austragungsorten geben. Momentan sind folgende Locations bekannt:
- #1 Winterberg (NEU)
- #2 Roßbach (NEU)
- #3 Wildschönau
- #4 Ochsenkopf
- #5 Aschau i. Ch.
- #6 …
Ihr wißt wie es ist, nach der Saison ist vor der Saison. Also los, denkt darüber nach bei welchem Rennen der Enduro One ihr 2018 am Start stehen wollt. Ich bin schon in der Planung.
Meinung @eMTB-news.de
Auch wenn der Dauerregen und die niedrigen Temperaturen die Grundstimmung etwas dämpften, war das Saisonfinale in Wipperfürth mit Abstand das beste Event im Rahmen der E1 in 2017. Es verdient zu Recht das Prädikat: Ausgezeichnet! Dazu geben wir noch 5 von 5 möglichen Sternen für die Stages. Während in anderen Locations der E1 das Potenzial der Region teilweise komplett verschenkt wurde, ich erinnere an die E1 am Ochsenkopf, so wurde in Wipperfürth mehr herausgeholt als vorher denkbar war. Ähnlich wie beim Saisonauftakt in Frammersbach überraschte die Region mit endgeilen Stages, anspruchsvollem Terrain und ganz wunderbaren Wäldern.
Sicher werden in der Saison 2018 noch mehr E-Biker an den Start gehen. Wir würden uns vom Veranstalter eine eigene Frauenwertung bei den E-Bikes wünschen, um dadurch ein klares Signal an alle weiblichen Endurofans zu senden.
Soweit bekannt, ist für 2018 kein E1-Rennen in Wipperfürth geplant. Aber wenn 2019 wieder ein Enduro-Rennen in Wipperfürth stattfindet, dann seid euch sicher, wir sind dabei!
Wie sieht’s aus, wer ist 2018 am Start bei der Enduro One?
Weitere Informationen
Website: www.enduro-one.com
Text & Redaktion: Rico Haase | eMTB-News.de
Bilder: Nico Gilles
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