Jeder hat auf die Frage „Wo kann man richtig gut mit dem E-Bike Trails heizen?“ als Antwort schon Ortsnamen gesagt bekommen. Hier fallen Orte wie Finale, San Remo, Latsch, Brixen oder Bad Kreuznach. Aber wer spricht von Fleckl? Genauer gesagt vom Fichtelgebirge – oder wie wir es nennen – dem „Fichtel“? Wir waren gemeinsam mit Wastl und Peter in diesem schönen Landstrich unterwegs und haben eine Zweitagestour gemacht. Soviel vornerweg: Das Fichtelgebirge ist jede Reise wert! Aber lest selbst.
Das Fichtelgebirge erstreckt sich im Nordosten von Bayern, ist im Winter schneesicher und Ziel vieler Ski-Langläufer. In den Sommermonaten tummeln sich hier Wanderer und Biker. Auch Bike-Hersteller wie Cube oder Ghost sind hier ansässig und einigen dürfte der Bikepark am Ochsenkopf mit dem dazu gehörendem „Bullheadhouse“ ein Begriff sein. Wir wollten fernab der gebauten Strecken des Parks den Zauber vom Fichtelgebirge kennenlernen und waren gemeinsam mit Peter und Wastl auf Tour. Ob es hier Wölfe oder Bären gibt? Nein, aber Luchse und Auerhühner.
Direkt am Ochsenkopf – welcher von Einheimischen gern „Oko“ bezeichnet wird – gibt es einen großen Parkplatz neben dem Bullheadhouse, welchen wir als Startpunkt wählen. Von hier aus lässt sich das Fichtelgebirge einfach erkunden und wer Lust darauf hat, seine Fahrtechnikskills zu verbessern, der hat im angrenzenden Bikepark die Chance dazu. Übrigens: In diesem Park fanden schon einige Male die Rennläufe der Enduro One-Rennserie statt.
Infos zum Akku-Setup unserer E-MTBs: Akkukapazität 500 Wh, kein Ersatzakku dabei, aber Ladegerät im Rucksack.
Etappe 1 – vom Bullheadhouse zur Kösseine
knapp 38 km
ca. 1.200 hm
Starten wollten wir unbedingt am Bullheadhouse direkt am Ochsenkopf. Das ehemalige Unterkunftshaus des Fichtelgebirgsverein (FGV) verfügt über eine gemütliche Kneipe, einigen Gästezimmern und den Bikeshop inkl. Verleihstation. Wir kennen es von diversen E1-Rennen, einigen Besuchen des Bikeparks und natürlich vom Ski-Langlaufen im Winter. Und genau hier wollten wir unsere Zweitagestour beginnen und diese hier natürlich auch wieder beenden.
Zu Beginn mussten wir hinauf auf den Ochsenkopf fahren. Dies kann man entweder mit einer Seilbahn oder per Pedes tun. Wir entschieden uns natürlich zu letzterem und fuhren einen schönen Trail hinauf auf den Gipfel. Oben angekommen genossen wir die Aussicht, die bei bestem Wetter atemberaubend sein muss, in unserem Fall aber nur einige Meter weit reichte, denn Nebel hatte sich in der nassen Luft verteilt und uns der Fernsicht beraubt. Doch macht nichts!
Im Anschluss ging es einen knackigen Downhill hinunter zum Weißmainfelsen in der Nähe der Weißmeinquelle am Osthang des Ochsenkopfes. Hier hat schon ein gewisser Herr Goethe gesessen und gedichtet, heute würde man eher sagen: gechillt. Der deutsche Dichterfürst würde sich hinsichtlich dieses sprachlichen Unvermögens allerdings sicherlich im Grabe drehen.
Von dieser in Granitblöcken eingefassten Quelle fuhren wir in Richtung Haberstein. Vorbei ging es am Waldrasthaus in Karchers hinauf zu unserem nächsten Etappenort. Im Anschluss fuhren wir durch ein schier endloses Meer aus Granitblöcken hinauf zum Gipfel des Schneeberges – dem Dach Frankens. Mit 1051 m ist er der höchste Berg im Fichtelgebirge und zugleich der höchste Gipfel Frankens. Schon aus der Ferne sieht man den ehemaligen Fernmeldeturm der Bundeswehr, welcher als Mahnmal des Kalten Krieges dient. Hier, im Gipfelbereich, gibt es viele Granitblöcke und eine Felsenburg, auf der das Aussichtstürmchen „Backöfele“ steht.
„Jetzt geht’s ab.“ – sagt Wastl grinsend und biegt in den nächsten Downhill ein. Wir cruisen über einen schmalen Trail hinunter zum Rudolfssattel, weiter zum Seehaus und machen Rast für eine ausgedehnte Mittags- äh Ladepause. Neben den Steckdosen vor dem Haus und der sympathischen Bedienung gibt es hier übrigens auch gute fränkische Hausmannskost und ein leckeres Schnipo (Schnitzel mit Pommes, Anm. d. Redaktion). Gestärkt geht es weiter.
Über steinige Trails rocken wir unsere Fahrwerke durch und die ein oder andere harte Kompression lässt einen sich selbst über die verspeiste Menge an Schnipo fluchen. Doch das kann man getrost als Luxusproblem abtun. Nach wenigen Metern hat Peter – übrigens ehemaliger inoffizieller Minigolfchampion von Bibione – einen Plattfuß am Hinterrad. Warum? „Na, weil er einfach nicht fahren kann“, sagt Wastl mit einem lauten Lachen. Diese kleine Reparaturpause hilft uns, noch ein wenig zu verdauen und das bisher erlebte Revue passieren zu lassen.
Mit Luft im Reifen geht es über den sehr flowigen Quellenweg bis zum Nagler See. Dieser, der aus einem Mühlweiher hervorgegangener See ist ein geschütztes Naturdenkmal und lockt jährlich viele Touristen. Wir bleiben kurz am Ufer stehen und freuen uns schon auf den nächsten Abschnitt unserer Tour: ein technisch sehr anspruchsvoller steiler Uphilltrail, mit dessen Hilfe wir hinüber ins Kösseinegebiet queren. Die Kösseine ist ein 939 m hoher Berg, dessen Gipfel aus schroffen Granitblöcken besteht. Hier steht das Kösseinehaus, welches wir uns als Ziel der heutigen Etappe ausgesucht haben. Dort wollen wir übernachten und den Tag ausklingen lassen. Doch bevor wir hier ankommen, befahren wir noch den Jean-Paul-Weg, der sehr flowig ist und uns eine Menge Spaß beschert.
Oben am Kösseinerhaus – übrigens die höchste bewohnte Stelle im Fichtelgebirge – angekommen, laden wir unsere Akkus auf, trocknen unsere Klamotten, schauen ins Land und lassen den Abend ausklingen. Grandios.
Details unserer Strecke findet ihr auf Strava: Fichtelride I
Etappe 2 – von der Kösseine zurück zum Ochsenkopf
über 64 km
fast 1.500 hm
Schon das preußische Königspaar, Friedrich Wilhelm III. und Gemahlin Luise, ritten im Sommer von 1805 auf dem Königsweg hinauf zur Kösseine. Man genoss den Ausblick von diesem schroffen Felsgipfel aus, der einen interessanten Überblick über die obere Pfalz bis in die Gegend von Nürnberg gewährt. Später baute man hier eine kleine Schutzhütte, deren Rohbau vor dem Winter 1902 fertiggestellt wurde. Die Baukosten beliefen sich damals auf 12.500 Mark und 1.000 Mark für die Inneneinrichtung. Die Einweihungsfeier fand am 24. Mai 1903 statt. Seitdem lockt das Kösseinehaus jährlich viele Besucher an und auch uns hat diese urige, mit Holzschindeln verkleidete Hütte sofort in ihren Bann gezogen. Hier gibt es in Doppel-, 3-Bett-, 4-Bett- und ein 10-Bett-Zimmer mit insgesamt 21 Schlafplätzen. Die Übernachtung kostet 25 € inklusive tollem Frühstück. Hier gibt es mehr Infos zum Kösseinehaus.
Beim Frühstück sagt Peter: „Heute wird es eine echt lange Tour. Wir dürfen das Aufladen beim Mittag nicht verchecken.“ Mir wird warm und ich frage mich, was er denn da alles so geplant hat. Los geht es auf jeden Fall mit einem spaßigen Downhill über sehr schmale Trails, die mit nassem Moos und Wurzeln gewürzt sind. Wir fetzen immer weiter in Richtung Steinwald, gefolgt von einem Uphill hinauf zur Burgruine Weissenstein und dann weiter zum Oberpfalzturm auf dem Berg mit dem netten Namen „Platte“.
Dieser Turm, dessen Aussichtsplattform auf 946 m liegt, bietet eine fantastische Fernsicht. Wir empfehlen jedem, der hier vorbeikommt, die 150 Stahlgitterstufen bis zur Aussichtskanzel zu erklimmen und 30 m über dem Boden die Aussicht über das Fichtelgebirge und über den Oberpfälzer Wald zu genießen. Bei sehr guter Fernsicht kann man übrigens in nordöstlicher Richtung den knapp 86 km entfernten Fichtelberg im Erzgebirge und in südöstlicher Richtung, den ca. 118 km entfernten Große Arber im Bayerischen Wald sehen.
Von hier an geht es jetzt knapp acht Kilometer einen Trail hinunter, der uns die Freudentränen in die Augen treibt. Auf weichem Waldboden cruisen wir durch verschlafene Landschaften vorbei an alten Fichten und über unzählige Wurzeln. Immer mit viel Flow und Fahrspaß. Vorbei an Räuber- und Vogelfels – zwei fantastischen Kletterfelsen mit vielen Routen in diversen Schwierigkeitsgraden –, bis hin zum Waldhaus im Steinwald. Hier beschließen wir Rast zu machen und unsere Akkus zu laden.
Nach der Mittagspause radeln wir gemütlich über den Fichtelnaab-Radweg. Dieser ausgeschilderte Radwanderweg führt von Bischofsgrün bis nach Windischeschenbach und hat eine Geamtlänge von 53 Kilometern. Am Basaltkegel Armesberg (731 m ü. NN), einem erloschenem Vulkankegel, biegen wir auf den S-Weg in Richtung Kulmain ab und erleben höchste Begeisterung als wir einen gebauten Rockgarden passieren, der uns einige scharfkantige Steine in den Weg schmeißt und uns diverse Jubelschreie entlockt.
Über einige Asphalt-Kilometer fahren wir weiter bis nach Ahornberg und nutzen im Anschluss einen Jägersteig – ein schmaler Trail – zum Uphill hinauf zum Bayreuther Haus. Von hier an geht es noch mal einige Höhenmeter hinunter, um in den letzten Abschnitt unserer Tour – dem Boxgrabenweg – einzubiegen. Gerade dieser letzte Trailabschnitt mit seinen unzähligen Wurzeln brennt sich uns als „absoluter Killer“ ins Gedächtnis ein – Goethe hätte unsere Begeisterung sicherlich etwas ästhetischer zu Papier gebracht.
Wie dem auch sei: Eine tolle Zweitagestour feiert hier ihren fulminanten Höhepunkt. Und auf die Frage nach Destinationen für einen schönen eBike-Urlaub kannst du als Antwort nun getrost das Fichtelgebirge nennen.
Details unserer Strecke findet ihr auf Strava: Fichtelride II
Meinung @eMTB-News.de
Es muss nicht immer Südtirol oder Finale sein. Das Fichtel ist jeder Reise wert, denn die Trails durch die Nadel- und Laubwälder haben ihren ganz besonderen Reiz. Okay, beim Wetter muss man ab und an Kompromisse eingehen, aber wen stört schon etwas Regen oder niedrige Temperaturen? Wir sind ja schließlich nicht aus Zucker. Fakt ist, wer auf weichen Boden, große Wurzelteppiche, befahrbare Steinbrocken vor wilder Kulisse, diverse hohe Aussichtsplattformen und Ruhe steht, der ist im Nordosten Bayerns bestens aufgehoben.
Wer von euch war schon auf den Trails im Fichtelgebirge unterwegs? Wie hat es euch dort gefallen?
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