RockShox Reverb AXS im Test: Mit der Reverb hat RockShox im Jahr 2010 die Variostütze mit Lenkerfernbedienung salonfähig gemacht. Seitdem ist das praktische Teil von kaum einem Mountainbike mehr wegzudenken. Rund 10 Jahre später möchten die US-Amerikaner der mittlerweile reichlich vorhandene Konkurrenz ein weiteres Mal davoneilen: Die RockShox Reverb AXS verzichtet gänzlich auf ein Kabel und setzt stattdessen auf einen Akku mit Motor sowie eine Funk-Fernbedienung am Lenker. Ob die Elektronik im Alltagseinsatz dauerhaft bestehen kann, haben wir in den vergangenen anderthalb Jahren für euch getestet!
RockShox Reverb AXS – Infos und Preise
Von XC-Puristen und Downhillern mal abgesehen, möchte wohl kaum ein Mountainbiker noch ohne Variostütze auskommen. Ein Druck auf die Lenkerfernbedienung und der Sattel hat die richtige Höhe. Ziemlich nervig hingegen kann die Verlegung einer weiteren intern geführten Leitung sein. Eine Lösung hat RockShox 2019 mit der Reverb AXS vorgestellt: Die Stütze verzichtet komplett auf ein Kabel und setzt stattdessen auf einen Motor mit Akku sowie einen am Lenker montierten Controller. Stütze und Controller kommunizieren via Funk miteinander – das Besondere an der Reverb AXS ist, dass dabei keinerlei Verzögerung zu spüren ist und die Bedienung identisch zu einer mechanischen oder hydraulischen Stütze funktioniert. Sie ist in Verstellwegen von 100 bis 170 mm erhältlich und kostet nicht gerade günstige 800 € inklusive Lenker-Controller.
- Verstellweg 100 mm, 125 mm, 150 mm, 170 mm (getestet)
- Fernbedienung kabelloser Funk-Controller
- Durchmesser 30,9 mm / 31,6 mm / 34,9 mm
- Kabelführung keine
- Kompatibilität runde (7 mm) und ovale (7 x 9 mm) Sattelgestelle; mit Matchmaker oder schmaler Lenkerklemme
- Akku SRAM AXS-Akku (Stütze), CR2032-Knopfzelle (Controller)
- Akkulaufzeit rund 40 Fahrstunden (Stütze) / mehrere Jahre (Controller)
- Länge 340 mm, 390 mm, 440 mm, 480 mm
- Gewicht 700 g (gewogen, 170 mm Hub, 31,6 mm, mit Akku), 55 g (Controller, gewogen)
- www.rockshox.com
Preis 800 € (UVP) | Bikemarkt: RockShox Reverb AXS kaufen
Im Detail
Die Reverb AXS ist definitiv mehr als eine Reverb ohne Hydraulikleitung. Stattdessen wurde auch strukturell viel an der Stütze geändert – doch bleiben wir zunächst bei der Optik. Auffällig ist der große Akku hinter dem Stützenkopf: Dieser kann ganz leicht abgeklipst und extern geladen werden – eine Ladung soll etwa 40 Fahrstunden lang halten. Ist der Akku entfernt, soll man zum Schutz der Kontakte einen roten Batterie-Block einsetzen. Beim Akku handelt es sich um exakt dasselbe Modell wie bei der SRAM AXS oder eTap-Schaltung – geht also beispielsweise der wesentlich öfter beanspruchte Akku der Schaltung leer, kann man ihn einfach mit dem Reverb-Akku tauschen. Das ist ein auf langen Touren durchaus praktisches Feature.
Auf dem Stützenkopf selbst gibt es nur einen einzigen kleinen AXS-Knopf und eine LED-Leuchte. Der Knopf wird zum Verbinden der Stütze mit dem Controller oder anderen AXS-Komponenten verwendet, öffnet jedoch auch das Ventil. Geht die Knopfzelle im Controller also mal leer, kann man die Stütze immer noch ein und ausfahren. Die LED gibt Information über den Ladestand – liegt dieser über 50 %, leuchtet sie grün, ansonsten rot. Fängt die LED an rot zu blinken, sollte man seine Fahrt bald beenden und den Akku laden. Auch mechanisch unterscheidet sich die RockShox Reverb AXS von ihren nicht-elektrischen Geschwistern. Die Sattelklemmung besteht nicht mehr aus zwei aufeinander gesetzten Hälften mit je einer Schraube vorne und hinten, stattdessen benötigt man nur noch eine mittig sitzende Torx-Schraube. Die Neigung dagegen wird unter der Sattelnase eingestellt. Das System wirkt deutlich aufgeräumter und ist sehr angenehm und einfach zu bedienen – man spart sich das ständige Lockern und Anziehen, bis man endlich die korrekte Neigung gefunden hat.
Abgesehen von Äußerlichkeiten hat sich auch intern einiges geändert: Ein neues Innenleben soll die Reverb nun noch leichtgängiger und schneller bedienbar machen. Außerdem hat das Vent Valve mit der Reverb AXS bei RockShox Einzug gehalten: Bisher mussten Reverb-Stützen, bei denen Luft ins hydraulische System eingedrungen ist, aufwendig geserviced und dazu meist zum Hersteller eingeschickt werden. Nun kann man die Stütze einfach ausbauen – was mangels Leitung gar kein Problem mehr ist –, auf den Kopf stellen und auf das Ventil auf der Unterseite drücken. Durch das Komprimieren der Stütze soll nun alle Luft nach außen entweichen und die Reverb in wenigen Handgriffen wieder bereit für den Traileinsatz sein. Mehr gibt’s im anschaulichen Video:
Die für den Fahrer spürbarste Neuerung ist natürlich der Controller. Dieser ist weiterhin mit SRAM-Matchmakern kompatibel und kann so direkt an eine passende Bremse montiert werden. Alternativ kann man ihn jedoch auch über eine eigene Klemmschelle am Lenker befestigen. Ähnlich wie der Controller für die SRAM AXS-Schaltung verfügt er über ein sehr großes „Paddle“, auf dem der Daumen viel Platz findet. Seinen Saft zieht der Controller aus einer regulären CR2032-Knopfzelle, deren Ladung für mehrere Jahre Einsatz ausreichend sein soll. Der Ladestand lässt sich wie der der Stütze auch über den kleinen AXS-Knopf auf der Unterseite und die daneben positionierte LED überprüfen.
Auf dem Trail
Wir sind die RockShox Reverb AXS mit 170 mm Hub in mehreren Fahrrädern insgesamt über 1,5 Jahre lang gefahren. Der Einbau ist tatsächlich denkbar einfach: Die alte Stütze demontieren, das Kabel herausziehen und die Löcher im Rahmen verschließen. Anschließend die Reverb AXS ganz normal im Sattelrohr montieren, den Kontroller per Matchmaker oder Schelle an den Lenker klemmen und beide Teile miteinander koppeln. Das geschieht, indem man zunächst auf den AXS-Knopf an der Stütze drückt, bis dieser grün blinkt. Anschließend wiederholt man dies am Controller, drückt erneut kurz die AXS-Taste an der Stütze et voilà – die Reverb AXS ist bereit für den Trail-Einsatz. Zusätzlich gibt es noch eine eigene AXS-App für iOS und Android-Handys. Deren Einsatz lohnt sich allerdings erst so richtig, wenn man die Stütze mit der passenden AXS-Schaltung pairen möchte. Alle Infos darüber und über die App findet ihr in unserem Test der SRAM X01 Eagle AXS-Schaltung!
Die Funktion der RockShox Reverb AXS ist identisch zu der einer regulären Reverb oder sonstigen mechanischen Variostütze. Solange man auf den Controller drückt, ist das Ventil in der Stütze offen und der Sattel kann verstellt werden. Lässt man los, ist die Stütze sofort wieder fest. Das funktioniert alles extrem schnell – es ist absolut kein zeitlicher Verzug zwischen Druck auf den Controller und Öffnung des Ventils in der Stütze festzustellen. Damit funktioniert die Reverb AXS wesentlich intuitiver als ihr einziger Mitbewerber im Bereich der Funkstützen – die Magura Vyron eLECT. Bei dieser öffnet sich das Ventil auf Knopfdruck für ein gewisses Zeitfenster, in dem der Sattel passend verstellt werden muss.
Auch wenn die Bedienung identisch zu vielen mechanischen Stützen ist, fühlt sie sich dennoch anders an: Der Controller gibt mit einem leichten Widerstand und sanftem Klick-Geräusch zwar durchaus ausreichendes Feedback bei der Bedienung, benötigt jedoch wesentlich weniger Kraft als der Hydraulik-Hebel einer normalen Reverb oder jeder noch so gut geschmierte Bowdenzug-Hebel. Mittels Matchmaker lässt er sich auch gut am Lenker platzieren und fühlt sich durch seine große Fläche ergonomisch an. Für etwas Stirnrunzeln hat lediglich gesorgt, dass der Hebel nach unten wegklappt. Dadurch löst er extrem leicht und kaum spürbar aus, wenn man mit dem Bein dagegen stößt – beispielsweise, weil man über dem Oberrohr steht, um sich eine Sektion auf dem Trail genauer anzuschauen.
Per Druck auf den Controller öffnet sich das Ventil im Inneren der Stütze zudem sofort vollständig. Dadurch fährt die Stütze schlagartig aus und wieder ein, was im Praxis-Einsatz durchaus spürbar ist. Möchte man die Stütze irgendwo auf mittlerer Höhe einstellen, muss man den Controller also präzise und schnell wieder loslassen. Daran gewöhnt man sich allerdings in Windeseile – insgesamt haben wir dies als sehr vorteilhaft empfunden. Die Bedienkraft der Reverb AXS fällt ausreichend gering aus – um sie mit der Hand nach unten zu drücken, braucht es je nach eingestelltem Luftdruck durchaus etwas Kraft. Unter dem eigenen Körpergewicht gleitet sie jedoch auch nach zwei Saisons im Einsatz und bei eher flachen Sitzwinkeln weich und reibungslos nach unten. Die maximale Ausfahrgeschwindigkeit hingegen kann sich sehen lassen – man sollte seine Weichteile nicht unbedingt im Weg platzieren, Folgeschäden sind jedoch nicht unbedingt zu erwarten.
Das ist uns aufgefallen
- Haltbarkeit Auch nach zwei Saisons im Einsatz funktioniert unsere RockShox Reverb AXS wie am ersten Tag. Wir hätten liebend gern das neue Entlüftungsfeature getestet – allerdings sackt die Stütze immer noch um keinen Millimeter ein. An der Sattelnase herrscht minimales Spiel, das sich im Sitze jedoch nicht bemerkbar macht und ähnlich gering wie bei den größten Konkurrenten ausfällt.
- Akku-Laufzeit Diese fällt sehr, sehr lang aus! Im Controller sitzt immer noch die erste Knopfzelle, den Akku der Reverb haben wir meist zeitgleich mit unserer AXS-Schaltung geladen. Da die Stütze jedoch automatisch in einen Ruhemodus wechselt, wenn sie länger nicht bewegt wird, hat es immer einige Wochen gedauert, bis die LED von grün auf rot gewechselt ist. In der Regel haben wir dann irgendwann geladen, auch wenn dies bloß bedeutet, dass noch 50 % Akku-Ladung vorhanden sind.
- Ergonomie Der Reverb AXS-Controller fällt ordentlich groß aus und bietet viel Platz für den Daumen. Auch das akustische und haptische Feedback ist ausreichend und gibt einem beim Fahren die Gewissheit, die Stütze korrekt ausgelöst zu haben. Da das Paddle jedoch oben gelagert ist und nach unten wegschwingt, haben wir die Stütze mehrfach versehentlich ausgelöst, wenn wir leicht von schräg unten an den Controller gestoßen sind. Das ist nur im Stehen passiert und nicht weiter schlimm, sieht aber doof aus, wenn man absteigen möchte und voll mit dem Bein am plötzlich ausgefahrenen Sattel hängenbleibt.
Fazit – RockShox Reverb AXS
Mit der RockShox Reverb AXS katapultieren sich die Amerikaner wieder an die Spitze des Variostützen-Feldes: Der Controller bietet ein angenehmes haptisches Feedback und auf Knopfdruck wird die Stütze ganz intuitiv und ohne jede zeitliche Verzögerung aktiviert – schneller als bei jeder mechanischen Stütze. Die Montage ist ohne Leitung und mit sehr simpler Kopplung ein Kinderspiel, die Akku-Laufzeit ist mehr als ausreichend und in den zwei Saisons, in denen wir die Stütze getestet haben, konnten wir weder Defekte noch Verschleiß feststellen. Wenn nur der sehr hohe Preis nicht wäre …
Pro / Contra
Pro
- sehr leichte Montage
- leichtgängige Bedienung
- gute Ergonomie
- lange Akku-Laufzeit
- sehr gute Haltbarkeit
Contra
- sehr hoher Preis
Sind dir die Vorteile der kabellosen Reverb AXS den hohen Aufpreis wert?
Testablauf
Wir sind die RockShox Reverb AXS-Variostütze mit 170 mm Hub im Verlauf von über einem Jahr an mehreren Rädern gefahren. Dabei musste sich die Stütze bei Wind und Wetter auf Ausfahrten auf unseren Hometrails im deutschen Mittelgebirge, aber auch im Renneinsatz oder Bikepark beweisen.
Hier haben wir die RockShox Reverb AXS getestet
- Mittelgebirge Vor allem natürliche Trails, die durch eigene Kraft erreicht werden. Hier wurden die meisten Teststunden gefahren – auch im Winter bei feuchten und kalten Bedingungen.
- Alpen In den schweizer und österreichischen Alpen konnten wir dank Liftunterstützung mehrere tausend Tiefenmeter am Tag zurücklegen – teils unter widrigen Bedingungen.
- Fahrstil
- verspielt
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- unauffällig, eher progressiv, wenig Druckstufe
- Vorlieben bei der Geometrie
- ausgewogen, nicht zu lang, Lenkwinkel nicht zu flach
- Fahrstil
- Räder auf dem Boden, saubere Linienwahl
- Ich fahre hauptsächlich
- Trail, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- relativ straff mit viel Dämpfung, Heck eher langsam
- Vorlieben bei der Geometrie
- mittellanges Oberrohr, hoher Stack, lange Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
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