Der Stoneman Glaciara ist eine E-MTB-Challenge, welche rund um den größten Gletscher der Alpen führt. 127 km und 4.700 Höhenmeter gilt es dabei zu bezwingen. Die schweizerische Profi-Mountainbikerin Nathalie Schneitter hat sich dabei einer besonderen Herausforderung gestellt – an einem Tag und mit nur einem Akku – Ladepausen inklusive – möchte sie die komplette Distanz absolvieren! Ob ihr das gelungen ist, lest ihr in ihrem Bericht.
127 Kilometer, 4.700 Höhenmeter und 1 Akku
Die Batterieanzeige blinkt rot und die Steigung will kein Ende nehmen. Warum nur befindet sich der letzte Checkpoint auf der Mossfluh, ärgern wir uns über die Extra-Runde, die unsere Batterien nahe an die Nullprozent-Marke treibt. Die Antwort ist einfach: Stoneman Gründer Roland Stauder versteht sein Handwerk und weiß, dass sich die Zusatzschlaufe für den Blick auf den Aletsch-Gletscher mehr als lohnt. Uns treibt sie aber aufgrund der schmelzenden Batterie-Reserven zunächst den Angstschweiß in den Nacken, bevor die Freudentränen folgen, als wir den Aletsch-Gletscher im Sonnenuntergangslicht erblicken.
Unser Vorhaben ist simpel wie ambitioniert: Wir wollen die 127 Kilometer und 4700 Höhenmeter des Stoneman Glaciara an einem Tag mit einer E-Bike-Batterie bezwingen. Das tönt selbst in unseren Ohren verrückt und genau deshalb wollen wir es wagen. Die Fitness für ein solches Unterfangen bringen wir mit, aber genauso wichtig ist ein cleverer Plan. Das Batterie-Management ist das A und O bei einem solchen Projekt und deshalb sind Start- und Zielort sowie die Stopps zum Batterieladen unterwegs absolut zentral. Wir wählen Mörel aus Ausgangspunkt und erhalten das Starterpaket für den Stoneman Trail im Hotel. Im großen Überraschungspaket finden wir auch das wichtigste Puzzleteil für einen erfolgreichen Stoneman; die Stempelkarte. Sie wird uns durch die Tour begleiten und schlussendlich den Beweis erbringen, dass wir die komplette Tour absolviert haben. Wie bei einem Postenlauf muss die Karte an sechs Checkpoints abgeknipst werden, damit wir zum Schluss die Stoneman Trophäe in Empfang nehmen dürfen.
Kraft tanken vor der Challenge
Beim Abendessen gibts noch Teambesprechung, bevor wir uns für eine kurze Nacht ins Bett legen. Um genau 5:40 Uhr schwingen wir uns morgens in den Sattel. Es ist September und die Tage sind bereits kürzer als die Zeit, die wir brauchen werden. Deshalb fahren wir im Dunkeln los, mit dem Ziel, zum Sonnenaufgang bereits auf dem Breithorn zu sein. Das Hotel hat uns netterweise Frühstück bereitgelegt, doch außer Kaffee und einem kleinen Brötchen mit viel Nutella bringen wir nichts runter. Wir schalten in den Eco-Modus und nehmen die mit 1650 Höhenmetern längste Steigung des Tages in Angriff – quasi zum Aufwärmen. Erst ganz oben, als wir den Sonnenaufgang zu verpassen drohen, schalten wir in Tour+ und investieren etwas Batterie, um das Naturspektakel miterleben zu dürfen. Wenn schon – denn schon! Wenn wir so früh aufstehen, dann wollen wir den Sonnenaufgang auf 2444 Meter über Meer auf keinen Fall verpassen. Beim Checkpoint Breithorn weht uns ein bissig kalter Wind entgegen, der die Hände steif und die Bewegungen langsam macht. Ich bin froh, dass die Stempelkarte bereits griffbereit positioniert im Rucksack liegt und ich meine Handschuhe nicht ausziehen muss. Zwei Minuten später geht auf dem Breithorn die Sonne auf und das Morgenlicht entschädigt für alles. Obwohl wir es eigentlich längst wissen, lernen wir einmal mehr, dass sich früh aufstehen immer lohnt!
Die Abfahrt ins Binntal erscheint uns wie ein Gefrierschrank, zweimal müssen wir eine Pause einlegen, um uns hüpfend wieder aufzuwärmen. Der Trailanteil in der Abfahrt ist minimal, doch dank der Vorfreude auf ein ausgiebiges Frühstück im Restaurant Ofenhorn in Binntal hält die gute Laune an. Nach 2.5h und 1650 hm haben wir uns ein richtiges Frühstück verdient. Wir hatten uns zum Ziel gesetzt, mit 50 % Batterie den zweiten Checkpoint in Binntal zu erreichen, sodass die Batterien während dem Frühstück nochmals ausgiebig geladen werden können. Wir wissen, dass der zweite Teil der Batterie schneller lädt, als wenn sich der Füllstand der Batterie schon dem Ende zu neigt, und deshalb laden wir so früh wie nur möglich. 750 Wattstunden misst eine Batterieladung bei unserem Bosch Smart System und die 90-minütige Frühstückspause reicht, um von 50 % wieder auf 75 % zu laden. 90 Minuten reichen uns auch, um zu viel Kaffee zu trinken und das Frühstücksbuffet leer zu essen. Gestärkt für den langen, bevorstehenden Tag, sind wir nun auf alle Fälle.
Gerade als die Sonne das erste Mal die Talsohle küsst, fahren wir in Binntal wieder los. Gegen 10:30 Uhr wird’s dann auch endlich wärmer und wir können zumindest die Windjacke und Winterhandschuhe ausziehen. Der Rhone entlang geht es talaufwärts in Richtung Obergoms. Der Streckenabschnitt ist zwar nicht wahnsinnig spektakulär, doch das stetige Auf und Ab ist eine willkommene Abwechslung für die bereits müden Beine und wir machen schnell Kilometer, sodass wir den dritten Checkpoint in Rekingen früher erreichen als erwartet. Noch sind wir perfekt im Zeitplan und auch das Batterie-Management scheint aufzugehen.
Das erste Mal E-MTB Modus
Doch bereits kurz später lehrt uns der steile und technische Aufstieg nach Bellwald, dass die einfachen Kilo- und Höhenmeter nun Geschichte sind. Der Trail ist so steil, dass wir zwischenzeitlich in den E-MTB Modus schalten müssen. Noch sind wir entspannt, denn in Bellwald haben wir den Mittagsstopp mit Ladephase eingeplant. Doch es ist Nebensaison und Bellwald ist still und leer, kein Restaurant an der Route ist geöffnet. Wir stempeln bei Checkpoint vier und fahren weiter. Obwohl bis Fiesch nur noch wenige Höhenmeter zu bewältigen sind, werden wir langsam nervös. Je später wir die E-Bikes laden, desto länger wird die benötigte Ladedauer. Um die Konzentration hochzuhalten, werfe ich mir noch ein paar Haribos ein und so meistert sich die spaßige, aber knackige Abfahrt mit links. Um 13.30 Uhr sind wir endlich in Fiesch und finden ein Restaurant, das geöffnet hat. Die Frage nach zwei Steckdosen wird freundlich aufgenommen und mit Batterien an der Steckdose und Essen auf dem Tisch entspannen wir uns langsam wieder. Mit 40 % Batterieladung sind wir beim Mittagsstopp in Fiesch angekommen, weniger als wir uns gewünscht hätten. Im Wissen, dass wir ziemlich lang sitzen bleiben müssen, schlagen wir uns erneut die Bäuche voll. Als wir nach 90 Minuten mit 60 % Batterieladung endlich wieder aufs E-Bike steigen, sehnen wir uns eher nach einem Mittagsschlaf als nach weiteren 1’600 Höhenmetern. Wir rechnen und merken, dass zwei Drittel der Höhenmeter bereits geschafft sind. Der Gedanke stimmt uns versöhnlich.
Rund 1’000 Höhenmeter geht’s von Fiesch auf die Fiescheralp. Viele Serpentinen machen die Strecke kurzweilig und wir sind froh, dass die Steigung in Eco-Modus fahrbar ist. Batterie sparen heißt die Devise, denn gemäß unseren Recherchen stehen die fahrtechnisch schwierigen Streckenabschnitte, die auch mehr Motorenpower erfordern, noch bevor. Je höher wir gelangen, desto besser wird auch der Ausblick auf die andere Talseite hin zum Breithorn, wo wir am Morgen noch den Sonnenaufgang bestaunt haben. Es scheint unsagbar weit weg zu sein und einmal mehr sind wir erstaunt, wie weit man an einem Tag gelangen kann.
Um 17:00 Uhr gelangen wir durch den Tunnel zum Märjensee zum fünften Checkpoint. Langsam aber sicher spüren wir, dass wir bereits 11 Stunden unterwegs sind und über 4’000 Höhenmeter in den Beinen haben. Trotzdem spüren wir einen erneuten Energieschub, als wir den Trail zurück zur Fiescheralp in Angriff nehmen. Konzentration ist gefragt. Der Trail ist exponiert, ziemlich verblockt und die steilen Gegenanstiege werden mit der merklich schwindenden Batterieunterstützung immer schwieriger zu bewältigen, ohne E-MTB-Modus geht hier gar nichts und ein zwei Mal schieben wir das E-Bike sogar. Wir entscheiden uns auf der Fiescheralp nochmals 20 Minuten zu laden, um die letzten 230 Höhenmeter zur Moosfluh noch mit 20 % in Angriff nehmen zu können. Natürlich ist dies nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein, doch in Angesicht dessen, dass uns das Tageslicht auszugehen droht, ein angemessener Kompromiss.
Das Ende des Akkus
Die Batterieanzeige blinkt rot und die Steigung zur Moosfluh will kein Ende nehmen. Wir ärgern uns über die Extra-Runde, die unsere Batterien nahe an die Nullprozent-Marke treibt. Der Angstschweiß, dass wir unser Projekt vielleicht nicht schaffen, dringt langsam durch alle Poren. Doch als wir punktgenau zum Sonnenuntergang mit 5 % Batterie den letzten Checkpoint erreichen, weicht der Angstschweiß den Freudentränen. Der Aletschgletscher erstrahlt im goldenen Abendlicht und der Sonnenuntergang lässt die Anstrengungen des Tages von uns abfallen. Der Aletschgletscher ist mit 23 Kilometern Länge der mächtigste Eisstrom der Alpen und über ihm thronen majestätisch Eiger, Mönch und Jungfrau am Gletscherfirn neben dem Aletschhorn. Wir setzen uns auf ein Bänkchen und genießen den Moment, den wir uns hart erkämpft haben. Insgeheim freuen wir uns auch über unser Timing: Sonnenaufgang auf dem Breithorn und Sonnenuntergang auf der Moosfluh, perfekter könnte es nicht sein!
Es wird langsam dunkel und 1400 Tiefenmeter liegen noch vor uns und wir stellen uns auf ein gemütliches Ausrollen ein. Doch ein platter Hinterradreifen und etliche kleine Gegenanstiege, die uns tatsächlich absolut unerwartet überraschen, bringen uns nochmals ans nervliche Limit. Mit 1% Batterie erreichen wir schlussendlich das Hotel, das wieder genauso im Dunkeln liegt, wie früh morgens als
wir es verlassen haben. Etwas wehmütig denken wir an die spaßige letzte Abfahrt zurück, die wir gar nicht richtig genießen konnten. Viel zu müde waren wir vom langen Tag, viel zu angespannt, ob die Batterie bis zum Schluss reichen wird. Wir uns einig: Den Stoneman Glaciara an einem Tag mit einer Batterie zu fahren, ist zwar möglich, doch weiterempfehlen würden wir dies nicht. Das Wallis ist landschaftlich zu schön, die Trails zu gut und das Essen zu genussvoll, um sich nicht mehr Zeit dafür zu nehmen.
Dass es für E-Biker nur einen normalen und keinen goldenen Stein gibt, wie für die Bio-Biker, die den Stoneman an einem Tag absolvieren, ist uns eigentlich egal. Wir sind stolz, als wir die Stempelkarten im Hotel abgeben und die Trophäe in Empfang nehmen und bauen diese mit der Stirnlampe auf dem Parkplatz zusammen.
Toureninfos
Region:
Zwischen den grössten Gletschern der Alpen, imposanten Viertausendern und jahrhundertealten Bergdörfern führt der Stoneman Glaciara durch die Bilderbuchlandschaft des Schweizer Kanton Wallis. Die Länge und Anzahl der einzelnen Etappen mit insgesamt 127 Kilometern 4700 Höhenmetern kann man individuell wählen. Die Drei-Tage-Variante eignet sich perfekt als Genuss-Tour um die landschaftlichen Highlights und die lokale Kulinarik zu geniessen.
Website: www.stoneman-glaciara.com
Anforderung: Gute Fahrtechnik erforderlich, Weg teilweise ausgesetzt. Großer Teil der Route führt aber über Kiesstraßen, die für alle Niveaus gut fahrbar sind.
Distanz und Höhenmeter: 127 Kilometer, 4700 Höhenmeter
Starterpakete: Gäste der 23-Partnerhotels erhalten diese direkt im Hotel. Externe Gäste bei den offiziellen Ausgabestellen. Alle Partner sind auf der Website auffindbar.
Tourenplanung: GPX-Track und Infos zur sinnvollen Routeneinteilung gibt’s auf der Website. Die Tour wird gegen den Uhrzeigersinn gefahren. Eine Routenkarte gibt’s im Starterpaket und die Route ist komplett beschildert.
Checkpoints: Im Starterpaket findet sich die Stempelkarte, die bei den sechs Checkpoints abgestempelt werden muss: Breithorn, Binn, Reckingen, Bellwald, Märjela, Mossfluh
Saison: Juni – Oktober, je nach Wetterbedingungen
Mögliche Etappen:
- Etappe 1: Mörel – Ernen / 42,9 Kilometer / 1990 Höhenmeter
- Etappe 2: Ernen – Fiesch: 34,9 Kilometer / 770 Höhenmeter
- Etappe 3: Fiesch – Mörel: 49,3 Kilometer / 1940 Höhenmeter
Unterkunft:
Einkehrtipps:
Stoneman-Trophäen: Registrierte Bio-Biker, die den Stoneman an einem Tag schaffen, erhalten eine Steinmännchen-Trophähe in Gold. Für zwei Tage gibt es silber, für drei Bronze. Für E-Biker gibt’s als Erinnerung eine Trophäe aus Naturstein. Grund genug, um den Stoneman Glaciara als Genuss-Tour zu fahren.
Lademöglichkeiten:
- Checkpoint Bellwald
- Fiescheralp
- Riederalp
- Binn
- Goms (Blitzingen)
Das Laden in Restaurants mit dem eigenen Ladegerät ist kein Problem. E-Bike Schlüssel unbedingt mitnehmen, das Laden einzelner Batterien ist unkomplizierter als das von ganzen E-Bikes.
ACHTUNG: Einige Ladestationen verfügen noch nicht über ein Ladegerät für das Smart System von Bosch E-Bike Systems.
Was sagt ihr zur Teilnahme von Nathalie Schneitter am Stoneman Glaciara?