Während der letzten Eurobike-Tage hatten wir die Chance, das brandneue Rotwild R.E+ FS mit Brose-Motor zu fahren. Mit dem R.E+ FS hat Rotwild ein Enduro E-Bike geschaffen, bei dem der Akku als tragendes Teil im Unterrohr integriert ist. Einen Nachmittag lang sind wir Up- und Downhill mit Rotwilds Testbike, das noch minimal von der endgültigen Serienversion abgewichen ist, gefahren – so konnten wir uns einen Eindruck vom R.E+ FS in der Pro-Version verschaffen und sehen, was es alles kann. Hier ist der erste Test.
Update März 2017: das Bike war auch in unserem e-MTB-Vergleich mit dabei – hier geht es zum aktuellen Rotwild R.E+ FS 27.5 Test.
Rotwild R.E+ FS 27.5 Pro
160 mm Federweg vorne und hinten inklusive potentem Fox-Fahrwerk, eine entspannte und bergab-orientierte Geometrie sowie ein 100 % entkoppelter Brose-Antrieb mit einem 500 Wh starken Akku, der formschön ins Unterrohr integriert ist: Das Rotwild R.E+ FS macht nicht nur optisch einiges. Das E-Enduro der deutschen Traditionsschmiede rollt auf 650b-Laufrädern und ist in zwei Ausstattungsvarianten erhältlich – wir haben die günstigere R.E+ FS 27.5 Pro-Version näher unter die Lupe genommen und die Up- und Downhill-Eigenschaften auf Herz und Nieren getestet.
Technische Daten des Rotwild R.E+
- Rotwild Integrated Power Unit und Brose Power Engine
- Unterrohr aus Carbon (Evo) oder Aluminium (Pro) mit integriertem Akku als tragendes Bauteil
- XMS-Federungssystem mit 160 mm Federweg
- Postmount 180 mm-Bremsaufnahme
- 12 x 148 mm RWS-Steckachse
- austauschbare Ausfallenenden-Einsätze
- interne Zugführung für verstellbare Sattelstützen
Geometrie
Das Rotwild R.E+ FS wird in drei Größen von M bis XL angeboten. Der Hinterbau ist bei allen Varianten mit 442,5 mm vergleichsweise kurz, der Lenkwinkel ist mit 66° sehr entspannt. Mit optional erhältlichen Steuersatzschalen lässt sich dieser um ±1,5° anpassen, sodass je nach persönlichen Bedürfnissen eine downhill- oder trailorientiertere Geometrie realisieren lässt. „MHS I“ nennt Rotwild diese Technologie. Mit einem Reach von 455 mm in Größe L ist die Front des Rotwild R.E+ FS angenehm geräumig. Der steile Sitzwinkel von 74,7° sorgt für Komfort, wenn es bergauf geht.
Größe | M | L | XL | |
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A | Sattelrohrlänge | 435 mm | 475 mm | 525 mm |
B | Oberrohrlänge | 595 mm | 623 mm | 650 mm |
C | Steuerrohrlänge | 110 mm | 120 mm | 130 mm |
D | Hinterbaulänge | 442,5 mm | 442,5 mm | 442,5 mm |
E | Tretlagerhöhe | 347,5 mm | 347,5 mm | 347,5 mm |
F | Lenkwinkel | 66° | 66° | 66° |
G | Sitzwinkel | 74,7° | 74,7° | 74,7° |
H | Radstand | 1182 mm | 1211 mm | 1240 mm |
I | Standover | 750 mm | 776 mm | 790 mm |
J | Reach | 430 mm | 455 mm | 480 mm |
K | Stack | 594 mm | 603 mm | 613 mm |
Ausstattungen
Das Rotwild R.E+ FS ist in zwei Ausstattungsvarianten erhältlich. Die von uns getestete Pro-Version kommt mit Fox Performance-Federelementen vorne und hinten, DT Swiss E1900 Spline 25-Laufrädern und einem Shimano SLX-Antrieb. Die teurere Evo-Variante ist mit edlen, Kashima-beschichteten Fox-Federelementen ausgestattet und hat einen höherwertigen Shimano XT-Antrieb. Hier ist der integrierte Antrieb, kurz IPU, aus Carbon gefertigt – bei der Pro-Version besteht diese hingegen aus Aluminium. Schöne Details: Sowohl an der 6.999 € teuren Evo-Version, als auch an der mit 5.699 € günstigeren Pro-Variante sind ein 780 mm breiter Crankbrothers-Lenker und eine KS Lev Integra-Sattelstütze mit 150 mm Verstellbereich verbaut.
Rotwild R.E+ FS Evo | Rotwild R.E+ FS Pro | |||
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Federgabel | Fox 34 Float 160 3-Pos FIT4 LSC Factory Kashima | Fox 34 Float 160 3-Pos Performance | ||
Dämpfer | Fox Float X 3-Pos Evol LSC Factory | Fox Float 3-Pos DPS Evol Performance | ||
Steuersatz | Rotwild MHS I Tapered Ti | Rotwild MHS I Tapered Ti | ||
Lenker | Crankbrothers Cobalt2 8/780 | Crankbrothers Cobalt2 8/780 | ||
Vorbau | Crankbrothers Iodine1 | Crankbrothers Iodine1 | ||
Display | Bloks Mini Remote Display | Bloks Mini Remote Display | ||
Sattelstütze | KS Lev Integra 150 mm | KS Lev Integra 150 mm | ||
Sattel | Ergon SMA30 | Ergon SMA30 | ||
Griffe | Ergon GE10 Slim | Ergon GE10 Slim | ||
Antrieb | Brose 2.0 Air Cooler | Brose 2.0 | ||
Batterie | BMZ 4P10-500WH Carbon IPU | BMZ 4P10-500WH Aluminium IPU | ||
Kurbeln | e13 TRS+ | e13 TRS+ | ||
Schalthebel | Shimano XT I-Spec II | Shimano SLX I-Spec II | ||
Schaltwerk | Shimano XT-11 GS DM Plus | Shimano SLX-11 GS DM Plus | ||
Kettenführung | Rotwild E-MTB | Rotwild E-MTB | ||
Kasette | Shimano XT 8000 11-46T | Shimano XT 8000 11-46T | ||
Bremsen | Shimano XT | Shimano SLX | ||
Bremsscheiben | Shimano RT81 Ice 203/203 | Shimano RT70 Ice203/203 | ||
Laufräder | DT Swiss EX1501 Spline One 30 | DT Swiss E1900 Spline 25 | ||
Reifen | Continental Baron Projekt Protection 27.5 x 2.40 | Continental Baron Projekt Protection 27.5 x 2.40 |
Rotwild R.E+: Auf dem Trail
Auf unserer Teststrecke mit Schotterpisten und schmalen Pfaden hatten wir mit über 1.000 Höhenmetern bis zum Gipfel genügend Zeit zu erfahren, wie Rotwilds Interpretation des Brose-Motorensystem in der Praxis abschneidet. Der Fokus liegt beim Rotwild R.E+ FS jedoch klar auf den Downhill-Fähigkeiten – diese konnten wir ausführlich auf technischen und anspruchsvollen Trails testen.
Uphill
Das relativ lange Oberrohr des Rotwild R.E+ FS sorgt bergauf für ein ausgewogenes Fahrverhalten. Enge Serpentinen und rutschige Anstiege gelingen ohne Probleme. Dank des weit nach vorne verlagerten Fahrergewichts – dem steilen Sitzwinkel sei Dank – überzeugt auch bergauf das Lenkverhalten. Obwohl unser Testbike mit vergleichsweise schmalen 2,4″-Reifen ausgestattet war, hat der Grip bergauf trotzdem unsere Erwartungen erfüllt: Die Kraftübertragung konnte überzeugen. Beim Aufstieg wird der Fahrer schnell mit der Rahmengeometrie des Rotwild R.E+ FS vertraut. Das E-Enduro gestaltet sich bergauf komfortabel für alle Könnerstufen, sodass es die Erwartungen der meisten Biker erfüllen dürfte.
Downhill
Klar: Mit einem Federweg von 160 mm vorne und hinten und einer entspannten Geometrie liegt der Fokus des E-Enduros eindeutig auf den Downhill-Eigenschaften. Und hier überzeugt der rote Flitzer: Das Rotwild R.E+ FS ist wohl das bis dato komfortabelste E-Bike, das wir bergab gefahren sind. Die Geometrie ist vergleichbar mit der eines regulären modernen Enduro-Bikes. Die per Hebel vom Lenker aus regulierbaren Federelemente aus dem Hause Fox lassen sich sehr leicht abstimmen. Bei unserem Setup haben wir einen relativ geringen Sag von 25 % an der Front bevorzugt, damit die Federgabel auch während harter Bremsmanöver nicht zu tief im Federweg steht.
In schnellen Passagen hält das Rotwild R.E+ FS gut die Spur – auch dann, wenn der Trail anspruchsvoll ist und viele Löcher Fahrer und Fahrwerk vor Herausforderungen stellen. Im Gegensatz zu Enduro-Bikes ohne Antrieb spürt man das zusätzliche Gewicht durchaus. Die Fähigkeit, über Löcher zu springen und Wurzelpassagen zu schlucken, erfordert dementsprechend eine angepasste Fahrtechnik. Nichtsdestotrotz reagiert das Rotwild R.E+ FS sehr gut und hinterlässt einen leichtgängigen und leistungsstarken Eindruck.
Dank der entspannten Geometrie sitzt man auch in technischen und steilen Passagen recht zentral auf dem Rotwild R.E+ FS. Das vermittelt ein sicheres Gefühl. Zusätzlich bieten die 160 mm Federweg vorne und hinten genügend Reserven, wenn es ruppig zur Sache geht. Das Rotwild-eigene XMS-Hinterbausystem arbeitet in jeder Situation zuverlässig und reagiert gut auf den Untergrund. Außerdem bietet das R.E+ FS die Möglichkeit, jedes beliebige Kettenblatt zu montieren – darunter auch Narrow Wide-Kettenblätter in Standardgröße. Das sorgt dafür, dass das Rotwild R.E+ FS recht leise ist und die Kette zuverlässig gehalten wird. Ob im rauen oder sanften Gelände: Das R.E+ FS ist anders als das, was wir bisher vom E-Enduro-Markt kennen und fährt sich nahezu wie ein reguläres, nicht-motorgestütztes Enduro-Bike. Wir hätten uns allerdings eine Vierkolben- statt Zweikolben-Bremse gewünscht.
Fahrverhalten des Rotwild R.E+
Der Lenkwinkel liegt bei 66° und lässt das Rotwild R.E+ FS bergab und bergauf auch in Kurven noch vergleichsweise wendig bleiben – ein guter Kompromiss für das beabsichtigte Einsatzgebiet. Wäre der Winkel flacher, wäre mehr Fahrkönnen in engen Kurven bei höheren Geschwindigkeiten gefragt. Die Geometrie ist insgesamt gut für den Trail- und Enduro-Einsatz geeignet. Die Kettenstrebenlänge sorgt für ein stabiles Fahrverhalten und vermittelt Sicherheit. Unserer Meinung ist es allerdings wesentlich, dass die Reifenwahl mit 2,4″ Breite das absolute Minimum darstellt. Der Hinterbau des R.E+ FS ist für eine Reifenbreite bis zu 2,6″ geeignet. Ein breiterer Reifen dürfte für zusätzlichen Grip sorgen, der aufgrund des höheren Gewichts auch notwendig ist.
Antrieb
Der Einsatz eines Brose-Antriebs ist bei einem Enduro-Bike dieser Art die erste Wahl. Rotwild verwendet beim R.E+ FS ein individuell angepasstes Display, das ein recht minimalistisches Design hat und intuitiv zu bedienen ist. Für mehr Power genügt ein Druck auf den oberen Teil des Displays. Uns hat das Design sehr gut gefallen: Das Display ist klein genug, um nicht im Weg zu sein und stellt trotzdem alle relevanten Informationen übersichtlich dar. Vor allem die Anzeige des Akkuladezustands sowie der Leistungsstufe sind nützlich.
Die Motorunterstützung ist angenehm unauffällig und ergänzt den Einsatz des Fahrers. Je stärker man in die Pedale tritt, desto stärker wirkt sich die Unterstützung des Motors aus – bis zu Geschwindigkeiten von 25 km/h. Das Pedalieren fühlt sich sehr natürlich an und schleift den Fahrer nicht mit. Uns gefiel, dass die Reibung des Antriebs bei hohen Geschwindigkeiten vernachlässigbar war. Unsere bevorzugte Einstellung war der Turbo-Modus, wenn man nicht allzu sehr auf die Akkulaufzeit achten muss. In unserem Test hielt der Akku in dieser Einstellung etwa 2 Stunden lang, wenn man die gut 1.000 Höhenmeter Anstieg und das Fahrergewicht von 90 kg berücksichtigt. Der Akku ist sauber und sicher im Unterrohr des Rahmens integriert. Dadurch klappert er nicht und gibt keine störenden Geräusche von sich. Ein weiteres Plus: Durch dieses Design werden auch Schmutz und Wasser von der Elektrik ferngehalten.
Fazit zum Rotwild R.E+
Rotwild ist mit dem R.E+ FS ein sehr gutes E-Enduro gelungen, bei dem die Geometrie und die Bergab-Eigenschaften besonders beeindruckt haben. Auch die Wahl des Antriebs und dessen Integrierung überzeugt – vor allem die Platzierung des Akkus und die daraus resultierende Gewichtsverteilung sorgen in der Praxis für eine tolle Balance. Die 160 mm Federweg vorne und hinten sorgen bergab für viel Fahrspaß, ohne dass sich das R.E+ FS träge oder schwerfällig anfühlt. Rotwilds brandneues E-Enduro hat richtig Spaß gemacht – hier setzt nicht das Fahrrad, sondern das Können des Fahrers die Grenzen.
Weitere Informationen
Webseite: www.rotwild.de
Text & Redaktion: Alex Boyce, Moritz Zimmermann | e-MTB-News.de 2016
Bilder: Alex Boyce