Shimano ist einer von nur wenigen Herstellern, die sowohl einen Motor, als auch eine Schaltung anbieten. Kein Wunder also, dass die japanische Marke die neuste Generation ihres Shimano EP801-Motors mit der der elektrischen Shimano XT Di2-Schaltung miteinander verknüpft hat. Herausgekommen sind die Free und Auto Shift-Funktionen, die automatisiertes Schalten ohne Treten ermöglichen. Hier gibt’s die relevanten Infos dazu. [Update!]
▶️ Hast Du Fragen zu Free & Auto Shift von Shimano? Dann poste sie bitte in die Kommentare, wir werden sie kommende Woche einem Mitarbeiter von Shimano vor laufender Kamera stellen und beantworten lassen.
Shimano EP801 & Deore XT Di2-Antrieb
Die Anzahl an Motor-Herstellern auf dem E-Bike-Markt wächst beständig – aktuell gibt es allerdings nur drei Anbieter, die Motor und Schaltung aus einem Haus anbieten. Das ist neben SRAM (SRAM Powertrain-Test) und Pinion (Pinion MGU E1-Test) natürlich der Branchenriese Shimano. Die japanische Marke war im Vergleich zur Konkurrenz zwar sehr früh dran mit elektrischen Schaltungen und E-Bike-Motoren, hat beides aber erst Mitte 2022 miteinander verbunden. Der Shimano EP801 ist nicht nur der leistungsstärkste Motor mit dem größten Funktionsumfang der Firmengeschichte – in Kombination mit der E-Bike-spezifischen Shimano Deore Di2-Schaltung kann man dank Free und Auto Shift ohne zu treten oder sogar voll automatisch schalten (lassen).
- Motor Shimano EP801
- Schaltung Shimano Deore XT Di2
- Display SC-EN600, SC-EN500, EWS-SW310
- Leistung 600 Watt
- Drehmoment 85 Nm
- Batterie 504 Wh, 630 Wh (herstellereigene Batterie möglich)
- Modi Walk, Eco, Trail, Boost (kann individualisiert werden)
- Gänge 11, 12
- Besonderheiten Free Shift (Schalten ohne Treten), Auto Shift (automatisiertes Schalten ohne menschliches Zutun), Individualisierung der Motorkennlinie und -unterstützung über App
- Gewicht 2,7 kg (Motor, Herstellerangabe)
- www.mtb.shimano.com
Der Shimano EP801 ist eine Weiterentwicklung des EP8, verfügt über 85 Nm maximales Drehmoment und 600 Watt Leistung. Zum jetzigen Zeitpunkt exklusiv im Orbea Rise (Test) erhältlich ist zudem eine gedrosselte Version mit dem Namen EP801 RS. Diese ist in der Technik und im Funktionsumfang absolut identisch, wurde jedoch elektronisch auf 60 Nm abgeriegelt.
Der EP801 ist nicht nur der bisher leistungsstärkste Motor von Shimano, sondern hat auch die meiste Rechenpower und kann über die bereits bekannte E-Tube Smartphone-App umfangreich eingestellt werden. Standardmäßig bietet er neben einem Schiebemodus die drei Fahrmodi Eco, Trail und Boost, zwischen denen ihr über die drei unterschiedlichen verfügbaren Displays und Fernbedienungen wechseln könnt. In der App lassen sich diese nun nicht mehr nur hinsichtlich der Anfahr- und Unterstützungs-Charakteristik sowie dem maximalen Drehmoment modifizieren. Es lassen sich auch zwei verschiedene Motor-Profile anlegen, zwischen denen ihr über einen Schalter während der Fahrt wechseln könnt.
Wem drei einstellbare Basic-Modi nicht reichen, der kann in den Fine-Tune-Modus wechseln. Hier gibt es nun bis zu 15 bunte Kurven zu bestaunen. Diese lassen sich nach Bedarf aus- oder abwählen. Es ist vermutlich nicht wirklich vorgesehen, mit 15 Motor-Modi zu starten, schließlich würde die Auswahl des korrekten Modus ziemlich viel Zeit verschlingen und sehr unübersichtlich ausfallen. Stattdessen empfiehlt es sich, 3–4 passende Modi zu konfigurieren. Durch den Profil-Wechsel während der Fahrt kann man ein Basic- und ein Fine-Tune-Profil anlegen und diese je nach Fahrsituation auswählen.
Eine ziemliche Besonderheit des Shimano-Systems, die es nur bei Verwendung des Shimano XT Di2-Antriebs gibt, sind Free Shift und Auto Shift, die im Folgenden erklärt werden.
Shimano Free Shift
Unter dem Namen Free Shift fasst Shimano eine Summe an Funktionen zusammen, die sich die Kombination aus elektronischer Schaltung und Motor zunutze machen. Im Unterschied zu Auto Shift, das lediglich mit laut Shimano robusteren 11-fach-Antrieben verfügbar ist, schaltet das Schaltwerk hier jedoch nicht automatisch unter Last. So kann man einen Anfahr-Gang festlegen, in welchen das System ohne eigenes Zutun beim Heranrollen und Abbremsen an eine Ampel, Stoppschild oder sonstiges Hindernis schaltet. Dazu dreht der Motor das Kettenblatt und setzt so die Kette in Bewegung, während das Schaltwerk synchron schaltet. Im Stehen schalten ist mit einer Kettenschaltung logischerweise nicht möglich – das Hinterrad samt Kassette muss sich schließlich bewegen.
- schaltet beim Rollen ohne Treten
- verfügbar an 11-fach Linkglide und 12-fach Hyperglide+ Schaltung (Shimano XT Di2)
- Modi Auto 1, Auto 2, Manuell
- Anpassungen in Shimano E-Tube-App (Wunsch-Kadenz, Wunsch-Anfahrgang, Fahrmodus)
Zudem wurde ein weitergehend automatischer Modus integriert, mit dem das Schaltwerk ohne eigenes Zutun immer in den korrekten Gang schalten soll – nur beim Rollen versteht sich. Dazu gibt man etwa die bevorzugte Trittfrequenz oder den Einsatzbereich (Straße oder Mountainbike) in der App vor – den Rest regelt der Motor abhängig von Fahrsituation und Geschwindigkeit. Wer es lieber manuell mag, kann auch einfach selbst beim Rollen schalten, ohne in die Pedale zu treten. Hierfür wurden an nicht-elektrischen Bikes schon verschiedene Lösungen präsentiert, die meist auf einen Freilauf in der Kurbel und sich eine ständig mitdrehende Kette setzen. Die elektronische Lösung von Shimano wirkt da wesentlich eleganter.
Shimano Auto Shift
Mit Auto Shift bezeichnet Shimano eine wirklich vollständig automatische Schaltung. Hier werden die als korrekt befundenen Gänge vom System auch beim Pedalieren, also unter Last, selbstständig eingelegt. Da dies laut Shimano eine größere Herausforderung an die Robustheit stellt, ist das Feature nur mit 11-fach Linkglide-Antrieben erhältlich. Während Free Shift also ein Schalt-Helferlein ist, das die Wahl des korrekten Gangs erleichtern soll, übernimmt Auto Shift die vollständige Kontrolle. Man kann das System allerdings selbst durch eine Betätigung des Schalthebels jederzeit unterbrechen und manuell schalten.
- schaltet komplett automatisch
- verfügbar an 11-fach Linkglide-Schaltung (Shimano XT Di2)
- Schalt-Algorithmus beachtet Trittfrequenz, Beschleunigung, Fahrer-Input (Drehmoment), Verweildauer in Gängen etc.
- Modi Auto 1, Auto 2, Manuell
- Anpassungen in Shimano E-Tube-App (Wunsch-Kadenz, Wunsch-Anfahrgang, Fahrmodus)
Shimano zufolge ist ganz schön viel Hirnschmalz in den Schalt-Algorithmus geflossen. Natürlich spielt die gewünschte Trittfrequenz für diesen eine große Rolle. Würde der Algorithmus sich allerdings alleine darauf verlassen, würde das System immer nur reagieren und bei plötzlichen Wechseln vermutlich immer zu spät schalten. Stattdessen sollen unter anderem auch das vom Fahrer aufgebrachte Drehmoment, die aktuelle Beschleunigung und die übliche Verweildauer in bestimmten Gängen die Gangwahl beeinflussen.
Das Ganze lässt sich über die bekannte Shimano E-Tube-App fürs Smartphone an die eigenen Bedürfnisse anpassen. So kann man die gewünschte Trittfrequenz ebenso einstellen wie den idealen Anfahrgang und einen Fahrmodus. Letzteres meint, ob man eher im Gelände oder auf Asphalt unterwegs ist.
Meinung @eMTB-News.de
Die Verbindung von Motor und Schaltung ist ein absolut logischer Schritt, erfordert jedoch, dass beide miteinander kompatibel sind. Shimano versammelt hier als Anbieter eine umfassenden Palette an Antriebs-Bauteilen in einem sehr exklusiven Club. Ergebnis sind die Funktionen Free Shift und Auto Shift, die die Schaltvorgänge in unterschiedlichen Graden automatisieren.
Vor allem im Commuter-Bereich dürfte sich das Konzept einer automatischen Schaltung, ähnlich wie am PKW, bald durchsetzen. Doch auch den anspruchsvolleren E-Mountainbike-Bereich möchte Shimano mit den neuen Funktionen abholen. Ein Traum für die Nische des E-Racings ist die manuelle Free Shift-Funktion, die wir am Orbea Rise bereits testen konnte.
Welche Fragen sind bei dir noch zu den neuen Schaltfunktionen offen geblieben?
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