Specialized Tactic 4 Helm im Test: Specialized ist nicht nur als Hersteller hochwertiger Mountainbikes bekannt, sondern bietet auch eine umfassende Palette an Komponenten und Zubehör an. Zum Saisonende 2021 stellen die Amerikaner nun ihren neuen Specialized Tactic 4 Helm vor, der den bekannten Ambush ablösen wird. Wir konnten ihn bereits gründlich ausprobieren.
Specialized Tactic 4 Helm: Infos und Preise
Mit dem Specialized Ambush hatten die US-Amerikaner lange Jahre einen leichten und beliebten Bike-Helm im Angebot, der die Latte für den Nachfolger Tactic 4 ordentlich hochgelegt hat. Auch das neue Modell richtet sich an Trail-Enthusiasten und soll mit einer guten Belüftung und vielen Features überzeugen. Dazu gehören das SBC-System zur Weitenanpassung und natürlich MIPS – ein verstellbares Visier hingegen sucht man vergeblich. Auch das Angi-System, das bei einem Sturz einen Kontakt informieren soll, wurde eingespart. Das macht sich im Preis bemerkbar, der mit 120 € deutlich günstiger als beim Ambush ausfällt.
- Größen S, M, L
- Farben Black, White, Dove Gray, Oak Green, Doppio, Cast Blue
- Sicherheit NTA8776-zertifiziert (niederländischer E-Bike-Standard), MIPS-System, wegbrechendes Visier
- Gewicht 389 g (Größe M, gewogen)
- www.specialized.com
- Preis 120 € (UVP) | Bikemarkt: Specialized Tactic 4 kaufen
Im Detail
Bisher waren die Specialized-Helme eher für ihr schlichtes und reduziertes Design bekannt – der Tactic 4 läutet nun eine andere Ära ein! Der Halbschalen-Helm kommt um einiges dynamischer und moderner als bisherige Modelle daher und setzt auf viele stromlinienförmige und unregelmäßige Belüftungsöffnungen. Ganze sieben Öffnungen an der Front sollen für einen kühlen Kopf sorgen – heraus kann die Luft durch sechs Öffnungen am Heck. Vier weitere gibt’s seitlich und obendrauf. In der Mitte hingegen ist eine ziemlich große, blanke Fläche ganz ohne Lüftungslöcher. Der Vorgänger Ambush war da wesentlich filigraner und auch fast 90 g leichter.
Das auffälligste Feature des Specialized Tactic 4 ist wohl das ziemlich große und dominante Visier an der Front. Dieses soll Luft an den Kopf leiten, lässt sich nun jedoch nicht mehr verstellen und ist stattdessen fest an den Helm geclipst. Zum Reinigen kann man es jedoch leicht lösen. Und auch bei einem Sturz fliegt es einfach ab, anstatt sich zu verhaken. Im Fall der Fälle soll auch das MIPS-System im Inneren die Sicherheit erhöhen, da es eine gewisse Rotation des Helms um den Kopf erlaubt und so Rotationskräfte auf Kopf und Nacken reduzieren soll.
Der Helm ist in mehreren Größen lieferbar, lässt sich jedoch über das sogenannte SBC-System an die eigene Kopfform anpassen. Ein kaum sichtbares Drehrädchen am Heck justiert die Weite. Außerdem lässt sich einstellen, wie tief der Helm den Hinterkopf umschließen soll, was ein sehr nützliches und bereits vom Ambush bekanntes Feature ist. Auch wenn der Angi-Sensor nicht mehr Teil des Lieferumfangs ist, lässt er sich weiterhin dazukaufen und am Helm anbringen. Das System soll Stürze registrieren, Alarm schlagen und über das Smartphone eine Kontaktperson benachrichtigen.
Praktisch ist, dass der Specialized Tactic 4 nur noch drei große, aber schlanke Polster hat, die sich über Klettverschlüsse zum Waschen entfernen lassen. Weniger Kleinteile mindern natürlich die Gefahr, eins davon zu verlieren. Der Halbschalen-Helm soll sowohl mit Sportbrillen als auch mit Goggles kompatibel sein – Brillen lassen sich bergauf auch in den vorderen Belüftungsöffnungen verstauen.
Auf dem Trail
Ich konnte mit dem Tactic 4 bereits einige ausgiebige Trailtouren im Spätsommer und Herbst drehen. Mit 59 cm Kopfumfang habe ich mich für Größe M entschieden – diese präferiere ich auch beim Vorgänger Ambush. Generell finde ich, dass die Specialized-Halbschalen-Helme eher etwas groß ausfallen. Die Anpassung über das SBC-System ist sehr gelungen und praktisch. Die Form des Specialized Tactic 4 ist eher rund, was eigentlich nicht perfekt zu meinem länglichen Kopf samt hoher Stirn passt. So konnte ich jedoch das SBC-System am Heck weit herausziehen und siehe da: Der Helm passt auf einmal ohne zu drücken und wie angegossen. Nur der Teil des Kinnriemens, der hinter dem Ohr langläuft, berührt dieses leicht und lässt sich leider auch nicht verstellen.
Auch qualitativ weiß der Tactic 4 zu überzeugen. Polster, Schaum und Hülle wirken hochwertig verarbeitet. Das Drehrädchen am Heck lässt sich leicht bedienen. Nur die vertikale Verstellung ist etwas fummelig. Sie ist hinter der MIPS-Folie versteckt und braucht Fingerspitzengefühl. Bei unserem Test-Helm in Farbe Dove Grey gab es minimale Farbunterschiede zwischen Helm und Visier – letzteres war minimal dunkler.
In schweißtreibenden Auffahrten ist die Verstaumöglichkeit der Brille (in meinem Fall: Oakley Jawbreaker-Test) praktisch – diese sitzt unter dem Visier sicher und stört nicht. Am besten hält man dafür jedoch an und friemelt die Brille mit zwei Händen an Ort und Stelle. Mit einer Hand während der Fahrt habe ich oft mit verschwitzten Fingern auf dem Glas rumgetatscht, was nicht optimal ist. Die Belüftung ist bergauf absolut in Ordnung, allerdings war es während meiner Testrunden bereits recht herbstlich und kühl. Es gibt definitiv Helme, mit denen man einen kühleren Kopf bewahrt. Einen krassen Wärmestau konnte ich jedoch genauso wenig feststellen wie übermäßig viel Schweißfluss in die Augen.
Bergab überzeugt der Specialized Tactic 4 mit einem exzellenten Sitz. Auch in noch so harten Kompressionen, wenn der Kopf unfreiwillig nach vorne nickt und die Sicht verschwimmt, sitzt der Halbschalen-Helm sicher und verrutscht gar nicht bis kaum. Das riesige Visier kratzt bei mir nur minimal am Rand des Sichtfelds. Persönlich würde ich mir jedoch ein verstellbares Visier wünschen. Zum einen, weil ich ein weiter nach oben gerichtetes und kürzeres Visier wesentlich schöner finde, zum anderen, weil ich mir dieses bei Feierabend-Fahrten im Abendlicht gerne sehr weit runterstelle, um etwas Sonne von den Augen fernzuhalten.
Im Vergleich
Spannend ist natürlich vor allem der Vergleich mit dem Vorgänger Ambush, den ich die letzten Jahre die meiste Zeit auf dem Kopf hatte. Der Ambush ist spürbar leichter als der neue Tactic 4 und bergauf auch wesentlich besser belüftet. Auch das verstellbare Visier gefällt mir ziemlich gut und wenn ich ehrlich bin, mag ich den Style mehr: Das weit oben ansetzende und schmal zulaufende Visier des Tactic passt nicht so richtig zu meinem Kopf. Allerdings lässt sich die Brille am Tactic besser verstauen und vor allem der Sitz überzeugt: Bergab musste ich den leichten Ambush meist recht fest ziehen, damit er auf harten Abfahrten nicht verrutscht. Der Tactic sitzt bequemer und lockerer, rutscht aber nicht. Dazu kommt, dass der Helm durch den Verzicht auf das wohl nicht übermäßig verbreitete Angi-System deutlich günstiger ist. Wem also die Optik zusagt, der kann beherzt zum neuen Specialized Tactic 4 greifen.
Der POC Kortal-Helm ist selbst ohne MIPS-System ganze 80 € teurer als der Specialized Tactic 4 und nur etwa 25 g leichter. Mit MIPS kommen noch mal 50 € und 35 g dazu. Dafür bietet er mehr Belüftungsöffnungen und bergauf einen leicht kühleren Kopf. Die Brille lässt sich bei POC am Heck verstauen, sitzt dann allerdings nicht ganz so sicher. Das verstellbare Visier ist praktisch, allerdings ziemlich flexibel und verbiegt bei falscher Lagerung gerne mal – da ist das Specialized-Pendant deutlich stabiler. In meinem Fall sitzt der Specialized Tactic 4 um einiges sicherer und bequemer – der POC Kortal verrutscht bei harten Landungen gerne mal etwas in die Stirn und drückt auch etwas mehr.
Fazit – Specialized Tactic 4
Specialized arbeitet weiter fleißig am Update des Equipment-Portfolios. Der neue Tactic 4-Trail-Helm kann vor allem mit einem sehr sicheren und bequemen Sitz überzeugen. Für einen Preis von 120 € bietet er mit MIPS und dem hauseigenen Verstellsystem zudem viele gute Features und wirkt hochwertig verarbeitet. Nur das große Visier kann weder im Praxis-Test noch in der Style-Wertung abräumen.
Pro / Contra
Pro
- sehr sicherer und bequemer Sitz
- gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
- gute Verarbeitung
Contra
- feststehendes Visier wird nicht jedem gefallen
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