Focus Raven² Pro im Test: E-Bikes machen Spaß, sind bislang größtenteils aber noch sehr schwer – bereits im vergangenen Jahr machte sich Focus mit Projektstudien daran, dies zu ändern. Mit dem brandneuen und mit 14 kg grotesk leichten Focus Raven² scheint dies geglückt zu sein – das “normale” Raven ist die Crosscountry-World-Cup Maschine aus dem Hause Focus. Wir konnten das Focus Raven² Pro am Gardasee testen, wo auch die spektakuläre Alpencross-Aktion von Flo Vogel und Markus Schulte-Lünzum auf den beiden Focus Raven² ihren Abschluss fand.
Focus Raven² Pro – kurz & knapp
Leicht und schnell …
Vor einem Jahr konnten wir die Vorab-Version Focus Projekt Y probefahren – jetzt ist das E-Bike serienreif! Mit dem Raven² Pro hat Focus auf der Suche nach einem sportlichen E-Bike ein ziemlich revolutionäres Produkt entwickelt: Der Anspruch bei Focus ist es weiterhin, das perfekte Bike für sich selbst zu entwickeln. Das Focus Raven² ist ein Carbon-E-Bike basierend auf der erfolgreichen Raven XC-Plattform. Der verwendete Fazua-Antrieb und das Akku-Design ermöglichen eine vollständige Integration im Inneren des Carbon-Unterrohrs. Das Fazua-System besteht aus einem Tretlagergetriebe, einer Motor- und Getriebe-Einheit namens Drivepack sowie dem Akku. Das E-Bike wiegt 14 kg und der Preis ist im Vergleich zu den Neuvorstellungen der letzten High-End-Modelle in der E-Bike-Welt fast schon als günstig zu bezeichnen.
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Focus Raven² – Technische Daten
Geometrie
Gemessene Überstandshöhe: 814 mm (Rahmengröße L)
Size | S | M | L |
---|---|---|---|
A | 420 mm | 460 mm | 500 mm |
C | 69,8° | 69,8° | 69,8° |
D | 74,5° | 74,5° | 74,5° |
E | 454 mm | 454 mm | 454 mm |
F | 68 mm | 68 mm | 68 mm |
G | 104 mm | 107 mm | 130 mm |
H | 501 mm | 501 mm | 501 mm |
I | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
K | 620 mm | 623 mm | 644 mm |
L | 420 mm | 435 mm | 450 mm |
B | 592 mm | 608 mm | 629 mm |
J | 1119 mm | 1135 mm | 1158 mm |
Ausstattung
Frame | Rahmen | Carbon, 148x12 mm, internal cable routing, Post Mount 160 mm. |
Fork | Gabel | Fox 32 Float SC Performance, remote, 110x15 mm QR, 100 mm travel. |
Shifter | Schalthebel | Shimano Deore XT 8000 |
Derailleur | Schaltwerk | Shimano Deore XT 8000 11-speed |
Cassette | Kassette | Deore XT, 11–46 T |
Cranks | Kurbel | FSA Hollow |
Brakes | Bremse | Shimano XT M8000 180 mm / 160 mm |
Wheels | Laufräder | DT Swiss M1650, 622 x 25, 148 x 12 mm / 110 x 15 mm. |
Tires | Reifen | Continental RACE KING 2.2 SL |
Seat | Sattel | Prologo SCRATCH X8-blk |
Seatpost | Sattelstütze | BBB Carbon, 27,2 mm, 394 mm |
Bar | Lenker | BBB, Aluminium, Flatbar, 720 mm, 0 mm Rise, 9° Backsweep |
Stem | Vorbau | BBB, Aluminium, 90 mm |
Motor | Motor | Fazua Evation, 60 Nm, 250 W |
Display | Display | Fazua Evation 1.0 |
Battery | Akku | Fazua Evation, 250 Wh |
Power | Leistung | 250 W |
Weight | Gewicht | 14 kg |
Price (RRP) | Preis (UVP) | 5999 € |
Motor & Akku
Details zum Evation Fazua
Spricht man “Fazua” mit einem leicht bayrischen Akzent aus, dann weiß man, woher der Name kommt und was er bedeutet – Fahr zu! Die Motor-/Getriebeeinheit plus Akku wiegt in Summe 3,2 kg – zusammen mit dem Tretlagergetriebe kommt das Gesamtsystem auf 4 kg und ist damit eines der leichtesten Antriebssysteme auf dem Markt. Fazua scheint nach der Vorstellung auf der ISPO 2012 jetzt den Sprung vom Startup zum sich verbreitenden Hersteller zu schaffen: Der Antrieb wird neben Focus auch von Cube, Bianchi, Fantic und Maserati Bikes integriert und spezifiziert. Ein natürliches Fahrgefühl und niedriges Gewicht sind die Punkte, die Fazua ausmachen sollen.
Der Fazua-Antrieb nutzt ein mehrstufiges Untersetzungsgetriebe – damit stehen dem Fahrer 60 Nm Drehmoment zur Verfügung. Die Zahnräder des Getriebes sind wie auch bei der Konkurrenz aus Kunststoff, wodurch das Getriebe leicht und leise wird. Der Motor erlaubt eine Drehzahl von bis zu 4500 U/min. 100 U/min ist die empfohlene maximale Kadenz, das Drehmoment beträgt ab 85 Umdrehungen noch 90 % des maximalen Wertes. Das Tretlager verbindet den Antrieb mit den Kurbeln und enthält einen zweiten Freilauf (der erste befindet sich in der Antriebseinheit) sowie eine Kettenführung.
Das Drivepack wird über eine große Steckverbindung mit dem Tretlager verbunden. Vorteile des modularen Aufbaus sind:
- Klapperfrei
- Kabelfrei
- Einfachster Ein- und Ausbau
Wenn das Drivepack entfernt ist, kann das Bike wie ein normales MTB ohne Antrieb gefahren werden – das Zusatzgewicht durch das spezielle Tretlager und den verstärkten Rahmen ist dabei kaum der Rede Wert. Durch den kompakten Aufbau besitzt das Focus Raven² Pro die gleiche Kettenstrebenlänge wie das normale Raven. Abgesehen vom Zusatzgewicht ist das Fahrgefühl dadurch ebenfalls ziemlich identisch. Der Motor wird in der Schweiz hergestellt, das System in Deutschland montiert.
Der Fazua-Akku besitzt eine Kapazität von 250 Wh und basiert auf Samsung e35-18650 Zellen. Der Akku alleine wiegt 1,35 kg und kann mit einem Handgriff vom Motor entfernt werden. Das gesamte System ist nach Schutzart IP54 gegen Staub und allseitiges Spritzwasser geschützt. Sämtliche Stromverbindungen sind Standard-Rosenberger Stecker, die sowohl Strom als auch Daten über die sechspolige Verbindung schicken. Die Verbindung ist dabei magnetisch. Der Akku kann nicht im Fahrrad aufgeladen werden, allerdings ist die Entnahme des Akkus mit die schnellste und einfachste von allen von uns getesteten Bikes – ein Kopfdruck auf der Oberseite des Unterrohrs und man hat den Akku in der Hand – fertig! Der Akku ist spiel- und klapperfrei verbaut.
Die Fernbedienung ist eine Eigenentwicklung von Fazua und zeigt lediglich den Ladestand der Batterie an. Die Helligkeit der LEDs ändert sich je nach Umgebungslicht automatisch. Sie verfügt über zwei sehr angenehm zu bedienende Knöpfe zur Auswahl der Unterstützungsstärke.
- Motor: Fazua Evation 60 Nm
- Batterie: 250 Wh
- Leistung: max. 250 Watt
- Display: Fazua Evation 1.0
Focus Raven² Pro – in der Hand
Federleicht und beinahe nicht als E-Bike zu erkennen
Bereits beim ersten Betrachten wird klar, dass Focus mit dem Raven² Pro ein hochqualitatives High-End-Produkt geschaffen haben. Der Rahmen wurde aus 547 einzelnen Carbon-Gewebe-Stücken zusammengesetzt. Zum Vergleich: Das normale Raven besteht aus “lediglich” 234 Teilen. Das Layup ist hochkomplex und muss extrem präzise durchgeführt werden. Zudem haben Focus nicht einfach ein großes Loch ins Unterrohr geschnitten – nach ihren Angaben hat es sechs Wochen und einige verschiedenen Prototypen benötigt, um beim perfekten Layup zu landen.
Die Integration des Motors ist das Sahnestück des Raven², denn er fügt sich nahtlos ein und arbeitet lautlos. Der Tretlagerbereich und das hintere Rahmendreieck stammen aus dem regulären Raven, was ermöglicht, dass die Geometrie exakt dieselbe ist. Zudem kann die Batterie einfach entnommen werden, sollte man sie laden oder tauschen wollen. Das E-Bike kann auch ohne Akku gefahren werden, was 4 kg an Gewicht einspart und keine Nachteile im Tretwiderstand mit sich bringt.
Die ausgewählte Ausstattung trifft unserer Meinung nach den Nagel auf den Kopf und glänzt mit einer soliden Shimano XT-Schaltung und einer sanft ansprechenden, leichten Fox 32 Performance-Federgabel. Auch die DT Swiss-Laufräder fahren sich präzise und sind leicht. Von der Körperposition her fühlt sich das Focus Raven² Pro an wie ein reguläres XC-Racebike.
Focus Raven² Pro – auf dem Trail
Uphill
Fahren wie auf einem normalen Rad – nur weiter!
Das Focus Raven² Pro fühlt sich im Uphill sehr leicht an und verhält sich, was die Lenkung angeht, so präzise wie die reguläre XC-Version. Der Motor ist insbesondere im Uphill interessant: Nach einigen Versuchen in verschiedenen Gängen konnten wir herausfinden, dass er bei etwa 70–80 U/min die beste Unterstützung leistet. Man kann also nicht einfach draufsitzen und erwarten, als Passagier hoch gegondelt zu werden – der Motor benötigt etwas Input. Das Raven² muss gefahren werden wie ein reguläres Bike, man darf nicht einfach aufhören zu pedalieren oder den Druck von den Pedalen nehmen. Wenn man allerdings den Motor ausschaltet, bemerkt man schnell, wie viel die 200 Watt Unterstützung wirklich sind – es ist ein signifikanter Unterschied.
Wenn man in technischen Sektionen aufhört zu treten, knallt der Motor beim Antreten nicht sofort mit voller Unterstützung rein, sondern man muss erst wieder etwas Moment aufbauen – das ist eine Begleiterscheinung des sehr leichten Motors. Im Prinzip kann man sagen, dass sich das Raven² wie ein reguläres Bike fährt, allerdings kommt man auf einer Tour bedeutend weiter. Das zeigt auch die kürzlich durchgeführte TransAlp Challenge, bei der es 16.000 Höhenmeter zu überwinden galt.
Downhill
Das Focus Raven² Pro ist ganz offensichtlich als XC-Racebike entworfen worden – man kann also keine übermäßige Downhill-Performance erwarten. Allerdings konnte uns seine Geschwindigkeit bergab durchaus überraschen. Schnelle Kurven fährt es zwar deutlich unsicherer als ein E-Trailbike, allerdings wird es in den Händen eines fähigen XC-Experten keine schlechte Figur machen. Die Geometrie entspricht der eines unmotorisierten XC-Bikes – und die wurden schließlich über 20 Jahre lang optimiert.
Das Raven² war zudem überraschend leise, die Fox 32-Federgabel sprach sensibel an. Wir stürzten uns damit einige ziemlich steinige Trails runter – die Reifen werden zwar keine Preise für ihren Kurvengrip gewinnen, scheinen jedoch relativ resistent gegen Platten zu sein.
Trail
Eines muss sehr klar sein: Das Focus Raven² Pro ist richtig schnell! Es fliegt sanft und sicher über die Trails, hält jedoch eine Geschwindigkeit, die in unserem Fall sicherlich 5–8 km/h über der eines regulären XC-Bikes lag. Dadurch kann man somit 2–3 mal so lange Runden fahren wie normalerweise. Uns gefiel die Art und Weise, in der der Motor auf flachen, kupierten Trails und Sektionen arbeitet. Man spürt kaum, wann er einsetzt oder sich verabschiedet, lediglich in Uphill-Kurven konnten wir es deutlich feststellen. Die Entwickler von Fazua haben fantastische Arbeit geleistet und ein Produkt entworfen, das sich extrem natürlich anfühlt und keinen Tretwiderstand erzeugt.
Tuning-Möglichkeiten
Unserer Meinung nach war die Ausstattung für XC-Ausfahrten beinahe ideal. Wer sich öfters mal auf härtere Trails verirrt, sollte eventuell zu aggressiveren Reifen, einem kürzeren Vorbau oder sogar eine Variostütze greifen, die ja auch langsam aber sicher im XC-Bereich Einzug hält.
Fazit – Focus Raven² Pro
Das Focus Raven² Pro stellt für uns einen Technologiesprung im E-Bike-Markt dar. Dadurch, dass Batterie und Motor miteinander kombiniert wurden, erhält man ein E-Bike, das sehr leicht ist und sich extrem “natürlich” fährt. Wer auf der Suche nach einem sehr sportlichen und schnellen E-XC-Bike ist, wird mit dem Raven² definitiv fündig. Für das hohe Level an neuer Technologie ist der Preis gerechtfertigt – wir sind sehr gespannt, wie der Markt darauf reagieren wird.
Stärken
- hochwertiges Finish
- geringes Gewicht
- sportliches Fahrverhalten
Schwächen
- Reifen nicht sehr profiliert
- Variostütze fehlt
Testablauf
Wir sind das Focus Raven² Pro auf den Trails in der Umgebung von Riva del Garda in Italien gefahren. Dabei bewegten wir uns auf sanften XC-Singletrails, Forstwegen, Straßen, engen Uphill-Trails und das ein oder andere Mal auf Enduro-Stages.
- Riva del Garda, Italien: Viele verschiedene Arten von Trails, inklusive harten Enduro-Strecken. Wir verbrachten die meiste Zeit auf XC-Trails.
Testerprofil Alex Boyce
- Testername: Alex Boyce
- Körpergröße: 183 cm
- Gewicht (mit Riding-Gear): 95 kg
- Schrittlänge: 88 cm
- Armlänge: 69 cm
- Oberkörperlänge: 67 cm
- Fahrstil: weich, gerne mit Sprüngen, jedes Terrain, Uphill im Turbo-Modus
- Was fahre ich hauptsächlich: E-Bike, Enduro, Gravel.
- Vorlieben beim Fahrwerk: gutes Ansprechverhalten und direkte Lenkung, Plusreifen
- Vorlieben bei der Geometrie: breiter Lenker (800 mm), langer Hauptrahmen, mittellange Kettenstreben
Hat Focus wieder einmal die Richtung vorgegeben, in die die E-Bike-Branche abzielen wird?
Weitere Informationen zum Focus Raven² Pro
Website: www.focus-bikes.com
Text & Edit: Alex Boyce | eMTB-News.de
Photos: Alex Boyce, Christoph Laue
Focus Raven² Pro
30 – 60 Nm
< 500 Wh
- XC:
- 0 bis 120 mm Federweg (Hardtails und Full-Suspension)
- Trail:
- 100 bis 150 mm Federweg (Hardtails und Full-Suspension)
- All-Mountain:
- 120 bis 150 mm Federweg (Full-Suspension)
- Enduro:
- 150 bis 180 mm Federweg (Full-Suspension)
- Downhill:
- über 180 mm Federweg (Full-Suspension)
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