Der Herr
@orangeknuckles und ich wollten eine entspannte kleine Runde drehen, um einige Dinge zu überprüfen, die man nur ab ca 67 km und guten 1.000 Höhenmetern feststellen kann.
Geht das mit einem schon leicht ergrauten 600 Wh Akku?
Was sagt das wohlstandsverwöhnte Sitzfleisch zu solch einer Distanz?
Herr Orange, dessen Orientierungsvermögen ich hier ausdrücklich loben muss, hat er doch die ganze Tour ohne nennenswerte Hilfe moderner Technik aus dem Kopf abgerufen, und ich wollten es ausprobieren.
Interessant waren jedoch die Antworten auf Fragen, die wir gar nicht gestellt hatten, wie zum Beispiel:
Scheissen Schafe wirklich den ganzen Grund, auf dem sie stehen, voll?
Taugt eine Big Betty im Schmodder bergauf?
Aber der Reihe nach.
Ein erster Blick in den Himmel zeigte uns, dass die Erderwärmung bei den ganzen Klimaklebern hier in Deutschland eingeknickt ist und fortan in anderen Ländern Überzeugungsarbeit zu leisten versucht.
Nun denn, auch im Regen lässt sich ja Fahrrad fahren, die Älteren unter uns kennen es noch vom Radweg in die Schule, der war auch oft verregnet und die Eltern hatten keinerlei Skrupel, ihre Lendenfrüchte ins Nasse zu entsenden.
Energisch trat ich also in die Pedale, um dem Herrn Orange zu folgen; selbiger war bereits mit seinem mit Viermillionenwattstunden ausgerüsteten und mit einem zusätzlichen Rangeextender, unbekannter, aber sicher enormer Kapazität, versehenen Elektrofluxkompensator bereits etwas enteilt.
Bei mir waren heute die altersschwachen Körnchen in meinen Beinen gefragt, die nämlichen sollten mir behilflich sein, die angedachte Distanz mit meinem mickrigen 600 Wh Akku zu schafffen.
So ganz traute ich meinen beiden Gehhilfen nicht über den Weg und so testete ich gleich die Tragtoleranz meiner Rückenmuskulatur mit, indem ich den Zweitakku in meinem Rucksack mitnahm. Eine Trinkblase, Regenklamotten und ein belegtes Brötchen, zubereitet von der besten aller Ehefrauen wo gibt auf Welt, leisteten dem Ersatzakku auf meinem Rücken Gesellschaft.
Herr Orange war durch einen grippalen Infekt stark geschwächt. Wie wir Männer ja wissen, enden grippale Infekte bei uns stets mit dem Tod, daher ist das Geleistete von Herrn Orange hoch anzurechnen!
Sodenn, nach wenigen Kilometern bergauf versuchten wir uns am ersten Uphill Trail des Tages. Er begann recht unterhaltsam, entwickelte jedoch im weiteren Verlauf eine sehr matschige Note, garniert mit nassen Wurzeln sowie interessanter Streckenführung.
Ich führe ja, neben meiner Ehefrau, noch eine Zweitbeziehung mit einer jungen, griffigen Dame, nennen wir sie der Einfachheit halber und weil sie gern markige Statements setzt, Big Betty. Nun haben weibliche Bettys hin und wieder ihre Tage und zeigen es einem dann auch durch exzessives Anderssein.
Bin ich normalerweise von meiner Betty einen zuverlässigen Grip in allen Bereichen gewohnt, wollte die Prinzessin auf der Erbse heute einfach nicht performen.
Sie drehte durch, ständig.
Sobald meine Betty ein kleines Stückchen Morast oder eine nasse Wurzel sah, zog sie ihre Stollen ein und verwandelte sich in ein fieses Stück Schmierseife aus dem Herrentrakt des Frauengefängnisses zu Aichach.
Der Herr Orange wiederum war bewaffnet mit Gripmonstern der Kategorie Traktor Attack 5000, hergestellt von
Michelin und die französische Mutter taufte sie eWild.
Während meine Betty ihre Tage hatte und fortwährend durchdrehte, stampften die Michellen bergauf, als wäre es eine trockene Teerstrasse.
Ich verlor den Anschluss und später die Fassung.
Der Herr Orange versuchte mir anhand der Stollenform den Unterschied zwischen Betty und eWild zu erklären, doch war ich sicher, dass meine Betty einfach nur unpässlich war.
Dieses Schauspiel wiederholte sich nunan ständig. Da es im Wald selten trocken war, musste ich in jedem Bergauftrail der französischen Übermacht Tribut zollen und kam stets als Zweiter oben an, schlecht gelaunt versteht sich.
Zur Tourhalbzeit wagte ich einen kurzen Blick auf den Akkustand: Noch 70 Prozent.
Sehr gut, meine Beine brannten zwar, weil ich alles mit zwei Stufen weniger Unterstützung nahm, als sonst, aber es zahlte sich aus.
Der Akku von Herrn Orange zeigte noch 100 Prozent an, kein Wunder, wenn man einen Atomreaktor im Rahmen hat.
Nachdem ich mich mit der launenhaften Betty endlich abgefunden hatte, begann es zu regnen. Schon toll, hatten wir schon so lange nicht mehr.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass der Dauerregen die Flora, speziell die bodennahe, enorm dicht und hoch wachsen gelassen hatte.
Eine über zwei Meter hohe Brennnessel sieht man nicht alle Tage, sehr viele davon sind schon äußerst ungewöhnlich.
Die von uns befahrenen Trails waren unter dem Dickicht natürlich über zwei Meter breit, aber gesehen hat man davon freilich nix.
Im Gegenteil: Plötzlich ein kurzer Schrei und schon polterte Herr Orange über einen Baumstamm, der unbesehen im grünen Pflanzenmeer lag. Sturzfrei, zum Glück, doch es war knapp.
Wir beschlossen eine Pause an einer Kneippanlage einzulegen, sie erschien uns altersgerecht.
Bis dahin begegnete uns kein Mensch.
Erst, als ich mich kurz umdrehte, um mich zu erleichtern, fuhren zwei Radler vorbei.
Murphy's law...
Glücklicherweise begannen die Trails nun eher bergab zu zeigen und die Betty zickte in dieser Himmelsrichtung weit weniger herum, als bergauf.
Wir enterten einen feinen Trail und liessen es ordentlich laufen, trotz Matsch und Ästen.
Auf einmal bremste Herr Orange stark ab und blieb stehen.
Vier Zentimeter dahinter machte mein Bike einen Stoppie und ich große Augen.
Der Trail war von einer beeindruckend großen Herde Schafe blockiert, die sich der Graserei hingaben.
Ich setzte meinen Fuß auf den Boden und trat direkt in Schafscheisse hinein.
Bei Herrn Orange war es nicht anders, wie ich an seiner ungewählten Wortwahl erkannte.
Natürlich konnten wir nicht einfach durch die Herde radeln, also grüssten wir die Schafe höflich, schoben die Räder durch die Herde und traten mit jedem Schritt in Schafkacke.
Logischerweise jauchten sich auch die
Reifen unserer Fahrräder ordentlich ein.
Beim anschließenden Bergabstück hielt ich grossen Abstand zu meinem Vordermann, denn seine
Reifen schossen mit exkrementaler Munition.
Es kam, wie es kommen musste, der Schafsweidezaun versperrte uns das Weiterfahren und wir können uns im Nachhinein beide beim Schäfer bedanken, dass er noch keinen Strom angelegt hatte, denn wir mussten beim Drüberklettern ein stark im Zaun verfangenes Pedal befreien.
Noch dazu klatschte der Zaun beim Drüberkraxeln ungebremst in meinen Schritt.
Nicht auszudenken, was ich daheim für einen Ärger bekommen hätte, wenn ich mein Liebespaket am Zaun bewusstlos getasert hätte.
Erwähnte ich, dass es wieder anfing zu regnen?
Leicht angefeuchtet erreichten wir nach vier lebhaften Stunden unser Ziel.
Wie üblich eine tolle und unterhaltsame Tour.
Nun fehlen noch die Antworten auf die eingangs gestellten und nicht gestellten Fragen.
Ging es mit einem Akku?
Ja, auch wenn meine Oberschenkel jetzt beleidigt sind. 20 Prozent Rest stand auf der Uhr. Ich bin zufrieden.
Ging es mit dem Sitzfleisch?
Ziemlich gut sogar.
Scheissen Schafe alles voll?
Ja!
Taugt die Big Betty im Schmodder bergauf?
Nein!
So, hier ein paar Fotos:
Das Bild stellt den Dschungel nur unzureichend dar, durch den wir uns kämpfen mussten.
Eine Machete dabei zu haben, wäre sicher nicht schlecht gewesen.
Haigerloch von oben
Nochmal Haigerloch, aber mit Kreuz.
Kreuz mit zwei Posern.
Wir sind beide Veganer, aber ich nur in Teilzeit.
Hier versuche ich, an der Kneippanlage das Gleichgewicht zu finden.
Hier der Versuch von Herrn Orange.
Geschafft!
Dem Herrn Orange erschien diese Sitzhaltung sicherer.