Der Grund, wieso bislang vergleichsweise wenig über das Innenleben eines E-Bike Motors bekannt ist, ist relativ simpel: Im normalen Gebrauch ist es schlicht und ergreifend nicht notwendig ihn zu öffnen. Die kompakte Einheit ist relativ wartungsfrei und geschlossen konstruiert, sodass sich gar nicht erst die Frage stellt, ob man den Motor öffnen sollte. Oder etwa doch?
Wir haben den Versuch gewagt und einen Bosch CX-Motor in seine Einzelteile zerlegt. Regulär ist der Bosch-Motor nicht separat käuflich zu erwerben. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die meisten E-Biker von vornherein nicht auf die Idee kommen, den Motor zu öffnen. Um vor lauter Details den Überblick nicht zu verlieren sind wir bei der Demontage Schritt für Schritt vorgegangen und haben den kompletten Prozess so ausführlich wie möglich dokumentiert.
Technische Daten
Generell bietet Bosch eine Vielzahl verschiedener Systeme. An den meisten E-Bikes wird jedoch ein das Modell Performance Line CX genutzt (hier geht’s zu einem Überblick über die häufigsten Motoren) – dieser weist die folgenden Daten auf:
- Höchstgeschwindigkeit im Gelände: 25 km/h
- Maximales Drehmoment: 75 Nm
- Motorleistung: 250 Watt
- 500 Wh Lithium-Ionen-Akku
- Kompatibel mit Kettenblättern mit 14, 15 oder 16 Zähnen
- Voller Ladezustand ist nach 4:30 Stunden erreicht
- Display zeigt Geschwindigkeit, Entfernung, Unterstützungsstufe, Akku-Ladezustand und Uhrzeit an
- Walkfunktion
Das Innenleben des Bosch CX-Motors
Der Akku
Ja, genau das ist das Herzstück der Energieversorgung eines Bosch-Systems: Ein relativ simples USB-Ladegerät. Was das mit einem E-Bike zu tun hat? Genau genommen ist die Batterie im Inneren der entscheidende Faktor. Hierbei handelt es sich um einen Lithium-Ionen-Akku mit der Modellbezeichnung 18650 – ein Standard, der unter anderem in der Automobilindustrie recht weit verbreitet ist. So hat beispielsweise Tesla unlängst festgelegt, dass dies aktuell der beste Akku-Typ für E-Autos ist. Als Vorreiter im Automobil-Sektor hat Tesla einen riesigen Einfluss auf den Markt. Aktuell experimentieren die Amerikaner mit einem neuen Akku-Design basierend auf 21700-Batterietypen. Diese haben üblicherweise die doppelte Kapazität einer 18650-Batterie – außerdem lassen sie sich deutlich schneller aufladen. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis diese neue Technologie auch in E-Bikes Einzug erhält.
Die einzelnen Batterien sind nebeneinander angebracht. Diese Anordnung schützt die Batterien nicht nur, sondern sorgt außerdem für eine gute Luftzirkulation. Die Temperatur des hier gezeigten 500 Wh Akkus wird fortlaufend überprüft. Dafür zuständig ist das silberne Kabel in der Mitte der Anordnung.
Der Motor
Schraubt man die Abdeckung der Antriebseinheit ab, kommt das Steuergerät zum Vorschein. Der Motor befindet sich unmittelbar dahinter. Wie genau die Schaltkreise im Inneren aussehen ist aus nachvollziehbaren Gründen streng geheim. Laut Aussage von Bosch lassen sich die Schaltkreise individuell programmieren und gegebenenfalls auch von einem entsprechenden Bosch Service Center updaten.
Entfernt man das Steuergerät ist der Motor oben rechts zu sehen.
Hinter der Platine befindet sich das Freilauflager und das Getriebe. Das Freilauflager lässt sich wie abgebildet herausziehen. Die Zahnräder des Getriebes bestehen aus einem teuren, selbstschmierenden und leisen High-End-Kunststoff. Die anderen Zahnräder sind, je nach Gewicht und Kosten, aus Metall. Der Bosch Motor besitzt ein Umlaufverhältnis von 2,6: Dies bedeutet, dass sich das außenliegende Ritzel 2,6-mal schneller als ein normales Kettenblatt dreht.
Hier zu sehen ist der eigentliche Motor. Dieser ist im Prinzip sehr simpel aufgebaut: Ein Magnet rotiert im Inneren einer elektronisch angesteuerten Spule, welche man oben rechts sehen kann.
Auf dieser Nahaufnahme können wir die andere Getriebeteile der Einheit sehen. Auch die Wandstärke des Gehäuses und die generelle Anordnung der Komponenten ist gut zu erkennen. Im Inneren gibt es verschiedene Sensoren, z. B. einen Geschwindigkeitssensor, aber der Fokus liegt auf Einfachheit. Der Motor wurde explizit für Fahrräder entwickelt. Ein erfahrener Ingenieur wird klar sehen, dass viele Komponenten stabil und einfach ausgeführt sind, um möglichst große Wartungsintervalle zu gewährleisten. Andererseits gibt es natürlich innerhalb des Motors noch viele Möglichkeiten zur Optimierung und Weiterentwicklung für zukünftige Generationen. Man sagte uns, dass die meisten Motoren in einem Vier-Jahres-Zyklus entwickelt werden, was bedeuten würde, dass Bosch demnächst ein weiterentwickeltes System vorstellen wird.
Dies ist das magnetisch aktivierte Kabel des Geschwindigkeit-Sensors, welches mit dem Motor verbunden ist. Der Motor greift bei der Berechnung der notwendigen Unterstützung auf Geschwindigkeits-, Kraft- und Trittfrequenzmessungen zurück.
Die Zukunft
Wie viele andere Firmen, die im Transport- und Automobilbereich tätig sind, hält sich Bosch natürlich sehr bedeckt hinsichtlich der kommenden Innovationen. Ursprünglich waren Antriebseinheiten für E-Bikes bei Bosch übrigens mit dem Label „Experiment“ versehen – mittlerweile ist aus diesem Experiment bei Bosch eine durchaus profitable Sparte mit dem Potential, zukünftige Transportformen maßgeblich mitzugestalten, geworden.
Im Jahr 2015 wurden allein in Deutschland knapp 550.000 E-Bikes verkauft – eine beeindruckende Zahl, die in den nächsten Jahren sowohl national als auch global deutlich ansteigen wird. Batterien und Antriebseinheiten im Allgemeinen sowie Gewicht, Kapazität, Ladegeschwindigkeit, Hitze-Management und Haltbarkeit im Speziellen – all dies wird sich in den kommenden Jahren mit Sicherheit verändern und verbessern. Bei einem durchschnittlichen Entwicklungszyklus von etwa vier Jahren kann man durchaus davon ausgehen, dass wir schon sehr bald die nächste Generation E-Bikes sehen werden!
Wie sieht’s bei euch aus, Bastler oder User? Wolltet ihr schon immer einmal einen Blick ins Innere eines Motors werfen?
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Weitere Informationen
Website: www.bosch-ebike.com
Text & Redaktion: Alex Boyce | eMTB-News.de
Bilder: Alex Boyce
31 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumWas bedeutet denn selbstschmierend? Ich hatte nämlich heute nach der tour sehr viel öl auf Kette und an der Schwinge und das Gefühl es kam aus dem Motorgehäuse!
Da ist kein Öl drin.
Wie kann sich das Zahnrad drehen, stecken da nicht drei rote Kabel zwischen den Zähnen?
Kabel zwischen Zähnen?
Beim zweiten Blick sehe ich, dass die nach oben gebogenen Kabel abgeschnitten sind. Warum, erschließt sich mir nicht.
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