SRAM Eagle AXS Transmission im Test: Mit der neuen Generation elektrischer AXS-Schaltgruppen verspricht SRAM nicht nur ein extrem leichtes Setup, sondern auch eine nie dagewesene Zuverlässigkeit und Schaltperformance. Um das zu erreichen, hat SRAM das Thema Kettenschaltung radikal neu gedacht. Wie sich die neuen SRAM AXS-Schaltungen fahren, erfahrt ihr in unseren ausführlichen Test.
SRAM Eagle AXS: Infos und Preise
Dass SRAM schon länger an der Entwicklung der zweiten Generation kabelloser AXS Eagle-Antriebe gearbeitet hat, ist kein Geheimnis – spätestens seit der MTB-Weltmeisterschaft 2022 in Les Gets, als die neuen Schaltungen erstmals in freier Wildbahn gesichtet worden sind (SRAM Direct Mount Prototyp) Nun ist die Zeit der Spekulationen vorbei. Und direkt auf den ersten Blick wird klar: Hier ist so ziemlich alles neu. SRAM spricht vom ersten Antrieb, der wirklich für Mountainbikes gemacht sei. Was sich alles im Vergleich zur bisherigen SRAM Eagle AXS-Gruppe verändert hat und wie sich die neuen Schaltgruppen auf dem Trail schlagen, erfahrt ihr in diesem Artikel.
- Drei Modellgruppen SRAM X0 Eagle AXS / SRAM XX Eagle AXS / SRAM XX SL
- Neuer Standard SRAM T-Type (statt X-Sync II)
- Kompatibilität SRAM UDH-Interface zwingend vorausgesetzt; außer Controller keine Rückwärtskompabilität mit anderen AXS-Produkten
- Bandbreite 520 % mit 12 Gängen und überarbeitetem Gearing
- Wasser- und staubgeschützt IP69K Standard
- Akku-Laufzeit 25 – 40 Stunden (reine Fahrzeit) / Knopfzelle Controller: 2 – 3 Jahre
- Konnektivität AXS-Netzwerk, ANT+, Bluetooth
- Gewichte ungefähr auf dem Niveau bisheriger SRAM Eagle AXS-Gruppen
- Erhältlich ab März 2023
- www.sram.com
- Grundlegende Informationen zur SRAM Eagle-Gruppe auf der Info-Seite: SRAM Eagle
Preis SRAM X0 Eagle AXS: 1.550 € (UVP, Komplettgruppe)
Preis SRAM XX Eagle AXS: 2.000 € (UVP, Komplettgruppe)
SRAM Eagle Transmission: Das sind die Innovationen der zweiten AXS-Generation
- Direct Mount-Schaltwerk Schaltauge fällt weg – stattdessen wird das Schaltwerk über das SRAM UDH-Interface direkt mit dem Rahmen verbunden
- Deutlich vereinfachter Setup-Prozess A-Screw, B-Screw und Einstellung von Chain Gap fallen komplett weg
- Neue Bezeichnungen SRAM X0, SRAM XX und SRAM XX SL – Unterteilung nach Qualitätsstufen
- Neuer Standard SRAM T-Type statt X-Sync II, dadurch außer Controller keine Rückwärtskompabilität
- Überarbeitetes Gearing durch neue Spreizung der Kassette
- Neuer Trigger mit deutlich definierteren Knöpfen
- Überarbeitete Kette jetzt mit Flat Top wie im Rennrad-Bereich
- Leistungsmesser Option auf in der Kurbel integrierten Leistungsmesser
Video: Das sind die neuen SRAM Eagle AXS-Schaltgruppen
Im Detail
Um zu verstehen, wieso die neue Generation elektrischer SRAM Mountainbike-Schaltungen genau so geworden ist, wie sie nun ist, lohnt sich zunächst ein Blick in die Vergangenheit. 2010 hat SRAM die erste komplette 1x MTB-Schaltgruppe der Firmengeneration auf den Markt gebracht. Sechs Jahre später wurde die Eagle-Schaltung der Weltöffentlichkeit vorgestellt – die erste 12fach MTB-Schaltung in der Historie von SRAM war gleichzeitig auch als finale Kampfansage an den Umwerfer zu verstehen. Seit 2019 fliegt der US-amerikanische Schaltungs-Adler nun elektrisch. Was zunächst wie ein futuristisches Spielzeug wirkte, ist mittlerweile an vielen Bikes und in zahlreichen Disziplinen verbreitet: Die bisherige Generation kabelloser SRAM Eagle AXS-Schaltungen hat sich definitiv auf dem hart umkämpften Markt behauptet.
Im Laufe dieser Entwicklungen und Schaltgruppen-Generationen hat SRAM mehr und mehr Erfahrungen gesammelt, die nun alle in die zweite Generation elektrischer SRAM Eagle AXS-Schaltungen geflossen sind. Einige der charakteristischen Features wie beispielsweise die 12 Gänge, die Bandbreite von 520 % oder das bekannte AXS-Netzwerk sind wenig überraschend geblieben. In einigen anderen Aspekten sind die neuen SRAM Eagle AXS-Schaltgruppen hingegen eine echte Revolution. SRAM spricht bei der neuen Produktion übrigens explizit von Transmissions, also kompletten Schaltsystemen. Die neuen elektrischen Schaltgruppen X0, XX und XX SL sollen als vollständige Systeme verstanden werden. Die XX SL-Gruppe ist dabei übrigens die einzige, die nicht E-MTB-kompatibel ist.
2018 begann ein 200-köpfiges Team mit der Entwicklung der neuen Generation kabelloser SRAM Eagle AXS-Schaltungen. Das Projekt, dessen Entwicklung sich größtenteils am SRAM-Standort in Schweinfurt abgespielt hat, lief unter dem griffigen Namen Top Gun – mit dem Ziel, die simpelste, robusteste und beste MTB-Schaltung zu konstruieren. Um das zu erreichen, hat SRAM genau hingeschaut und zwei wesentliche Faktoren identifiziert, die im Trail-Alltag für rund 90 bis 95 % aller Fehler und Probleme an Schaltungen verantwortlich sein sollen: Nicht 100 % perfekte Einstellungen des Schaltwerks und verbogene Schaltaugen.
Daraus ergibt sich nur eine logische Konsequenz: Das Schaltauge und Einstell-Möglichkeiten am Schaltwerk müssen weg.
Natürlich passt die neue SRAM Eagle Transmission-Schaltung ideal zu den neuen SRAM MTB-Bremsen im Stealth-Design (Test: SRAM Eagle Transmission).
Neben der neuen SRAM Eagle Transmission-Schaltung gibt es auch neue Bremsen fürs E-MTB: SRAM Code- und Level-Stealth-Bremsen 2023 – Test & Neuvorstellung
Direct Mount kommt, das Schaltauge geht
Die wohl größte Revolution an den neuen SRAM Eagle-Antrieben ist die Tatsache, dass die neuen Schaltwerke direkt am Rahmen befestigt werden. Die neuen Eagle-Antriebe sind zwar nicht die ersten Schaltungen, die einen Direct Mount-Ansatz verfolgen. Doch seit jeher befindet sich an Mountainbikes zwischen Rahmen und Schaltwerk ein Schaltauge. Von dieser Maxime verabschiedet sich SRAM nun bei den neuen AXS-Schaltungen. Stattdessen werden die Schaltwerke direkt an den Rahmen geschraubt.
Dass die neuen SRAM-Schaltwerke neuerdings direkt am Rahmen befestigt werden, wurde schon länger vermutet – auch, weil schon im März 2019 Patente der US-Amerikaner zu hierzu im Internet aufgetaucht sind. Auch Shimano, der größte Konkurrent SRAMs auf dem Markt der Fahrrad-Schaltungen, hat ein vergleichbares Patent eingereicht (Shimano Direct Mount Schaltwerk Patent). Nun herrscht Gewissheit: Ja, die neuen SRAM-Schaltwerke setzen tatsächlich auf die Direct Mount-Befestigung und werden direkt mit dem Rahmen verschraubt. Das Schaltauge ist damit Geschichte – zumindest, was die zweite Generation elektrischer SRAM-Schaltungen angeht.
Wie ist das möglich? Die Lösung hört auf den Namen SRAM UDH – Infos gibt’s hier – und ist inzwischen an den meisten Mountainbikes Standard. 2019 hat SRAM den Universal Derailleur Hanger, also das universelle Schaltauge, vorgestellt – und damit mal eben definiert, wie die perfekte Schnittstelle zwischen dem Hinterbau eines Rahmens und einem zukünftigen Direct Mount-Schaltwerk auszusehen hat. Keine Frage: Das universelle SRAM-Schaltauge war eine sehr positive und praktische Innovation. Doch in der Retrospektive dürfte man auf das SRAM UDH wohl in erster Linie als das wohl cleverste trojanische Pferd der jüngeren Mountainbike-Geschichte zurückblicken.
Schaltwerk, Nabe, Kassette und Rahmen werden ein System
Der Elefant im Raum ist nun zweifellos die Sollbruchstelle – denn als genau solche wird das Schaltauge angesehen. Statt den Rahmen zu zerstören, soll doch bitte lieber das austauschbare Kleinteil verbiegen. Nun fällt das Schaltauge weg, und damit natürlich auch eben jene Sollbruchstelle. Werden wir zukünftig also reihenweise gebrochene Hinterbauten sehen? Geht es nach SRAM, lautet die klare Antwort: Nein.
Die neuen SRAM Eagle AXS-Schaltwerke gehen eine direkte Verbindung mit der Hinterrad-Achse, der Kassette und dem Rahmen ein. Diese Befestigungsmethode wird von SRAM als Full Mount bezeichnet. Das Schaltwerk umgreift den Rahmen antriebsseitig auf der Innen- und Außenseite und wird koaxial an der Achse montiert. Durch die nun viel größere Klemmfläche des Schaltwerks soll die Robustheit laut SRAM deutlich erhöht worden sein. Außerdem werden alle Kräfte, die durch Schläge auf das Schaltwerk in den Rahmen geleitet werden, durch die Achse auf die Antriebs- und Nicht-Antriebsseite verteilt und in die bei allen Rahmen sehr robust ausgelegten Druckstreben geleitet werden. Kurzum: SRAM ist sich absolut sicher, dass die neue Full Mount-Befestigungsmethode sehr viele Vorteile und keinerlei Nachteile bezüglich der Haltbarkeit mit sich bringt.
SRAM Eagle AXS Schaltwerk: Der elektrische Adler wird massiv und simpel
Die zweite große Fehlerquelle, die SRAM identifiziert hat, sind falsche Einstellungen am Schaltwerk, die für unsaubere Schaltvorgänge und dadurch auch einen erhöhten Verschleiß sorgen. Und auch wenn sich SRAM größte Mühe gegeben hat: Simpel oder intuitiv war die korrekte Einstellung eines Schaltwerks bis dato nicht. Zu viele Aspekte mussten beachtet und an zu vielen kleinen Schräubchen musste gedreht werden, um ein perfekt oder zumindest sehr gut eingestelltes Schaltwerk zu haben.
Die logische Konsequenz: Die neuen SRAM Eagle AXS-Schaltwerke kommen ohne jegliche Schrauben zur Einstellung aus. Oberer und unterer Anschlag des Schaltwerks? Umschlingung in Relation zur Kassette? Alles egal, weil gegeben – schließlich sind alle möglichen Positionen von Schaltwerk und Kassette in Relation zueinander durch die direkte Montage perfekt definiert.
Generell wirken die neuen SRAM Eagle AXS-Schaltwerke deutlich wuchtiger als die bisherigen Funk-Schaltungen der US-Amerikaner. Und sie sind es auch: Etwa 100 Gramm schwerer sind die neuen Schaltwerke geworden. In Summe bewegen sich die neuen Schaltgruppen gewichtstechnisch aber auf dem Niveau der Vorgänger, da die restlichen Bauteile leichter geworden sind und das Schaltauge logischerweise auch wegfällt. Außerdem rücken die neuen Schaltwerke etwa 1 cm weiter nach innen, während sich die Kassette neuerdings 2,5 mm weiter außen befindet. Dadurch beträgt die Kettenlinie standardmäßig nun 55 mm – ein Wunsch zahlreicher Rahmenbauer, damit mehr Platz am Rahmen rund um den Tretlager-Bereich vorhanden ist.
Der Dämpfer des Schaltwerks ist im Vergleich zu den bisherigen Varianten deutlich größer geworden. Das soll für ein Maximum an Kettenspannung sorgen. Die deutlich größere Klemmfläche soll verhindern, dass sich das Schaltwerk im Betrieb nach hinten verdrehen kann – bisher hat das an der ersten Generation der AXS-Schaltwerke für eine laute Geräuschkulisse gesorgt. Das untere Schaltröllchen kann sich immer weiterdrehen, auch wenn beispielsweise Stöcke oder Gegenstände reingezogen werden. Und falls etwas am Schaltwerk kaputtgeht, dann der Käfig – und dieser lässt sich problemlos austauschen. Zusätzlich sorgen austauschbare Skid Plates für eine Extraportion Schutz. Auch die von den bisherigen AXS-Schaltwerken bekannte Overload Clutch ist weiterhin mit an Bord. Vor allem aber sollen Montage und Einstellung des Schaltwerks so simpel wie möglich sein. Doch dazu später mehr.
Die Kassetten sind der wahre Star der Show
Der erste Blick bei den neuen SRAM Eagle AXS-Schaltungen wandert natürlich sofort auf das wuchtige und schick designte Schaltwerk, doch der eigentliche Star der AXS-Show ist die Kassette. Denn während das Schaltwerk im Grunde genommen nur die Kette ein wenig nach links oder rechts verschiebt, ist die Kassette dafür zuständig, dass die Gänge so gut und zuverlässig wie möglich eingelegt werden.
Also hat SRAM über mehrere Jahre hinweg zahlreiche verschiedene Kassetten-Varianten im Labor und in der Praxis getestet. Herausgekommen ist eine komplette Neukonstruktion, die einige Gemeinsamkeiten mit den bisherigen Eagle-Kassetten hat. So hat das kleinste Ritzel weiterhin 10 und das größte nach wie vor 52 Zähne. Während sich an der besonders leichten XX SL-Kassette die drei größten Ritzel neuerdings auf einem aufgepinnten Aluminium-Spider befinden, werden die Ritzel 4 bis 12 weiterhin aus einem Stück Stahl gefräst. Montiert werden die Kassetten übrigens wie gewohnt auf dem SRAM XD-Freilaufkörper.
Durch eine neue Spreizung will SRAM besser nutzbare Sprünge zwischen den Gängen erreicht haben. So sind die Ritzel Z2 und Z3 um jeweils 2 größte Zähne als zuvor (44-38 statt 42-36). Vor allem der Sprung vom zweitgrößten Ritzel auf den 52er-Rettungsring soll damit weniger gravierend ausfallen und die Gänge auf steilen Anstiegen insgesamt besser nutzbar sein. Alle Gänge der Kassette haben nun eine gerade Ritzel-Anzahl. Die einzige Ausnahme ist der siebte Gang, der durch einen roten Ring indexiert ist. Hier findet die komplette Einstellung und Montage der Schaltgruppe statt.
Eine kleine, aber für die Schaltvorgänge extrem wichtige Veränderung ist das neue Sync-Profil, das sich auf jedem Kassetten-Ritzel mit gerader Gangzahl befindet. Durch dieses neue Profil ist auf elf der 12 Gänge nur noch eine einzige Position der Kette möglich. Bisher waren immer zwei Positionen möglich – was in der Praxis zu unsauberen Schaltvorgängen und damit auch einem erhöhten Verschleiß des Antriebs geführt hat. Das Ziel von SRAM bei der Entwicklung der neuen Schaltgruppen war es nicht, die Anzahl der guten Schaltvorgänge zu erhöhen – sondern schlechte Schaltvorgänge zu eliminieren.
Genau das will SRAM mit dem Sync-Profil und ausgiebig erprobten Platzierung der Schaltgassen gelungen sein. Dadurch gibt es nun auch eine gravierende Änderung, was die Empfehlung für das Schaltverhalten angeht: SRAM rät explizit dazu, mit den neuen Eagle AXS-Schaltgruppen unter Last zu schalten. Durch die jederzeit kontrollierten Schaltvorgänge führt das Schalten unter Last nun nicht mehr zu Schäden an der Kassette und die Schaltvorgänge sollen jederzeit perfekt sein.
Trotz dieser Neuerungen und den zusätzlichen Zähnen auf dem zweit- und drittgrößten Ritzel ist es SRAM übrigens gelungen, das Gewicht der Kassetten zu reduzieren. Die SRAM XX SL-Kassette ist 15 Gramm leichter als die bisherige SRAM XG1299-Kassette und bringt 345 Gramm auf die Waage. Die reguläre XX-Version und die X0-Kassette bringen 380 Gramm auf die Waage.
Neue Ketten: Ein Hauch Rennrad fährt mit
Das beste Schaltwerk und die zuverlässigste Kassette bringen natürlich nichts, wenn keine Kette zur Übertragung der Kraft vorhanden ist. Auch hier hat SRAM alles auf links gedreht und sich dabei offensichtlich Inspiration aus der hauseigenen Road-Abteilung genommen: Die neuen SRAM Flat Top-Ketten erinnern durch die flache Oberseite stark an die im Rennrad-Bereich verbreiteten Ketten.
Durch das Flat Top-Design sind die neuen T-Type-Ketten schlanker geworden – an der dünnsten Stelle messen sie lediglich 0,6 mm. Gleichzeitig konnte SRAM durch den Flat Top-Ansatz den Querschnitt der Kette vergrößern und dadurch die Haltbarkeit verbessern. Kompatibel sind die neuen Ketten ausschließlich mit den neuen SRAM Eagle AXS-Komponenten der zweiten Generation. Die XX SL-Version hat zu einer zusätzlichen Gewichtsreduktion ausgesparte Außenlaschen – wodurch sie im Gegensatz zur XX und X0-Variante nicht für E-Mountainbikes zugelassen ist. Gleichzeitig ist sie aber die bisher leichteste Mountainbike-Kette aus dem Hause SRAM.
Mit den neuen Flat Top-Ketten gibt es außerdem neue Kettenschlösser für den T-Type-Standard. Was die Ästhetik angeht: XX und XX SL-Ketten sind silber, die X0-Ausführung kommt in einem schicken, sehr dunklen Anthrazit-Ton, den SRAM als Dark Polar bezeichnet. Gewichtstechnisch liegen jeweils rund 10 Gramm zwischen XX SL, XX und X0.
Neue SRAM AXS Pod-Controller: Innovatives Design für die dritte Generation
Last but not least hat SRAM auch am Schalthebel, der im AXS-Universum Controller genannt wird, gearbeitet. Der Haupt-Kritikpunkt an den bisherigen AXS-Shiftern war das zu undefinierte Gefühl. Diese mangelhafte Schalt-Haptik ist SRAM nun angegangen und verbaut nun AXS Pod genannte Schalthebel mit deutlich definierteren Klicks.
Die Schalter zum Hoch- und Runterschalten befinden sich auf derselben Fläche, sind aber räumlich klar voneinander getrennt. Die neuen Snapdome-Buttons haben einen deutlich definierteren Druckpunkt, was sich in der Praxis positiv bemerkbar macht. Außerdem ist der neue AXS Pod modular und kann auf beiden Seiten des Lenkers angebracht werden. Außerdem lässt sich die Belegung der Buttons wie gewohnt über die AXS-App an die eigenen Präferenzen anpassen.
SRAM bietet zwei Versionen des neuen AXS Pod-Controllers an: Eine reguläre Ausführung (180 €) und eine Ultimate-Variante (240 €). Letztere hat ein hochwertigeres Finish und individualisierbare, austauschbare Knöpfe mit konvexer oder konkaver Form. Bei der regulären Variante lassen sich die Knöpfe nicht austauschen. Die Befestigung am Lenker erfolgt entweder über den bekannten Matchmaker oder auch über eine schlank ausgeführte Infinity-Klemmschelle, die noch mehr Positionen ermöglicht. Wie gewohnt sind die Controller wasser- und staubdicht und verfügen über eine austauschbare Knopfzellen-Batterie.
SRAM AXS: Keine Veränderungen am Funknetzwerk, aber Updates für die App
Ganz allgemein setzt auch die zweite Generation elektrischer Mountainbike-Schaltungen aus dem Hause SRAM auf das hauseigene AXS-Funknetzwerk. Die praktische, aber für den Betrieb nicht zwingend notwendige SRAM AXS-App hat seit dem Launch 2019 einige praktische Updates erhalten. Einige der Neuerungen sollen aber erst zeitgleich mit dem Launch der neuen AXS-Antriebe kommen, weshalb wir an dieser Stelle für alle Interessierten auf die allgemeinen Infos zum AXS-Netzwerk verweisen.
SRAM AXS: Das neue SRAM-Funknetzwerk
„Okay, die Funkverbindung heißt also AXS. Und?”, mag sich der geneigte Leser fragen. Ganz so profan ist es allerdings nicht, denn mit AXS möchte SRAM ein gänzlich neues Kapitel aufschlagen, das mit den neuen Schaltgruppen und der neuen Reverb noch lange nicht zu Ende gelesen ist.
Was ist AXS?
In erster Linie ist AXS die elektronische Schnittstelle zwischen Controller, Schaltwerk und Variostütze. Sie sorgt mithilfe des „Airea” genannten Funkprotokolls für unmittelbaren Funkkontakt in einem geschlossenen System. Alle, die sich für eine mögliche Manipulationsgefahr interessieren: Die Funkverbindung von außen zu stören oder gar zu kontrollieren, soll unmöglich sein. SRAM dazu:
„SRAM AXS verwendet ein vollständig verschlüsseltes, sicheres und geschütztes SRAM-Funkprotokoll, das sich in der Praxis in unseren Anwendungen für den Rennrad-Sport und in jüngster Zeit auf dem XC WM-Kurs bewährt hat.”
Die Inbetriebnahme des Systems ist dabei ähnlich simpel wie die Verbindung vom Mobiltelefon zur Bluetooth-Box: Mithilfe der Buttons an Controller, Schaltwerk und der Reverb AXS lassen sich die Komponenten verbinden. Einmal eingebunden, kann man jetzt alles nutzen. Das ganze System ist jedoch noch etwas größer, als man es sich vielleicht vorstellt, was vor allem Technik-Spezialisten interessieren dürfte. Für alle, die schon beim Wort „App“ in Verbindung mit Fahrradkomponenten mit den Augen rollen, sagen wir es vorab: Jetzt geht’s um die App. Und alle, die auch nur ein bisschen technikmotiviert sind, dürfen jetzt sehr gespannt sein.
Die AXS-App
Ganz zu Beginn: Die AXS-App ist kein Muss, sondern eine zusätzliche Option für Leute, welche die Schaltung und Sattelstütze noch mehr auf sich anpassen möchten oder schlichtweg an entsprechenden Daten der Komponenten interessiert sind. Denn mit der App lassen sich praktische Dinge anstellen. Nachdem man seine Komponenten in der App registriert hat, hat man verschiedene Möglichkeiten:
- Registrierung & Akku-Anzeige
Am meisten Möglichkeiten bietet die AXS-App, wenn man das gesamte Konglomerat der Komponenten nutzt. Sprich, wenn neben der Reverb AXS auch die SRAM Eagle AXS-Schaltung zur Ausstattung gehört. Ohne Schaltung, nur mit der Reverb lassen sich viele Funktionen der App zudem nicht nutzen. In der App lassen sich unendlich viele Bikes und Komponenten speichern – bei der Suche werden mögliche Komponenten in der Nähe angezeigt, die im Anschluss nach Bestätigung hinzugefügt werden können. Sind die Komponenten einmal registriert, lässt sich unter anderem die Akku-Anzeige ablesen.
- Zählen der Schalt- und Hub-Vorgänge
Das Schaltwerk jeder AXS-Schaltung stellt das elektronische Rechenzentrum dar – von hier gehen nicht nur alle Informationen aus, von hier wird auch zur App hin- und zurückkommuniziert. Außerdem wird im Schaltwerk jeder entsprechende Schaltvorgang gespeichert, optional auch jede Hub-Bewegung der Reverb. Während des Pressecamps blieben uns entsprechende Ansichten in der App noch verwehrt, zum Marktstart sollen diese Statistiken allerdings verfügbar sein. Eine mögliche Erweiterung sieht SRAM beispielsweise in der Verbesserung des Services: Die Reverb wurde x-tausend Mal hoch- und runterbewegt? Das Schaltwerk hat schon unzählige Schaltvorgänge durchgeführt? Vielleicht ist ein Kettentausch oder ein Reverb-Service nötig. Ist man mit seiner SRAMid angemeldet, können nach Bedarf auch automatische Wartungsaufforderungen verschickt werden.
Auf Nachfrage führt SRAM konkret an, dass man die Daten weder personenbezogen sammeln noch sie mit GPS-Daten oder weiteren Variablen verknüpfen möchte, zumal das auch nicht das Ziel der Schaltung darstellen würde.
- Personalisierung der Controller
Mit drei möglichen Buttons (Button 1 und 2 des Eagle-Controllers, Button 3 am Reverb-Controller) lassen sich die Funktionen belegen, wie man möchte. Links Reverb, rechts hoch- und runterschalten? Oder links runterschalten, rechts unten hochschalten, rechts oben Reverb? Geht alles! Ebenfalls möglich ist die Anzahl der durchzuschaltenden Gänge, wenn der Controller länger gedrückt wird: Soll die Kette ratatatatat-mäßig bis auf’s letzte Ritzel springen oder reichen 2 oder 3 Gänge? Diverse Optionen sind möglich und mithilfe der App schnell programmierbar.
SRAM Eagle AXS Preise
Wie teuer sind die neuen SRAM Eagle AXS-Schaltgruppen? Die X0-Komplettgruppe hat eine unverbindliche Preisempfehlung von 1.900 €. Für die XX-Gruppe ist eine UVP von 2.450 € festgelegt, während die neue SRAM XX SL weitere 200 € teurer ist und zum Launch 2.650 € kosten soll. Alle Preise verstehen sich für die Komplettgruppen inklusive Schaltwerk, Kassette, Kette, Kurbelgarnitur und Ultimate-Shifter.
Eine Einordnung der Preise ist generell schwer, da es sich hierbei um unverbindliche Preisempfehlungen handelt. Generell weichen die Straßenpreise bei SRAM-Produkten erfahrungsgemäß deutlich von diesen UVP ab – allerdings wohl nicht direkt zu Beginn, sondern erst im Laufe der Zeit. Um das ganze dennoch in Relation zu bringen: Die bisherige SRAM X01 AXS-Schaltgruppe hatte zur Einführung eine UVP von glatten 2.000 €. Das neue X0-Äquivalent ist zum Launch also 100 € günstiger. Die Kurbel bei der neuen Version besteht allerdings aus Aluminium und nicht mehr aus Carbon. Im Vergleich dazu erscheint die unverbindliche Preisempfehlung von 2.450 € für die XX-Gruppe eher hoch. Die Unterschiede zur X0-Gruppe halten sich abgesehen vom Kurbel-Material sehr in Grenzen.
Auf Komponenten-Ebene sind die neuen AXS-Produkte der zweiten Generation teils deutlich teurer geworden. So kostet die neue Spitzen-Kassette nun 720 € statt wie bisher 506 € für die XG1299-Kassette. Die neuen X0- und XX-Schaltwerke haben eine unverbindliche Preisempfehlung von 660 € (vorher: 573 € für SRAM AXS X01-Schaltwerk). Mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 480 € dürfte die X0-Kurbelgarnitur mit integriertem Powermeter aber potenziell ein interessantes Upgrade im Laufe der Zeit darstellen.
Im folgenden Dokument findet ihr alle unverbindlichen Preisempfehlungen der neuen SRAM Eagle AXS-Schaltgruppen:
SRAM-Eagle-AXS-Transmission-PreislisteEinstellung und Montage
Genug der Zahlen, Fakten und kühlen Theorie – die neuen SRAM Eagle AXS-Schaltgruppen sind für den Trail gemacht und wollen dort mit einer fantastischen Performance begeistern. Dafür muss die Schaltgruppe aber ans Rad. Wie bereits beschrieben hat SRAM hart dran gearbeitet, die neuen Schaltungen so einfach und unkompliziert wie möglich zu gestalten. Wie genau funktionieren nun also Montage und Einstellung?
Die Montage von Shifter und Kurbeln funktioniert wie gewohnt – lediglich die veränderte Kettenlinie muss gegebenenfalls berücksichtigt werden. Die Kassette wird, man kennt es, ganz normal auf dem XD-Freilauf befestigt. Entscheidend für die Funktion der neuen Gruppe sind aber die korrekte Montage und Einstellung des Schaltwerks. Und hier gibt es gravierende Änderungen. Vorneweg: Die Montage der neuen AXS-Schaltwerke ist etwas komplizierter geworden, da man das Schaltwerk nicht mehr einfach nur ans Schaltauge schraubt. Dafür fallen jegliche Einstellungen am Schaltwerk selbst weg.
Für die korrekte Installation wird zunächst die Kettenlänge benötigt. Diese ergibt sich aus der Größe des verbauten Kettenblatts und dem Rahmen. Basierend darauf kann auf der SRAM-Website oder in der AXS-App die benötigte Kettenlänge errechnet werden. Außerdem wird eine der beiden Setup-Positionen des Schaltwerks vorgegeben. An Hardtails oder vollgefederten Bikes mit sehr wenig Kettenlängung ist dies normalerweise die A-Position des Schaltwerks. Bei den meisten Fullies muss das Schaltwerk hingegen in die B-Position gebracht werden. Dieser Umbau ist mit ein bis zwei Handgriffen erledigt und sehr unkompliziert.
Nun kann das Schaltwerk am Rahmen befestigt werden. Dazu muss zunächst das SRAM UDH-Schaltauge entfernt und die Buchse aus dem Schaltwerk in den Rahmen eingesetzt werden. Danach wird das Schaltwerk mit einem 8 mm-Inbus an den Rahmen geschraubt und eine volle Umdrehung gelockert. Als Nächstes wird das Schaltwerk in die gelockte Cage Lock-Position gebracht und das Hinterrad inklusive Achse befestigt. Hier wiederholt sich der Prozess: Die Achse wird festgezogen und dann eine volle Umdrehung gelockert.
Nun wird die Kette durch das Schaltwerk gefädelt und per Powerlock geschlossen. Außerdem wird der Cage Lock am Schaltwerk deaktiviert. Mit der Hand zieht man den Käfig des Schaltwerks nun auf Spannung und schraubt das Schaltwerk gleichzeitig mit 35 Nm am Rahmen fest. Im Anschluss wird noch auf der Nicht-Antriebsseite die Achse festgezogen – und fertig ist das perfekte Setup. Die richtige Kettenlänge und etwas Übung vorausgesetzt, lässt sich dieser Prozess in ein bis zwei Minuten durchführen.
Ganz wichtig: Dieser komplette Setup-Prozess muss auf einem speziellen Ritzel der Kassette durchgeführt werden. Sofern nicht anders von der AXS-App angegeben, handelt es sich hierbei um den siebten Gang mit 21 Zähnen. Dieses Ritzel ist auf der Innenseite rot markiert – der komplette Montage- und Setup-Prozess ist wirklich kinderleicht. Falsch oder unsauber eingestellte Schaltwerke dürften mit der neuen SRAM Eagle AXS also der Vergangenheit angehören.
Auf dem Trail
Wie fährt sich nun also die revolutionäre Elektro-Schaltung aus dem Hause SRAM? Um das zu überprüfen, sind wir die SRAM X0 Eagle AXS über mehrere Wochen im nasskalten Winter gefahren. Dass eine perfekt eingestellte Schaltung im Neuzustand gut funktioniert, für butterweiche Gangwechsel sorgt und keine Probleme macht, dürfte klar sein. Die Probleme ergeben sich oft erst im Laufe der Zeit durch Beschädigungen, Verschleiß und den dauerhaften Zug durch das Motorsystem. Aus diesem Grund haben wir gut zwei Monate lang die SRAM X01 Eagle AXS an einem Specialized Turbo Levo auf winterlichen Trails gefahren – mit dem Ziel, die neue Schaltung an ihre Grenzen zu bringen. Viele Kilometer später können wir festhalten: Es ist uns nicht gelungen.
Controller: Endlich macht es Klick!
Beim ersten Aufsitzen ist es zunächst der neue Trigger, der für ein Aha-Erlebnis sorgt. Die erste Generation von SRAMs AXS-Schaltungen wurde mit einer etwas gewöhnungsbedürftigen Schaltwanne ausgeliefert; zwischenzeitlich hat SRAM noch einen Trigger-ähnlichen Schalthebel als Upgrade präsentiert. 100 % überzeugt haben uns die beiden Bedienelementen im Laufe der vergangenen Jahre jedoch nicht – beiden bisherigen Lösungen hat vor allem ein definiertes Gefühl gefehlt. Der neue Trigger – Pardon, Controller – bietet nun ein sehr viel deutlich definierteres Klick-Gefühl. Der Widerstand ist deutlich höher als bei den bisherigen AXS-Schalthebeln, sodass versehentlich betätigte Schaltvorgänge nun der Vergangenheit angehören. Bei jedem Schaltvorgang bekommt man nicht nur ein auditives Feedback durch das Schaltwerk und den Schaltvorgang selbst, sondern nun auch ein haptisches Feedback durch den Trigger. Das stellt aus unserer Sicht eine deutliche Verbesserung am E-Mountainbike dar.
Ist der neue SRAM AXS-Controller nun also in allen Belangen ein klarer Fortschritt? Nicht ganz. Wer den Schalthebel für gewöhnlich weit nach oben zum Lenker dreht und gleichzeitig die Bremshebel eher in einem flachen Winkel einstellt, stößt mit dem Matchmaker-Interface an seine Grenzen: Der Winkel zwischen Bremshebel und Controller lässt sich nicht groß genug einstellen. In solch einem Fall muss man zur Infinity Clamp greifen, die mit einer dezenten Optik aufwartet. Eine dedizierte Matchmaker-Lösung wäre aus unserer Sicht aber begrüßenswert, denn die Infinity Clamp stellt letztlich eine Lösung für ein Problem dar, das eigentlich gar nicht existieren sollte. Auch die etwas exponierte Position der knubbeligen Controller könnte im Falle eines Sturzes für Probleme sorgen. Hier wäre mehr Integration wünschenswert.
Schaltwerk: Mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks
Der Star der neuen SRAM Eagle AXS-Transmission ist aber zweifellos das neue Schaltwerk, wenngleich viele Verbesserungen am Schaltsystem aus den Veränderungen an Kassette, Kette und Interface resultieren. Die Montage und korrekte Einstellung des Schaltwerks ist nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis sehr leicht. Einmal korrekt montiert, muss man am Schaltwerk selbst keine weiteren mechanischen Einstellungen mehr vornehmen. Eine Mikro-Justage über den Controller oder die AXS-App ist weiterhin möglich. Das vereinfachte Setup des Schaltwerks ist für uns ein riesiger Pluspunkt, der wie von SRAM intendiert für dauerhaft gute und zuverlässige Schaltvorgänge sorgt.
Stichwort Schaltvorgang: Dieser funktioniert extrem präzise, allerdings auch mit einer gewissen Gemütlichkeit. Drückt man auf den definierten Knopf des Controllers, kann es durchaus etwas dauern, bis die Kette in den gewünschten Gang springt. Die Schaltvorgänge der neuen SRAM Eagle AXS-Transmission sind spürbar langsamer, als man dies von den bisherigen SRAM AXS-Schaltungen und auch von klassischen mechanischen Schaltungen gewohnt ist. Wer einen großen Wert auf eine möglichst schnelle Schaltgeschwindigkeit legt, dürfte – zumindest zunächst – kein Fan von den neuen Eagle AXS-Schaltgruppen sein. Auch im Rahmen unserer 2021 durchgeführten Schaltgeschwindigkeits-Messung wären die neuen SRAM-Gruppen mit Sicherheit hinten gelandet.
Dass die neue SRAM-Schaltung deutlich langsamer agiert, als man das bisher kennt, ist allerdings wenig überraschend. SRAM ging es bei der Entwicklung des neuen Schaltsystems vor allem darum, schlechte Schaltvorgänge zu eliminieren – und im Umkehrschluss die Schaltqualität und -zuverlässigkeit deutlich zu erhöhen. Genau das ist dem Entwicklungs-Team mit Bravour gelungen: Wenn die neue SRAM Eagle AXS schaltet, dann geschieht dies nahezu immer mit extrem hoher Qualität.
Einige SRAM-gesponserte XC-Profis haben unmittelbar vor der Weltmeisterschaft 2022 in Les Gets die neue Schaltgruppe erstmals erhalten und waren aufgrund der geringen Schaltgeschwindigkeit zunächst skeptisch. Durch die viel höhere Schaltqualität ist es mit dem neuen Antrieb allerdings auch möglich, praktisch unter Volllast im Wiegetritt zuverlässig zu schalten. Die reine Schaltgeschwindigkeit ist also spürbar niedriger. Dafür kann man jedoch in deutlich mehr Situationen bedenkenlos und mit hoher Qualität schalten. Unterm Strich sind beide Aussagen für das Schalten auf dem Trail relevant und eine Umgewöhnung ist nötig.
Das gilt selbstverständlich nicht nur für den Einsatz auf der XC-Rennstrecke, sondern auch für Trail-Ausfahrten und den Enduro-Bereich: Die Schaltqualität ist sehr hoch, die Geschwindigkeit hingegen langsamer. Will man zwischen zwei Sektionen in der Abfahrt schnell mehrere Gänge auf einen Schlag wechseln, kann man die langsame Schaltgeschwindigkeit durchaus als etwas störend empfinden. Auf einen Schlag mehrere Gänge durchknallen ist nicht die Parade-Disziplin des neuen SRAM Eagle AXS-Antriebs. Dadurch, dass nur noch kontrollierte Schaltvorgänge möglich sind, soll laut SRAM auch die Haltbarkeit der Kassette deutlich gesteigert worden sein.
Geräuschkulisse? Fehlanzeige!
Was eine weitere signifikante Veränderung zu den bisherigen AXS-Schaltungen darstellt und uneingeschränkt positiv zu bewerten ist, ist die sehr viel höhere Spannung von Kette und Schaltwerk. Daraus resultiert eine sehr viel leisere Geräuschkulisse. Zwar kann die Kette auf harten, aufeinanderfolgenden Schlägen noch immer in Kontakt mit der Kettenstrebe kommen – doch insgesamt fällt auf, dass die Kette des neuen SRAM Eagle AXS-Antriebs deutlich, deutlich weniger schlackert und rumpeitscht als in der Vergangenheit.
Selbiges gilt für das Schaltwerk. Durch die flächige Klemmung entsteht eine deutlich höhere Reibkraft, sodass das Schaltwerk nun nicht mehr nach hinten rotieren kann. Dies war bei den bisherigen Eagle AXS-Schaltwerken nicht der Fall, sodass die bisherigen kabellosen Schaltwerke von SRAM in ruppigem Gelände oft nach hinten geschlagen sind und laut gescheppert haben. Hier konnte man zwar mit kleineren Hacks wie dem Einsatz einer Unterlegscheibe für mehr Ruhe sorgen. Dies ist allerdings auf Kosten der Haltbarkeit des Schaltwerks geschehen.
Das neue SRAM Eagle AXS-Schaltwerk schlägt nun nicht mehr nach hinten aus – egal ob X0 oder XX. Besonders deutlich wird der Unterschied, wenn man zurück auf die erste Generation von AXS-Schaltwerken wechselt. Während diese auf repetetiven Schlägen fast schon für Ohrenschmerzen sorgen, ist der neue Antrieb in nahezu jeder Situation praktisch flüsterleise. Zur Einordnung: Wir sind unser mit dem SRAM XX Eagle AXS-Antrieb ausgestattetes Scott Genius gegen Ende unseres 6 Monats-Tests im direkten Vergleich gegen 8 aktuelle Enduro Race-Boliden auf harten, steinigen und schnellen Abfahrten in Finale Ligure gefahren. Diese waren teilweise mit elektrischen SRAM-Antrieben, teilweise mit mechanischen SRAM-Schaltungen und teilweise auch mit Shimano-Produkten ausgestattet. Trotz reduziertem Federweg war das Scott Genius das mit Abstand leiseste Rad im direkten Vergleich. Allein schon die deutlich reduzierte Geräuschkulisse dürfte ein gewichtiges Argument für die neue Generation SRAM-Antriebe sein.
Kassette: Nur echt mit 52 Zähnen
Die Veränderungen an der Kassette, von denen man unmittelbar auf dem Trail etwas mitbekommt, halten sich in Grenzen – auch wenn die Entwickler*innen von SRAM an dieser Stelle wohl vehement widersprechen und zu Recht auf die Rolle der Kassette bei den Themen Haltbarkeit, Präzision und Schaltqualität hinweisen würden. Eine Änderung, die man aber tatsächlich mitbekommt, ist die veränderte Spreizung der Ritzel. An der Bandbreite von 52 % mit einer Range von 10 bis 52 Zähnen hat sich nichts getan. Allerdings sind die Abstände zwischen den Ritzeln nun gleichmäßiger. Das macht sich vor allem im Uphill auf den großen Ritzeln der Kassette bemerkbar.
Während die drei größten Ritzel bislang 36, 42 und 52 Zähne groß waren, sind die Ritzel Z2 (44 T) und Z3 (38 T) nun jeweils zwei Zähne größer geworden. Dadurch ist der Sprung vom zweitgrößten auf das größte Ritzel kleiner – und das große 52er-Ritzel fühlt sich weniger wie ein Rettungsring für den absoluten Notfall an. Die Range der neuen Kassette ist in den leichten Gängen auf den großen Ritzeln fortan also besser nutzbar. Gleichzeitig ist man jetzt jedoch auf genau diese Bandbreite mit den vorgegebenen Sprüngen zwischen den Ritzeln festgelegt. Kassetten-Varianten mit 50er-Ritzel wird es fortan nicht mehr geben. Wer bergauf überwiegend auf Schotter und Forstwegen unterwegs ist und daher kein 52er-Ritzel benötigt, könnte sich an diesem Aspekt womöglich stören. Da Schaltwerk und Kassette aber ein aufeinander abgestimmtes System sind, ist nicht davon auszugehen, dass es von SRAM Alternativen geben wird. Die Größe der Kassette und die Sprünge zwischen den Ritzeln sind klar definiert.
Zuverlässigkeit: Sie hält und hält und hält …
Das Thema Zuverlässigkeit stand bei der Entwicklung der neuen Eagle AXS-Antriebe sehr weit oben im Lastenheft von SRAM. Entsprechend haben wir uns während unseres sechsmonatigen Tests keine Mühe gegeben, die Schaltgruppe besonders zu pflegen, das Testbike nur bei strahlendem Sonnenschein aus dem Keller zu holen oder die Schaltung mit Samthandschuhen anzufassen. Kurzum: Unser Testteam hat die neue SRAM XX Eagle AXS hart und ausgiebig getestet.
Generell hatten wir während des Tests keine Probleme mit der neuen Schaltgruppe. Auch die Zuverlässigkeit kann sich absolut sehen lassen. Ob sie wirklich noch schaltet wie am ersten Tag? Schwer zu sagen, doch falls die Schaltperformance nachgelassen haben sollte, dann in einem im normalen Trail-Alltag nicht feststellbaren Ausmaß. Schaltwerk und Kurbeln haben natürlich die ein oder andere Schramme, doch insgesamt läuft der SRAM XX Eagle AXS-Antrieb extrem zuverlässig und begeistert nach wie vor mit einer enormen Präzision.
Ist die neue SRAM-Schaltgruppe unzerstörbar? Wohl kaum. Es wird sicherlich Situationen geben, in denen ein unglücklicher Steinkontakt zum vorzeitigen Ableben eines der Bauteile sorgen wird. Doch im Vergleich zur ersten Generation elektrischer SRAM-Schaltungen dürfte die neue Eagle AXS deutlich stabiler sein und zuverlässiger eine dauerhaft hohe Schaltperformance bieten. Und auch die Sitzstreben an unserem Scott Genius sind nach wie vor perfekt erhalten.
Das ist uns aufgefallen
- Installation Die Montage der neuen SRAM Eagle AXS-Schaltgruppen und die optimale Einstellung ist sehr viel leichter, als man dies von herkömmlichen mechanischen oder elektronischen Schaltungen kennt. Das sorgt für gute Laune bei der Installation und dürfte mittel- und langfristig die Zuverlässigkeit deutlich erhöhen.
- Geräuschkulisse Die neuen SRAM-Schaltungen sind im Trail-Alltag deutlich leiser, als man das kennt, und in den allermeisten Situationen praktisch klapperfrei unterwegs. Wir sind große Fans davon!
- Schaltqualität vs. -geschwindigkeit Während die Qualität und Präzision der Schaltvorgänge deutlich gesteigert wurde, ist die reine Schaltgeschwindigkeit nun etwas langsamer als zuvor – was nicht verwunderlich ist, denn SRAM wollte vor allem schlechte Schaltvorgänge mit der neuen Schaltung eliminieren. Dass man bei voller Motorunterstützung unter hoher Last sehr zuverlässig schalten kann, ist das Ergebnis des langsameren Schaltvorgangs. Allerdings ist die gesunkene Schaltgeschwindigkeit definitiv gewöhnungsbedürftig.
- Ergonomie des Controllers Generell sind wir sehr angetan vom neuen AXS-Controller, auch wenn die Optik zumindest in unseren Augen eher ein Rückschritt ist. Wer einen großen Winkel zwischen Brems- und Schalthebel fährt, wird zumindest mit dem Matchmaker-Setup in die Röhre schauen. Auch kann die exponierte Position des Controllers nicht alle Redakteure im Team überzeugen.
- Preis Mit Preisen zwischen 1.900 € für die SRAM X0 Eagle AXS-Schaltgruppe bis hin zu 2.650 € für die XX SL-Gruppe bewegen sich die unverbindlichen Preisempfehlungen ungefähr in dem Bereich der bisherigen X0 und XX AXS-Gruppen (zur Markt-Einführung 2019: X0 AXS: 2.000 € / XX AXS: 2.100 €). Eine genaue Einordnung fällt schwer, da aktuell noch nicht abzusehen ist, auf welchem Niveau sich letztlich die Straßenpreise einpendeln werden. Fest steht aber: Die neuen SRAM Eagle AXS-Schaltungen, egal ob X0, XX oder XX SL, sind absolute Premium-Produkte. Wirklich interessant dürfte es werden, wenn es die neue Generation elektrischer SRAM-Schaltungen auch zu günstigeren Preispunkten geben wird.
Fazit – SRAM XX Eagle AXS
Die neue Generation SRAM Eagle AXS-Schaltungen beeindrucken im Stand mit innovativen Technologien und auf dem Trail mit einer präzisen Schaltqualität sowie einer hohen Zuverlässigkeit in praktisch allen Lebenslagen. Auch das enorm vereinfachte Setup und die deutlich reduzierte Geräuschkulisse der Schaltgruppe sind sehr positiv zu bewerten. Das zwingend vorausgesetzte SRAM UDH-Interface und die Skepsis bezüglich der Rahmen-Haltbarkeit dürften jedoch auch kritische Stimmen hervorrufen. Gewöhnungsbedürftig ist die langsame Schaltgeschwindigkeit, die eine Umstellung erfordert, und auch die Ergonomie nebst der exponierten Position der neuen Controller konnte uns nicht in jeglicher Hinsicht überzeugen. Unterm Strich ist die neue SRAM Eagle AXS aber ein deutlicher Fortschritt zu allen bisherigen elektrischen Schaltgruppen aus dem Hause SRAM – und die Konkurrenz dürfte es zukünftig noch schwerer als bisher haben.
Pro / Contra
Pro
- extrem hohe Schaltqualität und -präzision
- einfache Montage und Einstellung
- nahezu kein Klappern und Schlagen von Kette und Schaltwerk
- verbesserte Abstände der Kassetten-Ritzel
- deutlich definiertes Schaltgefühl der Controller
Contra
- hohe Preise
- Ergonomie und Position der Controller verbesserungsfähig
Was ist eure Meinung zur neuen AXS-Generation?