In den letzten vier Jahren gab es zahlreiche Innovationen in der Bikewelt – vor allem mit dem Aufkommen der E-Mountainbikes. Aufgrund der europäischen Bestimmungen sind die E-Bikes jedoch auf 25 km/h beschränkt. Die meisten Fahrradhersteller richten ihre Produktion nach diesen Vorgaben. Es gibt jedoch auch ein paar Firmen, die außerhalb dieser Beschränkungen experimentieren. Eines dieser Experimente ist das Terzarossa GP380. Wir haben das E-Bike mit 4000 Watt-Antrieb getestet!
Terzarossa GP380
Das Terzarossa GP380 stellt sich gegen alle aktuellen Trends der Fahrrad-Industrie. Der italienische Exot rollt auf 26″-Laufrädern, unterstützt den Fahrern mit sagenhaften 4000 Watt und hat einen motorgestützten Pedalantrieb, der in Kombination mit einem Gashebel zusammenarbeitet. Wie das in der Praxis aussieht? Seht selbst!
Video: Terzarossa GP380
Technische Daten
Der Rahmen des Terzarossas ist aus Aluminium gefertigt – zusätzlich gibt es auch eine Carbon-Variante, die allerdings nur in Größe L mit einer Oberrohrlänge von 635 mm erhältlich sein wird. Das Terzarossa GP380 hat wahlweise einen Lenkwinkel von 63° oder 63,5° – abhängig davon, in welcher der beiden Positionen der Dämpfer im Rahmen angebracht wird. Vorne verrichtet eine Marzocchi 380 C2R2 mit satten 200 mm Federweg die Arbeit. Am Heck werden die 216 mm Federweg von einem Marzocchi CR2-Dämpfer kontrolliert. Formula R0-Scheibenbremsen mit 203 mm großen Rotoren sorgen für die nötige Bremsleistung. Entgegen aller aktuellen Trends rollt das Terzarossa GP380 auf 26″ kleinen Sun MTX Aluminium-Felgen. Das Gesamtgewicht liegt bei knapp unter 25 Kilogramm, die Alu-Variante soll zur Einführung etwa 7.500 € kosten. Ein Preis der Carbon-Version steht aktuell noch nicht fest.
Konzept
Aber was genau ist das Terzarossa? Das GP380 wurde als motorgestütztes Fahrrad entworfen, das auf abgesperrten Strecken uneingeschränkt und voll ausgefahren werden kann. Der Motor hat eine unglaubliche Höchstleistung von 4000 Watt. Innerhalb von gerade einmal 40 Metern kann man so auf flotte 45 km/h beschleunigen; die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 80 km/h. Die Leistung ist frei wählbar und lässt sich über einen kleinen Gashebel am Lenker steuern. Der 2,5 kg schwere Akku wird vom Fahrer auf dem Rücken getragen, der Antrieb erfolgt direkt an der Hinterradnabe. Der Clou an diesem System: Das Hinterrad des Terzarossas lässt sich gegen ein ganz reguläres 26″-Laufrad austauschen – das macht es zu einem Standard-Downhillbike!
Je nachdem, wie stark der Fahrer in die Pedale tritt, reicht eine Akkuladung für einen Anstieg zwischen 800 und 1000 Höhenmetern durch. Dann muss der Akku wieder aufgeladen werden. Das dauert circa 30 bis 40 Minuten. Auf unserer Teststrecke hat der Akku gut 30 Minuten durchgehalten, wurde dabei aber auch nahezu ununterbrochen eingesetzt.
Terzarossa GP380: Auf dem Trail
Das Terzarossa GP380 mit seiner Leistung von 4000 Watt will ausschließlich in angemessenem Gelände gefahren werden. Der italienische Hersteller hat sogar versuchsweise mit der nationalen Vertretung des Motorradweltverbands (FIM) eine Rennserie für diese Bike-Klasse erschaffen. Wir konnten das GP380 auf einer abgesperrten Strecke testen, die eigenes für diese Art von motorisierten Bikes entworfen wurde.
Keine Frage: Das Terzarossa GP380 steht für reines Fahrvergnügen! Sobald man in die Pedale tritt und den Gashebel betätigt, schiebt das Fahrrad kraftvoll und gleichzeitig sehr gleichmäßig nach vorne. Der hybride Charakter verlangt, seinen Fahrstil etwas anzupassen. Es erfordert neben üblicher Fahrrad-Fahrtechnik auch die Geschicklichkeit, die man zum Motorradfahren benötigt. Nach wenigen Minuten hat man den Dreh jedoch raus und fliegt förmlich über die Strecke. Gleichzeitig erhält man ein gutes Krafttraining, wenn man Sprünge wegdrückt und große Doubles bezwingt.
Fahrverhalten
Auf einer flachen Strecke zeigt sich in Kurven die geballte Leistung des Terzarossa GP380. Man tritt in die Pedale und fährt mit Vollgas auf der Geraden. Sobald man die Kurve erreicht, hält man am Gashebel fest und hört auf zu treten. Dadurch rast man förmlich um die Kurve – ein wirklich beeindruckendes Gefühl! Am Kurvenausgang muss man wieder in die Pedale treten, um Geschwindigkeit aufzunehmen. Diese Kombination aus Tret- und Antriebskraft gekoppelt an den Gashebel funktioniert sehr gut. Außerdem hat dieser Ansatz den Entwicklern von Terzarossa erlaubt, den Motor leichter und kompakter zu gestalten und das Gewicht auf das Hinterrad zu reduzieren. Der Einsatz von 26″-Laufrädern erweist sich in der Praxis als gute Entscheidung, weil man so die Richtung schneller wechseln kann. Außerdem ist ein steifes Laufrad beim Antriebskonzept des Terzarossas enorm wichtig – ein weiteres Argument für die kleinen Räder.
Eine Möglichkeit, das GP380 auf normalen Trails im Gelände zu testen, hatten wir nicht. Hier müssen ganz klar auch die lokalen Vorschriften und Gesetze beachtet werden, die diese Art von E-Bike reglementieren. Für uns scheinen kleinere Motocross-Strecken die richtige Wahl, um das Bike im vollen 4000 Watt-Modus zu fahren. Fahrten im Gelände hingegen können auch mit weniger Leistung bewältigt werden.
derAntrieb
Das Terzarossa GP380 nutzt ein eigenes, maßgeschneidertes Antriebssystem, das nach den Vorgaben der Firma aus Bologna entwickelt wurde. Der Akku wird in einem Rucksack auf dem Rücken des Fahrers transportiert – eine angenehme Lösung, die man nach kurzer Zeit nicht mehr bemerkt. Über einen Kabelstecker wird der Akku mit dem Bike verbunden. Dieser lässt sich leicht trennen, weil das Kabel am Arm des Fahrers mithilfe eines elektrischen Bandes angebracht ist. Dadurch, dass der Akku nicht direkt am Rahmen montiert wird, ist für eine gute Wendigkeit gesorgt. Während unseres Tests hat der Akku etwa 30 Minuten durchgehalten – danach waren wir allerdings auch richtig erschöpft.
Der motorgestützte Perdalantrieb in Verbindung mit dem Gashebel stellt ein gänzlich neues Konzept dar und funktioniert sehr gut. Das Fahrrad muss zunächst mit der Pedalkraft aus dem Stand bewegt werden und die Gänge werden die bei jedem regulären Bike geschaltet. Der Gashebel ist leicht zu bedienen. Sobald man sich in Bewegung setzt ist die Beschleunigung wirklich beeindruckend. Die Höchstgeschwindigkeit kann nur erreicht werden, wenn Fahrer und Motor zusammenarbeiten. Während der Fahrt gibt es keine plötzlichen oder ruckartigen Beschleunigungen und man behält als Fahrer jederzeit die Kontrolle. Die Leistung kann über zwei verschiedene Stufen eingestellt werden.
Nachdem wir auf einer Fußballfeld-großen Fläche inmitten einer Wohngegend etwa vierzig Kurven und Sprünge absolviert hatten, wurden die Vorzüge dieses Konzepts sofort klar. Das Terzarossa GP380 fährt nahezu geräuschlos und es entstehen keine Abgase. Vor allem ist aber die Verlockung groß, eine Strecke – sei es drinnen oder draußen – so anzulegen, dass man sich richtig austoben kann und Hindernisse nehmen kann, wie es nie zuvor möglich war.
Fazit zum Terzarossa GP380
Das Konzept des Terzarossa GP380 E-Bikes baut darauf auf, dass der Mensch den Motor unterstützt und nicht andersrum – das ist neu. Mit diesem Ansatz hatten wir sehr viel Spaß. Eine gewisse Offenheit vorausgesetzt kann wirklich jeder Fahrer daran seinen Gefallen finden. Der Spaßfaktor war enorm. Nur während der 30-minütigen Ladezeit muss man sich in Geduld üben, bevor man mit dem Terzarossa GP380 wieder über die Strecke fegt.
Weitere Informationen
Webseite: www.terzarossa.it
Text & Redaktion: Alex Boyce, Moritz Zimmermann | e-MTB-News.de 2016
Bilder: Alex Boyce
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